Bundesverdienstkreuz für Abschiebungsgegner

Mohammed Jouni bezeichnet Deutschland als „superkapitalistische Gesellschaft“ mit „diskriminierenden und rassistischen Strukturen“. Jetzt erhält der Gründer der Anti-Abschiebungsorganisation "Jugendliche ohne Grenzen" (JoG) das Bundesverdienstkreuz.

IMAGO / Shotshop
Bundesverdienstkreuz

Der Abschiebungsgegner Mohammed Jouni erhält das Bundesverdienstkreuz. Die Berliner Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales zeichnete den Gründer der Anti-Abschiebungsorganisation „Jugendliche ohne Grenzen“ (JoG) am Montag aus. Die Politikerin der Linkspartei lobte ihn als „Vorbild und Kämpfer“. Er stehe dafür, dass das Migrationsrecht „änderbar“ sei. „Hoch engagiert und breit vernetzt konnte er in der Vergangenheit viele Verbesserungen erreichen, und er arbeitet auch weiterhin daran, mehr Teilhabe für junge Geflüchtete in diesem Land zu ermöglichen“, führte die Senatorin weiter aus.

Jouni kam 1998 mit zwölf Jahren als unbegleiteter Minderjähriger aus dem Libanon nach Deutschland. 2004 rief er JoG ins Leben. Die Initiative setzt sich für „Bleiberecht, Menschen- und Kinderrechte“ ein und wählt regelmäßig einen „Abschiebeminister des Jahres“. Jouni ist deutscher Staatsbürger. Das Label „Abschiebungsgegner“ forciert die Organisation dabei selbst, die sich im Gegensatz zur „Abschiebe-Industrie“ als „Anti-Abschiebe-Industrie“ stilisiert.

Bei der Auszeichnung handelt es sich um die erste der acht Stufen des Bundesverdienstkreuzes, der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Der Orden wird gemäß Stiftungserlass verliehen „für Leistungen, die im Bereich der politischen, der wirtschaftlich-sozialen und der geistigen Arbeit dem Wiederaufbau des Vaterlandes dienten und soll eine Auszeichnung all derer bedeuten, deren Wirken zum friedlichen Aufstieg der Bundesrepublik Deutschland beiträgt“.

In einem Interview mit der Taz machte Jouni seine Ansichten publik. Er freue sich, gleichzeitig sträube sich etwas in ihm, weil er dafür ausgezeichnet werde, dass „die diskriminierenden und rassistischen Strukturen in Deutschland es nicht geschafft haben, einen zu brechen“. Das sei keine falsche Bescheidenheit, denn Bescheidenheit sei kein Wert, mit dem man in einer „superkapitalistischen Gesellschaft“ weiterkomme.

Jouni sagte zur weiteren Begründung, dass es „absurd“ sei, Menschen zu ehren, die der Gesellschaft einen Spiegel hinhielten. „Ich lebe seit 23 Jahren in einem Staat, der abschiebt, der strukturelle und institutionelle Rassismen reproduziert, der Menschen in Lagern unterbringt, der geflüchtete Kinder gesondert beschult – und der jetzt Menschen ehrt, die sich dagegen einsetzen. Ich denke: Hört doch einfach damit auf, Flucht zu illegalisieren und Geflüchtete zu kriminalisieren.“

Jouni ist Sozialarbeiter im Beratungs- und Betreuungszentrum (BBZ) in der Turmstraße in Moabit. Dort habe er begriffen, dass das Ziel „eben nicht Integration heißt“. Er müsse sich nicht „in eine rassistisch strukturierte Gesellschaft einfügen, sie akzeptieren und reproduzieren“. „Uns ging und geht es nicht darum, ‚integrierte‘, gut ausgebildete, brauchbare Jugendliche zu werden, sondern darum, dass alle Menschen, die hier leben, ein Bleiberecht bekommen – egal, ob sie für diese kapitalistische Gesellschaft brauchbar oder ob sie alt oder krank sind oder kein Deutsch können, weil sie jahrelang in Lagern gelebt haben.“

Die Verleihung von Bundesverdienstkreuzen war in der Vergangenheit häufiger in die Kritik geraten. Im Frühjahr sorgte die mögliche Verleihung an Kardinal Reinhard Marx wegen des Missbrauchsskandals in der Katholischen Kirche für negative Stimmen – Marx verzichtete daher auf die Auszeichnung. Die geplante Auszeichnung an den Akkordeonisten Tobias Morgenstern hatte das Bundespräsidialamt im Oktober zurückgezogen, weil „konkrete Hinweise“ bekannt geworden seien, die auf eine Nähe Morgensterns zur „Querdenker“-Bewegung hinwiesen.

2010 berichtete der Berliner Kurier von einer Absprache zwischen den Bundestagsfraktionen über die Verteilung an Parlamentarier. Pro Legislatur würden 30 Ehrungen für Abgeordnete zur Verfügung gestellt und nach Proporz verteilt. Eine Sprecherin bestätigte diese Praxis: „Die jeweiligen Parteien sollen dabei in einem ausgewogenen, ihrer Fraktionsstärke entsprechenden Verhältnis berücksichtigt werden.“ Das Bundespräsidialamt erklärte, dass eine solche Praxis seit den 1990er Jahren bestehe.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 41 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

41 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
alter weisser Mann
2 Jahre her

Deutschland ist partiell im wahnhaften Suizid.

giesemann
2 Jahre her

Auch das spricht für meine These, dass die Deutschen an die alte Freund- und Waffenbrüderschaft mit den Moslems anknüpfen wollen. Warum? Weil sie sich gigantische Geschäfte mit dem größten Markt der Welt, dem muslimischen, versprechen und damit natürlich auch einen Machtzuwachs. Nicht anders als Hadschi Mohammed Kaiser Wilhelm Zwo, https://de.wikipedia.org/wiki/Dormitio-Abtei und https://laytmotif.de/1915-in-canakkale-wird-ein-mythos-geboren/ Andere erwähne ich lieber nicht, weil ich das sonst nicht veröffentlicht bekommen. Denen war auch alles recht, um ihre Ziele durch zu setzen. Selbst ein Pakt mit dem Scheitan. Oder mit dem UNO-Migrationspakt. Die UNO ist längst von den Hyperfertilen beherrscht, allen voran von die Moslems. Die stellv.… Mehr

Eberhard
2 Jahre her

So irre und zwiespältig kann nur Deutschland sein. Ausgerechnet diejenigen, die mich in Deutschland erschossen hätten, wenn ich als DDR Bürger allein schon ihre künstliche Grenze in meiner Stadt unerlaubt auch nur überschritten hätte, spielen sich heute als Schützer der Menschenrechte auf. Sie haben inzwischen Berlin zu einem Eldorado für Glücksritter, aber auch von Kriminellen aus aller Welt gemacht. Linke Salon-Sozialisten zusammen mit den alten Kommunisten mit DDR Vergangenheit versorgten zusätzlich Berlin mit einer zunehmenden Mehrheit sozial Abhängiger. Dazu noch mit untereinander z.T. gewaltsam rivalisierender Menschengruppen aus aller Welt. Nicht nur kunterbunt, sondern immer mehr politisch unwissend, sorgen sie dafür,… Mehr

the ministry of silly walks
2 Jahre her

Das BVK ist inzwischen für eine gewisse Klientel genauso billig zu haben wie die Deutsche Staatsbürgerschaft. Die Staatsbürgerschaft haben ja die meisten der Foristen qua Geburt – berechtigt Sie zum Steuernzahlen für die Rundumversorgung der noch nicht so lange hier Lebenden – die dann für ihre selbstgewählte Ausgrenzung das BVK umgehängt bekommen. Das knallt nochmal richtig hier – früher oder später, in D eher später, aber es wird ganz ganz unschön. Was für ein Land hinterlassen wir unseren Enkeln…

Harpyie
2 Jahre her

Die Kriterien, nach denen das Bundesverdienstkreuz gegenwärtig wie vom Grabbeltisch verteilt wird, beweisen doch, dass es sich heute lediglich um ein Stück buntes und wertloses Blech handelt.

Deutscher
2 Jahre her

> „superkapitalistische Gesellschaft“ mit „diskriminierenden und rassistischen Strukturen“ <

So ein Pech aber auch, für den Herrn Jouni! Flüchtet aus dem Libanon und kommt glatt vom Regen in die Traufe! Das hätte er sich doch denken können, dass Deutschland ganz furchtbar schrecklich schlimm ist!

Physis
2 Jahre her

Würde ich in einem Staat dieser Welt aufgenommen worden sein, so würde ich die NÄHE suchen!

NIEMALS würde mir einfallen, das System ändern zu wollen!

Denn ich würde dann den „Brunnen“ vergiften, der doch eigentlich meinen Durst stillen sollte…

Physis
2 Jahre her

Er ist nicht besser, als all die Leute, die es sich in diesem System gut gehen lassen und damit meine ich ausdrücklich nur solche, die keinen SPD-Pass haben! Das Schlimmste daran ist aber, dass er ganz offensichtlich sehr schnell „gelernt“ hat. Wenn er wüsste, auf welchem Glatteis er sich gerade begeben hat, würde er seine neue Staatsbürgerschaft entweder überdenken, oder sich ENDLICH selber als DEUTSCHER identifizieren! A pro pos! Als Deutscher ist er doch „einer von uns“, oder? Absurt ist deshalb, dass dieser offensichtlich fehl geleitete Mensch sein Heil nicht dort sucht, wo diskriminierende und rassistische Strukturen tatsächlich herrschen! Also… Mehr

Jack
2 Jahre her

Wer eine Gesellschaft, hier die Deutsche, so pauschalisiert und undifferenziert bewertet, macht sich selbst als Rassist angreifbar. Wo ist der „Geehrte“ besser, als die Menschen welche er zu erkennen glaubt? Es gibt in Zwischenzeit offenbar Bürger welche das Verdienstkreuz ablehnen oder zurückgeben, kann man verstehen. Der „Geehrte“ sollte froh sein, dass er in dieser Gesellschaft lebt, ohne an dem täglichen Wettbewerb erfolgreich teilnehmen zu müssen. Mit Sozialarbeit ist kein Wohlstand entstanden, wir leisten es uns einfach. Wie ausgeprägt ist die Sozialarbeit im Libanon?

Last edited 2 Jahre her by Jack
Takeda
2 Jahre her

Auch diese Vergabe dient als bestes Beispiel dafür, das diese ganzen „Orden“ und „Trophäen“, lediglich eine Huldigung der eigenen dummen Blase ist. Wer im Westen strukturellen Rassismus sieht, sollte seinen Aktivismus in islamische Länder verlegen. Wenn überhaupt, erleben wir gerade mit, wie ein struktueller Rassismus gegen Weiße etabliert wird. Ich bin übrigens immer noch davon überzeugt, das Islamisten die extremst extreme (hätte es noch mehr steigern können, doch reicht der Platz?) Naivität der Linksgrünen ausnützt, um den Westen zu destabilisieren. Aber ok, wenn ein „Bundespräsident“ quasi labbert, das die türkischen Gastarbeiter Deutschland wieder aufgebaut haben… klar, denn Deutschland lag ja… Mehr