Bezahlkarten bald auch für Bürgergeldempfänger?

Während die Grünen noch über den Umgang mit der Bezahlkarte für Flüchtlinge streiten, fordert ein CDU-Abgeordneter die Bezahlkarte auch für Bürgergeldempfänger. Damit ließe sich besser nachprüfen, wohin das Geld geht. Droht die Bargeldabschaffung durch die Hintertüre?

IMAGO / Wolfgang Maria Weber

Bezahlkarten für Flüchtlinge: ein Thema kommt in Mode. Sie bringt auch die grüne Partei in Gewissensnöte. Sie hat bis vor kurzem eine bundesweite Gesetzgebung abgelehnt – es bestehe dafür keine Notwendigkeit. SPD und FDP haben gemeinsam den Druck erhöht, dass Grünenchef Omid Nouripour sich dazu gezwungen sah, nunmehr von einer „raschen Lösung“ zu sprechen.

Aber intern ist nicht jeder damit einverstanden. In der FDP gibt es Stimmen, die auch Beschränkungen im Inland zulassen wollen: So könnten die Bundesländer etwa regeln, wo die Bezahlkarten nicht eingelöst werden, etwa um den Erwerb von Tabak und Alkohol einzuschränken. Die Bezahlkarte wäre auch ein Mittel dagegen, um Überweisungen ins Ausland zu unterbinden.

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Die Grünen fürchten dagegen, dass Leistungen so eingeschränkt werden könnten. Das ist der Hauptgrund, warum sich die Grünen bisher um die bundesweite Regelung drückten: Für Einschränkungen bräuchte es ein Gesetz. Eine reine Umstellung können die Länder und Kommunen bereits jetzt regeln.

Das Gesicht der grünen Migrationsfreundlichkeit, Erik Marquardt, hat kritisiert, dass Migranten an Überweisungen nach Hause gehindert werden könnten. Denn das Geld sei dazu da, damit Verwandte vor Ort in die Schule gehen oder Kranke gepflegt werden könnten.

Abgesehen von der Frage, inwiefern die Verwandten von Flüchtlingen in Deutschland ein Mitversorgungsrecht durch den deutschen Staat im Ausland erwerben – dass das Geld auch für kriminelle Aktivitäten oder für die Bezahlung von Schleppern missbraucht werden könnte, hat in dieser kalkulierten grünen Weltsicht keinen Platz.

Auch Helge Lindh von der SPD sieht Leistungsbeschränkungen durch Bezahlkarten kritisch. „Ideen, die Bezahlkarte, ob landesgesetzlich oder bundesgesetzlich, für den Kauf von Alkohol, Tabak oder Glücksspiel zu sperren, sind töricht und gefährlich“, sagte er der Tageszeitung Welt.

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Doch die Auseinandersetzung um die Bezahlkarte hat noch eine weitere Dimension. Denn was bei Flüchtlingen beginnt, könnte sich bald schon auf andere Gruppen ausweiten – und auch auf Nicht-Ausländer. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Maximilian Mörseburg will etwa auch Bürgergeld-Empfänger mit der Bezahlkarte ausstatten.

„Insbesondere für die kleine Gruppe der Totalverweigerer müssen wir eine Lösung finden, die ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleistet, aber gleichzeitig auch klarmacht, was von den Menschen erwartet wird, die gerade keine Arbeit finden“, sagte er gegenüber der Bild-Zeitung. „Das Leistungsniveau der Bezahlkarte bliebe dabei gleich hoch wie beim Bürgergeld, aber zum Beispiel Überweisungen ins Ausland wären nicht mehr möglich.“

Mit Sicherheit ist auch die steigende Quote von Migranten unter den Bürgergeldempfängern dafür ausschlaggebend. Die Frage, die sich damit stellt: Wo hört der Einsatz von Bezahlkarten auf? Gestern Flüchtlinge, heute Bürgergeldempfänger – und morgen?

Der Eindruck überwiegt, dass mit der Bezahlkarte eine Büchse geöffnet wurde, die sich nicht mehr so leicht schließen lässt. Die Sanktionen, die gegen Flüchtlinge und Bürgergeldempfänger gelten, könnte man dann auch in anderen Bereichen ausweiten. Und plötzlich hat der Staat ein Werkzeug in der Hand, das man ihm nicht mehr nehmen kann. Mit Bezahlkarten kann man dem bargeldverliebten Bürger eine Methode schmackhaft machen, die er sonst nicht mittragen würde – bis es ihn womöglich in der bargeldlosen Zukunft selbst betrifft.

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Kommentare ( 58 )

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Kampfkater1969
2 Monate her

Ich halte das sowieso für grundgesetzwidrig. Selbst wenn nur die Abrechnungssumme dokumentiert wird, so ist schon allein die Dokumentation des Abbuchenden ein Verstoß gegen den Artikel 1 GG!

doc.west
2 Monate her

Diese Bezahlkarte für Hartz4-Empfänger hat Tilo Sarrazin schon vor langer Zeit in einem seiner Bücher gefordert, denn seiner Erfahrung nach gehen 80% des Geldes in Alkohol, Tabakwaren und techn. Spielzeug ( Spielkonsolen etc ) Aber mind. genau so wichtig wäre die Benennung von sicheren Herkunftsländern, wogegen sich natürlich die Linken/ Linksextremen a.k.a Grüne wehren, denn es kann nicht angehen, dass Asylverfahren für Tunesier und Marokkaner eingeleitet werden, Länder, in denen 2022 hunderttausende Deutsche ihren Urlaub verbrachten.

A rose is a rose...
2 Monate her

Wieso denn das? Im Gegenteil, eigentlich ist doch die Verwendung von Bargeld zunehmend verpönt. Also würde so eine lange fälliger Angleichung an Otto Normalverbraucher vorgenommen.

Wellesz
2 Monate her

Erstaunlich, dass die Mehrheit nicht im mindesten versteht, dass diese sog. Bezahlkarte ein großer Feldversuch für CBDC ist. Erst einmal trifft es die, die man eh nicht ausstehen kann, Migranten und Sozialhilfeempfänger. Sukzessive wird man das dann ausweiten auf Rentner, Geringverdiener usw. usf. Am Ende kommt der Rest dran. Deshalb bitte immer daran denken: Bargeld ist Freiheit – für jeden!

Asurdistan
2 Monate her

Am letzten des Monats kann man ja gut beobachten das Bürgergeld gezahlt wurde. Da werden Primark und H&M Tüten geschleppt und der tägliche Bedarf an Lebensmitteln wird dann bei den Tafeln abgegriffen.Die könnte man abschaffen wenn die Leute mit Bezahlkarten nur noch bestimmte Dinge erwerben können.

elly
2 Monate her

Wenn es ein Problem ist, dass Sozialmigranten dann nicht mehr die Familie in der Heimat finanzieren könnten, dann dürfte es kein Problem sein, die vollen Kosten der Migration aus dem Entwicklungshilfe Budget zu finanzieren. Das würde sicherlich auch die Bereitschaft der Herkunftsländer zur Zusammenarbeit und Rücknahme ihrer Leute motivieren.
Schweden will zukünftig Ländern, die die Zusammenarbeit verweigern / erschweren die Entwicklungshilfegelder kürzen.

Old-Man
2 Monate her

Für Asylbewerber sicher eine sinnvolle Lösung, denn hätte man von Anfang an Sachleistungen gegeben, dann wären wohl nicht diese Horden angerückt. Aber für Bürgergeld Empfänger?, wie will man das denn machen, dann müsste man erst einmal deffinieren was ein „Bürger“ ist, nach meinem dafür halten sicher kein Migrant, Asylbewerber oder illegal eingwanderter?. Ja, wer ist nun Bürger?, doch wohl nur wer einen deutschen Pass hat, denn alle anderen sind im Amtsdeutsch Bewohner, aber keine Bürger. Und ja, es drängt sich der Verdacht auf das man im Text beschriebenes im Hinterkopf trägt. Also steht für mich fest : Ja, für alle… Mehr

Howard B.
2 Monate her

Prima, das herrschende System hat Versuchskarnickel gefunden, um die Bargeldabschaffung zu testen. Sicher noch nicht perfekt, aber immerhin. Welche Personengruppe übernimmt die nächste Rolle des Versuchskarnickels?

Über Leistungen an Asylbewerber und ähnliche Personengruppen kann man streiten. Aber aus gesamtgesellschaftlicher Sicht und aus Perspektive einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung ist diese Art der Leistungsgewährung und Zahlung abzulehnen.

Im Übrigen: Wenn die betroffenen Personen Bargeld möchten, werden sie es sich beschaffen. Bezahlkarte hin oder her.

A rose is a rose...
2 Monate her
Antworten an  Howard B.

Ich denke, es ist etwas übertrieben, die Bezahlkarte so gesamtgesellschaftlich zu überfrachten. Der überwiegende Teil der Nutznießer dieser Karte, inklusive der Bürgergeldempfänger, sind Menschen ohne Wurzeln in D und von denen wird ein signifikanter Teil nach Einführen der Bezahlkarte das Land wieder verlassen. Denn wie man an den Millardensummen, die jährlich von diesen Menschen in ihre Heimatländer gesendet werden, erkennen kann, ist der Zugang zu Bargeld ein wichtiger Bestandteil des „Geschäftsmodells“.
Am „Push off“- Effekt wird man dann auch erkennen, wie stark der „Pull“-Effekt der deutschen Sozialleistungen wirklich ist.

Rob Roy
2 Monate her

für den Kauf von Alkohol, Tabak oder Glücksspiel zu sperren

Sag mal, geht’s noch? Wenn weniger geraucht wird, ist das gut; Alkohol dürfen die meisten der Flüchtlinge aus religiösen Gründen eh nicht trinken; und das Glückspiel einzuschränken, wäre dringend geraten, das es sich bei den entsprechenden Wettcafés sich um Geldwaschanlagen handelt.
Aber ich vergaß, dass dann wertvolle Steuereinnahmen flöten gehen.
Ist unsere Regierung zynisch oder einfach nur dumm?

Siggi
2 Monate her

Angeblich hat sich die Regierung nun für die Bezahlkarte mit den Grünen geeinigt. Wer sich allerdings die kleinen Schweinereien ansieht, die die Grünen noch schnell haben einfügen lassen, kann man es gleich ganz lassen. Wie beim Abschiebeverhinderungsgesetz, konnten die Grünen sich dabei durchsetzen, dass es keine bundesbundeseinheitliche Regelung gibt, sondern die Länder darüber bestimmen. Dadurch wird gerade in den links-grünen Brennpunkten die Wirkung umgangen. Also doch weiterhin Bargeldauszahlung über den gesamten Betrag, damit auch weiterhin das Geld in die Heimat geschickt werden kann. Die Grünen sind Feinde in unserem Land.