Bärbel Bas und Katherina Reiche lassen das Bürokratiemonster frei

Das Kabinett hat an diesem Mittwoch das Tariftreuegesetz durchgewunken. Das Gesetz soll sichern, dass öffentliche Aufträge nur an Unternehmen gehen, die Tariflöhne zahlen. Doch Unternehmerverbände weisen auf das Bürokratiemonster hin, das die Regierung damit entfesselt.

IMAGO / Jens Schicke

Viele schlechte Ideen haben einst eine gute Absicht als Quelle gehabt. Die Absicht der SPD, die das Tariftreuegesetz gegen Kanzler Friedrich Merz (CDU) durchgesetzt hat, ist gar nicht mal abwegig: Bisher zwingt das Vergaberecht den Staat und seine Behörden, Aufträge an die Unternehmen zu vergeben, die den niedrigsten Preis verlangen. Auch dann, wenn dieser Preisvorteil darauf beruht, dass diese Unternehmen die Tariflöhne umlaufen – teilweise auf unverschämte Weise.

Ein staatlicher Eingriff mit negativen Folgen also. Wie will die SPD diesen aufheben? Nicht in dem sie in der Bewertung von Ausschreibungen mehr Freiheit gewährt. Die Lösung wäre pragmatisch, funktionabel und damit das Gegenteil von sozialdemokratisch. Die SPD setzt stattdessen den nächsten staatlichen Eingriff durch: das Tariftreuegesetz. An dem hat neben der sozialdemokratischen Arbeitsministerin Bärbel Bas auch die christdemokratische Wirtschaftsministerin Katherina Reiche mitgeschrieben.

Mehr Bürokratie durch Bas' Tariftreuegesetz
Regierung Merz bricht das nächste Versprechen – mit Folgen für den Straßenbau
„Wer keine tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen gewährt, kann aufgrund geringerer Personalkosten Angebote zu günstigeren Konditionen erstellen”, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Künftig sollen Unternehmen, die öffentliche Aufträge des Bundes ausführen, sich an die Tariflöhne halten, die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände aushandeln. Viele Unternehmer, etwa unter den Zeitungsverlegern, lehnen diese Tarifbindung für sich ab und zahlen nach Gutdünken.

„Damit werden die Nachteile tarifgebundener Unternehmen im Wettbewerb um öffentliche Aufträge und Konzessionen des Bundes beseitigt”, versprechen Bas und Reiche. Der Verdrängungswettbewerb über die Lohn- und Personalkosten werde eingeschränkt. Das Gesetz greift ab Aufträgen in einem Wert von 50.000 Euro.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hat im Zusammenhang mit dem Gesetz vor überbordender Bürokratie gewarnt. Denn zu bereits vorhandenen Prüfverfahren baut Bas eine eigene Zertifizierungsstelle in ihrem Ministerium auf. Versprochen hat die Regierung Merz der Wirtschaft die Bürokratie abzubauen. Mit dem Tariftreuegesetz kommen mehr Berichtspflichten und kompliziertere Antragsverfahren auf sie zu.

Der Verband „Die Familienunternehmer“ teilt daher die Kritik Dülgers: „Die steigende Bürokratie und die zusätzlichen Kosten im Vergabeverfahren werden dazu führen, dass sich viele Unternehmen – vor allem kleine und mittlere – aus dem Wettbewerb um öffentliche Aufträge zurückziehen“, warnt die Präsidentin des Verbands, Marie-Christine Ostermann. Damit gefährde die Bundesregierung ihre eigenen Projekte: „Investitionen in Infrastrukturprojekte stocken, Brücken und Straßen werden langsamer oder gar nicht gebaut.“ Da helfe es auch nichts, dass erst ab einer Investitionssumme von 50.000 Euro das neue Gesetz greift. Diese Summe sei bei öffentlichen Aufträgen schnell überschritten.

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Kommentare ( 17 )

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aaa007
4 Monate her

in NRW gibt es auch ein Tariftreue-Gesetz. Das schlechteste (handwerklich und gestalterische) Gesetz, das ich in vielen Jahrzehnten gesehen habe.

haqus b.
4 Monate her

Jetzt mal ein Blick auf dieses Foto. Wie kann man in so einem kleinen Raum mit diesem im Vergleich dazu übergroßen Tisch neue, frische, moderne Ideen für ein Land entwickeln. Die eine Hälfte schaut dabei auf eine sehr nahe Wand, an der alles abzuprallen scheint.
Die Herrschaften bräuchten Luft und Weite.
Und vielleicht etwas schöne menschenfreundliche Innenarchitektur.

Last edited 4 Monate her by haqus b.
alter weisser Mann
4 Monate her

„dass sich viele Unternehmen – vor allem kleine und mittlere – aus dem Wettbewerb um öffentliche Aufträge zurückziehen“

Eine Chance für private Auftraggeber? Im Übrigen ist es beim Zahlungsverhalten der öffentlichen Hand gar nicht so verderblich, nicht für die zu arbeiten.

MeHere
4 Monate her

Frage: was kann die Bärbel BAS überhaupt ? Ich mache mir echt Sorgen, ob hier nicht jemand mitredet, der / die / das überhaupt keine vernünftige Entscheidung treffen will oder kann .. ich denke und meine Menschenkenntnis sagt: diese Frau hat ein gewaltiges Kompetenzproblem und ist überfordert.
Es wird für die NORMALEN BÜRGER leider Zeit auf die Straße zu gehen und diese Zustände / Rotz mittels Wahl oder Rücktritt zu beseitigen.

Mausi
4 Monate her

Für mich ist das eigentliche Problem der billigste Anbieter. Der bringt auch die billigste Qualität. Ob Tariflohn auch bessere Qualität hervorbringt? Ich bezweifle es.
Zusammen mit dem Mindestlohn ist diese Regelung der nächste Schritt hin auf das Ende der freien Marktwirtschaft.

Martin Mueller
4 Monate her

Man sieht , womit sich die Herrschaften beschäftigen. Und wie schnell es dann gehen kann.

Man könnte auch sagen, sie wissen nicht mehr, was wichtig und unwichtig ist.

Diese Typen lösen die wichtigen Problem nicht.

Wir sind in der größten Krise seit Bestehen der BRD. Und das auf fast alle Ebenen.

In so einer Krise fehlt einer, der den Willen hat, die Probleme zu lösen. Paktieren und Taktieren ist da nicht abgesagt, sondern sofort machen, egal mit wem als Partner. Es geht um das Lösen der Probleme.
Und mit der ideologisch verbrämten SPD bekommt die Union nichts auf die Reihe…

Logiker
4 Monate her

„Bärbel Bas und Katherina Reiche lassen das Bürokratiemonster frei“

Na sowas aber auch – wer hätte das gedacht……

Der erste Erfolg des neuen Bürokratieabbauministers.

Welcher Id..t hat geglaubt, dass diese Regierung alles anders und besser macht – mit dem gleichen Personal ?

Teiresias
4 Monate her

„Abendsonne“ XXXXXXL für abgewählte Grüne und SPDler?

Sie haben Politik gegen die Interessen des Volks gemacht und verlieren dadurch Wählerstimmen/Posten.
Während jetzt Andere Politik gegen das Volk machen dürfen, kreiert man für die Abgewählten Ersatzposten.

Manfred_Hbg
4 Monate her

Ich habe nun zwar keine Ahnung von diesen Dingen, aber dennoch mal gedacht/-fragt: müssen die Vergabeaufträge nicht EU-weit angeboten/ausgeschrieben werden und gelten die Tarifvorgaben dann auch für die ausländischen Firmen?
Und wenn Ja, sind die ausländischen hier dann nicht im Vorteil weil diese wohl weniger steuerliche Abgaben haben als wie unsere deutschen Unternehmen(nicht zu vergessen unsere hohen Ernergie-/Strompreise)?

Mausi
4 Monate her
Antworten an  Manfred_Hbg

Gute Frage. Vielleicht weiß ein Mitleser Bescheid? Ja, siehe weiter unten.
Und im Grunde ist diese Regel diskriminierend. Das BVerfGE mag sie ja für deutsche Unternehmen durchwinken, aber auf EU Ebene?
Die EU und ihre einheitsstiftende Rolle ist ein Witz. Aber ihre Bürger schikanieren, das kann sie.

Last edited 4 Monate her by Mausi
Manfred_Hbg
4 Monate her
Antworten an  Mausi

Danke! – ….es ist doch nur noch irre weil der Gesetzesgeber die Menschen/Unternehmer im eigenen Land zu benachteiligen scheint und weil am Ende und auf EUropa blickend kaum noch jemand durch den ganzen Gesetzeswust durchblicken kann. Wobei ich hier dann nicht auch noch auf das Thema „Bürokratieabbau“ eingehen will. Einfach verrückt!

Thilo Braun
4 Monate her

Also dürfen nicht tarifgebundene Unternehmen – die gibt es ja durchaus auch – sich gar nicht erst an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen. Im Übrigen enthalten die Ausschreibungsunterlagen oft auch Verpflichtungen zu Diversitätsquoten, die nachgewiesen werden müssen, Frauenquoten und viele andere listige Sachen ganz unabhängig von einer tatsächlichen Umsetzbarkeit. Da die Öffentliche Hand oft auch eine sehr schlechte Zahlungsmoral hat, stellt sich ohnehin die Frage, welche Unternehmen überhaupt noch an solchen Ausschreibungen teilnehmen wollen. Dann müssen die Ausschreibungen auch noch EU weit erfolgen, was wiederum spannende Fragen zur Anwendung deutscher Tarifregelungen auf ausländische Unternehmen aufwirft. Ich fände es jedenfalls sehr positiv, wenn… Mehr