Tichys Einblick
Deutschland im europäischen Trend

Asylbewerberzahlen steigen massiv: „Kein Ende in Sicht“

Deutschland verzeichnet einen deutlichen Anstieg an Asylbewerbern: 44 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Damit liegt die Bundesrepublik im europäischen Trend: Der Migrationsdruck auf die EU steigt. Der UNHCR titelt: „Kein Ende in Sicht“.

IMAGO / F. Anthea Schaap

Die Zahl der Asylbewerber in Deutschland steigt wieder deutlich an. Im ersten Halbjahr 2022 registrierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Plus von 44 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Zahl liegt damit bei 84.583 Zuwanderern über das Asylsystem. Die meisten Erstanträge stellten Staatsangehörige aus Syrien (24.492), Afghanistan (15.093), dem Irak (7.512) und der Türkei (6.217). Bemerkenswert: Bei gut jedem siebten Erstantrag handelte es sich um ein in Deutschland geborenes Kind, das jünger als ein Jahr alt war.

Der scharfe Anstieg liegt im Trend: Über eine halbe Million Menschen haben 2021 in der EU Asyl beantragt. Die Zahlen stiegen damit im Vergleich zum Vorjahr um 28,3 Prozent. Auch 2022 steigen die Zahlen – die Top-3 der Herkunftsländer decken sich dabei mit den deutschen Daten.

„Kein Ende in Sicht“, schreibt das UN-Flüchtlingswerk des UNHCR. In seinem im Juni veröffentlichten Bericht visualisiert er vor allem die steigende Zahl an Ertrinkenden – tragisches Symptom eines besorgniserregenden Anstiegs. Im ersten Quartal des Jahres kamen 18.000 Migranten über eine Mittelmeer-Route nach Europa. Seit 2021 haben die Migrationsströme zugenommen – „die Zahlen zeigen einen Aufwärtstrend“, schreibt der UNHCR auf seiner Website. Die Totenzahlen haben dabei im vergangenen Jahr ihren Höchststand seit 2017 erreicht. Die Hauptzielländer der Migranten: Deutschland, Frankreich, Spanien.

Madrid kämpft direkt mit dem Problem – die Grenzen seiner afrikanischen Exklaven Mellila und Ceuta werden immer wieder zum „Flashpoint“ einer brodelnden Migrationskrise. Zuletzt starben mindestens 23 Menschen, als hunderte Migranten den Grenzzaun Melillas stürmten. Auf den kanarischen Inseln sind im ersten Halbjahr 2022 derweil mindestens doppelt so viele Migranten gelandet wie im gesamten Vorjahr.

Auch auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa spitzt sich die humanitäre Lage akut zu: Allein in den letzten 36 Stunden um den 7. Juli sind über 260 Migranten angelandet. Italienische Medien berichten über „ein libysches Boot (…) mit 84 Bengalen, Ägyptern und Pakistanis“ und ein anderes Boot, „mit 89 Sudanesen, Ägyptern, Eritreern und Syrern an Bord.“ Unter ihnen waren auch 10 Frauen. Das Erstaufnahmelager der Insel ist mit mehr als 1.500 Migranten hoffnungslos überfüllt: Eigentlich hat Lampedusa nur für 350 Migranten Platz.

Der Migrationsdruck verschiebt sich dabei nach Westen: Griechenland, welches 2015 noch geprüfter „Wellenbrecher“ der Migration war, verzeichnet einen massiven Rückgang der Asylantenzahlen. Die griechischen Behörden veröffentlichten einen Bericht, demzufolge die Zahl der auf den Inseln lebenden Flüchtlinge und Migranten im März 2022 im Vergleich zum März 2021 insgesamt um 78 Prozent gesunken sei. Für Spanien scheint das Problem derweil so dringend zu werden, dass das Land die Migrationsfrage beim Nato-Gipfel in der eigenen Hauptstadt zum Agendapunkt machte: Auch, weil russische Söldner der „Gruppe Wagner“ laut europäischen Berichten in der nordafrikanischen Sahel-Zone Konflikte anheizen, um die Flüchtlingszahlen nach oben zu treiben.

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