An diese Länder zahlt die EU mehr als sie durch Corona verlieren

Einige Länder in der EU werden aus dem Corona-Hilfsfonds der Europäischen Kommission mehr Geld bekommen, als sie durch die Krise einbüßen. Das zeigt eine Rechnung des Instituts der Deutschen Wirtschaft. Deutschland gehört nicht dazu.

Die Mittel aus dem geplanten Fonds der Europäischen Kommission in Höhe von 750 Milliarden Euro zur Bekämpfung der Corona-Krise werden einigen Mitgliedsstaaten der EU in sehr viel höherem Maße zugute kommen als anderen. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat ausgerechnet, in welcher Relation die zu erwartenden Transfers zum wirtschaftlichen Schaden der jeweiligen EU-Staaten durch die Krise stehen. Einige Länder erhalten mehr Geld aus den Transfers als sie durch den Einbruch des BIP im Jahr 2020 verlieren.

400 bis 500 Milliarden Euro sollen als Transfers über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen von 2021 bis 2027 verteilt werden. Welche Länder wie viele Corona-Hilfen bekommen, wurde noch nicht offiziell verkündet. Im Raum steht, dass bei der Verteilung Indikatoren wie das Bruttoinlandsprodukt und die Arbeitslosenquote herangezogen werden.

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Das IW hat aufgrund von Schätzungen der Europäischen Kommission die wirtschaftlichen Schäden der einzelnen Länder den Transfers gegenübergestellt. Es zeigt sich: Wendet man den voraussichtlichen Verteilungsschlüssel an, erhalten einige Staaten – gemessen am jeweiligen BIP-Rückgang im Jahr 2020 – überproportionale Hilfen. Bulgarien wäre demnach größter Profiteur des Corona-Hilfspakets. Während die Wirtschaft des Landes laut Prognose der EU-Kommission in diesem Jahr voraussichtlich um rund sieben Prozent einbricht, erhält das Land Transfers in Höhe von 15 Prozent des BIP. Unterm Strich erhält das Land also rund acht Prozentpunkte mehr, als ihm verlorengeht – umgerechnet rund 4,8 Milliarden Euro.

Neben Bulgarien würden auch Kroatien, Polen, Rumänien und Lettland – relativ zum BIP-Verlust – zu den fünf größten Profiteuren des Corona-Hilfspakets zählen. Irland, Frankreich, Belgien, die Niederlande und Deutschland liegen dagegen auf den letzten Plätzen. Sie erhalten zwar ebenfalls Milliardensummen aus dem Hilfsfonds, doch gemessen an der höheren Wirtschaftskraft und dem prognostizierten BIP-Rückgang 2020 fallen die Hilfen nicht so stark ins Gewicht. Deutschland erhielte knapp 29 Milliarden Euro, hätte aber bei einem von der EU-Kommission prognostizierten realen BIP-Rückgang von 6,5 Prozent wirtschaftliche Verluste von preisbereinigt 223 Milliarden Euro zu verkraften.

Insgesamt sind die Verluste für alle hoch

„Es ginge zu weit, die durch das EU-Paket überkompensierten Länder als Gewinner der Corona-Krise zu bezeichnen“, sagt IW-Experte Markos Jung. Insgesamt seien die wirtschaftlichen Folgen für alle Länder immens. Das IW rechnet damit, dass die deutschen Exporte im Jahr 2020 preisbereinigt um ein Viertel einbrechen. „Angesichts dessen wäre eine Stärkung der Konjunktur im gesamten EU-Binnenmarkt insbesondere für Deutschland wichtig“, sagt Jung. Allerdings müssten für einen starken konjunkturellen Impuls die Mittel recht bald fließen – tatsächlich sollen die Gelder aber erst in den kommenden Jahren zur Verfügung gestellt werden, ein Großteil erst ab 2023.

Die Rechnung berücksichtigt zudem nicht die ursprünglichen Wachstumsprognosen vom vergangenen Winter und mögliche wirtschaftliche Einbußen in den kommenden Jahren. Definiert man den finanziellen Verlust nicht nur als den jetzt prognostizierten BIP-Verlust für 2020, sondern als Differenz zwischen der neuen und der Vorkrisenprognose, erhöht sich der finanzielle Schaden deutlich. Zudem sind die Werte lediglich Bruttowerte. Künftige Rückzahlungen der für die Transfers aufzunehmenden Kredite aus dem mehrjährigen Finanzrahmen sind noch nicht einbezogen. Es ist zu erwarten, dass bevölkerungsreiche Länder wie Deutschland, Frankreich und Italien einen größeren Anteil der Hilfsgelder zurückzahlen, weil sie einen hohen Anteil des EU-Budgets stemmen.

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Kommentare ( 11 )

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Bambu
3 Jahre her

Ich habe von einem Bulgaren erfahren, dass dort jeder der in Bulgarien lebt und behauptet, dass er hätte Corona gehabt hat, 2000€ vom Staat erhält. Offenbar ist es auch möglich, diesen Anspruch mehrfach einzufordern. Ein medizinischer Nachweis muss nicht erbracht werden.

Mittlerweile ist mir klar, dass das nur die EU Gelder sein können, welche hier wie Helikoptergeld verteilt werden. Gelder für welche auch wir in den nächsten Jahren gerade stehen müssen.
Es ist einfach nur noch unfassbar was die EU hier treibt.

Alf
3 Jahre her

Das kann man noch toppen:

https://www.welt.de/politik/ausland/article209933347/EU-Gipfel-Als-der-Niederlaender-Rutte-sprach-wurde-Merkel-einiges-klar.html

„Es war kurz vor 13 Uhr, als Mark Rutte in der Videokonferenz der EU-Staats- und Regierungschefs am Freitag das Wort ergriff. „Wir müssen über den Verteilungsschlüssel für die Gelder noch einmal intensiv nachdenken. Das geht so nicht“, sagte der Regierungschef der Niederlande.

Er fragte laut, warum die Auszahlung von riesigen Milliardensummen zur Überwindung der Folgen der Corona-Krise aufgrund von Daten berechnet werde, die teilweise fünf Jahre alt seien. …“

Die Bevölkerung wird systematisch hinter die Fichte geführt.

Da kann man nur wünschen, daß es keine Einigung gibt.

Onan der Barbar
3 Jahre her

Ist das schon unter Verrechnung mit den parallel gekürzten Aufbauhilfe-Zahlungen?

horrex
3 Jahre her

Genau SO funktioniert das Grundprinzip „Leben“, sprich E V O L U T I O N!
Mal ganz runtergebrochen: Den Bequemen/Trägen die (wahlweise) Teddybären oder Geld hinterher werfen bis sie zufrieden sind. – Also nie! – DIE, die sich am Riemen reißen für ihre Anstregung bestrafen indem man ihnen das Geld zum Verteilen von Wohltaten wegnimmt. – So funktionierts!!! –
Zynismus OFF.

pcn
3 Jahre her
Antworten an  horrex

Kein Zynismus! Wirklichkeit!

Ananda
3 Jahre her

Transferunion und Entwicklungshilfe in Einem. Alles was die EU bisher noch nicht in diesem gigantischen Maße durchkriegte läuft jetzt unter „Corona“.
Ich bin ja der Meinung, dass sich Merkel und VdL die Staaten der EU zusammenkaufen. Zuckerbrot und Peitsche. Auf die Gier der Leute konnte man sich schon immer verlassen. Das Deutschland als „spendabler“ Dauerzahler für alles dabei in die Knie geht. Nicht wirklich ein Problem für die Herrschaften.

Bernd Schulze sen.
3 Jahre her

Das Geld geht an die Soziländer, wie Spanien, Frankreich und Italien. Von dort weiter an die Finanzhaie in den USA und England.

Anna Log
3 Jahre her

Wird das Hilfs-Geld, das die Zahlenden einzahlen auch als Krisenschaden gerechnet?
Ich ahne die Antwort.

HRR
3 Jahre her

Steuerzahler, Sie haben noch Geld auf dem Konto, Sparbuch oder eine Lebensversicherung?
Nach der Geldverteilungs-Sause der EU zur Bekämpfung der Corana-Krise haftet jeder Bundesbürger mit weit mehr als 20.000,00 Euro, denn das ist der von „Mutter“ Staat inzwischen verursachte Schulden-Durchschnitt pro Kopf/Einwohner.
Und wer würde unsere Regierung daran hindern, darauf zuzugreifen? Das Parlament eher nicht, oder?

Anti-Merkel
3 Jahre her
Antworten an  HRR

Deshalb auch immer wieder die Vorstöße, das Bargeld abzuschaffen — dadurch wird es schwieriger, das Ersparte in Sicherheit zu bringen.

Iso
3 Jahre her
Antworten an  Anti-Merkel

Ja genau, dann hat man alle am Wickel, kann Zinsen unter Null anbieten, und saftige Gebühren abziehen. Am Ende würde auch das nicht reichen, weil Regierungen nicht wirtschaften können.