Bei über zwei Dritteln der gemeldeten ungeimpften Infizierten ist der Impfstatus unbekannt

Markus Söder verbreitet Zahlen, die zeigen sollen, dass über 90 Prozent der Corona-Infizierten umgeimpft sein sollen. Doch das ist falsch. Von Michael Friese.

IMAGO / Sven Simon

Markus Söder hat auf Twitter Zahlen des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) präsentiert, welche eine drastisch erhöhte Infektionsrate unter Ungeimpften zeigen sollten. Nach neuen Erkenntnissen sind diese Zahlen jedoch vermutlich äußerst ungenau und falsch erhöht, da in die Infektionsmeldungen von Ungeimpfen auch Fälle mit unbekanntem Impfstatus hinein gezählt wurden. 

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder schrieb am 18. November auf Twitter: „Leider nehmen die Corona-Infektionen gerade bei Ungeimpften dramatisch zu. Es gibt einen direkten Zusammenhang von niedrigen Impfquoten und hohen Infektionsraten. Lassen Sie sich daher bitte impfen. Nur Impfen hilft.“ Dazu postete er eine Grafik, welche zeigen sollte, dass die „7-Tage-Inzidenz“ unter den Geimpften deutlich niedriger sei als unter den Ungeimpften – 110 zu 1.469. Als Quelle der Zahlen hatte er das Landesministerium für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) angegeben. 

— Markus Söder (@Markus_Soeder) November 18, 2021

Diese Zahlen scheinen allerdings äußerst ungenau erhoben zu werden. Bereits auf seiner Webseite gibt das LGL an, dass in die Inzidenzwerte der Ungeimpften auch Infektionsmeldungen mit unbekanntem Impfstatus hinein gezählt werden. Bisher war allerdings nicht bekannt, in welchem Ausmaß sich diese Berechnungsweise auf die Gesamtinzidenz der Ungeimpften auswirkt. Dies hat sich nun geändert. Gegenüber der WELT erklärte das LGL, dass es beispielsweise am 24. November 81.782 gemeldete Corona-Fälle in Bayern gegeben habe, worunter sich 9.641 geimpfte und 14.652 ungeimpfte Personen befunden hätten. Bei 57.489 Menschen sei der Impfstatus nicht bekannt gewesen. Das LGL zählte diese zu den Zahlen der Ungeimpften dazu. Aus 14.652 infizierten Ungeimpften wurden somit 72.141.

Kritisch sieht das unter anderem der Fraktionsvorsitzende der bayerischen FDP Martin Hagen. Er hält diese Vorgänge für kaum nachvollziehbar und forderte eine „rückhaltlose Aufklärung“. Hagen: „Der Verdacht, dass staatliche Behörden der Öffentlichkeit mit verzerrten Statistiken bewusst ein falsches Bild vermitteln, wiegt schwer“. In Bezug auf die Nutzung dieser Zahlen seitens Söder fragt der FDP-Politiker: „Wusste Söder, dass die Zahlen, mit denen er seine Politik begründet, manipuliert sind?“


Michael Friese ist 18 Jahre alt und Schüler aus Schleswig-Holstein. Am Samstag, dem 4. Dezember schreiben auf TE nur junge Autoren. 

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