Stanford-Professor Ioannidis: „Auf lange Sicht verschlimmern solche Einschränkungen die Lage“

John Ioannidis, Stanford-Professor für Epidemiologie, hat in einem Interview von einem weiteren Lockdown abgeraten. Auf lange Sicht könnte der mehr schaden als nutzen – Hochrechnungen über Millionen Tote, wenn der Lockdown ausbleibt, hält er für überzogen. Von Max Zimmermann.

imago images / Future Image

Der griechisch-amerikanische Stanford-Professor für Epidemiologie und Bevölkerungsgesundheit John Ioannidis übte bereits früh heftige Kritik an der Lockdown-Politik, die in vielen Ländern weltweit als Mittel gegen die Corona-Pandemie Anwendung findet. Der Gesundheitswissenschaftler, der mit etwa 400 Publikationen zu den meist-zitierten weltweit gehört, hält die Datenlage für unzureichend, um auf ihrer Grundlage einen derartigen Eingriff in Wirtschaft und Gesellschaft zu rechtfertigen. In einer breiten Untersuchung kam er zu dem Ergebnis, dass stark restriktive Maßnahmen keinen signifikanten positiven Effekt bringen würden.

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In einem Interview mit der Welt am Sonntag wird Ioannidis nun noch deutlicher: Drakonische Lockdown-Maßnahmen könnten sogar kontraproduktiv in der Pandemiebekämpfung sein. So könne ein Lockdown die Situation in einem Land auch verschärfen, wenn er dazu führt, dass die wirtschaftliche Situation ähnliche oder gar schlimmere Effekte haben könnte, als die etwas stärkere Verbreitung des Virus. Er sagt: „vorläufig scheint es, als habe der Lockdown sogar einen negativen Effekt gehabt. Fallzahlen sinken auch ohne solche Maßnahmen wieder.“ Die sinkenden Fallzahlen seien laut Ioannidis nicht unbedingt auf die Lockdowns zurückzuführen. Es müsse keine Kausalität zwischen den Maßnahmen und den sinkenden Zahlen geben, da sich das Virus in Zyklen verbreitet. Bezogen auf jüngst geforderte Maßnahmen wie Ausgangssperren und Schulschließungen sagt er: „Auf lange Sicht verschlimmern solche Einschränkungen die Lage“.

Insgesamt kritisiert Ioannidis die falsche Schwerpunktsetzung der Politik – der Fokus bei der Corona-Prävention müsse darin liegen, Altersheime besser zu schützen und Hygiene- und Abstandsregeln einzuhalten. Der Epidemiologe kritisiert ebenfalls die Modellierungen von Corona-Szenarien auf deren Grundlage die Politik gemacht wird. Er hält Hochrechnungen, nach denen es im Falle eines ausbleibenden Lockdowns weltweit bis zu 40 Millionen Tote gäbe, für überzogen.

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Kommentare ( 16 )

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Walter Eiden
3 Jahre her

Ein Versuch einfach nur die Logik zu bemühen: Die Liste an Doktoren und Professoren die am Corona Virus oder dessen Gefährlichkeit und/oder an der Wirksamkeit der Maßnahmen zweifeln ist ebenso prominent wie lang. Allein das Ignorieren, aber auch das mitunter heftige Diffamieren und Diskreditieren dieser „Fachwarner“ zeigt überdeutlich dass diese Recht haben. Dass sich so gut wie alle Staatsoberhäupter dieser Welt sich am Ignorieren von honorigen Experten und deren Aussagen beteiligen und stattdessen mit den Maßnahmen großen gesundheitlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Schaden in „ihrem“ Land anrichten kann ganz einfach kein statistischer Zufall sein. Unmöglich. Ergo MUSS es demnach einen anderen… Mehr

ketzerlehrling
3 Jahre her

Das soll es auch. Die Bevölkerungsexplosion geht so nicht weiter. Das Ansiedeln der dritten Welt in Europa oder Amerika ist keine Lösung. Es verlagert, und verschärft, das Problem nur immer weiter. Also muss man dagegensteuern. Die Weissen haben ohnehin Todessehnsucht, sonst würden sie sich anders verhalten und hätten z. b. einen Migrationspakt nie geschmiedet, oder gar zugestimmt.

AlNamrood
3 Jahre her

Das ist doch das Ziel. Der Lockdown soll Deutschland, insbesondere dem Mittelstand, den Rest geben.

Oblongfitzoblong
3 Jahre her

Der Professor Ioannidis ist schließlich eine weltweit anerkannte Kapazität auf dem Gebiet. Warum sollte man auf ihn hören? Wir wissen aus Tradition alles besser. Da könnte ja jeder kommen! Unsere Kanzlerin macht keine Fehler! Wann werden wir es endlich begreifen?

Boris G
3 Jahre her

Es ist immer wieder erstaunlich, wie gering die nachweisbare Wirksamkeit sehr vieler gesundheitspolitischer Maßnahmen ist, die man vom ersten Anschein begeistert einführt. Deshalb sei an den alten Wahlspruch der britischen Armee erinnert: If in doubt – do nothing.

GermanMichel
3 Jahre her

Was sollen sie sonst machen? Das ist wie am Flughafen, Millionen Malle Touris werden gefilzt, weil Ross&Reiter nicht benannt werden können, und so auch nicht gezielt vorgegangen werden kann. Genauso beim Corona Geschehen, das sich halt weit überwiegend in Parallelgesellschaften abspielt, was unbedingt verschleiert werden muss, wodurch wiederum gezielte und effiziente Massnahmen verhindert werden.

Last edited 3 Jahre her by GermanMichel
Sani58
3 Jahre her

Wir( Familie) sehen diese ganzen Massnahmen und Verordnungen als für uns sinnfrei. Wo es sich bewerkstelligen lässt, gehen die uns am Hut vorbei, abgesehen von normalen Hygienegebaren. Aber das ist aus der Med.branche kommend, der Normalzustand.
Darüber hinaus haben wir eine Patientenfügung, und werden in welchem Gemeinwesen auch immer, keiner Intensivstation zur Last fallen. Ich weiß wie das ist, wenn Qualen verlängert werden, wenn Lebensqualität keine mehr ist, aber man nicht gehen darf, wohin sowieso ein Jeder kommt.

Sani58
3 Jahre her

Na ja, aber unsere Regierung hat andere“Berater“ und ist darüber hinaus wie auch die Grünen samt Fans beratungsresistent.
Also – rette sich wer kann, und nicht im Ökosozialismus leben möchte. Denn eine Mehrheit möchte das.

DerElfer
3 Jahre her

Keine Kritik am Artikel generell. Aber eine Bemerkung zu einer Formulierung, die mir hier aufstößt. Die Formulierung „meist-zitierten weltweit“ stellt keine Reputation im wissenschaftlichen Sinne dar. Mehr noch – selbst Genderasten zitieren mehrheitlich denselben Bullsxxx vielfach, was aber nichts bezüglich Belegbarkeit aussagt. Im Gegenteil. „Nicht den Hauch einer Beweisführung durch reines Zitat“, wie ein bekannter Blogger sinngemäß kritisiert. Zitieren macht es nicht wahr.

Cubus
3 Jahre her

Never, never again! Natürlich hat der gute Mann recht, genauso wie die Great Barrington Deklaration – es ist an der Zeit sich zu entscheiden!
In der Welt ist die Rede von der ehemaligen Lichtgestalt, die, achte auf die Umklammerung, zum Provokateur mutiert sei, geschrieben von einer drittklassigen Journalistin. Es wäre schön, wenn Tichy sich mit den Fakten dieses Ausnahmewissenschaftlers auseinandersetzen würde, hier liegt des Pudels Kern.

Renegade
3 Jahre her
Antworten an  Cubus

In der Welt ist die Rede von der ehemaligen Lichtgestalt, die, achte auf die Umklammerung, zum Provokateur mutiert sei […]“.
Das ist mir auch unangenehm aufgefallen. Gleich mal schön geframed, damit die Leser die Ausführungen von Ioannidis nicht etwa gut finden und den Kurs unserer Regierung kritisch sehen…