Die Probleme mit Schulden zuschütten – ein hilfloser Versuch

Nochmal drei Milliarden für die Ukraine, 200 Milliarden Euro fürs Soziale und der Wunsch, sich den Aufschwung der Wirtschaft einfach zu kaufen. Lars Klingbeil und sein Kanzler Friedrich Merz wollen sich mit Haushalt und Koalitionsausschuss als Sanierer verkaufen – sind aber offensichtlich hilflos.

picture alliance / Flashpic | Jens Krick

„Scheckbuch-Diplomatie“ ist eine Vokabel aus den guten alten Tagen der Bundesrepublik. Damals kauften sich die politisch Verantwortlichen von ihren Fehlern einfach frei – nicht nur im Ausland. Das ging. Die deutsche Wirtschaft war stark genug und erwirtschaftete das Geld. Mittlerweile beruht einer von drei Euro, die der Bund ausgibt auf Schulden. Eigentlich müssten verantwortliche Politiker wie Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) originelle Lösungen für anfallende Probleme entwickeln – doch originell ist Klingbeil nur darin, Vorwände für neue Schulden zu finden wie Konjunkturkomponente, Bereichsausnahme, Sondervermögen, Klima- und Transformationsfonds – und natürlich die regulären Schulden.

Literarisch ist der Finanzminister ein Genie – als Haushalter nimmt er allein im nächsten Jahr 180 Milliarden Euro Schulden auf bei einem Gesamtetat von 525 Milliarden Euro. Im laufenden Jahr waren es noch 503 Milliarden Euro. 4,3 Prozent Zuwachs in einem Jahr. Die Probleme im Land wachsen – damit auch der Bedarf der schwarz-roten Regierung an Geld, um die Probleme damit zudecken zu können.

Der Koalitionsausschuss tagte:
Vorwärts Genossen, wir müssen zurück – zurück zu Habeck
So wollen Klingbeil und der ihm unterstellte Kanzler Friedrich Merz (CDU) sich den Aufschwung kaufen: CDU, CSU und SPD könnten den Strompreis senken, indem sie den Wettbewerb aus Atomkraft-, Kohlekraft- und Gaskraft zulassen. Sie könnten mit Beschlüssen aufhören, die der Erneuerbaren-Industrie teure Projekte erlaubt, die Stromkunden dann zahlen müssen. Oder sie könnten Verfahren im Ausbau des Stromnetzes vereinfachen. Das alles machen Merz und Klingbeil aber nicht.

Stattdessen führen Klingbeil und Merz den „Industriestrompreis“ ein. Für ausgewählte Unternehmen reduzieren sie den Strompreis auf 5 Cent die Kilowattstunde. Normale Kunden zahlen 40 Cent. Doch der Vizekanzler und sein Kanzler erreichen diesen niedrigen Preis nicht durch eine kluge politische Lösung. Sie erkaufen ihn einfach. Mit den Steuern aller anderen. Etwa den Einnahmen aus der Stromsteuer. Die bleibt für Arbeitnehmer und für mittelständische Unternehmen so hoch wie zuvor. Obwohl Klingbeil und Merz noch im Koalitionsvertrag das Gegenteil versprochen haben. Doch ein Versprechen von Merz stinkt und schimmelt schneller als ein Ziegenkäse in der Sonne der Sahara.

An Einnahmen kommt der Bund nur noch auf 430 Milliarden Euro. Mit allen „Sondervermögen“-Tricks gibt Klingbeil 610 Milliarden Euro aus. Etwa ein von drei Euro, die der Bund raushaut, stammt damit aus Schulden. Mit der Schuldenorgie der schwarz-roten Regierung steigen die Zinsausgaben. Diese zusammen mit den Ausgaben fürs Militär und Soziale könnten der Regierung noch im Laufe dieser Wahlperiode jeden Spielraum für Investitionen nehmen. Bezahlen können Klingbeil und Merz das alles nur, wenn die Wirtschaft anspringt.

„Herbst der Reformen“ fällt aus
Rentenpolitik: Wirtschaft entzieht Friedrich Merz das Vertrauen – der fabuliert von Zeichen
Nur gibt die schwarz-rote Regierung das Geld aus der Schuldenorgie eben nicht für Investitionen aus, die zu einem Aufschwung führen könnten. Der Etat für Soziales steigt innerhalb eines Jahres von 190 auf 197 Milliarden Euro. In der Ukraine treten aktuell Minister zurück, denen die Korruption bereits nachgewiesen wurde. Das Geld haben sie mitgenommen. Aber es kommt neues aus Deutschland. Die schwarz-rote Regierung hat kurzfristig die Hilfen für die Ukraine um 3 Milliarden Euro aufgestockt, auf jetzt 11,5 Milliarden Euro – es ist noch Suppe da. Wer hat noch nicht, wer will nochmal?

Der grüne Haushalter Sebastian Schäfer warnt: Der Haushalt von Klingbeil und Merz böte keinen „echten Investitions- und Wachstumsimpuls“, sei dafür aber voller „Buchungstricks“. Und die Wirtschaft? Lässt sie sich kaufen? Blüht sie jetzt, da Klingbeil und Merz sie mit Schuldengeld versorgen, etwa in dem sie ausgewählten Betrieben die Stromrechnung auf Kosten des Steuerzahlers abnehmen?

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) vertritt auch Unternehmen, denen Klingbeil und Merz auf Kosten des Steuerzahlers die Stromrechnung abnehmen. Entsprechend zeigt die Kammer sich diplomatisch: „Es ist richtig und notwendig, dass die Bundesregierung den Wirtschaftsstandort in den Mittelpunkt stellt. Deutschland steckt weiter in einer tiefen Strukturkrise, jetzt zählen Taten.“ Doch so richtig glaubt die Industrie nicht an den Aufschwung aus dem Geld der Schuldenorgie: „Ein entscheidender Hebel sind private Investitionen. Sie liegen noch immer rund zehn Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau.“

Unbelehrbar
11,5 Milliarden: Deutschland schickt deutlich mehr Geld in die Ukraine
Klingbeil und Merz haben nach dem Koalitionsausschuss einen „Deutschlandfonds“ angekündigt. Dessen Idee: Der Staat gibt den Unternehmen genug Schuldengeld und dann legen die eigenes dazu und investieren. So wie der Batteriehersteller Northvolt in Schleswig-Holstein. Intel mit einer Chipfabrik in Magdeburg. Oder der Chip-Hersteller Wolfspeed im saarländischen Ensdorf. Sie alle haben nur investiert, weil der Staat Geld dazu gegeben hat. Also sie haben Investitionen angekündigt – und die Pläne dann abgesagt. Ein großer Teil des Steuergelds ist dabei versickert. Doch mit dem „Deutschlandfonds“ wird das alles anders. Auch wenn Klingbeil und Merz noch nicht wissen, wie der Fonds genau aussehen soll. Ein Versprechen, so haltbar wie Ziegenkäse in der Sonne der Sahara.

Auch wenn einige ihrer Unternehmen von der Schuldenpolitik der schwarz-roten Regierung profitieren, mahnt die Handelskammer echte Reformen an: „Für alle anderen droht der Strom jedoch noch teurer zu werden, weil sie die Subventionierung mitfinanzieren müssten. Statt Subventionen braucht es bessere Rahmenbedingungen: etwa durch spürbare Erleichterungen für Netzanschlüsse und den Verzicht auf die vorrangige Verlegung von Stromkabeln unter der Erde.“ Merz und Klingbeil müssten Probleme lösen, statt Geld auszugeben. Etwa die hohen Arbeitskosten oder die ausufernde Verwaltung.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 32 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

32 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Nibelung
1 Monat her

Schuldenmachen ist die primitivste Art der Geldversorgung, wenn man es nicht hat und die Begierden größer sind als der zu erwartende Nutzen, es sei denn er liegt in einer gezielten investiven Planung um darüber den eigenen Wert zu vermehren, solange dabei nichts schief gehen kann, wenn es im richtigen Lot liegt. So greifen nun unsere Berufsbankrotteure zum letzten Mittel des Selbsterhalts, obwohl sie über Jahrzehnte selbst an diesem Zustand beteiligt waren und es nun als letztes Allheilmittel betrachten, was den Niedergang erst recht beschleunigt und wenn man dann noch den finanzierten Geldverkehr in denkbar falsche Richtungen betrachtet, belegen sie im… Mehr

Endlich Frei
1 Monat her

Unsere grünbunten Wirtschaftsweisen tragen leider zum Untergang Deutschlands mit bei. Nicht nur, dass sie die Aufhebung der Schuldenbremse forderten, nun beklagen sie sich auch noch, dass das Geld – wie es die Spatzen von den Bäumen pfiffen – lediglich in konsumptive Maßnahmen gepumpt werden. Doch wer glaubt, das habe mit „Weisheit“ zu tun, unterschätzt den ideologischen Auswahlprozess dieses Gremiums. Wenn etwa „WIrtschaftsweise“ Monika Schnitzer – wie geschehen – kritisiert: „Man muss sich schon fragen, warum man für so etwas Geld ausgibt“, dann meint sie damit nicht etwa rausgeschmissenes Geld für Luft („Klimaausgaben“), Massenmigration & Afhanenimport, Mütternrente oder Milliarden an die korrupte… Mehr

Last edited 1 Monat her by Endlich Frei
ludwig67
1 Monat her

Richtig gewirtschaftet hat in meiner bewusst erlebten Lebenszeit -ich bin 1967 geboren- kein Finanzminister. Die Vorwürfe von „Buchungstricks“ und „Schattenhaushalten“ kamen von der Opposition immer, nur um dann in der Regierung das Gleiche zu machen. So weit, so erwartbar. Die Probleme haben sich dabei so aufgetürmt, dass nun das Ende der Fahnenstange erreicht scheint. Ist es aber nicht, wenn man auf Länder wie Japan oder Frankreich blickt. Für Klingbeil geht da noch so einiges und das wird die SPD -die CDU spielt ja im Grunde keine Rolle mehr- nutzen, um ihre grün-sozialistischen Träume bis zum letzten Euro zu finanzieren. Wir… Mehr

Dr. Rehmstack
1 Monat her

Weil eine erkennbar verfehlte Energiepolitik (laut Wall Street Journal die dümmste Energiepolitik der Welt) voraussehbar nicht in der Lage ist und niemals sein wird, Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen zu liefern, entscheidet sich unsere Regierung, die laut Grundgesetz im Auftrag des Souveräns zu handeln hat, nicht dazu, die dümmste Energiepolitik der Welt zu ändern sondern den Industrie Strompreis von den andern bezahlen zu lassen. Die einen zahlen 5, die anderen zahlen 40 cent pro Kilowattstunde! Und immer noch ist der Wähler, ist das Volk, muksmäuschenstill. Wie kann man nicht begreifen, dass jeder einzelne, wir, das bezahlen müssen? Man möchte Georg Büchner… Mehr

Deutscher
1 Monat her

Im saturierten Zustand sehen selbst Kommunisten wie Bonzen aus.

Last edited 1 Monat her by Deutscher
Raul Gutmann
1 Monat her

Der hohntriefende Spott zukünftiger Generationen über die irrationale Verblendung der gegenwärtig politisch Verantwortlichen UND – bedeutsam! – des ihnen folgenden Wahlvolkes zeichnet sich bereits jetzt elmsfeuerartig im Äther der Zukunft ab.

Last edited 1 Monat her by Raul Gutmann
Freigeistiger
1 Monat her

Die Regierung Merz ist bereits gescheitert, nur noch Verschuldung und Insolvenzverschleppung. Die AfD sollte sich schon mal warmlaufen.

barth68
1 Monat her
Antworten an  Freigeistiger

Die hat momentan nichts anderes zu tun, als sich zu zerfleischen – siehe Ruslandreisen einiger Abgeordneter.

joly
1 Monat her
Antworten an  barth68

Das ist kein Zerreißen, sondern ein Antesten und Austesten des Möglichen. Man bleibt nach allen Seiten offen und hofiert Trump und Putin. Mal schauen wann die ersten Reisen nach China und Indien gehen und dann gibt es noch den Iran und Kim. Spiel nicht mit den Schmuddelkinder hieß es so schön; aber wenn diese Schmuddelkinder groß und mächtig sind – was dann? Dann nennt man das Diplomatie.

Alf
1 Monat her

Vorschlag: Die nächste Zusammenkunft, der nächste Gipfel, und keiner geht hin. Aber es ist wie immer: Alle kommen und hoffieren die „erfolgreichste“ Regierung. Ohne Plan treffen sich alle zum Untergang und genießen die kostenlose Bratwurst. Das mediale Blabla ist unerträglich. Junge Unions-Abgeordnete wehren sich gegen das Rentenpaket der Regierung: Es sei zu teuer, zulasten der Jüngeren. Am Wochenende muss der Kanzler sich ihnen erklären.https://www.wiwo.de/politik/deutschland/junge-abgeordnete-kritisieren-rentenpaket-merz-muss-sich-erklaeren/100173921.html Nein, nicht erklären, Merz und seine Combo müssen geschlossen zurücktreten. Sie können es nicht und sie wollen es nicht, oder beides. Alle Abgeordneten der CDU, nicht nur Teile der JU, sind verantwortlich, und gefordert, diesen Spuk… Mehr

wat nu
1 Monat her

@TichyRedaktion, bitte bitte den alternativen Haushalt der AFD vorstellen!

Ich bin RECHTS
1 Monat her

Deutschland hat fertig.

2029 betragen die Ausgsben für
Soziales 260 Mrd €
Rüstung 130.Mrd €
Schulden 80 Mrd €

Das sind zusmmen 470 Mrd € und damit fast 90 % des gesamtem Haushalts.

Zum Vergleich;
Der letzte vernünftige Kanzler Schröder kam noch mit 270 Mrd € gut über die Runden