Regierung will Fehler in der Automobilpolitik wiederholen

Höchste Zeit für die neue Regierung, die Autoindustrie als deutschen Wohlstandsmotor wieder auf Touren zu bringen. Viel Zugkraft ist der Branche unter der „grünen“ Autoideologie in Berlin und Brüssel in den letzten Jahren durch Verbrennerverbot und Anti-Auto-Diskussion abhanden gekommen.

picture alliance / CHROMORANGE | Michael Bihlmayer

Um Missverständnissen vorzubeugen: Es geht hier nachfolgend nicht um Schuldenbremse, Mindestlohn oder ähnlich politisch kontroverse Themen. Es geht hier ausschließlich um die Krise in der Automobilindustrie, deren Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland sowie um die Vorhaben der kommenden Bundesregierung, diesen Wohlstandsmotor der deutschen Industrie im wohlverstandenen Eigeninteresse vor Trumpscher Willkür und hausgemachter ideologischer Überfrachtung zu schützen und wieder auf Touren zu bringen.

Höchste Zeit, denn viel Zugkraft ist der Branche unter der „grünen“ Autoideologie in Berlin und Brüssel in den letzten Jahren durch Verbrennerverbot und Anti-Auto-Diskussion schon abhandengekommen.

Fakt ist, die neue Regierung startet mit sehr schlechten Umfragewerten. Und das ist sachlich, nicht ideologisch, auch durchaus begründet. Wenn sie denn in der Automobilpolitik umsetzt, was sie im Koalitionsvertrag niedergeschrieben hat.

Natürlich gehört zu den staatsbürgerlichen Tugenden einer neuen Regierung, bevor sie im Amt ist oder gerade, nachdem sie in dieses gekommen ist, politischen „Welpenschutz“ in Form der üblichen 100 Tage zu gewähren, um sich einzurichten. Und sie nicht für Fehler zu tadeln, die sie noch gar nicht gemacht hat. Das Gebot der Fairness verbietet das.

Zur Fairness und staatsbürgerlichen Tugend gehört es aber auch, die „incoming“ Bundesregierung auf Sachverhalte hinzuweisen, die im krassen Widerspruch zu dem stehen, was sie im Regierungsprogramm, vulgo: Koalitionsvertrag, expressis verbis als Absicht kundgetan hat. Oder auch nicht getan hat.

Verunsicherte Kunden – aufgeschobene Käufe – zunehmende Altbestände

Besonders krass ist ein Punkt zu kritisieren, zu dem sich der Koalitionsvertrag ausschweigt. Fakt ist, dass die Automobilnachfrage nachweisbar unter der Unsicherheit über die künftig zulässige Antriebstechnologie leidet. Bleibt die einseitige Ausrichtung der Politik auf die Elektromobilität und bleibt das Verbrennerverbot – ja oder nein? Oder wird das Verbrennerverbot wieder abgeschafft oder zumindest technisch modifiziert? Kommt E-Fuel, ja oder nein?

Die Autokunden sind verunsichert, schieben Kaufentscheidungen auf, Ersatzbedarfe werden hinausgezögert, das Durchschnittsalter und damit auch die Umweltschädlichkeit der deutschen Pkw-Flotte, sprich: des Altbestands, nimmt zu. – Alles derzeit in Deutschland zu beobachten, das Kraftfahrzeugbundesamt (KBA) ist Zeuge!

Vor der Wahl hat der Unions-Kandidat Friedrich Merz das Ende des Verbrennerverbots versprochen, während die Sozialdemokraten weiterhin nur noch Null-Emissions-Fahrzeuge ab 2035 zulassen wollten. Weder das eine noch das andere fand Eingang in das künftige Regierungsprogramm, für viele Wähler Beleg für Wählertäuschung und ein Nachweis für die Regierungsunfähigkeit der Bürgerlichen.

Das Schweigen der kommenden Regierung zum Verbrenneraus 2035 und damit zu diesem wichtigen Sachverhalt der zulässigen Antriebstechnologie ist ein großes Manko. Nachbesserung und „klare Kante“ sind dringend erforderlich, damit Konsumenten und Autohersteller klare Entscheidungsgrundlagen haben. Dieses Monitum gilt auch für die EU-Präsidentschaft.

Allzu schwer und kontrovers sollte der neuen Regierung eine politische Präzisierung bezüglich des Verbrenneraus nicht fallen. Brücken dazu haben die verhandelnden Koalitionäre bereits nolens volens in den Vertrag eingebaut:

  • Zum einen das klare Bekenntnis zum Auto und zum Industriestandort Deutschland (was denn sonst?).
  • Zum anderen der Politikwechsel in der Antriebstechnologie: Statt der einseitigen Fokussierung auf eine Antriebstechnologie (nämlich Elektromobilität) rücken die Koalitionäre das Bekenntnis zur Technologieoffenheit in den Vordergrund. Dazu wollen sie auch erneuerbare Kraftstoffe fördern und den dafür notwendigen Regulierungsrahmen schaffen.
  • Am aller wichtigsten ist indessen die Absicht der neuen Bundesregierung, nicht nur die Anschaffung neuer E-Autos zu fördern – allerdings ohne den Habeckschen Fehler direkter Kaufprämien zu wiederholen –, sondern auch den Kauf von Plug-In-Hybrid-Elektroautos (PHEV) und von E-Autos mit Range-Extendern (EREV).

Damit bleibt der Verbrenner als Antriebsaggregat in äußert umweltvertäglicher Form als Kernstück der deutschen Automobilindustrie erhalten. Sollten 2035 erneuerbare Kraftstoffe in ausreichendem Umfang verfügbar sein, sogar als Hauptaggregat in Verbrenner-Neufahrzeugen.

Verbrenner – das kann die deutsche Autoindustrie!

Für die deutsche Autoindustrie wäre das der Durchbruch und für zigtausende Automobil-Arbeitsplätze die Garantie, auch zukünftig der internationalen Konkurrenz, insbesondere der aggressiven Markteroberung durch chinesische Hersteller, erfolgreich entgegentreten zu können. Denn: Verbrenner – das kann die deutsche Autoindustrie!

Soweit zur Kritik am Schweigen der künftigen Bundesregierung. Jetzt zu dem, wozu sie sich geäußert hat, und wo es ebenso unfair wäre, sie schweigend ins offene Messer laufen zu lassen statt sie, obwohl man es besser weiß, vor diesen Fehlern zu warnen.

Dass die Bundesregierung künftig den Kauf neuer E-Autos fördern will, ist an sich nicht zu kritisieren, wenn der Strom aus erneuerbaren Quellen kommt. Das kann man machen, muss es aber nicht. Zu kritisieren ist vielmehr, dass die neue Groko fern jeder Faktenlage den flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur vorantreiben will, dass sie auch den – kostspieligen – Ausbau der Ladeninfrastruktur also weiter fördern will.

Diese Absicht folgt dem Lobby-Zeitgeist, nicht der intellektuellen Redlichkeit. Denn inzwischen sind Studien aufgetaucht, die jede weitere Förderung der Ladeinfrastruktur konterkarieren. An mangelnder Ladeinfrastruktur hängt es nicht, dass die Elektromobiliät nur schleppend in die Gänge kommt. Und dass E-Autos ein Nischendasein führen, außer in den Wallbox-Garagen als Dritt- oder Viert-Auto in den Garagen von einkommensstarken Vorstadt-Bewohnern.

Ladesäulen im Überfluss

Rechtzeitig bevor die neue Bundesregierung ihre reich dotierte Schatulle für sinnlose Investitionen in die Elektro-Ladeinfrastruktur öffnet, berichtet die Automobilwoche (Ausgabe 9, 22. April 2025), dass bereits heute jede vierte Ladesäule ungenutzt ist („Auslastung null Prozent“), der Markt dysfunktional sei und viele Betreiber unter finanziellen Druck geraten. Die Fakten laut Elvah-Studie der Automobilwoche für das 2. Halbjahr 2024 sehen wie folgt aus:

  • Der Absatz neuer Elektroautos (BEV) sank 2024 in Deutschland um 27 Prozent auf 381.000, der von Plug-In-Hybriden nahm dagegen um 9 Prozent auf 191.000 zu.
  • Die Anzahl öffentlicher Ladepunkte nahm im Gegensatz zur BEV-Entwicklung weiter um mehr als ein Fünftel auf 160.800 Ladepunkte zu.
  • Der Lademarkt in Europa ist dysfunktional (Sören Ziems, CEO von Elvah):
    • mehr als 25 vH der Hochleistungs-Schnellladesäulen (HPC) haben eine Auslastung von null Prozent;
    • weitere 24 vH kamen auf eine Auslastung zwischen einem und fünf Prozent;
    • im Durchschnitt liegt Investment für HPC je nach Lage und Größe bei mehreren 100.000 Euro;
    • bei normalen Schnellladesäulen (DC) bis Ladeleistung 130kWh sowie bei Wechselstrom-Normalladesäulen (AC) lag die Auslastung im 2. Halbjahr 2024 ebenfalls mit zu 26 bzw. 22 vH bei null;
    • die größte Gruppe von 23,78 vH bei HPC hatten nur eine Auslastung zwischen 1.01- 5,0 Prozent, ebenso mit 31,94 vH bei DC und 24,02 vH bei AC;
    • bei HPC-Schnellladern werden rund 30 Prozent als guter Auslastungsgrad angesehen;
    • im Schnitt liegt die Auslastung der HPC-Ladepunkte nur bei 6 bis 7 Prozent.

Dazu zwei Experten:

  • Studienleiter Sören Ziems: „Es herrscht in Deutschland definitiv kein Ladesäulen-Mangel mehr.“
  • Ionity-CEO Jeroen van Tilburg: „Es gibt aktuell eher ein Überangebot an Ladeinfrastruktur am Markt, weil sich die Nachfrage nach E-Autos 2024 nicht so entwickelt hat wie erwartet.“

Damit wäre das Henne-Ei-Problem bei Elektroautos sehr zum Leidwesen der technikverengten Elektroauto-Ideologen gelöst: Hennen, sprich Ladepunkte, gibt es zur Genüge – allerdings nicht vor der eigenen Haustüre –, was fehlt, sind die Eier, nämlich die zu betankenden E-Autos.

Im Klartext heißt das für den Lademarkt: Konsolidierung ist angesagt, nicht Schaffung weiterer Überkapazitäten mit Steuergeldern. Vielleicht überlegt sich die neue Regierung, wenn sie denn schon unbedingt Geld für die Elektromobilität ausgeben will, Stilllegungsprämien für den E-Lademarkt.

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Kommentare ( 6 )

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bfwied
11 Tage her

Das Lieblingswort der Linksgrünen und der linken Journalisten ist: „verunsichert“! Berufsausbildungslose und linke Besserwisser wissen also sehr viel besser, was gut ist für den Meister, den Mediziner, den Wissenschaftler als diese selbst! Wir sind nicht verunsichert, wir sind wütend ob diesem Unsinn und der sinnlosen Abzockerei. Elektrokarren sind in Ordnung als Stadtwagen, klein, ohne große Akkus, einfach, und somit haben sie billig zu sein. Als Auto für Überlandstrecken sind die Mittel- und Oberklassewagen viel zu teuer und haben eine zu geringe Reichweite. Auch wenn die sich sogar um 20 % vergrößern sollte, taugen die nichts für den Alltag und den… Mehr

BK
11 Tage her

Das wird wohl nicht passieren, die deutsche Automobilindustrie auf Touren zu bringen. Liest man den >>kfz-Betrieb<<, das Fachblatt der Branche, dann sind die dortigen Beiträge ein einziges Klagelied, wie schlecht es mit der E-Mobilität läuft, welche Hersteller mit neuen E-Autos kommen, dass der Druck der Hersteller auf die Händler zunimmt. Ergänzt wird das durch dynamische Vertriebsziele, die sich jede Marke in einem seit Jahren fallenden Markt setzt und sich damit selbst belügt. Erschreckend auch immer die Zulassungszahlen. Privatkunden sind Mangelware. Weit über die Hälfte sind Gewerbekunden und Werkszulassungen, weil sich das Volk die teuren Autos nicht mehr leisten kann und… Mehr

Proffi
11 Tage her

Schon Schulkinder werden mit dem totalen Fehlschluss indoktriniert, dass CO2 umweltschädlich sei. Dieser Irrglauben zieht sich durch den gesamten Artikel von Herrn Dr. Becker. Beispiele ?: ……“Die Autokunden sind verunsichert, schieben Kaufentscheidungen auf, Ersatzbedarfe werden hinausgezögert, das Durchschnittsalter und damit auch die Umweltschädlichkeit der deutschen Pkw-Flotte, sprich: des Altbestands, nimmt zu“. Was ist an einem älteren Auto umweltschädlich ? …….“Damit bleibt der Verbrenner als Antriebsaggregat in äußert umweltvertäglicher Form als Kernstück der deutschen Automobilindustrie erhalten. Sollten 2035 erneuerbare Kraftstoffe in ausreichendem Umfang verfügbar sein, sogar als Hauptaggregat in Verbrenner-Neufahrzeugen“ Erneuerbare Kraftstoffe gibt es nicht, denn sie werden verbrannt. E-fuels sind… Mehr

Aegnor
11 Tage her
Antworten an  Proffi

Ich stimme Ihnen größtenteils zu. Nur dass E-Fuels per se sinnlos sind, würde ich so nicht stehen lassen. Es hängt halt alles von der Verfügbarkeit billiger Energie ab. Wenn Elektrizität in beliebigen Mengen frei verfügbar ist – z.B. durch Kernergie – ist der Wirkungsgrad nachrangig. Dann kommt es nur auf die Speicherung an und da können künstlich hergestellte Kohlenwasserstoffe, deren Energiegehalt jeder Batterie (auch Feststoff & Co.) meilenweit überlegen ist, als sehr effiziente Energieträger durchaus wettbewerbsfähig sein. Vielleicht sogar mehr als Erdölbasierte. Und es muss ja nicht über die Schiene Elektrolyse -> H2 -> + CO2 -> Methan laufen. Es… Mehr

Proffi
11 Tage her
Antworten an  Aegnor

Es ist wünschenswert, die Atmosphäre mit CO2 anzureichern. Das gelingt am Billigsten mit Kohle. Nur wenn man den CO2 Eintrag in die Atmosphäre vermindern möchte, um das Weltklima zu retten, ergeben E-fuels einen Sinn.

Peterson82
10 Tage her
Antworten an  Proffi

Es wird 2035 keine Kraftstoffe aus regenerativer Energie geben. Zumindest nicht für den privaten PKW. All die Erzeugungskapazität wird in das „Greenwashing“ der Airlines und Schiffahrt fließen. Oder eben Spezialanwendungen wie Bagger oder andere Baufahrzeuge die man nicht los wird. An älteren Autos AN SICH ist erstmal nichts umweltschädlich. Das Problem aus Regierungssicht ist der gesamte Verkehrssektor bzw. die Flottenverbräuche. Und die kommen eben von der Verbrennung des Treibstoffs. Ein Bulli aus den 80er Jahren ist gebaut. Er richtet keinen „Schaden“ mehr an. Er tut es auch nicht, wenn er als Oldtimer seine 1000km im Jahr abspult. Er tut es… Mehr