Die Strategie von CEO Ola Källenius lautet immer noch: Günstige Modelle fliegen aus dem Programm, im oberen Segment wird ausgebaut. Und alle Verbrenner werden durch Elektroautos ersetzt. Der Diamant ist das Firmen-Symbol von Mercedes-Benz. Wird der Diamant zum Kieselstein?

Mercedes befindet sich im Frühjahr 2025 mitten in einer Phase der deutlichen Verschlechterung aller Geschäftskennzahlen – Absatz, Umsatz, Ergebnis –, die das Zeug hat, sich zu einer ernsthaften Unternehmenskrise auszuwachsen. Zwar könnten Mercedes-Aficionados sich mit dem Hinweis beruhigen, sämtliche deutschen Autohersteller, ob Premium-, ob Massemarkt, hätten im 1. Vierteljahr 2025 erhebliche Verluste gemacht, so eben auch Mercedes. Und der China-Markt bricht bei allen Herstellern ein, so auch bei Mercedes.
Der Unterschied ist nur, bei Mercedes hält die Schwächephase schon seit zwei Jahren an, droht aus der Verlustentwicklung ein Abwärtstrend zu werden. Die von Mercedes-Chef Ola Källenius verfolgte Luxus-und „electric-only“-Strategie hat das Zeug, sich zu einer ernsthaften Unternehmenskrise auszuwachsen. Durchaus vergleichbar mit jener, in die CEO Jürgen Schrempp den behäbigen Nobel-Autokonzern aus Stuttgart Ende der 90er Jahre mit der Übernahme des US-Autokonzerns Chrysler – von vielen bereits damals als „Hochzeit des Grauens“ bezeichnet – zur Welt AG transformieren wollte. Als Schrempp ging, waren die Kassen leer, sein Nachfolger Dieter Zetsche konnte 2005 ff. eine Insolvenz – wie später bekannt wurde – gerade noch so abwenden.
Diesmal steht im Zentrum der Krise der deutschen Ikone des Baus von Nobelautos wiederum der CEO, nämlich Ola Källenius, der 2019 sein Amt antrat. Zum Teil ist Källenius, das sei der Fairness halber gesagt, als ein von widrigen wirtschaftlichen Rahmen- und Marktbedingungen Getriebener. Zum größeren Teil aber wird er gegenwärtig durch die Folgen seiner verkorksten Elektro- und vor allem Luxusstrategie in die Enge getrieben. Zwei Kommentare spiegeln die Lage: „… es ist kein zyklischer Rückgang, es ist ein Absturz mit Ansage: China läuft nicht, ‚Electric only‘ läuft nicht, USA läuft nicht“ (Aktionär Kronenberg auf der jüngsten Hauptversammlung: Mercedes: Aktionäre hinterfragen die Luxusstrategie | Automobilwoche.de). Und: „Luxusstrategie von Mercedes: Viel bleibt Källenius nicht mehr, um sie zu retten“ (Automobilwoche.de)
Natürlich sieht Mercedes-Chef Källenius sein Unternehmen nach wie vor gut aufgestellt. Alles andere wäre auch in personam als Konzernverantwortlicher fatal. „Wenn man sieht, was in der Branche los ist, ist das Quartal sehr robust gewesen. Es bringt uns in die Lage, die Innovations- und Produktstrategie mit ruhiger Hand weiterzuverfolgen.“ (Großer Vergleich: So lief das erstes Quartal für Deutschlands Autobauer | Automobilwoche.de). – An letzterem wird mehr und mehr gezweifelt. Was ist geschehen?
Als Folge der Luxusstrategie, die CEO Källenius 2021 mit der öffentlich verkündeten Aufgabe der unteren Marktsegmente und Ersatz durch generelle Höherpositionierung der Marke Mercedes im Luxussegment, ebenso wie als Folge der 2024 verkündeten „electric-only“-Strategie durch totale Aufgabe der Verbrennertechnologie ab 2030, gerät Mercedes-Benz zunehmend ins Abseits. Die traditionelle Führungsrolle im Auto-Luxussegment wandert peu à peu von Stuttgart nach München.
Ziel der Luxus-Strategie von CEO Källenius war, den Anteil von Luxus-Autos deutlich zu steigern, um die Gewinnmarge nach oben zu treiben und höhere Gewinne zu erzielen. Nach dem Motto: lieber mehr teure Autos verkaufen statt billige!
Das Gegenteil trat ein: Gegenüber 2023 schrumpfte der Absatz der S-Klasse um rund 25,7 Prozent, während jener der kleineren C-Klasse als einzige im gesamten Mercedes Portfolio noch um +15,8 Prozent wuchs. Der Anteil der Luxus-Klasse am ohnehin rückläufigen Mercedes-Gesamtabsatz schrumpfte auf 14 Prozent, nachdem er in 2021 noch bei 16 Prozent gelegen hatte.
China ist ein Sonderfall, aber eben kein kurzlebiger. In China betrug der Absatzrückgang im ersten Quartal 2025 sieben Prozent, weltweit 3,6 Prozent (446.300 Einheiten). Der unerwartet intensive Wettbewerb im Reich der Mitte zwingt Mercedes zu starken Preisnachlässen, alles zulasten der Marge. Die operative Umsatzrendite, Gradmesser für die Profitabilität, lag in der Pkw-Sparte bei 7,3 Prozent und damit im ohnehin abgesenkten Korridor von sechs bis acht Prozent für das gesamte Jahr. Sollte der Zollkrieg zwischen USA und China bestehen bleiben, droht eine Halbierung der bisher erwarteten Rendite.
Hand in Hand mit der Luxusstrategie ging ab 2024 die Källenius-Strategie, den Verbrennungsmotor, Begründer des Mercedes-Mythos, ab 2030 völlig aus dem Modellplatte zu streichen und durch Elektroautos zu ersetzen. Die Luxusstrategie von Mercedes-Benz sieht vor, dass E-Autos ein integraler Bestandteil des Portfolios sind und die Marke in den Luxushimmel positionieren.
Zu diesem Zweck plante Ola Källenius für Mercedes eine Änderung der Designsprache bei Elektroautos. Konkret sollen Mercedes-E-Autos ab 2026 ein klassischeres Design erhalten und sich wieder stärker am traditionellen Mercedes-Design orientieren. Die bisherigen E-Autos der EQ-Familie haben sich schlechter verkauft als erwartet, und mit Änderung der Designsprache ab 2026 sollen neue Mercedes-E-Autos ein Design erhalten, das wieder stärker an traditionelle Mercedes-Modelle erinnert, mit mehr Chrom und dem Stern auf der Haube.
Irrige Wachstumsphilosophie von Ola Källenius
Inzwischen kam es aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung in China zu einem Abbruch der Nachfrage für Luxusautos in der Mercedes-Preisklasse. Die Chinesen wollen Luxus, aber billiger, Luxus ist weiter gefragt, aber in den unteren Klassen.
Folgend seiner – irrigen – Wachstums-Philosophie baut Ola Källenius das Elektro-Luxus-Segment unverdrossen weiter aus zulasten der unteren Brot-und-Butter-Einstiegsklassen, wie zum Beispiel der CLA-Klasse. Die strategische Källenius-Marschrichtung bis heute lautet: Günstige Modelle in den unteren Klassen „rollen“ aus dem Programm, im oberen Segment wird ausgebaut. Und alle Verbrenner werden durch Elektroautos ersetzt. Dazu zwei Beispiele:
- Das neue aufgelegte CLA-Modell, vor kurzem in Rom vorgestellt – ist als Folge seiner Elektro-Plattform so ausgelegt, dass lediglich ein einziger kleiner und preiswerter Vier-Zylinder-Verbrenner-Motor darin Platz hat: Größere Verbrenner-Aggregate sind bautechnisch nach Aussagen von Autotechnik-Experten nicht mehr möglich. Mercedes hebt zur Verneblung dieses Mangels zwar bewusst auf den niedrigen Preis dieses Modells als Einstiegsmodell ab, verschwieg aber tunlichst, dass das für den Kunden das Ende der Verbrenner-Fahnenstange ist.
Anmerkung am Rande: Selbst dieser neue Vierzylinder-Motor wird nicht im Schwabenland, sondern in China bei Großaktionäre Geely gebaut. Autostrategen mutmaßen, die Chinesen wollten sich so in Verbrennertechnik – die sie (noch) nicht beherrschen – fit machen, um künftig den europäischen Markt auch mit Verbrennern „unter die Räder“ zu nehmen – die ja nicht mit EU-Einfuhrstrafzöllen belastet sind. Die Hybrid-Welle rollt bereits an – ohne Zollbarrieren.
- Der Ausbau der V-Klasse zur Luxus Klasse: Dazu hat Mercedes-Ola im Hauptmarkt für Luxus-Karossen China vor kurzem in Shanghai den Van Vision V vorgestellt. Laut Beschreibung der Automobilwoche zeigt dieses Modell, wohin die Källenius-Reise bei Mercedes geht: Das Showcar Vision V, das in China Weltpremiere feierte, verfügt über eine Glaswand, die sich auf Knopfdruck verdunkeln lässt, und trennt das Cockpit vom loungeartigen Passagierbereich. Sind die Türen geschlossen, verwandelt sich der Van in ein fahrbares Kino. Ansonsten bling-bling ohne Ende.
Der Mercedes-CEO setzt also erkennbar weiter auf Wachstum im Luxus-Segment. Obwohl die Kunden bisher nicht mitspielen.
Fakt ist, dass Mercedes mit dem Vision V sein Top-End-Segment noch mal ausbaut. Für die Automobilwoche ist der China Van „Der letzte Luxus Trumpf“ (Automobilwoche, Nr. 10, Mai 2025). Wobei die Absatzstatistiken über die Reise am Automobilmarkt klare Trends erkennen lassen. Bei Mercedes-Benz schrumpfte der Absatz 2024 gegenüber 2023 bei S-Klasse-Modellen um minus 26 Prozent, während im Gegensatz dazu die Verbrenner-C-Klasse-Modelle um 15 Prozent zulegen konnten – und so das Geschäftsjahr retteten.
Die strategische Källenius-Marschrichtung lautet also auch im Frühjahr 2025 noch unverdrossen: Günstige Modelle fliegen aus dem Programm, im oberen Segment wird ausgebaut. Und alle Verbrenner werden durch Elektroautos ersetzt. Denn: „Wir werden die wertvollste Luxus-Automarke der Welt stärken und in eine neue Ära führen“, kündigte er auf der Automesse in Schanghai selbstbewusst an (Automobilwoche, Nr. 10, Mai 2025). Die Automobilwoche fragt indessen besorgt: „Rettet der Mercedes-Chef mit der neue V-Klasse seine Strategie? (Retten Luxus-Vans die Strategie von Ola Källenius? | Automobilwoche.de). – Spötter meinen eher Kopf und Kragen.
Im Gegensatz zu Ola Källenius hält sein schärfster Wettbewerber Oliver Knipse bei BMW in München weiter an seiner technologieoffenen Strategie fest. Sehr erfolgreich. BMW und der scheidende AR-Vorsitzende Norbert Reithofer haben vor zehn Jahren mit dem Vorpreschen bei der E-Mobilität mit dem i3 und i8 ausreichend Erfahrungen gesammelt, dass man viele Verbrennerautos verkaufen muss, um sich als Hersteller Elektroautos leisten zu können.
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Mercedes will unter dem Schweden offensichtlich zu einer Art Rolls- Royce werden, also Autos für eine extra Standesklasse. Das entspricht der Abkehr von der klassenlosen Nachkriegsdemokratie, als man beim Autodesign (wie zuvor schon in der Architektur und Kleidung) weitgehend auf dieses Standesdenken der 1920er/1930er verzichtete. Mercedes wird das gar nicht guttun. Zum Glück haben wir noch BMW und Audi, die darüber stärker werden dürften.
Dass Luxus-only zwangsläufig mit einem drastischen Absatzrückgang, Werksschließungen und Schrumpfen der gesamten Organisation einhergeht, ist logisch.
Wenn die HV dem CEO seine Strategie freigegeben hat, darf sie sich über das Ergebnis nicht wundern.
Aktionäre, die das Business des Unternehmens, das ihnen gehört, nicht verstehen, sind gefährlich.
In diesem Fall kann man nicht einmal von einem Principal-Agent-Dilemma sprechen.
Zumal Mercedes das Teil selbst als Stern bezeichnet. Und auch immer bezeichnet hat. Unlängst hat man übrigens das Logo „aufgefrischt“. Vom Mercedes-Stern ist optisch praktisch nichts mehr übrig. Also rein äußerlich steigt man nun auch schon selbst in die Beliebigkeit ab. Offenbar folgt Mercedes dem Beispiel von Jaguar.
Der Artikel suggeriert dass der Abstieg mit der E-Mobilität zu tun hat. Das ist aber falsch. Denn auch der V8 Mercedes AMG SL ist sowohl im In- als auch Ausland ein absoluter Flop. Und auch die E-Offensive selbst ist ein Ladenhüter, nicht weil es keinen Bedarf gibt, den gibt es insbesondere in China, sondern es liegt daran dass die Fahrzeuge überteuert sind, am Markt vorbei entwickelt werden und aussehen wie ein Stück Seife.
In China kehrt man gerade wieder zum Verbrenner zurück….weil man gemerkt hat, dass auch mit viel Atom-Kohle-Kraft die Ladekapazitäten für alle nicht erfüllbar sind und die Praktikabilität der E-Fahrzeuge eben sehr begrenzt ist.
Wie genau sind über 50 % E-Auto-Anteil (wachsend) eine „Rückkehr zum Verbrenner“?
„Autostrategen mutmaßen, die Chinesen wollten sich so in Verbrennertechnik – die sie (noch) nicht beherrschen – fit machen, um künftig den europäischen Markt auch mit Verbrennern „unter die Räder“ zu nehmen…“ Und wieder wirft Europa den Chinesen alles in den Rachen. Wie kann man geostrategisch nur so blöd sein und den europäischen, vor allem den deutschen Verbrennungsmotor einzustampfen, um sich auf chinesisches Elektro-Niveau herab zu begeben? Källenius, Tavares (Stellantis) oder Herbert Diess beweisen, dass die europäischen Wirtschaftsführer auch nicht klüger ticken als viele ideologisch verbohrte EU-Politiker. Die Electric-only-Strategie ist fataler Unsinn! In Peking und Washington (bzw. Detroit) lacht man insgeheim… Mehr
Das ist auch logisch, schließlich stammen diese Leute allesamt aus der selben Gesellschaftsschicht, welcher auch eine Neubauer, Nietzard, Blasel, eine Baerbock, Roth, Ströbele, Trittin oder Cohn-Bendit entstammen. Genau wie ihre Vordenker Foucault, Satre, Lenin oder Marx. Oder die gesamte RAF:
Links ist Klassenkampf von Oben.
„Als Folge der Luxusstrategie,… ebenso wie als Folge der 2024 verkündeten „electric-only“-Strategie durch totale Aufgabe der Verbrennertechnologie ab 2030, gerät Mercedes-Benz zunehmend ins Abseits.“ So ist das halt, wenn man sich der „Alternativlosigkeit“ hingibt: wenn es schlecht läuft, fehlen einem die Alternativen…
Man sollte den Automarkt von früher (=80er Jahre und davor) nicht mit heute vergleichen. Auch in Deutschland hat sich die Autokultur verändert. Früher fuhren linke Soziologiestudenten einen /8er-Diesel, den sie oft auch noch aus dem Taxijob kannten. Man konnte vom /8 oder W123 auch problemlos einem 200d mit 500000 km auf der Uhr kaufen für sagen wir 3000 Mark, der fuhr dann noch mal 500000 km. Habe ich damals auch gemacht, bestimmt 100x Transit Westberlin nach Hannover damit und ohne Mucken bis an die Costa del Sol, einmal einen halben Liter Öl nachgekippt vor Alicante, sonst nur tanken. War ein… Mehr
Wir werden die wertvollste Luxus-Automarke der Welt stärken und in eine neue Ära führen Lassen Sie mich raten: Etwa in die Ära der Insolvenz und Übernahme durch ein asiatisches, halbstaatliches Konglomerat (siehe Volvo)? Schon die Briten haben es teuer bezahlt, dass sie ihre Fahrzeuge von Quasi-Staatsbetrieben bauen ließen. Schrott den niemand wollte. Einzig BMW hat in der Konkursmasse den richtigen Riecher gehabt. Mit Jaguar und Land Rover hat Tata Motors zwar gute Marken erwischt, aber ist dabei diese in den Sand zu setzen. Wie man sieht: Dem Ola stehen also wirklich alle Optionen offen mit seiner Strategie. Vielleicht haben die… Mehr
BMW den richtigen Riecher? Mit britischer Konkursmasse? Die wären an Rover fast pleite gegangen. Pichetsrieder wurde rausgeworfen und von Kuenheim, eigentlich lange in Rente, mußte nochmal übernehmen und den Laden aus dem Dreck ziehen.
Fakt ist: Mini ist die einzige erfolgreiche Marke aus dieser Konkursmasse. Tata fährt Land Rover und Jaguar an die Wand mit massiven Qualitätsproblemen und über den Rest braucht man gar nicht erst zu sprechen.
Also halten wir fest: Einzig BMW hatte beim Wühlen in der Konkursmasse den richtigen Riecher.
„Der Diamant ist das Firmen-Symbol von Mercedes-Benz“ – selten so gelacht. Vielleicht hat dieser Experte die Marke mit dem Stern mit Mitsubishi oder Renault verwechselt?
Genau so ist es – Dr. Becker eben.
Der Diamant war schon immer das Symbol von Mitsubishi.
Kommt hinzu das dem Schwede es ja egal sein kann was mit der deutschen Firma passiert. Er hat keine Verbundenheit dazu, ihm fehlt die deutsche Volksseele.
Kann man sich vorstellen, daß in China ein „Nichtchinese“ so einen Laden führen könnte? Oder in Japan?