Green Deal: Die Vernichtung der deutschen Autoindustrie

Zu verdanken ist die Vernichtung der deutschen Autoindustrie jenem „CO2 muss weg!“-Narrativ. Man muss nur die Grenzwerte in utopischen Bereichen ansiedeln und immer wieder behaupten, man hätte sich dazu verpflichtet.

IMAGO / Sven Simon

Kein Auto mit Verbrennermotor mehr ab 2035! Das jedenfalls will die EU; ihr Parlament hat das mit dem niedlichen Namen »Fit-for-55« versehene Kahlschlagprogramm einen Schritt weitergebracht und mehrheitlich für ein Verbrennerautoverbot gestimmt. Jetzt müssen die EU-Länder zustimmen.

Zu verdanken ist diese radikale Vernichtung der deutschen Autoindustrie hauptsächlich jenem »CO2 muss weg!«-Narrativ. Eine geniale Erfindung – es kann als Blaupause für alles und jedes dienen, bis hin zum totalen »Auto weg«. Man muss nur die Grenzwerte in utopische Bereiche ansiedeln, darauf verweisen und immer wieder behaupten, »wir« hätten uns dazu verpflichtet. Ich jedenfalls nicht.

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Überraschend ist das alles nicht. Normen haben Heugabel und Dreschflegel, Muskete und Mörser ersetzt und sind im Industriezeitalter der Hebel, um Zerstörungen aller Art durchzusetzen. Angst- und Panikmache sind die modernen Jericho-Trompeten, um Gesellschaften gefügig zu machen. Kein Mensch mehr fragt nach Richtigkeit von Grenzwerten und danach, ob sie überhaupt richtig gemessen werden.

Auf der Normenklaviatur haben Grüne bereits vor 20 Jahren entsprechend gespielt, und schon früh haben die Green Dealer hinter der EU klar gemacht, dass sie »Auto weg« und dafür Null-CO2 wollen. Sie schrecken vor handfesten Lügen nicht zurück und behaupten einfach, Elektroautos hätten einen CO2-Ausstoß von »Null«, alle anderen Autos unabhängig von Antriebsart dagegen würden zu hohe CO2-Werte aufweisen.

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So gilt den Green-Dealern ein Elektroauto als Auto ohne CO2-Ausstoß. Gleich, woher der Ladestrom kommt – bei Nacht kaum von der Photovoltaikanlage und bei Flaute eher nicht von Windrädern, im Zweifel aus einem Kohlekraftwerk. Ebenso wird der CO2-Ausstoß während der Produktion unter den Tisch fallengelassen, unter anderem der recht hohe Anteil, der bei der Produktion der Batterien anfällt. Verlogener geht’s kaum. Eigentlich alles altbekannt – hier bei TE haben wir immer wieder Methoden und Folgen beschrieben.

Ein Teil der Autoindustrie klatschte gleich begeistert Beifall. Volkswagen-Chef Herbert Diess ging sogar heftig mit der mangelnden Entschlossenheit der deutschen Politik im »Kampf gegen den Klimawandel« ins Gericht. »Ich persönlich glaube, dass wir generell im bestehenden Parteiensystem der brennenden Frage der Klimaerwärmung zu wenig entgegensetzen«, kritisierte er seinerzeit in einem Interview des Fachdienstes »Tagesspiegel Background Mobilität & Transport«: »Da könnte man viel mehr tun.« Die Floskel vom »Kampf gegen den Klimawandel« ging ihm genauso flüssig über die Lippen wie einem Grünen-Funktionär.

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Während der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Altmaier noch im Bewusstsein der gewaltigen zerstörerischen Folgen auf Zeit spielte, zweifelte Automanager Diess die Fähigkeit der Regierungsparteien an, in der Klimapolitik umzusteuern. »Es fehlen in der Union und der SPD klare Positionen und der Wille zur Umsetzung«, betonte er. »Sie haben von allem ein bisschen, aber insgesamt zu wenig.« Der Konzernchef monierte sogar, »wie zaudernd mit dem Thema Elektromobilität oder der Energiewende umgegangen wird«.

Rund 800.000 Arbeitsplätze hängen vor allem im Südwesten an der Automobilindustrie. Da verblüffte die schon recht frühe Aussage des Personalvorstandes von Daimler, das Land Baden-Württemberg solle sich nicht mehr nur auf diesen Industriezweig verlassen: »Klar ist, dass Baden-Württemberg sicher gut beraten wäre, sich nicht die nächsten 100 Jahre nur auf die Automobilindustrie zu verlassen, was Wohlstand und industrielle Wertschöpfung angeht.« Offen sprach er die Standortfrage an: »Die Frage, wo die Wertschöpfung angesiedelt wird, ist wie seit Jahrzehnten völlig offen.«

Die Absetzbewegungen der Autohersteller dauern schon länger. Nicht umsonst hat Daimler in China ein zweites Sindelfingen aufgebaut, eine zweite Konzernzentrale mitsamt Forschungszentrum. Fast alle Hersteller verlegen Produktionsstätten in andere Länder.

Sie bekommen gratis, was sie schon lange wollten: Weniger teure Arbeitsplätze im Hochlohnland Deutschland, in dem die Energie sündhaft teuer ist, zu teuer und mittlerweile zu mangelhaft, Verlagerung in billigere Länder. Dies unter öffentlichem Beifall und betulichen Gewerkschaften, die dem Arbeitsplatzabbau tatenlos zusehen. Was kann es für einen Automanager Schöneres geben?

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Baden-Württembergs nervöser Ministerpräsident (fährt selbst wohlweislich nicht mit Elektroauto, sondern noch mit Verbrennerantrieb) hat die drohenden Verwerfungen auf dem Schirm. Viele vor allem mittelständische Zulieferer sind bereits in der Krise, Hunderttausende in der Regel gut bezahlte Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel, da muss der grüne Kretschmann viel erklären. Er erklärte schon gereizt, notfalls wolle er die Übernahme von Mercedes durch chinesische Firmen verhindern. Die Beijing Automotive Group BAIC ist bereits mit einem Anteil von 9,98 Prozent größter Einzelaktionär, der chinesische Investor Li Shufu hält 9,69 Prozent, China gilt als der wichtigste Absatzmarkt.

Sein ebenfalls grüner Verkehrsminister Hermann beschimpfte schon Mercedes für die Entscheidung, vor allem mit teuren Luxusautos wachsen zu wollen. Mercedes-Chef Ola Källenius hatte die Neuausrichtung damit begründet, dass Mercedes ein Luxusunternehmen sei und so Jobs gesichert würden. Er sagte nicht dazu, wo. Hermann wütend gegenüber Heilbronner Stimme und dem Südkurier: »Ich halte diese Strategie für einen Fehler, das wird auch zu Akzeptanzproblemen führen, wenn man nur noch für Reiche und Superreiche Autos baut.« Kunststück – Hermann macht Autos unbezahlbar und wundert sich, wenn der Autohersteller Konsequenzen zieht und Fabriken einstampft. Denn klar ist in Deutschland, dass die sogenannte »Elektromobilität« nicht die Transportleistungen jener rund 50 Millionen Fahrzeuge ersetzen kann, die derzeit auf unseren Straßen fahren und Menschen und Waren transportieren.

Sendung 9. Juni 2022
Tichys Ausblick Talk: „Auto weg, alle in den Zug?“
Deshalb muss dies zugleich als Frontalangriff auf die individuelle Mobilität, die Industriegesellschaft und gegen die arbeitenden Menschen gewertet werden – vor allem gegen diejenigen außerhalb der städtischen Ballungsräume, die auf das Auto angewiesen sind. Trotz aller grünen Beteuerungen ist der Nahverkehr ausgetrocknet. Bahnstrecken sind stillgelegt, Busse fahren über Land zwei- bis dreimal am Tag. Es ist eben teurer, fast leere Busse außerhalb der Stoßzeiten fahren zu lassen, als bedarfsgerecht Autos dann, wenn jemand tatsächlich fahren will.

Der erste große Testlauf einer neuen Massenmobilität ging bekanntlich schief: alle in die Bahn. Die Bahn war nicht in der Lage, einen größeren Ansturm an Reisenden aufzunehmen.

Arbeiter, die SPD will euch eure Villen im Tessin wegnehmen, alberte der SPD-Grafiker Klaus Staeck auf einem recht bekannt gewordenen Plakat vor 40 Jahren herum. Heute könnte er Plakate malen: Arbeiter, die SPD will euch die Arbeitsplätze wegnehmen! Und die Autos und die freie Mobilität!

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Kommentare ( 41 )

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Biskaborn
2 Jahre her

Sehr guter Artikel! Nur ein ergänzender Hinweis, nicht nur die betulichen Gewerkschaften schauen dem Arbeitsplatzabbau gedankenverloren zu, nein, ganz offensichtlich auch die Mitarbeiter! Oder gab es schon Proteste in den Hersteller- und Zulieferfirmen? Haben die jeweiligen Betriebsräte schon opponiert? Ich habe bislang nur Schweigen vernommen. Also scheint doch alles in die gewünschte Richtung zu laufen!

Ulric Viebahn
2 Jahre her

Wie es sich nach 50 Jahren anfühlt, wenn Politik entscheidet, aus einem Industriezweig auszusteigen, daß kann man im Ruhrgebiet erleben. Irgendwie deprimierend, wenn man die Reste sieht. (Bitte mal 1 Tag durch Duisburg radeln) Wo früher Geld verdient wurde, wird heute in Museen, Philharmonien, Kinos, Universitäten etc. Geld vertrödelt.

Gerro Medicus
2 Jahre her

Haben diese Flachdenker in Brüssel eigentlich daran gedacht, was mit der EU passiert, wenn der größte Financier, Deutschland, ganz pleite ist? Und ganz pleite wird Deutschland sein, wenn sein Kernstück, die Autoindustrie mit all ihren anhängenden Wirtschaftszweigen wegbricht. Die „E-Mobilität“ ist ein totgeborenes Kind, weder alltags- noch massentauglich. Na gut, soll sie ja wahrscheinlich auch gar nicht sein. Wo kämen wir hin, wenn wie bisher üblich noch jeder Hans und Franz ein Auto haben könnte. Also, es drohen massive Einbrüche bei den Steuereinnahmen, weil Hundertausende, die keinen Job mehr haben, auch keine Steuern mehr zahlen. Nicht nur keine Lohn- und… Mehr

Biskaborn
2 Jahre her

Gegen die Verdammnis des Automobils, nachdem Verbrenner wird man auch den E-Auto der Garaus machen, regt sich allenfalls verhaltener, genau genommen gar kein Widerstand. Sind etwas die Hersteller, die Gewerkschaften oder die Mitarbeiter auf den Barrikaden. Ich zumindest wüsste nichts davon. Es läuft bestens für die Grünen Autohasser und Klimaideologen!

Krauti
2 Jahre her
Antworten an  Biskaborn

Die Gewerkschaften sind doch auch auf Linie. Was erwarten Sie denn? Wenn Sie als Mitarbeiter zur Gewerkschaft gehen, weil Sie streiken wollen, bekommen Sie ein rotes Kreuzchen in Ihre Personalakte. So läuft es mittlerweile.

RS
2 Jahre her

Das EU-Parlament ist ein Scheinparlament. Gesetzesinitiativen kommen aus der demokratisch nicht wirklich legitimierten Kommission, nicht dem Parlament. Das Parlament ist eine großer Haufen unfähiger, völlig inkompetenter Wichtigtuer, die von den Bürgern mit irren Gehältern gemästet werden. Dito die Kommission. Woran man das erkennt? Ein Beispiel: Spätestens mit der NSA-Affäre dämmerte es selbst „Normalbürgern“, daß die EU alle Entwicklung und Produktion der für die kritische, strategisch lebenswichtige Kommunikationsinfrastruktur zwingend benötigten Geräte (Switches und Router) nach den USA und China hat abwandern lassen. Die Krümmung von Gurken u.s.w. war wichtiger. Parlament und Kommission haben die Problematik gar nicht verstanden. Das muß man… Mehr

RUBBERDUCK
2 Jahre her

CO2-Grenzwerte = gigantischer Schwindel in der Automobilgeschichte ! Als „Wildcat Importer“ europäischer Gebraucht-Luxus-PKW in die USA & Méjico zwischen 1970 & den 1980er Jahren, wurde ich Zeitzeuge des von der US-Umweltschutzbehörde EPA [ Environmental Protection Agency ] verursachten, gigantischen Schwindels in der Automobilgeschichte, nämlich der Einführung der Konstellation Katalysator / Lambda-Sonde / bleifreies Benzin. Erstmals vorgeschrieben im Staat California, meinem Hauptoperationsgebiet. Dort wollte ich für meinen Käufer die technisch nicht umgerüstete Europaversion der damals schnellsten Tourenwagenlimousine der Welt – einen Mercedes 450 SEL mit 6,9-Liter-Motor – zulassen. [ Umrüstungen kosteten seinerzeit etwa D-Mark 30.000. ] In den Ballungsgebieten von San… Mehr

bkkopp
2 Jahre her

Aus der Sicht der Aktionäre der Autofirmen, und damit aus der Sicht ihrer Agenten, der Vorstände, ist es sekundär wo die Wertschöpfung entsteht. BMW fährt bestens mit in den USA produzierten, aber in Europa verkauften SUVs – nur ein Beispiel, dem noch viele folgen werden. Seit 1969 wurden Auslandsinvestitionen sogar steuerlich gefördert, d.h. man konnte deutsche Nachkriegsgewinne ( 6b-Rücklagen) zu Auslandsinvestitionen übertragen, und man konnte auch erhebliche Vorlaufkosten in Deutschland steuermindernd verbuchen. Die Förderung wurde über die Jahrzehnte mehrfach verändert, und ich bin nicht mehr auf dem heutigen Stand. Aber die deutschen Arbeitnehmer müssen immer noch mit an dem Strick… Mehr

feinbein
2 Jahre her

Sollen sie halt Fahrräder herstellen.Wir sollen doch nach Vorgaben dieser Politiker die Welt retten,indem wir weniger essen,weniger heizen weniger Kinder bekommen,nur noch öffentlich oder mit Fahrrad fahren usw.,aber in aller Welt und insbesondere für alle Welt ,die zu uns kommt,arbeiten,am besten bis 70 oder bis zum Tode.

Iso
2 Jahre her

Jeder, der es sich leisten kann, wird irgendwann die Konsequenzen ziehen und auswandern. Was in den wirren Köpfen der Abgeordneten vorgeht, die zu großen Teilen auch aus wirtschaftlich unterentwickelten Ländern kommen, in denen sie sich schon heute kaum Neuwagen leisten und sich deutsche Unfallwagen herrichten, ist nicht nachvollziehbar. Wahrscheinlich ist die Besoldung und das Sitzungsgeld so üppig, dass man selbst die eigene Mutter an den Teufel verkaufen würde, um sich nur möglichst lange um den Fresstrog zu scharen. Abgesehen davon, soll es auch Abgeordnete geben, die aus Ländern mit starker Automobilproduktion kommen. Bei denen ist zu vermuten, dass sie die… Mehr

Ulric Viebahn
2 Jahre her
Antworten an  Iso

Wie kann man es sich leisten, auszuwandern? 2 Fremdsprachen in Wort und Schrift. Eine elitäre technische Ausbildung, die keine Anstrengung scheut. Schnell praktische Berufserfahrung sammeln. Dabei die Ratschläge von Carlos Ghosn beherzigen. Dann nichts wie weg hier.

Last edited 2 Jahre her by Ulric Viebahn
ralf12
2 Jahre her

Warum Diess und andere Auto-Manager die Werbetrommel für E-Autos schlagen, kann ich verstehen. Wenn ca. 800.000 Jobs in der deutschen Automobilindustrie wegfallen, steigt eventuell die Rentabilität? Also: Im Hochlohnland Deutschland Arbeitsplätze weg (bzw. verlagern an die Batteriestandorte in der 3. Welt), bei gleichzeitig hohen Endverbraucherpreisen der E- Autos, das kann kurzfristig enorm die Profite steigern. Wenn dann in Deutschland niemand mehr lebt, der die hohen E-Auto Preise zahlen kann, was soll es? Die Chinesen werden es können. Deutschland wird dann halt zum Entwicklungsland. Das der ÖPNV die Lücke nicht schließen kann, Bewohner im ländlichen Gebiet dann also nicht mehr zur… Mehr