Oscar made in Germany

Der Deutsche Emil Jannings war der erste Oscar-Preisträger überhaupt und Carl Lämmle brachte den Film und Hollywood so richtig ans Laufen.

Harry Todd/Fox Photos/Hulton Archive/Getty Images
Film magnate Carl Laemmle, a founder of the Universal film studio, leaves Waterloo Station in London for the boat train after a visit to the UK, 8th September 1934.

Das unsere Erde heute am liebsten „Planet Hollywood“ genannt wird, hat die Menschheit natürlich vielen „Filmverrückten“ der ersten Stunde zu verdanken. Aber wir Deutschen spielten dabei gewiss eine Hauptrolle. Obwohl wir deshalb kein schlechtes Gewissen haben müssen. In Anbetracht der hässlichen Schlagzeilen, die uns auch heute Nacht wieder aus der „Traumfabrik“ unter der Sonne Kaliforniens erreichen werden. Wir kamen weder als Vergewaltiger, noch Grapscher. Auch der nicht, der als erster von uns „drüben“ war. Geboren 1867 in einem kleinen Nest in Schwaben. Als Sohn jüdischer Eltern. Nicht armen, sondern ausreichend verdienenden. So wuchs Carl Lämmle gut behütet und versorgt auf. Aber nur, bis es auch für ihn eines Tages hieß: „Tschüss, Mama. Ich hau ab.“ Als einer von vielen, meist jungen Juden, die es damals ins freie Amerika zog. Hauptsächlich aus Osteuropa, wo Juden schon zu der Zeit am unbeliebtesten waren, siedelten sie über, an die Ostküste Amerikas. Die meisten nach New York. Oder, wie er, weiter nach Chicago.

♦♦♦

Er ist 17 Jahre, als er 1884 ankommt. Englisch kann er nicht und Geld hat er keines. So wird er einer der vielen jüdischen Immigranten, die in die „Bekleidungsbranche“ einsteigen. Nicht als Designer, sondern „Salesmann“, also Verkäufer, versucht er sein Glück mit Pelzmänteln von Tür zu Tür: ‚Dabei lernte ich nicht nur die Sprache sprechen, sondern verdiente auch noch meine ersten Dollars.‘

Bis er davon das erste Mal ins Kino ging. Oder, wie es damals in Amerika noch hieß: Nickelodeon. Ein Gerät, in das man ein 5 Cent Stück stecken konnte und ab ging der Film. Oder sagen wir „die bewegten Bilder“. Viel mehr sah man ja nicht im „Theater der Armen“, wie die „Guckkästen“ genannt wurden.

Erfunden hatte sie Thomas Alva Edison. Heute noch der Mann mit den meisten Erfindungen im Guinness-Buch der Rekorde. 1893 hatte er das „erste taugliche Filmvorführgerät“ persönlich auf der Weltausstellung in Chicago demonstriert:
‚Einfach mit der linken Hand 5 Cent rein schmeißen, mit der rechten eine Kurbel drehen und durch das Guckloch einen Film ansehen.‘

Stand danach begeistert in den Zeitungen Amerikas über den „Kinetoscope“, wie Edison den „Nickelodeon“ nennt. Der schnell auch einfach nur als „Peepshow“ bekannt wird. In der kann man „schwarzweiße Filmstreifen von maximal 90 Sekunden Dauer sehen“. Gedreht mit „the worlds first motion picture camera“, also dem ersten brauchbaren Gerät, um bewegte Bilder aufzunehmen. Auch das hatte Edison erfunden. Mit ihm drehte er danach dutzendweise die Streifen für seine Peepshows, die ihn quer durch Amerika immer bekannter machten. Und reicher. Das Geld investierte er weiter, weil auch er schon damals fest glaubte: Dem Kino gehört die Zukunft.

♦♦♦

Als nächstes mit einem der ersten Projektoren. Den hatte Edison zwar nicht erfunden, aber als er damals das erste Mal in New York über sie in den Zeitungen las, fielen ihm zwei junge Amerikaner ein, die gerade einen gebastelt hatten. Denen kaufte er das Patent dafür ab und als er im April 1896 mit dem neuen Projektor auf den amerikanischen Markt kam, hatte er es geschafft:

„Thomas Alva Edison hat in der Geschichte des Kinos eine neue Ära eingeleitet.“ Weil er erst das Kino zu den Massen brachte und jetzt die Massen ins Kino. Der Erfolg war auf der Stelle: „Sensationell!“

Statt einzeln einen Film zu konsumieren, schauten jetzt viele einem einzigen zu. Je nachdem wie groß oder klein der Vorführraum war, in dem das „Spektakel“ stattfand. In Hinterzimmern von Kneipen, Spielhallen, Billiard-Salons, überall traf man sich, um zum ersten Mal gemeinsam „ins Kino“ zu gehen. Zu sehen gab es abgefilmte Prominente, Schaubuden-Kuriositäten, berühmte Bauwerke aus fernen Ländern, Clowns, kurze Sketche oder blutige geschichtliche Ereignisse: die Verbrennung der Jeanne d’Arc und die Enthauptung der Maria Stuart. Gefilmt wurden sie von den ersten „Filmemachern“, die alle noch auf ihre eigenen Kosten drehten. So wie Edison. Seine drehte zwar seine rechte Hand Diggi Dixen, aber er bezahlte sie. Weil sie mehr einspielten, als sie gekostet hatten, konnte er immer mehr drehen. Mit seinem Projektor war er sowieso marktbeherrschend, also übernahm er 1908 die ganze Kontrolle über ihn. An der Spitze der „Motion Picture Patents Company“, kurz „MPPC“, einem Zusammenschluss der erfolgreichsten Filmproduzenten dieser Zeit, bekannt auch einfach unter „Edison-Trust“. Dessen Ziel war: „Die volle Kontrolle des amerikanischen Kinomarktes.“

Also von der Produktion über den Vertrieb bis zur Vorführung eines Films alles selbst zu bestimmen. Dagegen wehrten sich vor allem die Besitzer der kleinen Kinoläden. Die wollte der „Trust“ nach und nach schließen, um „das Kino vom Zwiebel und Knoblauchgeruch zu befreien“, wie diejenigen, die damit gemeint waren, meckerten. Ohne Erfolg. Edison wollte das Kino endlich auch in die besser riechenden Schichten bringen. Was bedeutete, dass von den 6.000 schon vorhandenen Kinos nur noch rund 4.000 mit Filmen beliefert wurden. Die restlichen 2.000 dagegen sollten leer ausgehen. Solange bis ihre Besitzer sie nicht mehr unterhalten können und dichtmachen müssen. Die meisten der „billigen Läden“ gehörten den eingewanderten europäischen Juden und einer davon war unser Carl Lämmle, der sein Geld inzwischen in einen eigenen Kinoladen investiert hatte. Auch sein „White Front Theater“ in Chicago gehörte damals zu den Kinos, die weder Filme bekamen, noch zeigen durften.

Als echter Deutscher gibt er natürlich nicht auf. Die Liebe zum Film hatte auch ihn längst gepackt. Statt sich zu unterwerfen, tritt er mutig gegen das Monopol an. 1909 zeigt er Edison den berühmten Finger und gründet stattdessen seine eigene Filmproduktionsfirma: „IPM“. Für „Independent Motion Picture“. In der hatte nur er noch was zu sagen. Auch wenn Edison da ganz anderer Meinung war. Sein Monopol angreifen, das er gerade so schön gegründet hat? Da erfand er lieber tausend Gründe, um Carl zu verklagen. Der hatte zwar schon genug Geld gemacht, um sich einen Anwalt leisten zu können, aber er war ja geborener Schwabe, die beste Herkunft für einen erfolgreichen Filmemacher. Die können mit Geld umgehen und so investierte er es nicht in einen Anwalt, um sich mit „Big Al“ zu streiten, sondern lieber in die ersten eigenen Filme. Mit der Hoffnung, dass sie „Blockbuster“ werden. So hießen die Filme damals zum ersten Mal, die viele sehen wollten. Die stellten sich dafür extra an, bildeten also eine Schlange. Wenn die länger als eine Straße war nannte man den Film einen „Blockbuster“, weil Straße auf gut amerikanisch „Block“ heißt, wie jeder weiß, der schon mal in New York war, dem Zentrum der damaligen Filmindustrie in der neuen Welt.

♦♦♦

In der kämpft Carl jetzt seinen eigenen Kampf. Nicht blutig, sondern fleißig. Obwohl es in seinen Streifen auch blutig zuging, hatte er dabei aber als erster festgestellt, dass nicht Blut die Massen ins Kino zieht, sondern die, die es verspritzen, retten oder verlieren. Also die Schauspieler. Die kannte damals aber noch keiner. Die meisten nicht mal beim Namen. So investierte er sein Geld als erster Produzent nicht zuerst in gute Geschichten, sondern die, die sie am besten verkauften. Heute weltweit bekannt und beliebt als „Stars.“

Ohne Stars kein Blockbuster. Das hatte unser Carl als erster erkannt. So war er auch der erste, der als erster den Namen einer bis dahin anonymen Schauspielerin bekannt machte. So wurde der erste Star, der von einem Menschen erschaffen wurde, eine Frau. Die hübsche, wie fähige, Florence Lawrence, genannt „The Biograph Girl“, weil sie in den Filmen der „Biograph Film Production“ mitspielte. Bis sie sich mit ihrem Produzenten überwarf, weil der sie weiterhin wie eine Statistin statt Hauptdarstellerin bezahlte. Sogar behandelte. Dass wollte sie sich nicht länger gefallen lassen und so steht sie eines Tages vor der Tür der „Independent Motion Picture“, um nach Arbeit zu fragen. Unser Carl freute sich über das so schöne, wie talentierte, Mädchen gleich halb tot. Oder sagen wir so:

„Die Schauspielerin Florence Lawrence starb gestern bei einem Autounfall in den Straßen von St. Louis.“

So stand es schon einen Tag später in den Zeitungen. Wie es dazu kam, stand in den nächsten Ausgaben:

„Die Meldung war eine Lüge. Gestreut vermutlich von Konkurrenten der ‚Independent Motion Picture‘, des eingewanderten Deutschen Carl Lämmle.“

Das stimmte zwar genauso wenig, aber weil hinter der Meldung über den Unfall, genauso wie hinter dem Dementi, Carl selbst steckte, war er zufrieden. „Out of the blue“ war der Name seiner neuen Schauspielerin danach bekannt. Jetzt musste er „die arme Florence“ den erleichterten Massen nur noch präsentieren. Natürlich dort, wo er das Schauermärchen spielen lassen hat. Danach meldeten die Zeitungen:

„St. Louis erlebte gestern den ersten persönlichen Auftritt einer Filmschauspielerin. Sie wurde von der wartenden Menge begeistert gefeiert.“

So sehr, dass ein Reporter danach zum ersten Mal den legendären Satz schrieb:
‚A Star was born.‘

Noch nicht in Hollywood, aber da zog Carl Lämmle danach hin.

♦♦♦

Eingedeckt mit über 100 Einzelklagen vom „Edison-Trust“, verdrückte sich Carl 1914 von der Ostküste Amerikas in den „goldenen Westen“, um seine Filme dort zu drehen. Was er dazu brauchte, nahm er mit, der Rest war schon da. Sogar kostenlos. Das hatte sich unter den Filmemachern an der Ostküste damals schon herumgesprochen. Die Sonne gab das Licht und die Kulissen für Blockbuster aller Art waren die Strände, die Wüste und die Berge, rings um „El Pueblo de Nuestra Senora la Reina de Los Angeles de Porciuncula“, wie LA auf Spanisch ausgesprochen wird. Was kürzer bedeutet: Stadt der Engel.

Die Grundstückspreise in der Gegend sind noch nicht einmal der Rede wert. So kauft sich Carl schon kurz nach seiner Ankunft ein extragroßes Stück Land im San Fernando Valley, hinter dem Hügelzug auf dem heute die berühmtesten Monumentalbuchstaben der Welt stehen: „Hollywood.“ Bevor Carl kam, stand dort noch der Name einer nie gebauten „Datschensiedlung“. Die sollte so ähnlich heißen: Hollywoodland. In dem das große Filmemachen mit seiner Ankunft erst richtig losging.

♦♦♦

Am 15. März 1915, an der Nordseite der Hollywood Hills, als ausgerechnet ein Deutscher das erste Studio Hollywoods eröffnet. Obwohl er ja auch noch Schwabe ist, wird die Party nicht mal knauserig, sondern „voller Pomp“. Das bringt Schlagzeilen und die bringen das Geld wieder rein. Erst recht, wenn es welche sind über die Stars der jeweiligen Zeit. Das ist mit denen heute Nacht nicht anders. Ein paar von denen in der damaligen ließ Carl sogar extra in einem Luxuszug sechs Tage lang von der Ostküste an die Westküste Amerikas fahren. Alles was schon Rang und Namen hatte im „Showbussinnes“, wie es damals zum ersten Mal in den Zeitungen Amerikas hieß. Die Eröffnungsfeier erlebte ihren Höhepunkt, als Carl symbolträchtig einen goldenen Schlüssel in die Hand nahm und die erste „Traumfabrik“ Hollywoods offiziell eröffnete. Die stolze Summe von 165.000 Dollar hatte er in das Studio seiner „Film Manufacturing Company“ investiert, heute auch einfach bekannt als: „Universal Pictures“. Die erste der Traumfabriken der Traumfabrik, wie ganz Hollywood heute am liebsten genannt wird. Die wurde immer größer, mit den nächsten Juden, die damals aus dem Osten der alten Welt in den Westen der neuen gezogen waren. Ohne die vielen Judenhasser in Europa hätte es Hollywood auch nicht gegeben. William Fox zum Beispiel. Er gründete „20th Century-Fox“. Und Harry Warner, der mit seinen Brüdern aus Polen nach Amerika gekommen war, gründete mit ihnen die „Warner Brothers Studios“. Und Adolph Zukor, ein Jude, der aus Ungarn kam, mit 16 Jahren und 40 Dollar eingenäht in seine Westentasche gründete „Paramount“. Weil auch sie alle von Anfang an von dem Geschäft begeistert waren, in dem die Menschen schon im Voraus für etwas bezahlen, was sie erst danach zu sehen bekommen. Vielleicht sagen deshalb so viele, dass das Leben nur ein Film ist. Da weiß man vorher auch nicht, was einen danach erwartet und trotzdem geht man rein. Wie in seinen eigenen Film. Als sein eigener Star. Ohne den kann kein Blockbuster jemals einer werden. Das weiß die Welt spätestens seit Carl, unserem Lämmle, der erste, der die Magie der Stars erkannte und so der Begründer des „Star Systems“ wurde. In dem waren nicht mehr die Bilder, sondern die, die sie verkauften der Mittelpunkt. Die verdienen heute Millionen.

♦♦♦

Die erste, die das jemals schaffte, war Marry Pickert, eigentlich eine Theaterschauspielerin, die in die Filmwelt nur wegen ihrer Mutter gewechselt war, die zu ihr sagte: „Das rettet uns wenigstens vorm verhungern.“

Das war 1909. Schon 1915 stand in Amerika über sie in den Zeitungen: „Miss Pickford is now on a salary of 10.000 Dollar a Week.“

Zehntausend Dollar die Woche. Mit gerade mal 22 Jahren. Ein Jahr später waren es schon 1 Million im Jahr. Dank Adolph ‚Paramount‘ Zukor, der erste Produzent, der seine Stars an den Einnahmen seiner Filme beteiligte. Weil auch er eingesehen hatte, dass Stars die größten Magneten sind. Sie ziehen die Massen zu den Kassen. Darauf beruht das „Star System“, das Carl unser Landsmann Lämmle kreiert hatte. Das erfolgreichste Studio zu der Zeit „Metro Goldwyn Mayer“, warb dann auch mit dem Spruch:

We have more Stars than there in Heaven.“

Also mehr bekannte Schauspieler unter Vertrag als alle anderen. Und das war wichtig. Denn die Studios konnten sich mit dem Namen ihrer Stars Geld borgen, um den nächsten Blockbuster zu produzieren.

♦♦♦

Seit 1927 endlich auch mit Ton. Auch das wäre ohne uns nicht so einfach möglich gewesen. Ihren Ursprung hatte die neue Tontechnik ja in Deutschland. Schon 1922 wurde bei uns zum ersten Mal erfolgreich versucht 1 und 1, also Ton und Bild, zusammenzubringen. Was dabei herauskam, war in Insiderkreisen als das „erste brauchbare Tonsystem“ bekannt. Genannt „Tri-Ergon“. Die Technik wurde in Amerika weiterentwickelt, natürlich auch von „Big Al“, aber die ersten, die damit Geld machten, waren die Warner Brothers. 1927 investieren sie alles, was sie noch hatten, in „The Jazz Singer“, den ersten wirklichen Tonfilm. Die Geschichte eines jungen Juden, der hin- und hergerissen ist zwischen der Welt seines Vaters, eines Rabbiners in der örtlichen Synagoge und der großen weiten Welt des „Showbusiness“. Die Hauptrolle spielte der damals schon bekannte, singende wie tanzende, Al Jolson, der für seine Rolle 75.000 Dollar bekam. Als Hauptdarsteller in dem Film, mit dem die Bilder nach dem laufen auch das sprechen lernten. Mit ohrenbetäubendem Erfolg sozusagen. „The Jazz Singer“ wurde sofort ein Blockbuster und ein erster Favorit, für den berühmtesten Onkel der Welt. Rund um sie bekannt als „Oscar“.

♦♦♦

So hieß der Onkel von Margaret Herrick. An den hatte sie sich in dem Moment erinnert, in dem sie auf einer Tischdecke des „Baltimor Hotel“ in Hollywood den ersten Entwurf für den heute begehrtesten Filmpreis der Welt sah. Wer ihn im Regal stehen hat, hat es geschafft. Mehr kann man im „Showbusiness“ nicht besitzen als das goldene Ebenbild des Onkels der Archivarin der berühmten „Academy of Motion Picture Arts and Sciences“, die schon Anfang 1927 gegründet wurde. Mit dem Ziel:
„Den kulturellen, erzieherischen und technischen Standard unserer Filme zu erhöhen.‘

Einmal im Jahr sollten dafür die ausgezeichnet werden, die auf ihrem Gebiet die besten sind. Zum Ansporn für alle anderen. Außerdem bringt das Schlagzeilen und Schlagzeilen bringen Zuschauer und die bringen Geld, damit man immer neue und neue Filme drehen kann. Mit immer neuen und neuen Stars.

Die von heute kann man heute Nacht wieder sehen. Die von gestern gab es am 16. Mai 1929 mitten in Los Angeles zum ersten Mal zu bestaunen. Auf der ersten, der heute begehrtesten Party der Welt. Im Ballsaal des Roosevelt Hotels, aus dem die Reporter unter der Schlagzeile ‚First Academy Awards!‘ in alle Welt berichteten, dass der Präsident der Akademie, Douglas Fairbanks, insgesamt 13 der neuen „Oscars“ überreicht hatte. Jeder einzelne genau 11 goldbeschichtete Zentimeter hoch. So stand es damals zum ersten Mal in allen Zeitungen über die Verleihung der ersten Oscars. Aber? Was schon damals nicht drin steht, ist, an wen der allererste, der ersten jemals vergebenen Oscars ging. Vielleicht weil es kein Ami war, sondern? Natürlich wieder ein Deutscher. Den allerersten Oscar aller Zeiten bekommt einer von uns.

Geboren am 23. Juli 1884 in Rorschach am Bodensee. Danach wuchs er aber in Sachsen auf. Mit gerade mal 17 Jahren spielte er in Görlitz am Stadttheater unter dem Pseudonym „Baumann‘ schon kleine bis mittlere Rollen, die ihm immerhin den Ruf nach Berlin brachten. Sogar einen Vertrag mit dem Deutschen Theater bekam er. Dort führte 1914 gerade Max Reinhart Regie. Er war sofort begeistert von ihm. Ähnlich ging es später allen anderen bekannten Regisseuren der Weimarer Republik. Im Theater wie im Kino. So war Emil Jannings schon einer der größten Stars im Deutschland der „Goldenen Zwanziger“, als auch er dem Lockruf in die Traumfabrik unter der Sonne Kaliforniens folgte. Dort spielte er die Hauptrolle in zwei der letzten großen Stummfilme, die in Hollywood produziert wurden. Danach war er auch in Amerika ein Star. Einer, der damit sogar unsterblich wurde. Als derjenige, der den ersten aller Oscars bekam. Denn der wurde nicht am 16. Mai vergeben. An dem Tag ging sein Schiff nach dorthin, wo er herkam. Emil wollte seine Rückreise nach Deutschland aber nicht verschieben, so hatte er in einer kurzen Notiz darum gebeten, ihm seinen Oscar schon vorher auszuhändigen. Die Mitglieder der Akademie hatten nichts dagegen und so wurde Emil Jannings der erste Mensch, der einen Oscar bekam. Nicht am 16., sondern schon am Abend des 15. Mai 1929, eine Nacht eher als alle anderen Stars dieser ersten begehrtesten Party auf dem „Planet Hollywood“. Der wäre ohne unsere so mutige wie kreative Mithilfe nicht so einfach ins drehen gekommen.

♦♦♦

Auch daran sollte man denken, wenn heute Nacht zum 90. Mal auf ihm sein Anfang gefeiert wird. Oder nicht. Je nachdem, ob einem in einem Klima wie diesem dazu ist. Bei der ersten Verleihung gab es solche Probleme noch nicht. Obwohl Sex auch in Hollywood bekannt war. Auch auf einer Besetzungscouch. Aber das Feiern ließ man sich deshalb weder verbieten noch vermiesen. Schon damals gehörte Sex einfach zum Geschäft. Sex Sells. Heute sogar über Twitter.

 Torsten Preuß ist Dresdner Journalist und Autor.

Unterstützung
oder

Kommentare ( 9 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

9 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Unterfranken-Pommer aus Bayern
6 Jahre her

Manchmal frage ich mich, was aus Deutschland haette werden koennen, wenn (A) sich der Innovationsgeist der Juden mit dem Fleiss und der Sorgfalt der Deutschen gepaart haette, (B) das Dritte Reich nicht dazwischengekommen waere und (C) man sich mit Russland in ein gutes, kooperatives Benehmen gesetzt haette… Frankreich und Albion haetten soviel intrigieren koennen, wie sie wollten!

Dreimal durch die eigene Dummheit in die Grube gefallen. Vielleicht ist unser Los naeher dem des Sisyphus‘ denn dem des Faust.

Die böse Fee
6 Jahre her

Wie spannend und interessant, Herr Preuß ?
Bitte mehr davon!

Cornelia Hartmann
6 Jahre her

Eine unglaublich kreative Zeitepoche. Alles schien möglich.

Rainer Franzolet
6 Jahre her

Ich frage mich das schon lange wieso deutsche Schauspieler weltweit kaum vorkommen. Selbst bei den Rabauken Filmen gibt es keine Deutschen die International auffallen. Schwarzenegger, Österreicher, Lee, Chinese, Van Damme, Belgier, Bronson ,Pole, Stallone, Italiener, Willis, US-Amerikaner mit deutscher Mutter, Statham, Engländer, Walz, Nach der Oscar Verleihung Eingebürgerter Österreicher mit deutschem Vater, geboren in Wien, Schell, Österreicher mit Schweizer Vater, Lundgreen, Schwede, Hauer, Niederländer, Curt Jürgens, dänischer Vater und französische Mutter, usw. usw. Früher gab es noch Hardy Krüger, Marlene Dietrich, Klaus Kinski, Moritz Bleibtreu könnte es mal werden. Aber irgendwie muss es doch Gründe dafür geben, sich niemand wirklich… Mehr

treu
6 Jahre her

Ja, die alten Zeiten. Als die Deutschen nicht nur das Land der Dichter, Denker und Erfinder war, sondern auch die meisten Nobelpreisträger stellten und auch sonst in der Welt mit unglaublichen Ingenieursleistungen und mit Zuverlässigkeit, höchster Qualität und Präzision und geradezu naiver Vertrags-und Worttreue beeindrucken und deren Ruhm begründen konnten. Alles vorbei, alles verspielt, spätestens massiv in den letzten 20 Jahren. Jetzt kriegen wir nicht mal mehr einen Tunnel, einen Bahnhof und einen Flughafen gebaut und ein etwas größeres Loch in der Autobahn (A20) repariert. Wahnsinn und trotz dieses unglaublichen Abstieges in kürzester Zeit alle voll gut drauf und mit… Mehr

Doris die kleine Raupe Nimmersatt
6 Jahre her

Eine interessanter Artikel, der sich sehr gut liest.

Auch wenn ich unsere Erde noch nie als Planet Hollywood bezeichnet habe 🙂

Ansgar
6 Jahre her

Der Oscar ist in erster Linie ein amerikanischer Filmpreis für amerikanische Filme. Das scheint man hierzulande mehr als häufig zu vergessen.

Grumpler
6 Jahre her
Antworten an  Ansgar

Dafür steckt viel deutsches Geld in amerikanischen Filmen. Hierzulande kann man solch neumodischen Kram ja nichts verdienen. Was zum Teil auch an dem ÖR-Fernsehen liegt. (Ich verbreite diese Behauptung einfach weiterhin ungeprüft.) 🙂

Norbert Wettigmeyer
6 Jahre her

Entweder Karl Lämmle (ursprüngliche Schreibweise) oder amerikanisiert Carl Laemmle, nicht aber Carl Lämmle.