Das ÖRR-Jugendformat „Funk“ erinnert an Parteiprogramm der Grünen

Dönerinflation, die Diversität von Traktoren sowie eine stark auffallende Fixierung auf alles, was sich unterhalb einer Gürtellinie abspielt – das sind Themen bei „Funk“ und den darunter angesiedelten Formaten. Dort haben sie eine eigene Idee von Vielfalt und Qualität. In ihrer Absurdität unterhaltsam, in Bezug auf ihre politische Unabhängigkeit gehen die meisten Kanäle allerdings in eine bestimmte Richtung. Von Charlotte Kirchhof

Screenprint: Funk.de, Instagram: GlanzundNatur - Collage: TE

„JEDER Penis ist anders“, erklärt der Online-Kanal „Glanz und Natur“. Wer aber jetzt irritiert losziehen und das überprüfen will, langsam. „Glanz und Natur“ sagt auch: Mit jedem Penis könne man Sex haben. Denn: „Dein Penis ist gut so wie er ist.“ – Na, ein Glück! Aber „Glanz und Natur“ kann auch nachdenklich sein. Die Redakteure warnen ihre Nutzer: „Schwanzvergleiche“ seien zwar „üblich, aber bedenklich“.

— ÖRR Blog. (@OERRBlog) March 15, 2023

Wer steckt nun hinter diesem Kanal, der sich mit „allem rund um den Körper, Sex, Beziehungen und Identität“ beschäftigt? Der Kanal ist einer von 60 Kanälen, die „Funk“ betreibt. Das ist wiederum das Jugendangebot von ARD und ZDF, das sich an Menschen zwischen 14 und 29 Jahren richtet. Die Beiträge der Plattform erscheinen lediglich im Internet. Nur die besseren schaffen es ins lineare Programm, was selten passiert. Und wenn, dann nicht zu guten Sendezeiten. Aber dafür erhält Funk jährlich 45 Millionen Euro aus dem Gebührentopf. Dafür verspricht die Plattform, sie sei „spannend, informierend, kritisch und unterhaltend“.

So wie der Kanal „World Wide Wohnzimmer“ (WWW). Der beschäftigt sich vor allem mit einer Frage: Welcher Tommi sind Sie heute eigentlich? „Der ‚Was mach ich hier‘-Tommi, der verschmutzte Tommi oder doch der ‚Halt stop jetzt rede ich‘-Tommi? Zudem stellt WWW Fragen wie: Wusstet Ihr schon, wie der Schokoriegel Mars in Amerika genannt wird oder wie viele Briefmarken Ihr ablecken müsst, um auf die Kalorien einer Pizza zu kommen? – Nein? Der „informierende“ Funk verrät es seinen 1,4 Millionen Abonnenten: Man nennt Mars in den USA Milky Way und es bedarf 400 Briefmarken, um auf die Kalorien einer Pizza zu kommen.

Zumindest der Kanal „Mädelsabende“ redet mit seiner Community über Dinge, die die Welt wirklich beschäftigen sollten: ob Weingummi die Vagina „besser“ macht zum Beispiel. Oder wie frau ihren „Solo-Sex aufpeppen“ kann. Oder was so manche Begriffe à la Masturbieren, Schamlippe und Pornografie tatsächlich bedeuten. Darauf folgt dann der Appell der Redaktion: „Lasst uns neue Wörter dafür finden und diese umbenennen“. Vorschläge der Zuschauerinnen sind „Vulvalippen“ oder „Charm(e)lippen“ – come on, da geht doch noch mehr.

Farewell
"Bento" ist nicht mehr - Trauerrede auf eine tapfere Kämpferin für Gerechtigkeit
An Barbies Geburtstag wirft Mädelsabende ihr vor, sie sei nicht divers. Ein Mädchen erzählt der Community, wie sich „so’n Dude“ in der Bahn in ihre Nähe setzt, sie anstarrt, dabei „natürlich breitbeinig“ sitzt und „sich wahrscheinlich in Gedanken auszieht“. Sie sei dann immer total angespannt, „auch weil ihr einer wirklich schonmal hinterhergelaufen ist“. Danke ARD und ZDF, dass ihr jungen Mädchen die Augen öffnet, dass ihnen alle breitbeinig sitzenden Männer direkt nach Hause folgen werden.

Im Sinne des Feminismus gibt es ohnehin einige „informierende“ und „kritische“ Beiträge: So sind Videos zu sehen, in denen Frauen das sagen, was Männer so zu ihnen sagen, und Videos dazu, wie Mädchen auf die schlimmsten Sprüche am Weltfrauentag reagieren können. Sie könnten antworten mit: „Gleichberechtigung wäre mir lieber“ oder mit „Jeder andere Tag ist Weltmännertag, gönn‘ uns doch den einen Tag“. Schlagfertig wie eine KFZ-Zulassungsstelle.

Aber auch für alle, die keine Frauen sein wollen, haben die Funk-Kanäle etwas zu bieten: Tipps fürs Coming Out und passend dazu: „Einfühlsame Outing-Reaktionen“. Unter dem Beitrag, durch welche Sprüche im Intimbereich „direkt Wüste angesagt“ ist, gibt Funk den Hinweis: „Der Post ist aus Sicht einer hetero Person mit Vulva formuliert – lässt sich aber natürlich beliebig anwenden.“ Damit möchten ARD und ZDF die Gesellschaft vielleicht darüber „informieren“, immer darauf hinzuweisen, welches Geschlecht man habe. Übrigens: Dieser Artikel wird von einer hetero Person mit Vulva formuliert.

Der Kanal „Hundert Hektar Heimat“ richtet sich an alle, die die „Landwirtschaft lieben und das Landleben feiern“. Neben Stereotypen des Dorflebens beschweren sich die Betreiber dieses Kanals, es gebe „NUR EINEN Trecker Emoji mit gelben Felgen“, während „ständig neue Emojis in diversen Farben rauskommen“. Grün mit roten Felgen, ganz besonders hübsch: Grün mit grauen Felgen oder gleich ganz in diabolischem Schwarz.

Auf mehreren Funk-Kanälen wird zudem die „Dönerinflation“ angesprochen – Lasst uns die Dönerpreise senken, lautet der Appell.

Das scheinen aus Sicht von ARD und ZDF durchaus schwerwiegende Probleme der Gesellschaft zu sein. Immerhin werde „jedes Video redaktionell betreut und abgenommen“ und soll „zur Meinungsbildung beitragen“, wie die Plattform versichert. Die 14- bis 29-Jährigen sollen sich folglich mit den gesellschaftlichen Missständen fehlender Trecker-Emojis oder der Dönerinflation beschäftigen. Die tatsächliche Inflation mal zu thematisieren, scheint hingegen weniger unterhaltsam für das geneigte Publikum.

Der Kanal „Cinema Strikes Back“ äußert sich ganz „kritisch“ zu den Oscars: „Von den 53 nominierten Filmen bei den Oscars beschäftigt sich nur einer mit der Klimakrise. Keine hohe Ausbeute! Das geht besser! Klima-Filmtipps gefällig?“. Spoileralarm: The Green Mile ist nicht drunter. Auch für Veganer hat Funk etwas zu bieten: Der Kochkanal „Rosa kocht grün“ zeigt, „wie man absolutes Comfort Food super einfach super schmackofatz macht“. Aber Funk hat doch bestimmt auch einen Kochkanal für Nicht-Veganer, immerhin sollen die Öffentlich-Rechtlichen ja „Vielfalt und Qualität für alle“ bieten – aber: Fehlanzeige.

„Eine Klokabine. Dein Safespace für alle Tabuthemen rund um Liebe, Sex und Mental Health“ – das findet sich auf dem Funk-Kanal „Auf Klo“. „Informierende“ Themen sind hier: „Queer sein und bei der Bundeswehr durchstarten – geht das?“ oder auch „in der Öffentlichkeit masturbieren“: Die Reporterin wünscht sich in diesem Zusammenhang, Menschen würden viel häufiger darüber sprechen, dass Masturbieren „auch als Entladung voll das gute Ding ist“.

FUNK auf Kuschelkurs mit Salafisten
Wie ARD und ZDF falsch verstandene Toleranz üben
Möchte man sich als 14- bis 29-Jähriger dann doch mal über Wichtiges informieren, bietet der Kanal „Follow Me Reports“-Reportagen über Jugendliche, deren Eltern sich umoperieren ließen, Jugendliche, die das erste Mal auf eine Nackt-Party gehen, oder Jugendliche, die die AfD für gefährlich halten. Zu Jugendlichen, die mit ihren Transgender-Eltern auf eine Nackt-Party der AfD gehen, haben wir indes nichts gefunden.

Für alle, die nach „Unterhaltung“ suchen, hat das Format „Datteltäter“ einiges zu bieten. Rund um den Alltag der Muslime in Deutschland macht sich dieser Kanal über die „Engstirnigkeit“ und die „Vorurteile“ der Deutschen lustig. Dieser Kanal steht scheinbar der Empathie der Deutschen „kritisch“ gegenüber.

Eines muss man Funk lassen: In ihrer Absurdität ist die Plattform durchaus „unterhaltsam“. In Bezug auf die „politische Unabhängigkeit“, die Funk auf der zugehörigen Website anpreist, gehen die meisten Kanäle allerdings in eine ganz bestimmte Richtung: Veganismus, Feminismus, Diversität, Transgender, Klimaschutz und das Leben der Muslime in Deutschland – das klingt beinahe wie das Parteiprogramm der Grünen. Für diese links-grünen Beiträge geben ARD und ZDF dem Format Funk ein Budget von 45 Millionen Euro im Jahr – finanziert durch die verpflichtenden Rundfunkbeiträge aller.

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