Retuschen und falsche Interviewte: Die verzerrte Wirklichkeit der Öffentlich-Rechtlichen

Drei „Missgeschicke“ in wenigen Tagen – Sender der ARD wurden mehrfach beim Schwindeln ertappt. Schon vor einigen Jahren gab es ähnliche Fälle. Nun stellt sich die Frage, wie sehr die Manipulation im öffentlich-rechtlichen Rundfunk System hat.

Manipulationen von Bildern nachzuweisen, ist nicht ganz einfach. Dafür braucht es das Originalbild und die Fälschung sowie einen Anfangsverdacht und Zeit. Doch die wenigsten verfügen über einen Etat von acht Milliarden Euro im Jahr, um dafür zu sorgen, dass die Wirklichkeit nicht verzerrt dargestellt wird.

ARD, ZDF und Co verfügen über sehr viel Geld durch Zwangsgebühren. Ihre Aufgabe wäre es, „die Wirklichkeit nicht verzerrt darzustellen“. Mit dieser Begründung hat ihnen jüngst das Bundesverfassungsgericht sogar zu einem Zuschlag auf diesen Etat verholfen. Doch statt der Aufgabe nachzukommen, werden die Öffentlich-Rechtlichen nun selbst zum Täter.

Den deutlichsten Fall einer verzerrten Darstellung der Wirklichkeit lieferte der MDR: Gleich mehrere Kamerateams waren zu einem Pressegespräch gekommen, in dem die Staatsanwaltschaft Dresden über den Raub im Grünen Gewölbe informierte. Wie üblich hielten die Teams beim Interview ihre Mikrofone mit den Senderlogos in die Kamera. Auch Bild. Doch deren Logo retuschierte der Sender wieder raus. In der verzerrten Wirklichkeit des MDR sahen dessen Zuschauer nur ein rotes Mikrofon.

Bild-Meinungschef Filipp Piatov deckte diesen Schwindel auf. Auf Nachfrage räumte der Sender ein, dass das Bild manipuliert wurde. Doch es ist nicht das erste Mal, dass die MDR-Sendung „Sachsenspiegel“ erwischt wurde, wie sie mit Bildern die Wirklichkeit verzerrte. Im Februar 2020 hatte die Sendung über einen Naziaufmarsch und die dazugehörige Gegendemonstration protestiert. Zu sehen war ein Banner mit dem Hitler-Attentäter Georg Elser. Also in der Wirklichkeit. Aus der verzerrten Wirklichkeit des MDR war Elser hinaus retuschiert worden.

Die Reaktionen auf solche Vorfälle ähneln sich: Leugnen solange es geht – und wenn das nicht mehr geht, den Vorfall runter spielen. Dann ist die Rede von Missverständnissen oder von einem „Missgeschick“. So wie 2005, als der Bayerische Rundfunk ein Bild von Angela Merkel auf den Wagner-Festspielen in Bayreuth zeigte. Die Kanzlerin trug unterm Arm einen Schweißfleck. In Wirklichkeit. In der verzerrten Wirklichkeit des BR war der Fleck verschwunden.

Es habe sich um ein Missgeschick gehandelt, argumentierte der Sender laut Medienberichten. Klingt plausibel. Und wer kennt das schließlich nicht: Man fällt auf die Tastatur und löst so das Programm zur Bildbearbeitung aus. Beim Aufbäumen wischt man mit dem Ellbogen aus Versehen den Schweißfleck aus dem Bild. Und dann fällt einem noch der Kuli aus dem Hemd – direkt auf die Returntaste und schwuppsdiwupps ist die Kanzlerin ohne Schweißfleck im Netz zu sehen.

Nun gibt es unterschiedliche Arten der Manipulation: Falsche Bilder in die Welt zu stellen, ist eine Methode, die Wirklichkeit zu verzerren. Eine andere ist es, gezielt Informationen wegzulassen oder sogar zu fälschen. So sprach Tabea Engelke jüngst bei Markus Lanz über Zukunftsgerechtigkeit. Der Moderator präsentierte sie als Stimme der jungen Generation; dass sie Mitglied der Grünen Jugend ist, erfuhr der Zuschauer in der Sendung nicht. Obwohl Engelke eine eindeutig grüne Agenda wiedergab.

Bei einem ähnlichen Etikettenschwindel wurde nun der RBB erwischt. Das Berliner Dritte Programm machte eine Straßenumfrage zum Thema Radfahren. Darin lobte der Bürger Georg Kössler die Zunahme an Push-Up-Radwegen. Die Bürger sind also für die Politik der rot-rot-grünen Mehrheit – so die für RBB-Zuschauer erzeugte Wirklichkeit. Dass Kössler für die Grünen im Abgeordnetenhaus sitzt und somit hauptberuflich diese Politik verteidigt, ist da ein Detail, das die Wirklichkeit nur trüben würde – und der RBB seinen Zuschauern daher ersparte.

— Daniel (@daniel49388404) September 4, 2021

Doch immerhin ist es nicht gelogen, dass Engelke eine junge Frau ist und Kössler ein Radfahrer. Nicht einmal so ehrlich waren die Macher des ZDF, als sie 2014 Deutschlands „Besten“ kürten. Eine Rankingshow über Persönlichkeiten der Historie und der Aktualität. Die Zuschauer stimmten ab, wer unter diesen die beliebtesten sind. Doch das ZDF griff in das Ranking ein und stufte einige Persönlichkeiten nach oben.

Das zeigt: Zur Motivation für öffentlich-rechtliche Lügen lassen sich mehrere Möglichkeiten nennen. Von der besseren Einstufung profitierten seinerzeit Hannelore Kraft und Frank-Walter Steinmeier. Die beiden seien zu Gast in der Sendung gewesen und sie höher einzustufen, habe der Dramaturgie der Show geholfen, begründete das ZDF im Nachhinein seine Lüge. Andererseits war das Handeln des Senders durchaus politisch. Als Außenminister und nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin gehörten beide seinerzeit zum Kreis derer, die als Kanzlerkandidat der SPD in Frage gekommen wären.

Das ZDF zeigt auf seiner Internetseite eine Übersicht mit Fehlern, die von den verschiedenen Reaktionen eingestanden wurden. Bei manchen ist es glaubwürdig, dass es sich nur um Schludrigkeiten handelte – doch eine Tendenz lässt sich schon ableiten: Öfter finden sich Fehler, die zur Dramatisierung einer Nachricht beitragen und ein linkes Weltbild transportieren, als es umgekehrt der Fall ist.

Darunter finden sich bizarre Fehlleistungen: „22 Prozent der Deutschen hassen Juden wegen ihrer Verhaltensweise“, interpretierte zum Beispiel Aspekte eine Umfrage. Stattdessen hatten 22 Prozent der Befragten vermutet, dass Menschen diese vermeintliche Verhaltensweise vorschieben, um ihren Antisemitismus zu begründen.

Auffällig ist auch, wie oft falsche Bilder verwendet werden, um einen Beitrag zu illustrieren. Da geht es um New York in der Pandemie, doch die Bilder sind aus dem Archiv und wurden noch vor Corona gedreht, dann handelt das Wort von Bayern, doch im Bild zu sehen ist Quedlinburg in Sachsen Anhalt. Oder die Tagesschau zeigt Griechenland, obwohl es um die Türkei geht.

Norwegen hat nun ein Gesetz vorgelegt, demzufolge in der Werbung retuschierte Bilder als solche gekennzeichnet werden müssen. Warum nicht so ein Gesetz auch in Deutschland? Und warum nur für die Werbung? Wobei – andererseits: Eigentlich ist es von ARD, ZDF und Co auch ohne Gesetz zu verlangen, dass sie ihren Job machen und die Wirklichkeit nicht verzerren – sonst führen sie vor, dass die Begründung des Bundesverfassungsgerichts nur ein Wunschtraum ist.

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