Bei Illner: „Ich glaube nicht, dass Greta Thunberg Antisemitin ist“

Lang hat sich wie Habeck in eine linke Marktlücke gesetzt, ohne wirklich etwas tun zu müssen. In Zeiten, wo alle sagen „In Deutschland hat Antisemitismus keinen Platz“, muss man nur als einer der ersten Politiker hinzufügen: „Und ein großer Teil dieses Antisemitismus geht von Muslimen aus“ - und Boom.

Screenprint: ZDF/illner

Die Illner-Sendung dieser Woche lief unter dem Titel: „Krieg in Nahost – immer mehr Judenhass in Deutschland?“, was aus irgendeinem Grund in Frage stellt, ob es tatsächlich mehr Judenhass in Deutschland seit dem 7. Oktober gibt, obwohl man einfach auf die Straßen von Neukölln gehen, „Tod den Juden“-Rufen lauschen und sich selbst überzeugen kann. Was diese seltsam gestellte Frage wohl nur zum Ausdruck bringen sollte, war, dass es diesen Donnerstag bei Illner um Judenhass gehen sollte. Vielleicht war der Titel deshalb so schräg formuliert, weil man keine direkte These oder Richtung für diese Sendung wollte. Illner nannte es am Ende einen „Ritt durch die verschiedensten Formen von Antisemitismus“.

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Strukturlos wirkte auch die Zusammenstellung der Gäste. Am 16. November fanden sich im ZDF-Studio ein: die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang, die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz Malu Dreyer (SPD), der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Jens Spahn, der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes Stephan Kramer, der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel und die Antisemitismus-Forscherin Sina Arnold. Nun wirkt es bei einigen dieser Gäste so, als würden sie dort nicht hingehören. Deniz Yücel wurde eine Stunde vor der Sendung eingeladen, weil die deutsch-palästinensische Aktivistin Jouanna Hassoun kurzfristig aus Krankheitsgründen absagen musste. Tatsächlich wirkte er aber noch mit am passendsten.

Ins Auge fallen eher Ricarda Lang und Jens Spahn, die beide für vieles bekannt sind, aber nicht für eine besondere Expertise zum Thema Antisemitismus. Was sie noch gemeinsam haben, ist die Regelmäßigkeit, mit der die beiden uns im Studio von Maybrit Illner beehren. Egal welches Thema, Ricarda und Jens sind am Start, die beiden sind richtige politische Wunderwaffen. Im Laufe der Sendung stellt sich jedoch zumindest heraus, weshalb die Grünen Ricarda Lang ins Rennen geschickt haben. Beide hatten Missionen, Lang war dabei um einiges besser vorbereitet. Das beweist sie bereits bei der ersten Frage, die direkt an sie ging – was immer der Fall ist, wenn sie zu Illner kommt.

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Die Frage, die Illner ihr stellt, ist eigentlich gar keine Frage: „Antisemitismus habe in Deutschland keinen Platz, sagen im Grunde jetzt alle Politiker ausgerechnet in einer Situation, wo es nie so im Zweifel stand wie jetzt?“ Was soll man darauf antworten? Doch ohne zu zögern, antwortet Lang: „Wenn man ehrlich ist, kann dieser Satz keine Realitätsbeschreibung sein, sondern nur ein Auftrag, ein Wunsch, ein Zustand, den man erreichen will. Man muss ja ganz klar anerkennen, Antisemitismus macht sich gerade unglaublich viel Platz.“ Sie trägt das abwechselnd langsam und schnell vor und sehr getragen und so flüssig, dass man vermuten muss, dass sie die Frage und den Satz vorher auswendig gelernt hat. Jedenfalls wird sie weniger flüssig, als sie direkt auf den Einspieler Bezug nimmt und neues einfließen lässt.

Ricarda Lang hat wie gesagt eine Mission. Wie schon Robert Habeck sieht sie nun in dieser Krise aus zaghaften Zusprechungen und Mitleidsbekundungen die Möglichkeit, sich als kompetente Macherin und Realistin darzustellen. Wir haben ja gesehen, wie gut das beim Vizekanzler medial funktioniert hat, der inzwischen für eine eigentlich durchschnittliche Rede als der nächste Bundespräsident gehandelt wird. Jedenfalls ist von der grünen Wohlfühlblase bei diesem Auftritt nichts mehr zu erkennen. Zu eingebürgerten Deutschen mit Migrationshintergrund und Asylanten, die sich antisemitisch äußern und daher abgeschoben und ausgewiesen werden könnten, sagt sie nur sehr gefühlskalt: „Das ist die Rechtslage.“

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Zwar hat die Grünen insbesondere in Bezug auf Asyl und Migration die Rechtslage bisher nie interessiert, doch das ist das alte Ich, das das diese ganzen Probleme mitzuverantworten hat. Der uncoole Geist der vergangenen Flüchtlingsdiskussion. Jetzt vertritt Ricarda Lang ganz nonchalant Meinungen, für die sie andere Politiker vor acht Jahren noch gelyncht hätte. Vielleicht kann man einen kleinen Versuch, sich dafür zu entschuldigen, hinein lesen, als sie sagte: „Ich glaube es spricht ein bisschen dafür, dass wir eine Tendenz hatten in Deutschland (…) sehr selektiv auf Antisemitismus zu schauen. Es gab diejenigen, die ihn zwar in der rechtsextremistischen Ecke erkannt haben, aber im linken Freundeskreis doch lieber mal weggehört haben, wenn „antikoloniale Thesen“ geäußert wurden.“ Vielleicht will sie sich auch einfach nur von Greta freikaufen.

Man muss schon zugeben, an diesem Donnerstagabend konnte man einer Meisterin bei ihrer Arbeit zusehen. Wer sich (zu recht) fragt, wie jemand wie Ricarda Lang so weit die Karriereleiter empor steigen konnte – so: Sie mach 180-Grad-Wenden, ohne dass man bemerkt, dass sie sich bewegt hat. Sie mögen ihr vielleicht nicht glauben, doch sie wird Sie zumindest glauben lassen, dass sie selbst glaubt, was sie sagt. Lang hat wie Habeck eine Marktlücke gefunden, sich reingesetzt und nun können sie zusehen, wie Millionen hereinströmen, ohne dass sie wirklich etwas tun müssen. In Zeiten, wo alle sagen „In Deutschland hat Antisemitismus keinen Platz“, muss man nur einer der ersten Politiker sein, die hinzufügen „Und ein großer Teil dieses Antisemitismus geht von Muslimen aus“ und Boom. Sagen Sie hallo zu ihrer nächsten Bundeskanzlerin. Wenn es nur um den Posten des Schulsprechers ginge, könne man sie schon ein bisschen bewundern.

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Ein Blick auf die anderen Gäste lässt erkennen, weshalb Lang und Habeck aktuell so gute Chancen haben. Der Thüringer Verfassungsschutzchef hat einen guten Satz gesagt: „Man kann als Muslima mittlerweile problemlos mit einem Kopftuch herumlaufen, mit einer Kippa kommt man nicht weit.“ Diesen kleinen Schluck Wodka hat er aber direkt mit einer halben Flasche Cola verdünnt, als er danach ausbreitete, dass man nun die Muslime und die Juden nicht gegeneinander ausspielen darf und dass ja eigentlich alle Muslime nicht antisemitisch sind, dass man diesen Long Drink von einem Redebeitrag auch problemlos einem Kindergartenkind servieren könnte.

Ähnlich lief es mit der Antisemitismus-Forscherin Sina Arnold, die zunächst erstmal von Illner über linken Antisemitismus ausgequetscht wurde. Illner klang dabei, als hätte sie eine Naturwissenschaftlerin zu Gast, der es gelungen ist, mit Bakterien aus uraltem Antarktis-Eis ein echtes Einhorn zu züchten. Dass es Antisemitismus auch von links geben könnte, scheint für sie ein brandneues Thema zu sein. Arnold sieht für linken Antisemitismus, vereinfacht gesagt, unter anderem den Anknüpfungspunkt im Antikapitalismus, da die jüdische Weltverschwörung dies im Grunde verkörpert. Als Illner fragt: „Wenn aber jetzt die Hamas als Freiheitskämpfer betrachtet wird, auch von queeren Aktivisten, von Menschen, die eben auf ihre persönliche Freiheit eigentlich großen Wert legen, wie können die glauben, dass mit der Hamas als Herrscher sie überhaupt noch leben würden?“, ist es, als würde man einem Kleinkind bei seinen ersten Schritten zusehen.

Endlich sehen sie mal, was wir sehen, wenn Arbeitsverweigerer mit lila Haaren und hunderten Piercings Stalin verehren, obwohl er sie als erste in den Gulag schicken würde. Doch direkt darauf purzelt das Kind wieder zu Boden und robbt auf dem Boden weiter. „Ich glaube nicht, dass Greta Thunberg Antisemitin ist.“, erklärt die Antisemitismus-Forscherin. Gerade zu einer Zeit, in der die Klimabewegung zum Hassobjekt geworden ist, sollte man vorsichtig sein, mahnt sie. Sie schließt sich damit Malu Dreyer an, die zuvor noch erklärt hatte, sie fände es zutiefst erschreckend, dass die AfD sich mit Israel solidarisiert. Ja, ganz richtig, denn nicht nur Antisemitismus ist ein Problem – auch „Anti-Antisemitimus“ kann problematisch sein. So nennen sie es, wenn Rechte den Antisemitismus nutzen, um Solidarität mit Juden und Israel zu bekunden, um sich selbst gut darstellen zu lassen. Dass die AfD nun etwa mit jüdischen Gemeinden zusammenarbeitet, ist eine Falle! Nehmen Sie sich also vor dem bösen Anti-Antisemitismus in acht, der könnte sich womöglich noch hinterhältigerweise gegen Diskriminierung aussprechen.

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Kommentare ( 55 )

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F. Hoffmann
5 Monate her

Lang wird offensichtlich gut gebrieft. Sie läuft dann quasi wie auf Schienen. Andererseits würde jemand, der das weiß und sich entsprechend vorbereitet hat, sie mit geübter Rhetorik vom Gleis heben. Ab da wäre bei ihr eigenes Denken gefragt. Dann wird es kritisch für sie. Ist bei Habeck genauso. Sie müssen nur eine Ecke seines schillernden Wortteppichs lupfen, dann wird er mit dem Schmutz der darunter liegt konfrontiert.

Dr. Rehmstack
5 Monate her

Die ganze Schizophrenie oder schlicht Bescheuertheit dieser Gesellschaft wird offenbar, wenn der, durch keinerlei Qualifikation für das Amt legitimierte (abgebrochenes Jurastudium und Master Abschluss in Sozialpädagogik an einer Fachhochschule mit 49 Jahren), Chef des Verfassungsschutzes in Thüringen in der Sendung sagt, dass man als Jude in Deutschland nicht mehr mit der Kippa auf die Straße gehen sollte und damit die Titelfrage: „immer mehr Judenhass in Deutschland?“ bereits bündig beantwortet und die tagtäglich in allen Medien mannigfach und lautstark unter allahu Akbar Rufen bestätigt wird und niemand die darauf einzig mögliche Frage stellt: warum ist es so und was machen wir… Mehr

Or
5 Monate her

„„Ich glaube nicht, dass Greta Thunberg Antisemitin ist.“, erklärt die Antisemitismus-Forscherin.“

Aber natürlich nicht.
Wenn etwas quakt wie‘ne Ente, watschelt, aussieht, schwimmt und ’nen Schnabel hat, wie‘ne Ente, ist‘s wahrscheinlich alles andere, nur keine Ente.

Peter Gramm
5 Monate her

habe mir gerade den CV des Herrn Kramer angesehen. Warum ist es möglich in Deutschland wo doch alles so sehr nach Vorschriften läuft jemanden in das Amt des Verfassungsüberwachers zu setzen der die formalen Voraussetzungen dafür gar nicht erfüllt. Offenbar gibt es in Deutschland zweierlei Recht. Die einen scheinen wohl ein bisschen gleicher als die anderen.

Ede Wolf
5 Monate her

Lang, der personifizierte Unsympath. Allein diese Personalie spricht gegen eine Wahl der Grünen.

alter weisser Mann
5 Monate her

„Malu Dreyer … die zuvor noch erklärt hatte, sie fände es zutiefst erschreckend, dass die AfD sich mit Israel solidarisiert.“
Arme Malu (das kommt wohl von Malus), die Welt ist echt erschreckend komplex. Eigentlich müsste doch „Vierbeiner gut, Zweibeiner schlecht“ genügen.
„dass ja eigentlich alle Muslime nicht antisemitisch sind“
Der Kramer fällt auch nicht gerade durc konsistentes Denken auf.

Last edited 5 Monate her by alter weisser Mann
EinBuerger
5 Monate her

Beim Kampf zwischen Framing und Realität wird am Ende immer die Realität siegen. Auch wenn es Jahrzehnte dauert.
Natürlich. Sie können sich beim BRD-Normie-Wähler mit Framing Zeit erkaufen. Die Probleme lösen können sie nicht. Und diese werden sich dann irgendwann wieder Bahn brechen und den BRD-Normie erschüttern.

JohnDoe1988
5 Monate her

Natürlich wird sie von den „Leidmedien“ verteidigt. Wie Menschen noch immer den ÖRR schauen können und dem glauben schenken, ist mir schleierhaft. Es ist zu reiner Propaganda verkommen. Das Eingewanderte „From the River to the sea, Palestine will be free“ Gesocks würde wohl am liebsten sämtliche Homosexuelle und sonstige LGBTQ+ Menschen einfach im besten Fall noch ausweisen. Aber die „Leidmedien“ sagen es diesen betroffenen Menschen nicht. Es werden millionenfach Menschen importiert, die nicht mit unserem freien westlichen Menschenbild kompatibel sind. Die „Queere“ Community wird ihr Wunder schon noch erleben. Die werden um das Überleben kämpfen müssen, wenn der Mob groß… Mehr

Last edited 5 Monate her by JohnDoe1988
PK110
5 Monate her

Mehrmals wurde in dieser Sendung festgestellt, das die Muslime in Deutschland ganz überwiegend nicht antisemitisch sind, da wir ja auch korrekterweise niemals verallgemeinern dürfen.
Dann aber redet Ricarda Lang im Zusammenhang mit unserer Vergangenheit von „Tätergeneration“, ganz pauschal, ohne Einschränkung, und niemand widerspricht.

Kassandra
5 Monate her
Antworten an  PK110

Woher wollen die das in der Sendung wissen und wie wurde das belegt? Denn die mit Geburt in den Islam Gedrängten und bis zu ihrem Tode damit „Unterworfenen“ sind angehalten, kritiklos alles zu glauben, was der Allergrößte durch den Propheten hinterlassen hat. Und da ist der Hass auf Juden wie Christen und alle anderen „Ungläubigen“ inclusive. Wie auch der Auftrag zum Jihad – bis die Umma der „Unterworfenen“ die ganze Erde bevölkert. Hier in Bild und Ton aus 2022 – und weder beim einen noch beim anderen sieht es so aus, als würde er das einfach so vor sich hinschwätzen:… Mehr

Old-Man
5 Monate her

Ich schaue schon ewig lange solche Sendungen nicht mehr, verlorene Zeit.
Man braucht ja nur die Zusammenfassungen der Sendungen hier zu lesen um leider immer wieder in der Meinung bestätigt zu werden : „Zwecklos, sinnlos, es versammeln sich fast immer die selben relativierenden Schwachmaten um ihren geistigen Dünnpfiff zu verbreiten“!.
Leider schauen zu viele diese Art von „Idioten-TV“ und lassen sich beeindrucken.