Im Ernstfall besser nicht gendern!

Kommunikativ gesehen ist das Gendern, mit dem Frauen extra „sichtbar“ gemacht werden sollen, ein sprachlicher Luxus, also sachlich überflüssig. In Not- und Ernstfällen haben die Sprecher für diesen Luxus weder Zeit noch Interesse.

IMAGO / Steinach

Gendern kompliziert die Sprache. Aber auch das Leben, vor allem von Politikern: Sie müssen nämlich wissen, in welcher Sprechsituation man das Gendern lassen soll. Die heutige Bundesfamilienministerin Anne Spiegel wusste das am 14. Juli 2021 bei der Ahrtal-Flut nicht: Als Umweltministerin von Rheinland-Pfalz korrigierte sie seinerzeit in einer Pressemitteilung ihres Hauses eine Warnung an „Campingplatzbetreiber“ zu „CampingplatzbetreiberInnen“.

Interview Ralph Thiele:
Flutkatastrophe Ahrtal: »Ein Staat, der so schlecht performt, riskiert seine Existenz«
Was hat der Krieg in der Ukraine mit dem Gendern zu tun? Nun, in den Nachrichten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, wo bei Meldungen über die Bundeswehr stereotyp von „Soldaten und Soldatinnen“ die Rede ist, gibt es plötzlich nur noch Soldaten: „tote Soldaten“, „Soldaten im Häuserkampf“, „russische Soldaten“ usw. Offensichtlich passt das Gendern nicht zum militärischen Ernstfall, in dem es um Leben und Tod geht; denn natürlich dienen in der russischen Armee auch Frauen, etwa – wie in der Bundeswehr – 13 Prozent (in der kämpfenden Truppe sind es vermutlich weniger).

Kommunikativ gesehen ist das Gendern, mit dem Frauen extra „sichtbar“ gemacht werden sollen, ein sprachlicher Luxus, also sachlich überflüssig. In Not- und Ernstfällen haben die Sprecher für diesen Luxus weder Zeit noch Interesse: Wenn ein Passagier in einem Zug oder Flugzeug kollabiert, wird das Personal fragen, ob „ein Arzt“ an Bord sei, und auch jede Ärztin fühlt sich dann angesprochen. In einer solchen Situation zu gendern: „Ist ein Arzt oder eine Ärztin an Bord?“, würde absurd wirken.

Genau eine solche Absurdität ist der jetzigen Bundesfamilienministerin Anne Spiegel am 14. Juli 2021 unterlaufen, als sie (damals rheinland-pfälzische Umweltministerin) um 16.43 Uhr eine Pressemitteilung herausgeben ließ, die vor dem Hochwasser im Ahrtal zwar warnte – zum Beispiel sollten „Campingplatzbetreiber“ gegen eine Überspülung ufernaher Bereiche Vorkehrungen treffen –, aber das katastrophale Ausmaß des Hochwassers nicht erkannte. Spiegel kommentierte die Vorlage mit der Bemerkung: „Konnte nur kurz draufschauen, bitte noch gendern CampingplatzbetreiberInnen, ansonsten Freigabe.“

Laut Lebenslauf war Anne Spiegel vor ihrer politischen Karriere „2008–2011 Sprachlehrerin für Deutsch als Fremdsprache“. Dass ihr in der Pressemitteilung die ungegenderte Form Campingplatzbetreiber nach „kurzem Draufschauen“ auffiel, zeugt von einem sprachprofessionellen Blick. Ihr Verbesserungsvorschlag mit Binnen-I (CampingplatzbetreiberInnen) entsprach aber der Genderpraxis vor zehn Jahren. Heute ist – auch bei den Grünen – der Genderstern üblich: Campingplatzbetreiber*innen. Als ehemalige Sprachlehrerin hätte sie sich auch fragen müssen, ob es nicht genderkorrekter Campingplatzbetreibende heißen muss; denn die Campingplätze werden ja nicht nur von Frauen und Männern geführt, sondern auch von Firmen (juristischen Personen).

In welcher Form auch immer, Gendern war in dieser Situation – wegen der unzureichenden Warnung vor dem Hochwasser kamen im Ahrtal 134 Personen ums Leben – nicht nur sprachlich ein folgenschwerer Fehler: CampingplatzbetreiberInnen war das falsche Wort zur falschen Zeit und könnte sprichwörtlich für grüne politische Inkompetenz werden.

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Kommentare ( 47 )

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Don Didi
2 Jahre her

Nicht nur die Kämpfenden in der Ukraine werden nicht gegendert. Wenn man diese Genderei mal genauer betrachtet, wird man feststellen, daß nur positiv besetzte, maximal neutrale Begriffe gegendert werden.
Ich habe noch keinen Bericht der MSM gesehen, wo von Einbrecherinnen, Kriminellinnen, Drogendealerinnen, Kinderschänderinnen, Raserinnen, SUV-Fahrerinnen (obwohl diese die Mehrheit stellen) etc. die Rede war.
Der klar denkende Mensch könnte sich das zu nutze machen und ausschließlich negativ besetzte Begriffe gendern oder grundsätzlich in der weiblichen Form verwenden.

Joama
2 Jahre her

Natürlich gibt es auch aus rein praktischen Gründen sehr viel gegen die Gendersprache zu sagen. Aber das ist nicht der Kern des Problems. Der Kern des Problems ist die Beleidigung des Sprachgefühls und des gesunden Menschenverstands, die Unterjochung unserer Kultur und Vernunft durch eine Minderheit rot-grün-woker Ideologen und das große Heer der Anpasser. Einen so rigorosen Eingriff in die Grundstruktur unserer Muttersprache zwecks ideologischer Umerziehung haben weder Nazis noch Kommunisten gewagt. Immer wieder mache ich den Versuch, mir im Fernsehen eine Informationssendung oder Diskussionsrunde anzusehen – aber spätestens wenn von „Ukrainerinnen und Ukrainern“ oder von „Expertinnen und Experten“ die Rede… Mehr

grenzenlos
2 Jahre her
Antworten an  Joama

Joama, besser kann man es nicht ausdrücken!
Aber resignieren Sie nicht! Denn zumindest was diesen Schwachsinn betrifft scheint die große Mehrheit ja noch einigermaßen vernünftig zu sein.

Otis.P. Driftwood
2 Jahre her

Nicht nur die Spiegel befleißigt sich des Deutschen als Fremdsprache. Nahezu alle Angehörigen der höheren Stände stehen mit dem Deutschen auf Kriegsfuß; und das über das Sprachliche hinaus. So sind die Deutschen das einzige Volk (darf man das noch sagen?) auf Erden, welches sich die Vernichter ebendieses selbst erwählt hat.

K. Sander
2 Jahre her

Es soll ja auch gleiche Rechte für Berufe geben. Wo sind denn die Dachdeckerinnen, Maurerinnen? Zur Gewinnung von Kobalt für Elektroautos brauchen wir dann auch mehr Bergbauerinnen. Die habe ich noch nie gesehen.

Innere Unruhe
2 Jahre her

Ich habe mal irgendwo gelesen, dass die Effektivität einer Armee von der Effektivität der Sprache abhängt.
Je kürzer der Befehl, umso handlungsfähiger die Einheiten.

jopa
2 Jahre her
Antworten an  Innere Unruhe

Dann sind wir ja auf dem „richtigen“ Weg.

Joerg Baumann
2 Jahre her

Der Text liest sich lustig, ich habe mir schon vor längerer Zeit das Browser Plugin „Binnen-I be gone“ installiert. Dieses beseitigt aus Texten automatisch die blödsinnigen Innen. Wenn dann jemand Beispiele für das Thema bringt sieht das etwas merkwürdig aus.

d.rahtlos
2 Jahre her

Neulich hörte ich im Radio eine EU-Parlamentarierin von „Erdöllieferantinnen und Erdöllieferanten“ reden..

Marie M
2 Jahre her

Ich bin rechtzeitig, bevor meine Kinder in die Schule kamen, aus der Gender-Hochburg Berlin weggezogen. Hier im Norden Brandenburgs gibt es (noch) keinen Lehrer, der die Neue Beklopptheit mitmacht. Ich denke, wenn unsere Kinder sprachlich indoktriniert werden sollen, haben wir Eltern ein Notwehrrecht. Ich will jetzt natürlich nicht zur körperlichen Gewalt aufrufen. Trotzdem, einer meiner Freunde aus Berlin ist Bauunternehmer, und wahrscheinlich berufsbedingt, ein Anhänger unkomplizierter Lösungen. Als er mitbekam, dass es in der Schule seiner Tochter Lehrerixen gibt, die statt Mutter und Vater „Elter 1 und Elter 2“ sagten (um alleinerziehende und „Bonusfamilien“ nicht zu diskriminieren), sagte er, wer… Mehr

cws
2 Jahre her

Ich empfehle sich alte Kino-Wochenschauen aus der NS-Zeit anzusehen, dort wird bereits gegendert, wenn es um Sanitäter und Sanitäterinnen oder sonstige Aufgaben geht in denen es typischerweise Männer und Frauen gibt.
Ist Gendern jetzt also voll Nazi?

Jens Frisch
2 Jahre her

„Gendern kompliziert die Sprache.“
Ach was! „Gendern ist, wenn ein Sachse mit dem Boot umkippt.“