Angola 2025: Ohne KI zurück in die Zukunft

Fliegende Autos? Fusionskraft? Stattdessen gibt’s Faxgeräte und digitale Trägheit. Während die Welt mit KI durchstartet, diskutiert Deutschland noch über Bürokratieabbau. Schwarz-Rot reist eher in die Vergangenheit als in die Zukunft.

IMAGO / Political-Moments

Mit der Angola-Koalition „Zurück in die Zukunft“? Schön wäre es. Was hat uns die Zemecki-Filmkomödie von 1985 alles versprochen! Fliegende DeLoreans, Hoverboards, selbsttrocknende Jacken, staubabweisendes Papier und ein Justizsystem, das Verbrecher innerhalb weniger Stunden in den Knast steckt. Selbst die Fusionskraft: eine Alltagsangelegenheit. All das sollte schon 2015 existieren.

Wir bekamen: Länder ohne Grenzen, Männer im Frauensport, Energieknappheit, Corona-Krise und nervige Flaschenverschlüsse mit Deckeln, die man nicht abbekommt. Einzig bei der Inflation behielt „Zurück in die Zukunft“ recht: Heute würde man Marty McFly auch mit 50 Dollar ins Café schicken für eine Pepsi. Alles in allem wirkt die Vision der Zukunft von 1985 fortschrittlicher als das, was sich die Verantwortlichen von 2025 ausdenken.

Als ehemaliger Mitarbeiter des Bundestags spreche ich aus Erfahrung. In „meiner“ Legislatur war das Faxgerät immer noch das wichtigste Kommunikationsgerät zwischen Büros und Verwaltung. Nicht 1985. Sondern in der Legislatur 2017 bis 2021.

Jetzt bekommt zwar Marty im Film tatsächlich seine Kündigung im Jahr 2015 per Fax. Aber in einigen Belangen hat sich die Welt draußen doch verändert. Stichwort: Digitalisierung. Das haben Robert Zemeckis und Bob Gale damals nicht vorhersehen können. Aber wer will ihnen Vorwürfe machen? Der Deutsche Bundestag sah es ja nicht einmal 2017 kommen.

Die Ampel-Koalition wollte dann den Turbo-Gang einlegen. Jetzt sollte ohne Rücksicht digitalisiert werden. Besonders die Bürokratie. Mit Estland existiert ein Vorzeigeland. Der baltische Staat rühmt sich, seine Verwaltung zu 100 Prozent digitalisiert zu haben. Dort kann der Bürger selbst seinen Eheantrag digital ausfüllen – nur zur endgültigen Unterschrift braucht es einen Besuch beim Amt.

So weit müsste es Deutschland nicht einmal bringen. Nach 3 Jahren Ampel-Koalition ist kein Durchbruch gelungen. So verwegen darf diese Glosse sein: Der Gang zum Amt, inklusive Terminsuche, dürfte heute deutlich länger dauern als in den 1980ern. Daher kennt auch das Sondierungspapier der künftigen Bundesregierung wieder ein Thema: Digitalisierung. Es taucht gleich 14-mal auf 11 Seiten auf. Das ist löblich.

Es gibt leider nur ein Manko: CDU/CSU und SPD haben sich in der Zeit geirrt. Das Zeitalter der Digitalisierung hat vor rund 20 Jahren begonnen. Im Grunde ist es in vielen Belangen bereits vollzogen. Ein bisschen so, wie die Renaissance in Deutschland anfing, als sie im Geburtsland Italien im Grunde schon vorüber war. Das war damals kein Problem, denn Trends hielten viel länger an, und technologischer Fortschritt vollzog sich in weniger überschlagsartigen Bahnen.

Das ist heute leider anders. Künstliche Intelligenz ist nicht nur ein Trend. Angesichts der Entwicklungen in wenigen Jahren ist davon auszugehen, dass gerade routinierte Schreibtischjobs in den nächsten Jahren ihren Sinn verlieren. Das gilt nicht nur für Journalisten. Das gilt insbesondere auch für Sekretäre, selbst für Spezialisten in der IT-Branche. Neueste KI-Modelle können coden. Da ist die Vorbereitung von Amtsblättern – und -formularen ein Kinderspiel.

KI ist im Grunde keine Intelligenz, sondern ein Instrument. Es ist in vielen Fällen so „intelligent“ wie sein Anwender, der damit umzugehen weiß. Im Falle von Schwarz-Rot hat sie die Intelligenz eines Affen an der Schreibmaschine. Womöglich kommt irgendwann Shakespeare raus. Es ist aber eher auszuschließen. So viel Zeit hat nicht einmal Doc Brown. Und im Grunde hat auch keiner Zeit für diese Koalition.

Prüft man das Sondierungspapier, das die SPD online gestellt hat, kommt KI nur an zwei Stellen vor. Angola hat das Fax-Zeitalter gerade verlassen und stößt nun in die Weiten des Digital-Zeitalters vor – das in China und den USA längst abgehandelt wurde. Den Vorsprung, den die Weltmächte auf dem KI-Gebiet haben, wird man kaum aufholen können. Nicht mit 1.21 Gigawatt und auch nicht mit 1 Billion Sondervermögen. Die Würfel sind gefallen.

Die Antwort dafür liegt auf der Hand: mehr Regulation, mehr Verbote. Bekanntlich ist KI mit ihrem Energieverbrauch ein Klimasünder. Die Amerikaner bauen bereits gigantische Supercomputer, die vermutlich nur mit Atomkraft am Laufen gehalten werden können. Vielleicht eines Tages mit Fusionskraft.

Das ist der Unterschied zwischen Europäern und Amerikanern. Elon Musk steht pars pro toto für einen Geist, der will, dass Popkultur von Star Treck bis Back to the Future Realität werden. Die Deutschen fahren dagegen lieber in die Vergangenheit. Auch ohne Zeitmaschine.

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Kommentare ( 28 )

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Endlich Frei
1 Monat her

Modern und zeitgemäß denken setzt entsprechende Bildung im Kindesalter voraus. Es ist nicht nur ein Skandal, dass unsere Kinder nicht schon in der Sekundärstufe das Programmieren (…ich rede nicht von bloßer Anwendung) spielerisch erlernen und somit Kreativität durch Kenntnis des Machbaren überhaupt ermöglicht wird – sprich eine komplett andere Erziehung stattfindet – nein, es ist der Untergang Deutschlands im Wettbewerb mit Völkern, die es mit der Selbstbehauptung ernst nehmen und denen gewahr ist, dass davon ihre Zukunft und ihr Wohlstand abhängt. Deutschland hingegen fördert und beschäftigt sich gesellschaftlich lieber mit dem Import und der „Integration“ archaischer, ideologischer Religionen, von denen… Mehr

Last edited 1 Monat her by Endlich Frei
PulsarOperator
1 Monat her

chatgpt kann Reden schreiben! Wer die Person errät, kriegt ein Eis: Sehr geehrte Damen und Herren, also, ich freue mich, heute hier zu sein und mit Ihnen über ein Thema zu sprechen, das uns alle betrifft. Also, wir leben in einer Zeit, in der die Herausforderungen im Gesundheitswesen, also, enorm sind. Wir müssen uns, also, den Fragen stellen, die uns als Gesellschaft bewegen. Also, die Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, dass wir, also, gut vorbereitet sind. Wir müssen, also, die Lehren aus der Vergangenheit ziehen und sicherstellen, dass wir, also, in Zukunft besser aufgestellt sind. Es ist,… Mehr

Brotfresser
1 Monat her

Was soll man erwarten? Für unsere Politiker und die meisten Mitbürger ist Digitalisierung, dass man Online-Banking machen kann, statt Faxe jetzt Emails verschickt und den unübersichtlichen Kassenzettel aus dem Supermarkt jetzt in derselben unübersichtlichen Optik als PDF erhält! Die Digitalisierungsbeauftragte des Bundes Dorothee Bär ist in erster Linie dadurch aufgefallen, dass sie sich regelmäßig in figurbetonender Bekleidung gezeigt hat. Darüber hinaus hat sie wiederholt von Flugtaxis fantasiert. Das war’s dann aber auch schon… nix Digitalisierung! Oder Laura Sophie Dornheim in München; die müsste Informatik können, macht aber in erster Linie Gender und Gedöns, wenn mir da nichts Wesentliches entgangen ist.… Mehr

Silverager
1 Monat her

Ich verstehe nicht: was, bitte, ist an diesem Tatsachenbericht jetzt „Glosse“?

Marcus Tullius
1 Monat her

Fax ist eines der wenigen Dinge in Deutschland, die funktionieren. Fax zu tadeln geht daher am Problem vorbei. Das Problem ist, dass Fax gelobt werden muss als das Beste, was es im gegenwärtigen und zukünftigen Deutschland gibt und geben wird.

giesemann
1 Monat her

Die Demografie wird zeigen, wem die Schulden dann anhängen (Sawsan Chebli). Der Verständige geht rechtzeitig.

Zum alten Fritz
1 Monat her

Schon Walter Ulbricht hat gesagt „ .. man muss doch nicht jeden Dreck mitmachen der aus dem Westen kommt“. Na ja er bezog sich dabei zwar auf die Musik der Beatles, aber das wurde dann verallgemeinert.
So ähnlich kann es mit der deutschen Bürokratie jetzt gesehen werden. Wobei der Westen jetzt weiter westlich liegt.
Bezüglich KI denke ich wird der weiteren technische Fortschritt in Hard- und Software notwendige Ressourcen verkleinern, siehe Deeplink.

Armin Reichert
1 Monat her

Ich erzähl mal eine Anekdote, wie es in unseren Schulen wirklich zugeht: Mein Stiefsohn war vor etlichen Jahren an einer Gesamtschule (eine von der AAS zertifizierte „Schule gegen Rassismus“, aber das nur am Rande). Im „Informatikunterricht“ bekamen sie ein paar kopierte Seiten aus einem Buch, aus denen sie eine PowerPoint-Präsentation machen sollten. Als ich die Kopien sah, dachte ich, das kommt mir doch bekannt vor, und es waren in der Tat ein paar Seiten aus dem Buch „Geheime Botschaften“ von Simon Singh, ein sehr schönes Buch übrigens. Gut dachte ich, dann lasse ich ihn diese elementaren Verschlüsselungsverfahren („Gartenzaun“, „Caesar“ etc.)… Mehr

Armin Reichert
1 Monat her

Obwohl ich vom Fach bin, sehe ich die sogenannte „Digitalisierung“ sehr kritisch. Worin besteht denn der Vorteil, dass 99% der jungen Leute mit hängenden Köpfen überall wo sie sind, auf ihr Smartphone glotzen? Worin besteht der Vorteil, ungebildete und schlecht erzogene Schüler mit teurer Hardware zuzuscheißen? Worin besteht der Vorteil einen digitalen, programmierbaren Euro einzuführen und Bargeldzahlung unmöglich zu machen? Es war doch schon vor 25 Jahren so ein Schwachsinn, die Schulen krampfhaft mit PCs und Internetanbindungen zuzumüllen. Was ist denn dabei herausgekommen? Die besten Programmierer kommen doch immer noch aus Ländern wie Russland, Weißrussland oder ostasiatischen Staaten und nicht… Mehr

Nibelung
1 Monat her
Antworten an  Armin Reichert

Sehe ich ähnlich und obwohl ich den technischen Neuerungen nie abgeneigt war, weil sie das Leben und Wirken in besonderen Fällen bereichern, so sollte man dennoch nicht vergessen, daß jeden das Schicksal eines Vergessenden erreichen kann und nicht einmal vor Bundeskanzlern Halt macht und das hat zwangsläufig zugenommen, weil die Leute älter werden und gerade deshalb die Demenz wie ein Damoklesschwert im Raum hängt, was auf einen Zustand der geistigen Erschöpfung hindeuted und das Endstadium vor dem Ableben darstellt, wenn man sich auch noch so bemüht, diesen üblen Zustand abzustellen, aber dabei wie Don Quichotte gegen Windmühlenflügel kämpft. Demzufolge ist… Mehr

Nibelung
1 Monat her

So ist er halt, der Wandel der Zeit, denn so wie früher alles anders war, wenn man lange genug auf der Welt verweilt, so werden uns noch schnellere Ereignisse einholen und die Frage ist nur, ob wir das noch verstehen, wenn es in unendliche Höhen steigt, denn das könnte bei vielen jetzt schon im Netz beginnen, indem sie sich überfrachten und die Batterie den Dienst versagt und das Auge allenfalls noch den Horizont erkennen kann und mit Hilfsmittel darüber hinaus, denn ansonsten sind uns Grenzen gesetzt und wer das nicht zu allererst akzepiert, wird am Ende wegen Fehleinschätzung scheitern. Hat… Mehr