Will Schulz sich nur noch in eine neue GroKo retten?

Von der aufkommenden "Flüchtlings-Diskussion" eine Stärkung der AfD erhoffen, um nach der Wahl irgendwie an der Macht zu bleiben – das wäre die ungewöhnlichste SPD-Strategie aller Zeiten.

Dieser Wahlkampf werde ganz anders werden als frühere, hatte die Kanzlerin angekündigt. Aber im Grunde läuft die Auseinandersetzung bisher nicht anders ab als vor vier oder acht Jahren: Die SPD attackiert – und die CDU/CSU nimmt das mehr oder weniger gelangweilt zur Kenntnis. Nur den Gegner nicht zu wichtig nehmen, lautet die Parole der Union. Angela Merkel jedenfalls hat sich zunächst mal in den Urlaub verabschiedet. Ihr Wahlkampf beginnt am 12. August – mit der ersten von 50 Kundgebungen bis zum 22. September.

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Zur gemächlichen Gangart passt, wie die CDU/CSU auf den „Flüchtlings-Wahlkampf“ von Martin Schulz reagiert. Sie weist darauf hin, dass Merkels Politik des unkontrollierten Zugangs von der SPD mitgetragen wurde – das Abkommen zwischen der EU und der Türkei übrigens auch. Deshalb wird der Versuch von Schulz, die Flüchtlingspolitik zum Wahlkampfthema zu machen, von Seiten der Union als Akt der Verzweiflung abgetan. Ganz so, als handle Schulz nach dem Motto: Ich habe keine Chance, aber ich nutze sie.

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Interessant die Sicht der Neuen Züricher Zeitung (NZZ) zum „strategischen Schwenk“ des Kandidaten Schulz: Der hoffe insgeheim, dass vor allem die AfD von der neu aufkommenden „Flüchtlings-Diskussion“ profitieren werde – und zwar zu Lasten der Union. Verluste der CDU/CSU würden aber alle Träume von einer schwarz-gelben Koalition zunichtemachen. Fazit der NZZ: „Und am Ende gibt es im Herbst eine Neuauflage der Großen Koalition mit der SPD als Juniorpartner. Besser als nichts.“ Eine Stärkung der AfD, um nach der Wahl irgendwie an der Macht zu bleiben – das wäre die ungewöhnlichste SPD-Strategie aller Zeiten.

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Die Entdeckung der Flüchtlingsfrage zeigt jedenfalls, dass die SPD sich selbst von der mangelnden Attraktivität der „Gerechtigkeitsfrage“ überzeugt hat. „Die Zeit“ stellt in ihrer Ausgabe vom 20. Juli nüchtern fest, niemand nehme der SPD ab, „dass es in Deutschland und Europa zutiefst ungerecht und unsolidarisch zugehe“. Zugleich enthüllt Die Zeit das „schmutzige Geheimnis“ der SPD in der Gerechtigkeitsfrage: „Sie glaubt es sich selbst nicht.“

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Wahlkampfweisheit zum Tage: Wer nicht einen Bumerang werfen kann, sollte nach dem Wurf schnell weglaufen.

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Kommentare ( 13 )

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Struwwlpeter
6 Jahre her

Eine starke Opposition wird es nicht geben, allenfalls eine kleine, schwache. Um überhaupt eine Opposition zu haben, müsste die AfD erstmalig in den Bundestag einziehen. Mit einem gesunden Optimismus ausgestattet, gehe ich wohlgemut davon aus, dass die AfD den Einzug in den BT mit Leichtigkeit schafft (vielleicht sogar zweistellig), trotz oder gerade wegen der Unzahl an unfairen, rechtswidrigen und undemokratischen Benachteiligungen und Behinderungen seitens der Mainstreammedien, der Mainstreampolitik sowie ihren zahllosen willigen Helfern und Helfershelfern. Nicht verschweigen möchte ich, dass sich die AfD teilweise auch selbst behindert. Aber soll man sich deswegen diese einzigartige Chance entgehen lassen? Ich sehe jedenfalls… Mehr

markmunich
6 Jahre her

Ach, für den Bundesaußenminister-Job reicht ’s schon noch, wollen wir wetten? (Bei dieser Tätigkeit hat man dann ja auch wieder mehr Zeit für die Familie, wie man erfahren durfte…)

Arndt
6 Jahre her

Ein Stimmenanteil der AfD bei der Bundestagswahl von etwa 15% könnte durchaus gravierende Folgen haben. Sollte dann der Anteil der CDU/CSU um die 30% liegen, würde das bedeuten, dass die CDU allein bei etwa 24% landet, ein Anteil von 6 bis 7% für die CSU eingepreist. Das käme einer krachenden Niederlage gleich. Merkel wäre dann wohl nicht mehr zu halten. Vielleicht könnten sich dann die konservativen Kräfte in der CDU durchsetzen und die Politik bei Zuwanderung und Energiewende radikal ändern. Dann könnten auch die CSU und die FDP, ohne sich zu verbiegen, weiter mit regieren. Und die SPD? Könnte durch… Mehr

Marcel Börger
6 Jahre her

Die nackten Zahlen dürften über Strategien entscheiden. SchwarzGelb bräuchte schon viel Glück für die Ziellinie 50%+, was vielleicht klappen könnte, wenn die Grünen unterirdisch schlecht abschneiden, gar die 5% verfehlen. Allerdings sieht es derzeit nicht danach aus. Dann bleibt als einzige Groko Alternative nur Jamaika, SchwarzGelbGrün. Ich persönlich kann mir gut vorstellen, daß Merkel keine Groko mit Schulz als Vizekanzler an ihrer Seite möchte. Auch die übrigen SPD Granden von Maas bis Gabriel, von Nahles bis Oppermann haben ihren Zenit durchlaufen. Rechnerisch wäre SGG möglich, solange die AfD nicht spürbar zulegt, was aber gut möglich ist. Sollte die AfD über… Mehr

te-gastorakel
6 Jahre her
Antworten an  Marcel Börger

Will Merkel im Falle einer rechnerischen schwarz-gelben Mehrheit denn überhaupt eine Koalition mit der FDP eingehen? Wäre das ihr größeter Wunsch, ihr Ziel, ihre Priorität? Ich habe diesbezüglich noch nicht ein Wort gehört. Sie vielleicht? Seinerzeit hat sich Merkel noch eine Koalitionsaussage zugunsten der FDP abringen können, auch wenn man damals schon deutlich merkte, dass es ihr eigentlich völlig egal war, wer unter ihr den Koalitionspartner spielen darf. Immerhin hat auch aufgrund ihrer Festlegung die FDP bei der BT-Wahl vor acht Jahren über 14 Prozent der Stimmen erhalten (mit dem hochverdienten Endergebnis von unter 5 Prozent). Eine Koalition mit der… Mehr

Hans Denker
6 Jahre her

Erfreulich, wenn die SPD begönne, taktisch zu denken, d.h. auch einmal wieder nach ihren eigenen Interessen zu fragen. Eine starke Merkel-CDU liegt nicht im wohlverstanden Interesse der SPD, zumal sie von ihr gekapert wurde und sich dadurch programmatisch nicht mehr absetzen kann.

Steuerzahler
6 Jahre her
Antworten an  Hans Denker

Was sind eigentlich die Interessen der SPD und was habe ich als Wähler davon, wenn Schulz, Maas, Stegner und Co. ihre Interessen in die Tat umsetzen? ich denke, außer der mir bereits bekannten Rolle als Zahlmeister für allerlei ideologisch motivierten Humbug habe ich nicht nichts zu erwarten. Echte Reformen, wie z. B. eine Steuerreform, die den Namen auch verdient, gehören nicht zu den Interessen der SPD und auch nicht zu den Interessen der CDU und den Grünen. Wer die SPD aus Überzeugung wählt, kann nur ein letzter Mohikaner der Willkommenskultur sein, der sich von dem massenhaften Zuzug von Analphabeten und… Mehr

Marcel Börger
6 Jahre her
Antworten an  Steuerzahler

Diese Frage (warum sollte ich….wählen) wird heute von der Masse nicht mehr gestellt, ist zu schwierig weil es Information über Unterschiede und Reflektieren voraussetzt und wird demnach auch nicht mehr durch politische Parteien beantwortet.

Wahlprogramme sind Wind und jedes Kleinkind weiß, daß Merkel Kanzlerin wird, sollte sie nicht vorher der Schlag treffen.

Wir sind und bleiben die Zahlmeister oder Melkkühe, wer sonst?

Gero Hatz
6 Jahre her

Ich halte es für unerheblich was Chulz will. Was ich will, ist ein Ende der grossen Koalition, eine Opposition im BT, die ihren Namen verdient, ein ehrlicher und offener Diskurs über die brennenden Fragen unsrer Zeit ohne dass gleich die Nazikeule geschwungen wird und vor allem die Sicherung der Meinung-und Versammlungsfreiheit nach den Bestimmungen des GG. Ist das heutzutage schon zu viel verlangt?

Hand Meier
6 Jahre her
Antworten an  Gero Hatz

Ich stelle fest täglich wird in der System-Presse veröffentlicht, was die Altparteien sich wünschen. Sie führen einen Wahlkampf, der der Bevölkerung weismachen will, es gäbe gar keine Alternative bei der Bundestags-Wahl als sie weiter an der Macht zu lassen. Das ist natürlich ein völliger Blödsinn. Allein die Hälfte der Bevölkerung sind Frauen, die nun von den von Merkel angelockten Nichts-Nutzen belästigt werden. Ein großer Teil der Bevölkerung sieht wie ihre Alters-Vorsorge durch Merkels EU und Euro-Politik entwertet wird. Merkels General-Sekretär geht die Düse, er muss doch Muffen-Sausen haben, wenn er die Wähler schon vor der Wahl als „Arschlöcher“ tituliert. Wie… Mehr

auchdasnoch
6 Jahre her
Antworten an  Gero Hatz

„…die Sicherung der Meinung-und Versammlungsfreiheit nach den Bestimmungen des GG. Ist das heutzutage schon zu viel verlangt?“

Ja, das ist entschieden zu viel verlangt! Meinungs- und Versammlungsfreiheit gibt es nur noch für den linksgrünen Mainstream.

Dozoern
6 Jahre her

Merkels Lieblingsoption für den Wahlausgang war einmal Schwarz -Grün, doch das haben die Grünen nun vermasselt. Jetzt ist Schwarz-Grün-Gelb, Merkels Favorit. Nur laut sagen darf sie das nicht, weil sonst einige Merkel-Wähler wegen Abneigung gegen die Grünen verprellt werden. Für konservative Kommentatoren gilt dasselbe. Schulzens Lieblingsoption ist Groko. Oder glaubt einer, dass der EU-Bonze Schulz mit den Roten in eine Koalition will? Mehr als Groko will er nicht und kann er also nicht erreichen. Und selbst wenn er wollte, die Grünen würden nicht mitmachen. Oder es würde die Partei zerreißen. Am Ende wird es wohl für Schwarz -Grün – Gelb,… Mehr

Marcel Börger
6 Jahre her
Antworten an  Dozoern

Seh ich genauso und er, also Schulz kann Merkel nur dadurch zur Groko zwingen, daß es den Grünen möglichst schlecht und der AfD möglichst gut geht.
Einen Dritten Weg zur Groko gibt es für Schulz nicht.

Das Durchpauken der „Ehe für alle“ war gerade deshalb taktisch maximal dumm für die SPD, weil sie sich nun nur durch Dritte in die Groko „retten“ kann, eben durch das Abschneiden der Grünen, bzw. der AfD.