„Warum brauchen Menschen mit teuren Autos, die auf der Autobahn rasen, auch noch einen Tankrabatt?“

Der Zuschauer konnte bei den Tagesthemen nur fassungslos zusehen: Eine Moderatorin lebt Sozialneid und Ressentiments aus, während ein Finanzminister bei der Inflationsbewältigung auf „Freiheitsenergien“ setzt, die uns erst in die Misere gebracht haben.

Screenshot: ARD/Tagesthemen

Es besteht in Deutschland Diskussionsbedarf. Nicht nur über die Preissteigerung im Energiesektor und bald auch bei Lebensmitteln. Sondern auch im Umgang der Medien, insbesondere des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, mit der Krise.

Bundesfinanzminister Christian Lindner sollte gestern Abend in der ARD seine Maßnahmen gegen die hohen Spritpreise und weitergehende Strategien in der Inflation erklären. Tagesthemen-Moderatorin Aline Abboud machte dabei mit einer ersten Frage an Lindner auf, die die gesamte Mentalität des Hauptstadt-Journalismus auf den Punkt bringt:

„Warum brauchen Menschen, die mit Autos für mehr als 50.000 Euro bei 180 km/h auf der Autobahn fahren, auch noch einen Tankrabatt?“

Volksverachtung in der Krise
Wenn sie kein Benzin haben, dann sollen sie doch ein Elektro-Auto kaufen!
Eine Melange aus Abkopplung vom gemeinen Pöbel, Sozialneid und Verachtung gegen den Lebensstil eines Milieus, das nicht in Prenzlauer Berg oder anderen Vierteln der ökologischen Schickeria lebt. Wenigstens für Sekunden flackert es da liberal beim FDP-Mann auf, der Abboud relativ klar abbügelt: Er wisse ja, was sie für einen „Eindruck erwecken“ wolle, aber angesichts der Umstände und der sehr verschiedenen Gruppen, die von den hohen Preisen betroffen seien, bräuchte es nun eine Pauschale.

Melange aus Abkopplung, Sozialneid und Verachtung

Abboud scheint zu denken, dass nur Superreiche mal etwas schneller auf der Autobahn unterwegs sind – offenbar hat keiner der vegan lebenden Elfenbeinturm-Angehörigen je einen aufgemotzten VW im Rückspiegel mit über 200 Sachen anfliegen sehen – oder dass besser Situierte nur zum Spaß von einem Termin zum nächsten hetzen. Der Sozialneid geht in die nächste Runde: Sollte man denn diesen „Krisenrabatt“ nicht besser nur an Geringverdiener verteilen? Wir schenken uns Lindners Antwort, denn im Grunde stellt Abboud ihre erste Frage noch einmal mit anderen Worten.

Spannend wird es da, wo Lindner für einen Moment den Faden verliert, nämlich bei der Nachfrage, ob es eigentlich zwischen den Koalitionspartnern keine Gespräche gebe – bekanntlich halten die Grünen nicht so viel von der FDP-Idee. Der Finanzminister betont, es gebe „verschiedene Vorstellungen“. Das Energiegeld als Idee der Grünen befürworte er, nütze aber nicht – anders als der Tankrabatt – als Sofortmaßnahme.

Der Tankrabatt sei eine „bürokratieschonende Maßnahme“

Tankrabatt umstritten
Lindners Spritpreisbremse: Jetzt droht Koalitionsstreit um die Mini-Entlastung
Und in diesem Zusammenhang wird es dann doch wieder typisch lindnerisch: Eben weil man nun eine Sofortmaßnahme brauche, seien Steuersenkungen keine Lösung. Die bräuchten nämlich länger zur Umsetzung. Die Forderung nach einer Mehrwertsteuersenkung – Lindner geht namentlich auf den Ministerpräsidenten Tobias Hans ein – sei gar nicht durchsetzbar, dem stünde europäisches Recht entgegen. Die Vorschläge der CDU („Spritpreisbremse“) könnten den Diesel nur 14 Cent pro Liter billiger machen.

Auf Nachfrage, ob das nicht dennoch ein unbürokratischeres Verfahren wäre, lindnert es weiter. „Nein, kein bisschen. Die Energiesteuer können wir nur um 14 Cent reduzieren, die Mehrwertsteuer dürfen wir nicht senken, und der Vorschlag, den ich ins Gespräch gebracht habe, ist unbürokratisch“, bleibt der Finanzminister beim Credo. Der Tankrabatt würde sich zudem auf den gesamten Mineralölbestand eines Tankstellenbetreibers beziehen. Lindner hat sein Kind eine „bürokratieschonende Maßnahme“ getauft.

Die Bedenken des Tankstellenverbandes, der von einem „Bürokratiemonster“ spricht, zerstreut Lindner in derselben Manier. Sein Ministerium habe den Verband angerufen und garantiert, dass es nicht dazu kommen werde, es würden keine einzelnen Bons abgerechnet. Ist das schon ein Ehrenwort?

Lindner adaptiert die grüne Ideologie: Die „Freiheitsenergien“ werden uns retten

Leere Sprüche
Herr Lindner, wo bleibt die Entlastung?
Dann geht es ans Eingemachte: der Umgang mit der Inflation. Lindner: Die Preissteigerungen wird man auf Dauer nicht mit Steuerentlastungen subventionieren können. Man könne jetzt in der Krise helfen, dass der „soziale Zusammenhalt“ gewahrt würde. Langfristig müsse es darum gehen, andere Lieferquellen zu finden. Und darauf fällt nur Lindner eines ein: die Förderung der erneuerbaren Energien, die er neuerlich als „Freiheitsenergien“ bezeichnet. Dass die Investition in diesen Komplex uns die Gasabhängigkeit mit Russland eingebracht hat, vergisst der Finanzminister. Und dass damit die FDP deutlich macht, dass auch sie Deutschlands Automobilzukunft rein elektrisch denkt, ebenfalls. Stattdessen behauptet Lindner: Diese Ideen machten Deutschland unabhängig.

Die Lichtblicke dagegen bleiben klein. Zwar sagt Lindner, man müsse darüber sprechen, wieder Ressourcen in der Nordsee zu erschließen und deutet eine Verschiebung des Kohleausstiegs an. Doch dann ist da ein Satz, der äußerst mager klingt: nämlich, „ob die Kernenergie noch eine Rolle in der Not spielen kann“. Das ist ein Nebensatz mit vielen Einschränkungen. Von „German Mut statt German Angst“ ist in der grünlackierten FDP nichts mehr übrig.

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Kommentare ( 121 )

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Querdenker73
2 Jahre her

Die immer deutlicher werdende Arroganz der Moderatoren im ÖRR ist ein Beispiel dafür, wie abgehoben diese Sender inzwischen sind! Mit unseren Zwangsgebühren! Wann sieht der Normalbürger endlich ein, dass der Konsum der allermeisten Sendungen völlig unsinnig ist. Wie kann man dieser Hetze etwas entgegensetzen? Es gibt nur noch eins: Gar nicht erst einschalten, richtig wählen und zwischenzeitlich auf die Straße gehen!! Vielleicht verkürzt sich dann sogar die Zeitspanne bis zur nächsten Wahl! Wir Deutschen haben doch Erfahrung damit. Auch wenn man von diesen „Journalisten“ dann -regierungskonform – als Nazi, Mischpoke, Pack, Querdenker, Impfgegner – um nur einige Bezeichnungen zu nennen… Mehr

JuergenR
2 Jahre her

Eine weitere Frage in dieser Richtung: Wieso brauchen Großverdiener auch noch Kindergeld? Vielleicht dazu, um dem Sprößling (m/w/d) am Ende der Bezugszeit ein schönes Guthaben zukommen zu lassen?

JuergenR
2 Jahre her

Abgesehen davon, dass vor allem die Regierung mit ihren hohen Steuern auf Kraftstoffe (zuzüglich Mehrwertsteuer!) und zusätzlich die CO2-Abgabe der EU für die hohen Spritpreise verantwortlich ist, halte ich dies für eine berechtigte Frage.

John Beaufort
2 Jahre her

Ich liebe ja diese Raser- und Tempolimitrhetorik. Zum Spaß bin ich eben einmal auf ca. 30km der A6, wo es fast keine Tempolimits gibt, genau 130 gefahren. Ich wurde von einem einzigen Auto überholt (ca. Tempo 150), 16 (!) langsamere PKW (und etliche LKW) habe ich selbst in der gleichen Zeit überholt. Was soll da das Autofahrer-Bashing? Betrieben wird das großenteils von Leuten, die in der Stadt zur Miete wohnen und sich das gar nicht mehr leisten könnten, wenn die Landbevölkerung mangels Autos ebenfalls in die Stadt ziehen müsste. Oft arbeiten sie dann noch im Staatssektor und leben von dem… Mehr

Last edited 2 Jahre her by John Beaufort
gorbi
2 Jahre her

Wer ist wirklich für die hohen Treibstoffpreise verantwortlich? Es ist der der Staat. In Deutschland beträgt die Energiesteuer beispielsweise 46 %, dazu addieren sich 19 % Mehrwertsteuern und obendrauf noch die sogenannte Klimasteuer, die in Deutschland von 2021 auf 2022 um satte 20 % erhöht wurde. Es gibt keinen Grund zur Sorge, denn ldie EU-Kommission eine Revision vorgeschlagen, die hilfsbedürftige Privatjet-Nutzer von den Treibstoffpreiserhöhungen entlasten wird. Die Ausnahme gilt sowohl für geschäftliche wie auch für private Flüge: Da ist er Ferrari auch dabei. Kein Witz , nachzulesen im Netz.

WandererX
2 Jahre her

Was soll diese Aversion einer der ganz legitimen Frage? Die wird doch gestellt, um eine Diskussion in Ganz zu setzen, das ist normales jouralistsiches AHndwerk. wer hier dekadent ist, ist die „Redaktion“ oder deren cholerischer Schreiberling, die oder der das nicht akzeptiert. Suventionen zu geebn wegen vermutlich nur 2 oder 3 Monaten überhöhten Spritpreisen ist reichlich überflüssig und unterstützt tatsächlich primär die Vielfahrer- Elite, eben FDP- Politik. Wenn die Krise länger dauert, soll man aber die MWST Steuern dennoch darauf auf 7% senken, weil sonst der Staat sich darüber unnötig satt verdient, denn der hohe Grundpreis treibt ja auch die… Mehr

Olaf W1
2 Jahre her
Antworten an  WandererX

Ich hab jetzt Tränen gelacht. Aber erlauben Sie mir, Ihnen auf die Sprünge zu helfen. Zunächst ist es ein Wunschtraum von zwei oder drei Monaten in dieser Ausnahmesituation auszugehen. Schließlich sind wir in Deutschland und das wird von inkompetenten Ökoterroristen regiert. Bedeutet im Klartext: Wenn der deutsche Autofahrer diese Preise über 4 Wochen sang- und klanglos toleriert, dann ist das der neue Mindestpreis, ganz im Sinne von Vater Staat. Kann aber keiner, weder Privatwirtschafft noch die Haushalte, zumal ja auch das Thema Heizöl und Gas daran hängen. Weiter stellt sich die Frage, womit Sie die fehlenden Rohstoffimporte aus Russland denn… Mehr

Andreas aus E.
2 Jahre her
Antworten an  WandererX

„Die wird doch gestellt, um eine Diskussion in Ganz zu setzen, das ist normales jouralistsiches AHndwerk.“ Wäre der öffentlich-rechtliche Staatsfunk insgesamt ausgewogen, könnte ich Ihrer Einlassung trotz Bedenken weitgehend zustimmen. Aber die treiben eben keinen Journalismus, sondern Tendenzpropaganda. Zudem ist es eben nicht Aufgabe des ö-r-Rundfunks Diskussionen in Gang zu setzen. Die sollen bloß abbilden, „was ist“, das dann möglichst objektiv erklären und mit Fakten unterfüttern, nix mit Anstoßen. Das wäre die Aufgabe privater Medien oder auch sonstiger privater Initiativen, und solcher Aufgabe hat sich demokratisch sein wollender Staat, mithin auch die Ö-R (die aus unerfindlichen Gründen immer behaupten kein… Mehr

alter weisser Mann
2 Jahre her

Warum brauchen Menschen die teure e-Autos kaufen die Förderung des Erwerbs und ihrer „Stromtankstellen“?
Das aktuell nachrückende Volk bei örR ist eine geistige Zumutung.

Physis
2 Jahre her

Heute morgen bei DLF. Ein Grüner wird nach dem Tankrabatt gefragt und finden den natürlich unsozial. Auch er meinte, dass solche mit den „fetten“ SUV’s ja auch in den Genuss des günstigen Sprits kämen und das Heiz- und/oder Energiehilfen besser und sozialer wären. Und ich habe die ganze Zeit auf die Frage an den Grünling gewartet, ob die sozialeren Almosen denn nur an Fußgänger verteilt werden sollen, während die „Stinkreichen“ Autofahrer weiterhin den teuren Kraftstoff in Kauf nehmen müssen…! Aber Pustekuchen, solche Fragen werden nämlich nicht gestellt. Aber ich stelle eine Frage an Herrn Lindner: „Was halten Sie davon, Windräder… Mehr

F.Peter
2 Jahre her

Es ist nicht mehr zu fassen, mit welcher Arroganz die Moderatoren der ÖR sich über diejenigen äußern, die durch Zwangsgebühren ihr mehr als auskömmliches Einkommen finanzieren!

ReneKall
2 Jahre her

Das ist nicht die erste Regierung, die gegen die Interessen des eigenen Volks arbeitet und wird auch nicht die letzte sein, weil unser Volk eben dumm ist. Wer auf die Versprechungen eines Lindner reinfällt, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Die Versprechungen der sogenannten FDP reichen immer nur bis zum nächsten Ministerposten.
Die MWST Senkung im Zuge der Corona Maßnahmen war überhaupt kein Problem, aber jetzt verhindert angeblich europäisches Recht eine Absenkung.

John Beaufort
2 Jahre her
Antworten an  ReneKall

Genau, das sind schlichtweg Lügen. Luxemburg hat nach dem Preisschock keine drei Tage gebraucht, um den Preis um 50 ct zu drücken.