„Was immer auch geht: sich nicht erwischen lassen“

Unser Gastautor hat bei der Corona-Hotline in Berlin und in Niedersachsen angerufen, um sich erklären zu lassen, wie er sich nach den jüngsten Verschärfungen zu verhalten habe. Der letzte Rat ist besonders aufschlussreich.

imago images / Westend61
Symbolbild

Ich wohne in Bad Grund im Oberharz und arbeite im 60 km entfernten Braunschweig in einem Kraftwerk. An meinen turnusmäßigen sechs Arbeitstagen wohne ich auch aus Bequemlichkeitsgründen im Hause meiner Mutter in Braunschweig.

Aber darf ich das nach den jüngsten Maßnahmen noch? Wer könnte oder muss das wissen? Verunsichert durch die neuerlichen Coronabeschlüsse der Regierung, explizt der Ein-Personen-Besuchsregelung pro Haushalt, telefonierte ich zunächst mit der Corona-Hotline Berlin und dann mit der Corona-Hotline des Landes. Im Folgenden eine wortgenaue Mitschrift:

Gregor Leip: Guten Tag, hier spricht Gregor Leip aus Bad Grund. Ich habe eine Frage zu den neuen Corona-Regeln. Und zwar wohne ich in Bad Grund, arbeite aber in Braunschweig. Das sind 60 km, da muss ich immer bei meiner Mutter schlafen in den sechs Tagen, wenn ich arbeite. Nun haben wir diese „Ein Personen Regelung“, wenn ich jetzt bei meiner Mutter schlafe, ist das ja nicht mein Haushalt. Dann kann meine Mutter ja gar keinen mehr empfangen, sie kümmert sich auch noch um ihre 92 jährige Schwester, die nebenan wohnt. Was mache ich denn jetzt?

Bürgertelefon Berlin: Also generell sind Sie ja die eine Person, die erlaubt ist … und habe ich das richtig verstanden, die Schwester wohnt nebenan?

Ja, im anderen Haus hinter meiner Mutter. Und auch die Nachbarin kommt manchmal rüber, die können ja dann alle nicht mehr zu ihr kommen, wenn ich da bin.

Ja, das stimmt.

Ist das dann gar nicht mehr möglich? Können wir uns darüber hinwegsetzen?

Wie jetzt? Können Sie, klar. Also Sie können sich über alles hinwegsetzen, die Frage ist nur …

Ist das strafbar?

Ja, tatsächlich ist das strafbar. Das kann ein Bußgeld dann heißen für Sie.

Ja, aber das geht doch nicht. Wie soll denn das funktionieren?

Also, mhh, die einzelnen Bundesländer setzen sich ja auch noch einmal zusammen und da kommen dann am 11. 01. die einzelnen Verordnungen raus. Dann müssten Sie einfach informiert bleiben, wie die Verordnungen in ihrem Bundesland sind.

Ach so, das wird noch einmal geändert mit den „Ein-Personen“?

Das weiß ich nicht, das kann ich nicht garantieren, die Bundesländer können natürlich davon abweichen. Es kann sein, dass es so bleibt. Es kann aber auch sein, dass einige Bundesländer sagen: Nö, das machen wir nicht, das machen wir anders.

Ja, wie mache ich das denn jetzt? Ich muss doch jetzt zur Arbeit. Meine Mutter kann ja … die Frau ist 92, die muss sie doch versorgen.

Ja, dann müssen sie sich einmal mit den jeweiligen Bundesländern in Verbindung setzen. Welche Bundesländer sind das denn?

Das ist in Niedersachsen, im Harz.

Mh, da kann ich ihnen gerne einmal die Nummer durchgeben.

Ja, danke.

Das ist die XXXXXXX.

Danke schön.

Sehr gerne.

(…)

Hotline Land Niedersachsen: Das wäre aber auch vollkommen in Ordnung, wenn Sie dann ihre Mutter besuchen würden, und wenn Sie, wenn der Besuch dann sechs Tage dauert, dann ist …

Gregor Leip: Ja, aber in der Zeit ist ja auch meine 92-jährige Tante zum Essen da, die Nachbarin ist zum Essen da, das wechselt sich ab, also die sind halt sehr alt und werden von meiner Mutter mit versorgt.

Ach so, das Versorgen, das war mir nicht klar, dass die Menschen, die dann versorgt werden, zu ihrer Mutter kommen.

Oder sie geht zu denen, das kann natürlich auch passieren.

Ja.

Aber die dürften dann nicht mehr zu meiner Mutter kommen, weil ich dann da bin?

Sie sollten schon, wenn Sie alles richtig machen würden, sollten Sie dafür sorgen, dass entweder ihre Mutter in der Zeit, in der Sie selbst da sind, zu den Nachbarn oder zu den Menschen, die von ihrer Mutter versorgt werden … oder Sie selbst machen dann in der Zeit, wo eine Nachbarin zum Essen kommt, eben einen Spaziergang und halten sich nicht in der Wohnung auf.

Ach so, dann geht das?

Ja, ja, es geht ja immer nur um den jeweiligen Zeitpunkt.

Ach so. Das bedeutet, wenn ich dann draußen bin, dass bedeutet nur nicht gleichzeitig bei meiner Mutter sein?

Ja, natürlich, natürlich. Ihre Mutter kann auch zehn Besuche hintereinander empfangen, wenn sie das möchte, solange bewerkstelligt ist, dass sich die Leute nicht gleichzeitig in den Räumlichkeiten ihrer Mutter aufhalten, kann man das machen. Das wäre sicherlich nicht im Sinne des Erfinders und auch nicht im Sinne einer Kontaktreduzierung. Aber wenn Sie dann mal in Ruhe durch den Stadtpark marschieren und frische Luft schnappen, und in der Zeit versorgt ihre Mutter dann …

… die Angehörigen …

… oder lässt sie bei sich essen, dann ist das unkritisch …

Gut, Herr XXXX, dann haben Sie vielen Dank. 

Also unter uns Klosterschwestern, was immer auch geht: sich nicht erwischen lassen.

Ja, genau.

Wenn sich dann einmal jemand bei ihrer Mutter aufhalten sollte, während Sie noch nicht den Spaziergang machen …

Ja.

… dann seien Sie wenigstens nicht so laut, dass sich die Nachbarn beschweren.

Alles klar, Herr XXXX, haben sie vielen Dank, tschüss.

Gerne, alles Gute für Sie.

Ja, für Sie auch.

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Kommentare ( 94 )

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Schwabenwilli
3 Jahre her

„sich nicht erwischen lassen“

Das steht schon im kleinen Asylanten 1×1 und ist inzwischen das Lebensmotto der Republik.

Julischka
3 Jahre her

Mich würde sehr interessieren ob die Polizei auch die vielen Obdachlosen in diesem „Land, in dem man gut und gerne lebt“ nach ihrem „trifftigen Grund“ fragt, wenn sie nach 21.00 Uhr auf der Straße sind und ob das auch als „Ordnungswidrigkeit“ geahndet wird!!!???

Korner
3 Jahre her
Antworten an  Julischka

Natürlich nicht. Die Maßnahmen gelten nur für Bio-Deutsche. Die Gäste werden darüber, wie über die Impfungen, nur müde lächeln. Die wissen genau, dass dieser Staat wehrlos ist.

Julischka
3 Jahre her
Antworten an  Korner

Ich meinte ja die echten Biodeutschobdachlosen! Unsere Gäste, die Sie meinen sind natürlich nach 21.00 Uhr auf der Straße, leben dort aber nicht, sondern leben wohlbehütet, rundum versorgt mit einem Dach über dem Kopf! Die werden natürlich nicht kontrolliert, um Himmela Willen, das wäre ja dann „Rassismus“!!!

Julischka
3 Jahre her

Mich würde sehr interessieren, ob die Polizei die vielen Obdachlosen in diesem „Land , in dem man gut und gerne lebt“ auch nach ihrem „trifftigen Grund“ für ihr Aufhalten im Freien nach 21.00 Uhr fragt und das dann als „Ordnungswidrigkeit“ ahndet!!!???

Sozia
3 Jahre her

Das erinnert mich auch an den Tag – noch im Frühjahr – als ich um eine Auskunft zur Auslegung der örtlichen Covid-19-Regel beim örtlichen Gesundheitsamt bat. Das Gesundheitsamt befand sich aber für nicht zuständig und verwies mich ans Ordnungsamt. Das Ordnungsamt war der Meinung, die Corona-Hotline müsste mir Auskunft geben können. Und die Corona-Hotline verwies mich dann wiederum eisern und mitleidslos ans Gesundheitsamt. Das war aber dann der Moment, in dem ich beschloss, dass die örtlichen Behörden mich – mit Verlaub – am A… können und dass ich jetzt selbst beschließe, wie ich die Regelung auslege. Alles hat Grenzen.

Sozia
3 Jahre her

Wann war genau der Tag, in der das rationale, freundliche und vernünftige Land, in dem ich aufwuchs, zum gigantischen Irrenhaus wurde? Ich muss das genaue Datum verpasst haben, aber ich weiß, dass es diesen Tag gegeben haben muss, denn ich sehe ja das Ergebnis. Und dieses Ergebnis ist eine schon faszinierende wie erschreckende Mischung zwischen den Schildbürgergeschichten, Kafkas surrealen Welten und dem „Haus, das Verrückte macht“ aus Asterix. Mit einer kräftigen Prise des Orwellschen 1984. Wenn ich gewusst hätte, was diese DDR-Chargen aus meiner guten alten BRD machen, hätte ich mich sicherlich seinerzeit Claudia Roth und Konsorten und ihrer „Nie-wieder-Deutschland“-Kampagne… Mehr

moorwald
3 Jahre her
Antworten an  Sozia

Den Tag kann ich Ihnen nennen: Es war der Tag der Wiedervereinigung. Seither geht es mit Deutschland bergab. Weil es nicht mehr weiß, was oder wie es sein möchte. Darum probiert es heute dies und morgen das.

humerd
3 Jahre her

das Problem sin dnicht nur die schrägen Regelungen und Vorgaben, das Problem sind teilweise auch die örtlichen Gesundheitsämter. Bei manchen gilt der alte Spruch „wehe Du gibst dem kleinen Mann ein wenig Macht“. Im Sommer persönlich erlebt: Badeweiher 1 mit Bauzaun abgeriegelt, Zutritt nur mit Kontaktfomular etc. Badeweiher 2 ca. 10 km weiter, aber anderes Gesundheitsamt , frei zugänglich, nur Corona Regelen ausgehängt.
Kollegin Kind in KiTa, KiTa ein Corona Fall, Kollegin samt Mann als Konatktperson Nr 1 in Quarantäne, Freund des Kindes wohnt in Nachbargemeinde, aneres Gesundheitsamt keinerlei Quarantäne, nix.
Also, einfach machen und nicht erwischen lassen.

Ralf Poehling
3 Jahre her

Sehr schön. Schilda lässt grüßen. Ich komme gerade aus dem Grinsen nicht mehr heraus… 🙂

Stephan Lindemann
3 Jahre her

Es ist doch ganz einfach: Die Polizei/das Ordnungsamt muß Ihnen nachweisen, daß kein triftiger Grund vorliegt, sich irgendwohin zu bewegen, wenn sie/es Ihnen ein Bußgeld geben will. Sie müssen nichts nachweisen.

Man braucht also nur freundlich zu sagen, daß man keine Aussage zum Vorwurf machen möchte. Dann kann man den Beamten nur noch „viel Spaß“ wünschen, ihren Vorwurf auch zu beweisen. Selbst wenn sie Ihnen dann folgen würden, dann fahren Sie halt einfach nach Hause oder zum nächsten Supermarkt und kaufen eine Kleinigkeit.

Riffelblech
3 Jahre her

Dieser Beitrag zeigt doch ,wir sind auf einem Narrenschiff unterwegs !
Bezeichnend : der linke Ministerpräsident von Thüringen ,der jeden Monat sein überzogenes Salär abholen kann ,auch wenn nicht ein einziges Feuer mehr in diesem Lande brennt ,spricht sich auch für einen wirtschaftlichen Lockdown aus . Die Menschen aber ,die hier Alles in der Produktion am Laufen halten ,werden in den A…. gekniffen . So kann nur eine völlig enthemmte Politik denken !

Juergen Schmidt
3 Jahre her
Antworten an  Riffelblech

Mit Verlaub, ich glaube nicht, dass hier „Narren“ unterwegs sind, die wissen ganz genau was sie machen. Da passiert nichts zufällig. Ganz offensichtlich wird aktiv an der Überforderung der Verwaltungen gearbeitet, sowie an deren Missbrauch für unnütze Schwachsinns-Aktivitäten. Das nennt man „eine Sache chaotisieren“ – so kann man selbst viel ungestörter immer neue Tatsachen schaffen. Und der Bürger soll verwirrt, verunsichert, verängstigt, eingeschüchtert zu Hause eingesperrt sein, nun sogar voller Angst davor, seine engste Familie zu treffen. Er soll damit beschäftigt sein, anwesende Personen zu zählen, die er vermutlich antrifft, wenn er demnächst seine Oma besucht, und sich darüber den… Mehr

Juergen Schmidt
3 Jahre her

Vor einiger Zeit gab es bei TE einen Artikel mit dem ehemaligen Chef des Verfassungsschutzes Maaßen mit der Überschrift „Das Land soll destabilisiert werden.“
Und in genau diesem Sinne sollte dieser erneute Angriff aus dem Kanzleramt auf die Bürger verstanden werden.