Krankenkassen warnen vor Beitragserhöhungen – Forderungen nach weiterem Sparpaket und Arztgebühr

Krankenkassen müssen Beiträge erhöhen, Kassenärzte fordern Gebühren bei jedem Arztbesuch, Kanzleramtsminister will medizinische Leistungen auf den Prüfstand stellen. Das sind keine guten Aussichten für gesetzlich Versicherte – zumindest nicht für die zahlenden.

picture alliance / Flashpic | Jens Krick

Die Bundesregierung hat für 2026 ein Sparpaket im Gesundheitswesen auf den Weg gebracht. Doch nach Ansicht von Experten und Verbänden reicht das bei weitem nicht aus. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen fordert nun Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) auf, rasch ein weiteres Sparpaket vorzulegen – andernfalls drohe eine massive Beitragserhöhung.

„Wenn es im nächsten Jahr keine ernsthaften und durchgreifenden Reformen gibt, dann droht bereits 2027 zusammen mit den Zusatzbeiträgen ein durchschnittlicher Beitragssatz von 18 Prozent“, sagte Vorstandschef Oliver Blatt dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Das sei weder den Beitragszahlenden noch der Wirtschaft zuzumuten. „Das kleine Sparpaket reicht längst nicht, Ministerin Warken muss umgehend nachlegen. Passiert nichts, rutschen wir immer tiefer in die roten Zahlen“, mahnt Blatt.

Blatt widersprach zugleich der Zusage der Ministerin, die Beiträge im kommenden Jahr stabil zu halten. Er rechnet vielmehr mit einem Anstieg des durchschnittlichen Zusatzbeitrags von derzeit 2,9 auf „mindestens“ 3,1 Prozent. Damit würde der gesamte Beitragssatz von aktuell 17,5 auf 17,7 Prozent steigen. Nach Angaben des Vergleichsportals Verivox haben bereits mindestens 31 von 72 Krankenkassen angekündigt, ihre Zusatzbeiträge zum Jahreswechsel zu erhöhen.

Kassenärzte für Gebühr bei jedem Arztbesuch

Doch nicht nur höhere Beiträge stehen im Raum. Auch eine zusätzliche Gebühr bei jedem Arztbesuch wird diskutiert. Kassenärzte schlagen vor, eine solche Abgabe einzuführen, um unnötige Mehrfachbehandlungen zu reduzieren und zugleich die Einnahmen der Krankenkassen zu steigern.

Die Praxisgebühr ist kein neues Instrument: Zwischen 2004 und Ende 2012 mussten gesetzlich Versicherte zehn Euro pro Quartal für den ersten Arztbesuch zahlen. Sie wurde abgeschafft, weil sie ihre Ziele verfehlte und vor allem Bürokratie erzeugte. Nun könnte sie unter neuem Namen zurückkehren. Andreas Gassen, Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), brachte eine „Kontaktgebühr“ ins Spiel: „Statt einer Praxisgebühr könnte es künftig als Eigenbeteiligung bei Arztbesuchen eine Kontaktgebühr geben“, sagte Gassen der Bild. Diese könne – wie etwa in Japan – bei drei oder vier Euro liegen und solle von den Krankenkassen eingezogen werden. „So könnte die Einnahmebasis der Kassen erhöht werden.“ Die Gebühr müsse dabei „sozial verträglich gestaltet werden, damit niemand überfordert wird“.

Zusätzlich setzt die KBV auf stärkere Steuerung der Patienten. Gassen schlägt einen „digitalen Ärzte-Lotsen“ vor, der Patienten berät und Arztbesuche koordiniert. „Durch eine solche Koordination für Patienten könnten unnötige Doppel- und Dreifachbehandlungen verhindert werden“, so der KBV-Chef.

Auch im Kanzleramt wächst der Reformdruck. Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) plädierte ebenfalls für eine bessere Koordinierung – in der Regel über Hausärzte –, um Doppeluntersuchungen und unnötige Facharztbesuche zu vermeiden. Zudem kündigte er an, Teile der bisherigen Leistungen im Gesundheitssystem „auf den Prüfstand“ stellen. Die dramatische Kostenexplosion mache das System auf Dauer „unfinanzierbar“.

Damit zeichnet sich ein Szenario ab, in dem Versicherte trotz steigender Beiträge und möglicher Gebühren beim Arztbesuch künftig mit Leistungskürzungen rechnen müssen.

Ursachen werden nicht genannt

Die Gesundheitsausgaben haben sich in Deutschland innerhalb von zwei Jahrzehnten mehr als verdoppelt. Allein von 2021 bis 2024 stiegen sie um 64 Milliarden Euro – von 474,1 Milliarden auf 538,2 Milliarden Euro.

Die Ursachen dieser Entwicklung werden von Politik und Verbänden jedoch nicht benannt. Neben dem demografischen Wandel und dem medizinischen Fortschritt, die seit Jahren als Kostentreiber gelten, belasten Migranten und Bürgergeldempfänger das System: Sie zahlen nicht in die gesetzlichen Kassen ein, erhalten aber die vollen Leistungen. Die Kosten für ihre Gesundheitsversorgung wurden auf die Beitragszahler ausgelagert.

Nach Angaben unter anderem der Techniker Krankenkasse zahlt der Bund derzeit pauschal 133,17 Euro pro Person und Monat für diese Gruppen an die Krankenkassen. Diese Summe decke jedoch nur etwa ein Drittel der tatsächlichen Kosten, wodurch jährlich eine Finanzierungslücke von rund zehn Milliarden Euro entstehe. Würde der Staat die Versorgungskosten vollständig übernehmen, ließe sich die gesetzliche Krankenversicherung sofort um mehr als zehn Milliarden Euro entlasten und die Beitragssätze ließen sich stabilisieren.

Inzwischen versuchen die Krankenkassen, diese Mittel gerichtlich vom Bund einzufordern. Der GKV-Spitzenverband hat im Namen der Kassen Klage beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen eingereicht, weitere sollen folgen. Ziel ist eine Vorlage beim Bundesverfassungsgericht, das prüfen soll, ob die derzeitige Finanzierung zulässig ist. Mit einer schnellen Entscheidung rechnen die Kassen allerdings nicht – und damit auch nicht mit kurzfristigen Auswirkungen auf die Beitragssätze.

Langfristig will der Spitzenverband der Krankenkassen mehr als nur Stabilität. „Wenn wir es durch kluge Reformen schaffen würden, dass bei einem Einnahmeanstieg von fünf Prozent die Ausgaben nur um vier Prozent steigen, dann könnten wir bald über Beitragssenkungen sprechen“, erklärte Blatt. Derzeit wachsen die Ausgaben jedoch um rund acht Prozent. „Solche Steigerungsraten sind auf Dauer nicht finanzierbar“, warnte der Verbandschef.

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Kommentare ( 82 )

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82 Comments
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Der-Michel
34 Minuten her

Mich würden die Kosten,natürlich auch wer diese trägt, von den sogenannten vulnerablen Gruppen, Behinderte, Alte, Kranke, interessieren, die Deutschland ebenfalls aufnimmt. Da handelt es sich oftmals um extrem teuere Behandlungen.
Ebenfalls würden mich die Kosten für Fälle von Behinderungen und Krankheiten von Kindern aus Verwandtenheiraten interessieren. England ist da teilweise etwas weiter:
https://www.youtube.com/shorts/kVYrsEER_PA
https://www.youtube.com/watch?v=NkxuKe2wOMs
https://www.youtube.com/watch?v=0L1YVvfsojo
https://www.dw.com/en/pakistan-cousin-marriages-create-high-risk-of-genetic-disorders/a-60687452
https://www.progress.org.uk/controversy-continues-over-uk-ministers-stance-on-birth-defects-and-inbreeding/
https://www.bbc.com/news/articles/c241pn09qqjo
Die obigen Videos stehen für viele Herkunftsländer, aus denen wir unsere „Schätze“ beziehen.

Unglaeubiger
34 Minuten her

Ja, ja, die Elefantenherde im Raum wurde heilig gesprochen! Man mag halt nicht hinschauen, wo das Geld tatsächlich verschleudert wird!

WGreuer
1 Stunde her

„Würde der Staat die Versorgungskosten vollständig übernehmen, ließe sich die gesetzliche Krankenversicherung sofort um mehr als zehn Milliarden Euro entlasten und die Beitragssätze ließen sich stabilisieren.“ Dummerweise beißt sich hier die Katze selbst in den Schwanz. Die notwendigen Beiträge – nach der o.g. Berechnung ca. 400€ pro Monat und Migrant/Bürgergeldempfänger – würden Milliarden an Steuergeldern kosten. Aber der Staat ist faktisch pleite, die Ausgaben für die Massenmigration, den Klimawahn, die Bürokratie (den riesigen Beamtenapparat mitsamt der Pensonsverpflichungen), die vielen NGOs, die Milliarden für EU, Ukraine und den Rest der Welt und neuerdings für die „Kriegstüchtigkeit“ haben Bund, Länder, Städte und… Mehr

Johny
1 Stunde her

Ganze Heerscharen von Familienmitgliedern sind oftmals pro einen Beitragszahler mit vollversichert, was das System auch über Gebühr beansprucht. Hier sollte für Mitversicherte zumindest ein ermäßigter Zusatzbeitrag erhoben werden.

Joe4
26 Minuten her
Antworten an  Johny

Die Anzahl der kostenlos mitversicherten deutschen Ehepartner ist verschwindend gering. Die Kassen werden dadurch nur gering belastet. Sollten diese sowie Kinder nun Beiträge zahlen müssen, wären ihnen auch Familienzuschläge wie bei den Beamten zu gewähren. Es wäre auch nicht richtig, erwerbslosen Ehepartnern Beiträge aufzudrücken, Bürgergeldempfängern aber nicht.

Freigeistiger
1 Stunde her

Die Politik muß eine wesentliche Ursache der Kostenexplosion beseitigen: illegale Masseneinwanderung ins soziale Netz. Das aber fordert nur die AfD und auch deswegen wird sie weiter zulegen.

verblichene Rose
1 Stunde her

Noch etwas zur Überschrift:
„Krankenkassen warnen vor Beitragserhöhungen“
Nun, man kann vor Unwetter warnen, oder vor Angreifern. Man kann auch kleine Kinder davor warnen, eine brennende Kerze zu berühren. Aber wie ist eine „Warnung“ zu verstehen, die den „Gewarnten“ überhaupt nicht präventiv davor schützt, trotz Warnung einen vermeintlichen Fehler zu begehen?
Wer wird hier also gewarnt? Und hat der Gewarnte denn eine Chance, sich vor dem kommenden „Unglück“ adäquat zu schützen? Also wenn man einen Witz machen möchte, dann warnt man nicht vorher, sondern fragt:
„Kennst Du den schon…?“


Steuernzahlende Kartoffel
47 Minuten her
Antworten an  verblichene Rose

Es ist vielleicht ähnlich wie im sündteuren Rettungswesen (wo Besteller und Bezahler auseinanderfallen): Das Übel, vor dem gewarnt wird, trifft vor allem die arbeitenden Beitragszahler. Adressat der Warnung ist die 5 Mio Gäste in das GKV-System einladende Polit-„Elite“…

Last edited 46 Minuten her by Steuernzahlende Kartoffel
Antaam
1 Stunde her

Nun ich bin „begeistert“! Das trifft vor allem diejenigen die chronische Krankheiten haben oder wie mich, die vierteljährlich wegen einer Krebserkrankung zur Vorsorgenachschau kommen muss. Dazu kommen die Zahlungen für Krankenhausaufenthalte. Man könnte z.B. auch aus gefühlt 100 Krankenkassen eine machen. Es würden viele Gehälter wegfallen, viele Prunkbauten der KK benötigte man ebenfalls nicht mehr. Das wäre auch eine große Geldeinsparung. Dieses Staatsgebilde sollte auch aufhören, allen Migranten die KK-Beiträge zu bezahlen und dazu noch viel zu wenig für die Behandlung dieser. Das würde auch viel Geld einsparen, zumindest für die Versicherten. Die Migranten haben kein Anrecht darauf, dass sie… Mehr

Punti
2 Stunden her

Ach, das ist doch herrlich. Das sind System-Angebote. Krankenkassen haben kein Geld? Klar, mehr Eigenverantwortung muss her. Die Rentenkassen sind leer? Natürlich, selber sparen. Ein Pflegeplatz kostet inzwischen über EUR 3000,- Zuzahlung? Geht nur noch mit privater Vorsorge. Die Mieten steigen ins Astronomische? Muss man sich eben Eigentum kaufen. Lebensmittelpreise explodieren? Fresst halt nicht so viel. Die Heizkosten laufen davon? Man kann auch mal einen Pullover mehr anziehen und in die Hände klatschen. Unverrückbar fest steht dagegen, dass der Mindestlohn viel zu hoch ist und Lohnerhöhungen generell abscheuliches Teufelszeug sind. Industriearbeitsplätze braucht hier auch kein Mensch mehr, die schaffen wir… Mehr

Mikmi
2 Stunden her

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, brauchen wir den? Ich fordere als Beitragszahler, weniger Chefs, wenigere Krankenkassen, wenigere Fremdleistungen und Plünderungen.

humerd
2 Stunden her

Privilegierte fordern Leistungskürzungen bei den gesetzlich Versicherten. Egal ob bei den Renten oder den gKVs. Die Sorge, dass sich mal alle an gesamtgesellschaftlichen Aufgaben finanziell beteiligen müssten ist groß bei Abgeordneten, Wirtschaftsweisinnen mit Professur, Ökonomen mit Professur, selbsternannten Experten mit Professur. Das Bundesgesundheitsministerium schreibt auf seiner Seite ganz ehrlich Der Bund beteiligt sich pauschal über Steuerzuschüsse an den Aufwendungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für entsprechende Leistungen, um die Finanzierung dieser familienpolitisch und gesamtgesellschaftlich motivierten Aufgaben sachgerechter auf die Solidargemeinschaft der Steuerzahler zu verteilen und die Solidargemeinschaft der Beitragszahler teilweise zu entlasten.“ https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/v/versicherungsfremde-leistungen.html Diesen Zynismus die Solidargemeinschaft der Beitragszahler lediglich teilweise… Mehr