Grundsteuer: Nicht alle SPD-Länder wollen das Scholz-Modell

Nach Annalena Baerbocks Kobold in Batterien-Aussage und Robert Habecks Ahnungslosigkeit bei der Pendlerpauschale liefert Stefan Schmidt ein neues Beispiel für den Mangel an Sachkenntnis bei den Grünen.

imago images / Hans Blossey

Nach der Bundestagsentscheidung für eine Reform der Grundsteuer am vergangenen Donnerstag können Länder ab 2020 zwischen zwei Modellen wählen: der Berechnungsmethode, die im Bundesfinanzministerium von Olaf Scholz (SPD) entwickelt wurde – und dem so genannten bayerischen Modell. Allerdings werden nicht nicht alle SPD-Geführten Länder die Scholz-Formel übernehmen. Grund: sie wird voraussichtlich vor allem in Metropolen zu einer deutlichen Mehrbelastung für Mieter und selbstnutzende Eigentümer führen. Ausgerechnet in Scholz’ Heimatstadt Hamburg will Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) deshalb nach Informationen von TE das bayerische Modell einführen.

Das Scholz-Modell legt neben der Wohnfläche auch den durchschnittlichen Wert der Grundstücke und die Mitpreisentwicklung in einem bestimmten Gebiet zugrunde, außerdem das Baujahr der Immobilie. Dort, wo es bei Gewerbeimmobilien keine Durchschnittsmieten einer Umgebung gibt, fließen die Gestehungskosten in die Berechnung ein. Das bayerische Modell beruht dagegen nur auf zwei Parametern: Art der Nutzung und Fläche. Jeweils für Wohn- und Gewerbeimmobilen gilt ein bestimmter Faktor, der pro Quadratmeter angesetzt wird. Es zählt also die Fläche der Immobilie. Den Ausgleich zwischen der Wohnung in Schwabing und der dem Eigenheim in der Oberpfalz schafft der Hebesatz, den jede Gemeinde selbst festlegen kann. Anders als bei dem Modell von Scholz spielten Bodenpreis- und Mietsteigerungen in dem Süd-Modell keine Rolle. Der Bundesfinanzminister hatte dagegen immer betont, er wolle ein „wertabhängiges Modell“ – das sei sozial gerechter.

Schon im vergangenen Jahr hatte der Hamburger Senat durchrechnen lassen, was die Scholz-Grundsteuerformel für Hamburg bedeuten würde. Ergebnis: die Grundsteuer würde im Schnitt um 10 Prozent steigen, in manchen Lagen aber deutlich mehr. Da die Grundsteuer auf die Miete umgelegt werden kann, würden auf dem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt die Mieter noch mehr belastet als ohnehin. „Der Bürgermeister war immer näher bei den Bayern als bei Scholz“, heißt es aus der Umgebung von Tschentscher. Dazu kommt, dass das bayerische Flächenmodell auch weniger Berechnungsaufwand in der Finanzverwaltung verursacht.

Die Entscheidungen über die Neuregelung der Grundsteuer werden erst im kommenden Jahr vom nächsten Senat getroffen, sagte Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) am Freitag. Vor der Bürgerschaftswahl am 23. Februar würde kein entsprechendes Landesgesetz verabschiedet. Dressel erklärte auch: „Wir werden als Senat alles tun, um relevante Mehrbelastungen für Mieter und Eigentümer sowie Verwerfungen im aufgeheizten Hamburger Immobilienmarkt durch die Grundsteuerreform zu vermeiden.“

Auch das SPD-geführte Niedersachsen sympathisiert mit dem Flächen-Modell. Sachsen wird sich dem bayerischen Modell anschließen. Unterstützt wird das Flächenmodell auch von dem Chef des ifo-Instituts Clemens Fuest. „Das Flächenmodell“, urteilt der Ökonom, „ist das einfachste. Und deshalb sollte man es auch so machen.“

Eine Reform der Grundsteuer war nötig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht die alte Berechnungspraxis nach Immobilien-Einheitswerten von 1964 (Westdeutschland) und 1935 (Ostdeutschland) als realitätsfern verworfen hatte.

In der Praxis dürfte sich ab 2020 zeigen, dass ausgerechnet das vorgeblich sozial gerechtere Scholz-Modell Mieter stärker belastet als die bayerische Formel. SPD und Grüne plädieren deshalb dafür, die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Miete teilweise beziehungsweise ganz zu kippen.

In der Bundestagsdebatte um die Grundsteuer warb der grüne Bundestagsabgeordnete Stefan Schmidt dafür, die Grundsteuer nicht mehr auf die Miete umzulegen – und zwar mit einer geradezu bizarren Begründung.
„Vermieter*innen profitieren doppelt von den Grundsteuereinnahmen“, behauptete Schmidt: „Zum einen können sie höhere Mieten erzielen. Zum anderen steigt der Wert der Immobile. Es ist absurd, dass die Regierung die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Miete nicht abschaffen will.“

In Wirklichkeit leiten Vermieter die Grundsteuer nur an das Finanzamt durch. Warum die Grundsteuer – egal nach welchem Modell – etwas mit der Nettomiete zu tun haben sollte, bleibt Schmidts Geheimnis. Ebenso, warum die den Wert der Immobilie steigert.

Wegen seiner Rede musste Schmidt im Netz viel Spott einstecken. Nach Annalena Baerbocks Kobold in Batterien-Aussage und Robert Habecks Ahnungslosigkeit bei der Pendlerpauschale liefert Schmidt damit ein neues Beispiel für den Mangel an Sachkenntnis bei den Grünen.

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Kommentare ( 35 )

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Thorsten
4 Jahre her

Sachkenntnis dürfte eher dafür sorgen, dass man um die Grünen oder SPD einen Bogen hat.

Falls man dann doch seltsamerweise in diesen „Suppenclubs“ gelandet sein mag, dürfte man so häufig anecken, dass man als „Fakten-Nazi“ rausgemobbt wird…

Auswanderer
4 Jahre her

Dummheit hat eine Farbe: Das Gemisch aus Blau und Gelb! Farbenlehre können die bestimmt auch nicht!

Bauzaunversteher
4 Jahre her

Idelogen, Esotheriker, Mystiker , Dogmatiker. Klimakirchenanhänger und Kaffeesatzdeuter benötigen keine Sachkenntnis, es reicht der Glaube, und wer nicht an dieses Karma glaubt, muß ausgesondert werden, das ist die Neue Doktrin dieser Partei. Früher nannt man das die Inquisition.( und wer nicht glaubt und zahlt, wird im ewigen Fegefeuer schmoren)

Gruenauerin
4 Jahre her

Grüne benötigen keine Sachkenntnisse. Sie haben dafür ihre Ideologie, die alleinig zählt.

Wilhelm Cuno
4 Jahre her

Mangelnde Sachkenntnis hat einen Sozialisten, wie es fast alle Grünenpolitiker sind, noch nie vom Enteignen abgehalten.

Maja Schneider
4 Jahre her

Wenn es nicht so traurig wäre, müsste man laut lachen über den erneuten Beweis von fehlender Sachkenntnis bei den Grünen, sie immerhin seit etlichen Jahren die Politik dominieren, ohne in der Regierung zu sein. Das muss man erst mal schaffen! Schaffen wird es die Politik bei ihren Vorstellungen auch, dass kaum noch Wohnraum geschaffen wird bei gleichzeitiger ungebremster Zuwanderung. Was das für Folgen das haben wird, kann sich jeder vernünftig denkende Mensch in etwa ausmalen.

humerd
4 Jahre her

„„Vermieter*innen profitieren doppelt von den Grundsteuereinnahmen“, behauptete Schmidt: …“
Mietpreisbremse, Mieter freundliche Urteile der letzten Jahre und solche Politiker, die mit Ahnungslosigkeit glänzen, hindern mich an einer Neuvermietung einer Wohnung in einer bayerischen Großstadt mit Wohnungsnot (nein, nicht München). Jetzt warte ich ab, wie sich das Land Bayern, die Kommune zur neuen Grundsteuer verhält. Verkauft wird nur an Meistbietenden. Eine andere Wohnung ist noch vermietet, sobald die Mieter ausziehen, entziehe ich auch diese dem Mietwohnungsmarkt.
Alle die den Linken zujubeln sehen nicht, dass diese ganzen Maßnahmen dazu dienen, den Mietwohnungsmarkt Immobilienkonzernen zuzuführen.

Danton
4 Jahre her

Mit Verlaub, die Grundsteuer ist eine staatliche Abzocke auf extrem hinterlistige Weise. Als Besitzer einer Immobilie hat man nicht das geringste Interesse eine Steuer zu bezahlen von der absolut nicht ein Cent in die Werterhaltung von Straße oder in das Gebiet der Liegenschaft infestiert wird. Grundsteuer ist wie ein Wegezoll auf einer Straße die mit meinem Geld gebaut worden ist und auf der ich mit meinem Geld ein Haus gebaut habe. Auch heute schon kann die Grundsteuer in großen Mietkasernen die 15.000 Euro Marke überschreiten. D.h. im einen oder anderen Fall zahlen 20% der Mieter einzig die Grundsteuer ab. Und,… Mehr

Mr. Meeseeks
4 Jahre her

Mit der Grundsteuer bleiben wir weiterhin nur Mieter bzw. Pächter der Grundstücke die von der Gemeinde zur Verfügung gestellt werden. Was darauf geschieht können wir längst nicht mehr selber bestimmen. Die Methoden des Staates dem Bürger sein Geld wegzunehmen werden immer ausgefeilter Hauptsache es geht „gerecht“ zu. Weitere Abgaben wie Verregnung, Abwassergebühren usw. kommen noch hinzu.
Es gibt (noch Schwellen-) Länder in denen es keine Grundsteuer gibt, die Menschen dort würden den Kopf schütteln und protestieren sollte man versuchen ihnen für ihr Land noch Abgaben abzuknöpfen.

Ronaldo
4 Jahre her
Antworten an  Mr. Meeseeks

Solche Hinweise finde ich extrem wichtig, da man sich hierzulande an viele Dinge schon gewöhnt hat und gar nicht mehr wahrnimmt. Das ist wie mit dem Frosch im Kochtopf, wenn das Wasser langsam erhitzt wird.

Tesla
4 Jahre her

„„Vermieter*innen profitieren doppelt von den Grundsteuereinnahmen“, behauptete Schmidt“ Vielleicht hat er wohl schon die Enteignung und Verstaatlichung des Immobilieneigentums gedanklich vorweg gegriffen. Mal wieder so ein ganz typischer Grüner. Mit Moral aufgeblasen und mit Inkompetenz umnachtet. Das ist die Fortsetzung von Gigabyte (Özdemir), Netz als Speicher (Baerbock), Kobolde (Baerbock), Pendlerpauschale (Habeck), jetzt also die „profitable Grundsteuer für Vermieter“ (Schmidt). Die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dass ich vor diesen Grünen Politikern, die sich als dt. „Elite“ aufgeschwungen hat, keine Achtung haben kann, ist nicht neu. Aber angesichts letzter Umfragen bin ich gerade dabei, auch meine Achtung vor den Grünen-Wählern… Mehr