Grüne Niederlage in Bremen: Das Ende vom Anfang

Die Grünen haben vier Jahre des Stimmenzuwachses hinter sich. Die Wahl in Bremen macht nun deutlich, dass sich etwas geändert hat. Das gilt nicht nur für die Ergebnisse – sondern für die grüne Deutungshoheit.

IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Robert Habeck tourte 2015 durch Deutschland. Obwohl damals noch nicht Vorsitzender besuchte er Kreisverbände, um für seine Politik zu werben. Die Grünen litten seinerzeit unter dem schwachen Führungsduo Cem Özdemir und Simone Peter. Habeck warb indes in der Partei für eine Politik der Stärke: Die Grünen könnten Themen auf die Agenda bringen und auch durchsetzen, selbst dann, wenn es keine Mehrheit dafür gebe, sagte er etwa in Mainz.

Unter Habeck und Annalena Baerbock erlebten die Grünen danach ein für sie bisher nie dagewesenes Hoch. Sogar die Kanzlerschaft schien möglich, bis Annalena den Wahlkampf verbaerbockte. Zwar legte die Partei dann im Ergebnis zu. Deshalb war der Niedergang da noch nicht sichtbar. Doch es war bereits das Ende des Anfangs. Die Politik des Habeckschen Durchsetzen von Themen hatte ihren Höhepunkt erreicht. Der Verlust von rund fünf Prozentpunkten in Bremen macht das Ende des Anfangs nun sichtbar.

Das Ende des Anfangs

Habecks Zuversicht, Themen durchsetzen zu können, ruhte auf zwei Säulen. Die eine ist offensichtlich: die hemmungslose Grün-Lastigkeit in ARD und ZDF, aber auch in vielen Zeitungen. Die andere Säule ist die Scharnierfunktion, die Grüne von der FDP übernommen haben. Sie sind die Partei, die von Linke bis CSU mit fast allen Parteien in den Parlamenten koalieren können. Das verleiht ihnen Macht in die anderen Parteien hinein. Weil kein Christ- oder Sozialdemokrat eine gute Rolle in einer Koalition mit den Grünen spielen kann, wenn er diese Partei zuvor zu heftig attackiert hat, halten sich viele zurück – oder wanzen sich an die Grünen sogar heran. So wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), als er noch glaubte, Kanzler werden zu können.

Bürgerschaftswahl
Grüne und grüne CDU verlieren in Bremen
Die Wahl in Bremen ist nun eine Abkehr von den Grünen. Nicht nur im Ergebnis. Auch die anderen Parteien sind die Vorteile leid, die sich die Grünen durch ihre Scharnierfunktion erworben haben. Allen voran die SPD. Die ist in Berlin einen bemerkenswerten Schritt gegangen: Sie hat den Sessel des Bürgermeisters freiwillig aufgegeben, eine machbare rot-rot-grüne Koalition beendet und wurde Juniorpartner der CDU.

Nun könnte Bürgermeister Andreas Bovenschulte in Bremen einen ähnlichen Schritt gehen. Im Wahlkampf hat er keine Koalitionsaussage getroffen. Am Wahlabend betont er, mit allen „demokratischen Parteien“ reden zu wollen. Sein Betonen, wie gut die Koalition mit Grünen und Linken bisher gearbeitet habe, wirkt eher wie ein Lippenbekenntnis als nach Überzeugung. Da die SPD in Bremen klar stärkste Partei wurde, würde die CDU den Juniorpartner geben und der beliebte Bovenschulte könnte Bürgermeister bleiben.

Rotschwarz in Bremen wie Schwarzrot in Berlin?

Die SPD betont am Wahlabend den Unterschied zu den Grünen. Sie hätten das ganze Land im Blick, sagt Bovenschulte. Die Sozialdemokraten schafften den „Ausgleich zwischen Klimazielen und Bezahlbarkeit“, sagt ihr Generalsekretär im Bund, Kevin Kühnert. Diese Botschaft scheint schon vor 18 Uhr bei den Bremern angekommen zu sein. In den Kompetenzwerten sind es soziale Fragen und der Arbeitsmarkt, in denen die Partei ihre Stärken hat.

Der aktuelle Vorsitzende der Grünen, Omid Nouripour, übt sich in Wahlsonntags-Rhetorik: Es sei nicht so, dass das Ergebnis zwingend euphorisierend sei. Und er wundert sich: Eigentlich gilt Bremen als linke Stadt. Die Grünen hätten hier immer über dem Bundestrend gelegen. In der Tat ist das ein bemerkenswerter Fakt. Der lässt gleich mehrere Schlüsse zu.

So sind die Grünen keine linke Partei mehr in vielen Fragen, die eine linke Partei ausmachen: In der Verteidigungspolitik sind sie der Kriegshardliner. Habecks Heizungsverbot wird zu sozialen Verwerfungen führen, wie sie die Bundesrepublik in ihrer Geschichte noch nicht erlebt hat. Statt den Arbeitsalltag zu verbessern, tun die Grünen mit ihrer Verkehrspolitik alles dafür, den Menschen den Weg zur Arbeit zu erschweren. Statt an Fortschritt zu glauben, wie es linke Parteien früher ausmachte, sind die Grünen die größten Warner bei jedem technologischen Fortschritt – und mit dem Degrowth verfolgen sie eine Politik, die zurück auf die Zeit vor der Industrialisierung führen soll.

Zu den lokalen Besonderheiten in Bremen gehörte mit Maike Schaefer eine Spitzenkandidatin, die besonders stark für den Kurs grün statt links stand. Als zuständige Senatorin tat sie alles dafür, den Autofahrern das Leben schwer zu machen. Kurz vor der Wahl schuf sie das kurzfristige kostenfreie Parken ab. Was ein grüner Schlager im Wahlkampf sein sollte, wurde zum Schlag für das grüne Wahlergebnis. Sie sei „jemand, der klare Haltungen vertritt“, rechtfertigte sie ihre Hardliner-Positionen. Nun sieht es so aus, als ob sie als Bauernopfer herhalten und zurücktreten muss.

In Bremen auch eine Abstimmung über die Ampelpolitik

Aber es sind eben nicht nur die lokalen Begebenheiten, die zur grünen Wahlniederlage in Bremen geführt haben. Bovenschulte selbst hat sich nicht auf seine hohe Popularität allein verlassen. Der Bürgermeister hat Habecks Heizungsverbot im Wahlkampf zum Thema gemacht – und sich dagegen ausgesprochen. Damit hat der Bürgermeister die Bremer Wahl auch zu einer Abstimmung über die Berliner Politik gemacht. Die fiel wiederum deutlich aus.

Die SPD hat Bremen gewonnen. Die FDP hat entgegen des Trends der letzten Monate nur wenig verloren. Das Gleiche gilt für die Linken. Es sind die Grünen, die als Verlierer aus der Wahl an der Weser gehen. Selbst wer der Ampel gewogen ist und selbst, wer sich sogar eine rot-rot-grüne Politik wünscht, für den ist die grüne Politik nicht mehr wählbar: Der „Klimaschutz“ mit der Brechstange. Der angesichts steigenden Kohlendioxid-Ausstoßes fragwürdig ist und dessen sozialen Verwerfungen eben doch eine Rolle spielen. Auch wenn Habecks Grüne und ihre Anhänger in den Medien das nicht wahrnehmen wollen. Noch nicht. Denn Habecks Partei hat das Ende des Anfangs erlebt – nun könnte der Anfang vom Ende folgen.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 107 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

107 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Vision-ost
11 Monate her

Dank Ihres Artikels über die grüne Niederlage in Bremen, sagt eigentlich „Alles“ über das verbrecherisches Handeln dieser Partei aus. Ja es sind zum Teil Handlungsweisen zu erkennen die in die faschistische Zeit der Diktatoren 1933 -1945 passt und sich niemals wiederholen darf. Es ist leider nicht nur die grüne Spitze, sondern auch die „vereinigte“ Koalition im heutigem Deutschland betroffen. Noch nie haben sich nach dem 2. Weltkrieg Parteien oder Regierungen an einer derartigen Zerstörung einstmals erreichten wirtschaftlichen Erfolge schuldig gemacht wie diese jetzige „Ampel“ Selbst in der nicht mehr existenten, vermeintlichen diktatorischen DDR hat es solche Bestrebungen gegeben. Das nennt… Mehr

IJ
11 Monate her

Eine endgültige Abkehr von den grünen Klimarattenfängern und deren Clanwirtschaft wird es erst geben, wenn die wirtschaftlichen und freiheitseinschränkenden Folgen noch schmerzhafter spürbar werden. Der grün induzierte Niedergang Deutschlands ist zwar bereits in vollem Gange und in vielen Bereichen nicht mehr aufzuhalten – die Abwanderungs- und Stilllegungsentscheidungen in den Vorstandsetagen der Unternehmen sind längst getroffen. Aber Vielen kann medial aktuell immer noch vorgegaukelt werden, dass Putin und Corona an allem schuld seien. Erst wenn in den kommenden Jahren all unsere Nachbarn prosperieren werden und Deutschland wirtschaftlich in die Knie geht, wird das böse Erwachen auf breiter Front kommen. Am Ende… Mehr

Last edited 11 Monate her by IJ
Niklas
11 Monate her

Die Parteien haben sich sehr lange sehr schwer getan, dem grünen Hypermoralismus zu widerstehen, speziell im Angesicht grün unterwanderter Medien. „Was man nicht besiegen kann, muss man umarmen“, haben sie sich gedacht. Jetzt knallt der grüne Furor gegen die Wand des Faktischen und die anderen Parteien wenden sich ab. Gut so!

haseha1
11 Monate her
Antworten an  Niklas

Als ob zwischen der grünen Sekte, der Spd, CDU, Linken und der FDP noch ein Unterschied besteht. Das ist doch inzwischen der gleiche Einheitsbrei.

gorbi
11 Monate her

Die einzige, wirklich die einzige Oppositionspartei hat 10 % erhalten. Das heißt 90 % für die Systemparteien , die die Beute/ Staatsfinanzen unter sich aufteilen werden . Und jeder wird zufrieden sein. Geändert hat sich was ?? Ja, Genau . Absolut Null.

Peter Mallm
11 Monate her

Now this is not the end. It is not even the beginning of the end. But it is, perhaps, the end of the beginning.
Winston Churchill
Der GRÜNEN Niedergang ist längst beschlossene Sache. Sie haben genug Schaden angerichtet, nun folgt eine langsame Phase der Konsolidierung, so der Plan der Eliten. Unklar bleibt für uns bisher noch, welche Strömung sich bei diesen Eliten durchsetzten wird, insofern kann der beschlossen GRÜNEN-ATOMINISIERUNGS-PROZESS auch noch Jahre andauern…..
Die hier scheinbar gewählte Anspielung auf den Atomkraft-Ausstieg’s Prozess ist vollkommen unbeabsichtigt !

niezeit
11 Monate her

Die Grünen sind die gefährlichste Partei Deutschlands. Die Grünen sind unser Unglück.

Volker S.
11 Monate her

Wir müssen strikt unterscheiden zwischen „Lebensgefühl grün“, „Lebensweise grün“ und „Geschäftsmodell grün“. Mit dem Lebensgefühl können sich viele Bürger gut identifizieren, bei der Lebensweise bleiben nicht so viele übrig, da kann man sich durchaus das Verhalten der grünen Politiker ansehen. Das Geschäftsmodell bringt sehr wenigen gute Jobs und Wohlstand. Der Großteil der Bevölkerung leidet unter deren repressiven Maßnahmen und wenden sich ab. Genau das passiert jetzt in Deutschland.

Freigeistiger
11 Monate her

Grund zur Hoffnung gibt es erst, wenn bei Wahlen nicht nur die Grünen, sondern a l l e Parteien abgestraft werden, die unter dem Vorwand Klima oder Corona eine bürgerfeindliche Eliten-Politik betreiben. Selbst wenn die Grünen bald einstellig wären könnte das etablierte Parteienkartell diese Politik fortsetzen. Es muß dem gesamten korrumpierten Globalisten-Verein in Politik und Medien die rote Karte gezeigt werden. Die bürgerliche Losung muß lauten: Demokratie statt Plutokratie und Oligarchie, Politik für die Bürger statt für nicht gewählte Eliten, Integrität statt Korruption.

Berliner Type
11 Monate her

Bei der CDU sein Kreuz zu machen bringt aber nix, seit Merkel sind die innen und aussen Grünen nur liegt eine schwarzes Tuch drüber

Index
11 Monate her

Die in der Wolle grüngefärbten Ökosocken von der Tagesschau (Art. v. 15.05.2023 15:49 Uhr) haben, gleich heute, auch schon ein tolles Mittel gefunden, die krachende Bremen-Blamage der „Grünen“ wegzutänzeln. Und wie machen die das? In Bremen wächst lt. „TS“ die „Sorge vor RECHTSPOPULISTEN“!!! Alarm, Alarm! Rechtspopulisten! Bremen droht schon bald der Nazitod! Die öffentlich-zwangsgebührenfinanzierte Propagandaabteilung ist so dermaßen wie unverhohlen gerissen und dreist, tatsächlich unverzüglich, gleich tags nach der Bremen-Blamage mit dem selben niederträchtigen Lostreten von Schmutzkampagnen zu beginnen, und wieder diejenigen Parteien und deren zahlreiche Wähler maximal zu diskreditieren, die die Schn..ute voll haben und für konsequent konservativ gestaltete… Mehr

Querdenker73
11 Monate her
Antworten an  Index

Verzichten Sie gänzlich darauf! Schonen Sie Ihre Nerven. Und wenn Sie wirklich mal (neutrale) Nachrichten ohne Hetzkampagnen hören wollen: „KontraFunk“ Die Stimme der Vernunft im Netz; Aufrufen, einprogrammieren -fertig!