Friedrich Merz gibt den Hauskanzler

Zu viel Außenpolitik, zu wenig Innenpolitik: Das ist seit Wochen der Vorwurf an Friedrich Merz. In der Generaldebatte 2026 hat der Bundeskanzler sich jetzt auf die Probleme zuhause gestürzt. Das macht die Sache nicht wirklich besser.

picture alliance / Geisler-Fotopress | Agentur Wehnert/M. Gränzdörfer
Friedrich Merz, Deutscher Bundestag, Berlin, 24.09.2025

Man kann nicht behaupten, dass Friedrich Merz um markige Worte verlegen wäre. „Wir stehen als Land in einer der herausforderndsten Phase unserer jüngeren Geschichte“, sagt der Bundeskanzler. Dann steigert er sich noch und ruft die „größte Bewährungsprobe für die westliche Wertegemeinschaft“ aus.

Rhetorisch kleiner macht es der CDU-Vorsitzende nicht. Inhaltlich leider schon.

Es ist die zweite Generaldebatte im Bundestag innerhalb weniger Wochen. Das passiert selten und ist diesmal dem Umstand geschuldet, dass die neue Koalition den Bundesetat 2025 erst kürzlich fertig hatte. Jetzt sind planmäßig die Haushaltberatungen für 2026 dran.

Zurück auf heimischer Bühne

Zuletzt hatte Deutschlands Regierungschef auch aus den eigenen Reihen viel Kritik dafür einstecken müssen, dass er sich mehr um internationale Probleme zu kümmern schien als um die Lage daheim. Das Wort vom „Reisekanzler“ machte die Runde. Gleich am Anfang seiner Rede rechtfertigt er sich:

„Wir brauchen eine regelbasierte Ordnung, um unsere wirtschaftlichen Fähigkeiten klar entfalten zu können“, sagt er etwas umständlich und meint damit: Das Geflecht an internationalen Organisationen, komplexen gegenseitigen Abhängigkeiten und Kompromissen, das Donald Trump gerade zerreißt, ist wichtig für die Exportnation Deutschland.

„Außen- und Innenpolitik lassen sich nicht mehr voneinander trennen“, belehrt er seine Kritiker. „Mein Engagement in der Außenpolitik dient der Bewahrung der Freiheit, der Mehrung des Wohlstands und der Erhaltung des Friedens – gerade auch im Inneren.“

Altbacken und defensiv

Aber Friedrich Merz ist auch 69 Jahre alt. Eingeübte Verhaltensweisen ändert man da nicht mehr so leicht, tief eingebrannte Denkweisen noch viel weniger. Bei Merz merkt man das – sprachlich und politisch.

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Der CDU-Chef ist ein Kind der Berufspolitikerkaste. Zu ihr spricht er, ihre Sprache benutzt er. Das führt zu nichtssagenden Stanzen: „Wir müssen handeln, wir müssen es schnell tun, wir müssen es bald tun.“ Es gibt Menschen, die haben sich für derart inhaltsleere Worthülsen auch schon mal geschämt.

In der maximal bürgerfernen Diktion der PR-Leute und Unternehmensberater erklärt der Kanzler die sozialpolitischen Kompromisse seiner fragilen Regierungskoalition zu einem „Konsens der Gerechtigkeit“.

Neben der Vorliebe für die Außen- zu Lasten der Innenpolitik begleitet Merz seit Tag 1 seiner Kanzlerschaft der Vorwurf, dem sozialdemokratischen Regierungspartner praktisch ständig und überall inhaltlich nachzugeben, um Konflikte in der Koalition zu vermeiden.

Etwas überraschend bestreitet er das gar nicht. Stattdessen erklärt er seine chronische Umfallerei kurzerhand zu einer Tugend: „Von den Vorstellungen, die im Februar zur Wahl standen, ist keine mit einer absoluten Mehrheit ausgestattet worden“, sagt er. Deshalb brauche es jetzt „Kompromisse auf beiden Seiten“.

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Das stimmt wohl. Allerdings bestreitet das auch niemand. Die Frage ist, warum die Union als der viel größere Koalitionspartner immer der viel kleineren SPD entgegenkommen muss? Merzens Antwort darauf ist etwas unterkomplex: Mehr geht halt nicht.

Politisch ist Merz anzumerken, dass er 20 Jahre zu spät Kanzler geworden ist.

Um Deutschlands Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, habe er unzählige Gespräche geführt. Als Partner dieser Unterredungen nennt er dann: Verbände und Gewerkschaften. Nirgendwo wird so deutlich, dass der Mann aus der Zeit gefallen ist. Sein politischer Ansatz ist korporativ und bürokratisch und orientiert sich an großen Institutionen.

Das ist die alte BRD, in der Merz groß geworden ist. Und das ist genau der Ansatz, der erst gewirkt hat – aber dann allmählich jeden Unternehmergeist und alle Innovationskraft in Deutschland erstickte.

Was schert mich mein Geschwätz von heute

Der CDU-Chef sagt durchaus auch einiges, dem man gerne zustimmen würde.

  • „Wir müssen grundlegend die Sozialsysteme ändern.“ Stimmt. Aber die Regierung unter seiner Führung tut genau das ja eben nicht.
  • „Wir müssen aufeinander zugehen.“ Stimmt. Aber die Regierung unter seiner Führung schließt die AfD als Gesprächspartner weiter kategorisch aus.
  • „Es geht nicht um Verteilung, sondern ums Erwirtschaften.“ Stimmt. Aber die Regierung unter seiner Führung verteilt munter weiter Steuermilliarden von Menschen, die arbeiten, an Menschen, die nicht arbeiten.

Deshalb würde man Friedrich Merz an einigen Punkten durchaus gerne zustimmen. Aber man stimmt ihm dann doch nicht zu: weil man weiß, dass er es in Wahrheit gar nicht so meint. In gewisser Weise ist der Bundeskanzler eine Art menschgewordene FDP:

Er sagt viel Richtiges und tut dann doch immer das Falsche.

Die „Mitte“ gibt es nicht mehr

Friedrich Merz ist ein Boomer. Damit ist nicht sein Alter gemeint, sondern seine politische Denkweise. Er beschwört die „demokratische Mitte“, doch der Begriff ist längst entkernt. In Wahrheit hat die politische Linke in Deutschland das Koordinatensystem erfolgreich verschoben.

An einem Punkt ist das geradezu mit Händen zu greifen: „Wir machen Klimaschutz ohne Ideologie“, sagt der Kanzler – und betont dann den Wert von Technologieoffenheit. Da lachen die Abgeordneten der Grünen und der „Linken“ gemeinsam laut und heftig, und in diesem Moment wird klar:

Dieses Milieu will gar keine ideologiefreie Technologieoffenheit, sondern ideologische Technologieverordnung.

Merz beendet seinen Vortrag mit dem Satz: „Mehr von dem, was wir schon haben, reicht nicht.“ Da möchte man ihm wieder sofort zustimmen. Doch leider, leider:

Sein Politikansatz ist genau das: nur noch mehr von dem, was wir schon haben.

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Kommentare ( 47 )

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Judith Panther
2 Monate her

Der Friederich, der Friederich
das ist ein arger Lügerich.
Er lügt daß sich die Balken biegen.
Aus seinem Mund kommt nichts als Lügen.
Mehr muß man über ihn nicht wissen.
Es wird ihn niemand hier vermissen
tät er mitsamt den Lügen sich verp … feifen.
Man möchte immerzu nach Seife greifen,
ihm damit etwa 3 x stündlich
das Lügenmaul auswaschen, und zwar gründlich. 

(Aus „Der Schummelpeter“ von Heinrich Hoffnungslos)

Last edited 2 Monate her by Judith Panther
DDRforever
2 Monate her

Merz ist Scholz, Habeck und Merkel in einer Perrson.

RA.Dobke
2 Monate her
Antworten an  DDRforever

Nein, er ist der typische „Zuspätkommer“ und eine Taugenichts, ein sog. Weichei. Er hat gegenüber Merkel den sprichwörtlichenSchwanz damals eingezogen und traute sich dann wieder aus der Deckung, als sie weg war, um seinen höchstpersönlichen Egoismus zu befriedigen. Nur zu gern ließ sich denn die CDU von ihm dafür mißbrauchen! Diese Parteigehört massiv abgestraft! Aber was macht der Wähler in NRW? Bei den Kommunalwahlen wählt er diese Kreaturen, diese Karrieristen bzw. Karikaturen der Politik!

Last edited 2 Monate her by RA.Dobke
hansgunther
2 Monate her

Also wenn er zuhause ist, läuft’s auch nicht. Nur heiße Luft für das gefällige Publikum.

Judith Panther
2 Monate her

Einige der Foristen hier, mich eingeschlossen, kommen sich hier inzwischen vor wie jemand, der seinen besten Freund davon überzeugen will, daß er einer Heiratsschwindlerin auf den Leim gegangen ist.
Vergebliche Liebesmüh´.

Micky Maus
2 Monate her

Wir hatten noch nie einen Kanzler der lügt, sobald er den Mund aufmacht! Deutschland und deine Wähler, schämt euch zutiefst!

Freigeistiger
2 Monate her

Merz bleibt seinem Wahlkampfkurs treu: Probleme benennen, dann aber das Gegenteil des Angekündigten oder eben nichts zu tun. Dieser Mann scheint sich eigentlich nur in der Kanzlerrolle sonnen zu wollen und es Merkel auf seine alten Tage doch noch heimzuzahlen. Die riesige Zusatzverschuldung soll ihn wohl vor allem über die Amtszeit retten. Aber das dürfte nicht funktionieren, zu groß ist der multiple Problemdruck dieses Landes. Die Mehrheit unserer Bürger sieht sich betrogen und traut diesem Kanzler keine Problemlösungskompetenz mehr zu, da sind die Umfragen eindeutig. Die AfD ist inzwischen stärkste Partei und wird ihren Vorsprung wahrscheinlich weiter ausbauen können. Politische… Mehr

verblichene Rose
2 Monate her

Ein Aussenkanzler als „Berufspolitiker“!
Ich hatte zuletzt die Möglichkeit, Charles zu fragen, was er von Beruf ist.
Er antwortete: „König.“
Und dann sagte er noch, daß er den Job nur geerbt hat und jederzeit bei voller Apanage abdanken kann.
Da antwortete ich, daß mir das irgendwie bekannt vorkommt. Nur daß wir in Deutschland angeblich eine Demokratie ganz ohne Königshaus haben.

Simplex
2 Monate her

Wenn ein Kanzler ständig im Appelativmodus und Konjunktiv redet, der gibt zu, ohnmächtig, handlungsunfähig zu sein, der gerne anders möchte, aber nicht anders kann, ohne seine Kanzlerschaft zu gefährden. Das kennen wir schon von Scholz. Merz verkörpert die Steigerung: Schon sein Start endete auf der Piste. Bis heute hat er nicht abgehoben, weil der Motor keine Leistung bringt. Berlin und Ludwigshafen als Modell für Deutschland? Meldestellen und § 188 StGB haben wir schon. Die Klimaziele und das GEG verfolgt die CDU weiter. Hatten wir mal Bundestagswahlen und Regierungswechsel? Dass solche vielsagenden Bilder entstehen, wie mit CDU-Wegener in Berlin, der sich… Mehr

eisenherz
2 Monate her

Als Frau Weidel Kanzler Merz im Parlament geantwortet hat, hat der Bundeskanzler seinen Sitz auf der Regierungsbank verlassen und ward im Plenarsaal nicht mehr gesehen. Noch Fragen Hauser?

woderm
2 Monate her
Antworten an  eisenherz

Schauen Sie sich ihn doch mal an, wie er auftritt, diese Haltung, diese inhaltlosen Floskeln in schneidigem Ton, von denen man weiß, dass sie nur zur Täuschung vorgetragen werden, diese Unterwürfigkeit gegenüber dem sozialistischen Amtsbeschaffer, die offensichtlichen Wahl-Lügen; mit dem ist eine Wende zu vernünftiger Politik im Sinne der Deutschen nicht denkbar. Er müsste abtreten, dann könnte man weiter sehen.

Nachhaltiger Energie und Klimawandler
2 Monate her

Hauskanzler? Früher gab es in den Schulen noch einen Hausmeister. Der hat nach dem Rechten geschaut und sich darum gekümmert, dass nichts verlottert. Und wir hatten noch Respekt. So jemand fehlt heute.