Die dunkle Geschichte des RKI

In der Bevölkerung und bei Politikern genießt das Robert-Koch-Institut einen lupenreinen Ruf. Doch die Geschichte der Behörde ist alles andere als das. In der Nazizeit verübten zahlreiche Mitarbeiter Verbrechen – bis hin zu Menschenversuchen. Über vergessene Gräueltaten.

IMAGO / Bernd Friedel

Viele Politiker, aber auch geneigte Experten wie Virologen, Epidemiologen, loben seit der Corona-Zeit das Robert-Koch-Institut (RKI) und ihren Chef Lothar Wieler über den grünen Klee. Aber auch diejenigen, die der Angstmaschinerie der Genannten und vielen anderen mehr auf den Leim gegangen sind, halten viel von der Oberbehörde mit Sitz in Berlin.

Am 1. Juli 1891 wurde das RKI als „Königlich Preußisches Institut für Infektionskrankheiten“ gegründet. Robert Koch selbst, der wohl bedeutendste Arzneimittelforscher des 19. Jahrhunderts, leitete die Behörde bis 1904. Primäre Aufgabe der Behörde ist öffentliche Gesundheitspflege. Im Detail heißt das unter anderem die „Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von übertragbaren und nicht übertragbaren Krankheiten“. Für die Politik rund um Covid-19 entpuppte sich das Institut als Büchsenspanner für noch schärfere Maßnahmen und steter Mahner zur Vorsicht.

Systematische Verharmlosung seitens der Behörde

Auch die Bundesregierung wird nicht müde, das RKI über alle Maße zu loben. “Seit 130 Jahren im Dienst für die Gesundheit“, heißt es auf der Homepage der Regierung. Es sei „die weltweit älteste“ Einrichtung dieser Art und ein „Vorreiter in Medizin und Forschung“. Seit mehr als 100 Jahren schaffe es das Institut erfolgreich, „Gesundheitsrisiken verlässlich einordnen zu können und Empfehlungen zur Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung zu erarbeiten“.

Das klingt nach einer blütenweißen Geschichte. Doch zur Wahrheit gehört auch, dass es eine blutrote Zeit des Robert-Koch-Instituts gibt. Eine, mit der sich die Verantwortlichen eher ungern befassen, reicht sie doch in die dunkelste Zeit der Deutschen, in den Nationalsozialismus hinein.

Noch vor wenigen Jahren feierte das Institut ausgelassen und unbedarft sein 100-jähriges Bestehen. Damals hieß es noch, nur wenige Mitarbeiter des RKI beteiligten sich an den Gräueltaten der Nazis. „Bei allem Entsetzen, schlimmer als anderswo war es nicht“, so Volker Hess, Chef der vom RKI eigens eingerichteten unabhängigen Historischen Kommission. Doch das entsprach nicht den Tatsachen. Die Wahrheit ist: Das Robert-Koch-Institut war der verlängerte Arm der NSDAP, wenn es um übelste Menschenversuche ging.

Tödliche Menschenversuche an KZ-Häftlingen

Bereits 1935 wurde das RKI dem Reichsgesundheitsamt angegliedert und war fortan fest in die Gesundheitspolitik des Dritten Reichs eingebunden. 1942 entwickelte sich das RKI zur selbständigen Reichsanstalt. Aber schon wenige Monate nach der Machtergreifung wurde ein großer Teil der Mitarbeiter ausgetauscht – die meisten davon waren Juden. Nach vier Jahren waren 1937 die Führungsriege und der akademische Mittelbau des RKI so fast komplett ausgewechselt. Neben der Qualifikation galt für die Nazis vor allem die ideologische Nähe zum NS-Regime als entscheidendes Einstellungskriterium. Entsprechend ergaben sich die Forschungsziele.

So widmete sich das Institut der „Frage des Nachweises einer serologischen Differenzierung der menschlichen Rassen“ und führte Menschenversuche im KZ Sachsenhausen durch. Ebenfalls stellte das RKI Impfstoffe gegen Fleckfieber bereit, welche von 1942 an in Buchenwald an Häftlingen getestet wurden. Im KZ Dachau wurden 1.200 Inhaftierte mit Malaria infiziert, um Impfstoffe zu testen. Zwischen 300 und 400 Menschen sollen an diesen Versuchen gestorben seien.

Die Aufarbeitung ist noch lange nicht abgeschlossen

Drei Namen standen hierbei immer wieder im Fokus: Eugen Gildemeister, geschäftsführender Direktor und Vizepräsident des RKI, der Virologe Eugen Haagen als RKI-Abteilungsleiter und Gerhard Roses Vorgänger als tropenmedizinischer Abteilungsleiter Claus Schilling. Sie alle waren laut einer Studie des Instituts für Medizingeschichte der Charité „an Infektionsversuchen mit einkalkuliertem tödlichen Ausgang beteiligt, bei denen Menschen wie Meerschweinchen zur Qualitätsprüfung von Impfstoffen oder neuartigen Behandlungsmethoden eingesetzt wurden“.

Der Homepage der Bundesregierung ist dies alles lediglich drei Sätze wert. Zu wenig für das Land, das für den Holocaust verantwortlich war.

Es klingt geradezu absurd, dass in der Corona-Zeit Querdenker mit Nazis in einen Topf geworfen wurden, weil sie Forderungen einer ehemaligen Nazibehörde in Frage stellten. Die Aufarbeitung der Verbrechen des Robert-Koch-Instituts ist noch lange nicht abgeschossen.


Julian Marius Plutz

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Kommentare ( 10 )

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Dunkelsachse
1 Jahr her

Im Zuge der Debatte um die drohende Impfpflicht zig mal geschrieben:

“…für die Verletzung der Würde und der körperlichen Unversehrtheit gibt es zu keiner Zeit der Welt eine Rechtfertigung, auch wenn die Mehrheit ein solches Verhalten toleriert oder gar fordert.”

https://www.rki.de/DE/Content/Service/Presse/Pressetermine/presse_rki_ns_Stellungnahme.html

Hat niemand interessiert.

Rene Meyer
1 Jahr her

Genau auf diese Tatsachen haben sehr viele in den letzten beiden Jahren hingewiesen. Doch sie wurden nicht nur nicht gehört, nein, sie wurden auf das Übelste diffamiert und verunglimpft. Und wieder hat sich das RKI sehr maßgeblich an einem der größten Weltverbrechen beteiligt und dieses für Deutschland überhaupt erst möglich gemacht. Wir haben es gerade mit dem größten Skandal-Komplex seit 1945 zu tun.

alter weisser Mann
1 Jahr her

Das RKI ist nicht wegen seiner Nazivergangenheit (hat der deutsche Journalismus, haben die deutschen Medien, haben wir Einheimischen bekanntlich auch alle, zumindest in irgendeiner im Zweifel konstruierbaren Art) kritisch zu sehen, sondern weil es sich hier und heute politisch einspannen lässt. Ich finde es bedauerlich, dass wir jetzt auch bei TE diese Sprüche serviert bekommen: „Zu wenig für das Land, das für den Holocaust verantwortlich war.“ Das ist so in Ewigkeit bei Bedarf feststellbar und immer medial oder politisch fast überall anzubringen wo man gerade mag. Da ist man aber beim üblichen Tun und den Reflexen des mainstream und bestimmter… Mehr

Alexis de Tocqueville
1 Jahr her
Antworten an  alter weisser Mann

Ja, aber dann gilt wenigstens wieder gleiches Recht für alle.
Das ewige Moralin stieße doch gleich weniger sauer auf, wenn es sich nicht stets um widerwärtige Doppelmoral handelte.
Ich finde es absolut legitim, die Gegen-Rächts-Moralisten an ihren eigenen Maßstäben zu messen. Nicht mehr, nicht weniger.

Michael Palusch
1 Jahr her

„Systematische Verharmlosung seitens der Behörde“ Da hat der Autor aber nicht gut recherchiert, denn das RKI selbst schreibt u.a.: Die Ergebnisse sind eindeutig. Sie zeigen, dass im RKI verbrecherische Menschen-versuche durchgeführt wurden. Sie zeigen, dass viele Mitarbeiter dazu geschwiegenhaben. Sie zeigen, dass jüdische Mitarbeiter aus dem Institut vertrieben wurden. Eswar nicht das Werk einiger weniger Einzelner, die moralische Grenzen überschrittenhaben und gegen alle Gebote der Humanität verstießen. https://www.rki.de/DE/Content/Institut/Geschichte/ns-geschichte_node.html Der Umgang des RKI mit diesem dunklen Kapitel ist schon recht offen, ob daraus aber auch für alle Zeiten die richtigen Lehren gezogen wurden, mag jeder selbst beurteilen. Schon die Tatsache, dass… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Michael Palusch
Kassandra
1 Jahr her

Und da ist man noch gar nicht bei Robert Koch selbst, der Menschenversuche mit ungewissem Ausgang an Afrikanern vorgenommen hat.
Wie kann es sein, dass sie seit ca. 2015 rechtschaffenen Menschen auf den Fersen sind, sie verunglimpfen, ihnen ihren Status aberkennen wollen, sie außer Landes treiben – aber auf diesem Auge derart „blind“ scheinen?
Die Bilder von Helmut Schmidt haben sie in den Kasernen abhängen lassen, aus Dummheit werden Straßennamen geändert, aufrechte Ärzte verlieren ihre Approbation – aber Lauterbach, Drosten und Wieler tanzen uns weiter auf der Nase?

Waehler 21
1 Jahr her

Die bedeutende Frage ist doch, was haben die Mitarbeiter daraus gelernt? Sollte auch für jedes Amt, jede Behörde, alle Rundfunkanstalten, Journalisten und, und Geltung finden. Wer TY liest, stellt fest, dass immer mehr Behörden für die Reputation und die Agenden von Politikern und Parteien eingespannt werden, weil diese Leute (Politiker)  ihre eigene Glaubwürdigkeit auf nahe Null reduziert haben. Also stellen diese Leute ihre Namen und Absichten neben Institutionen die noch Glaubwürdig sind, bis man auch denen nichts mehr glauben kann, aber bis dahin haben viele Politikern ihre Schäfchen in trockene gebracht. ++ Nebenwirkung die Staatsräson geht auch gegen Null++ Was also… Mehr

Kassandra
1 Jahr her
Antworten an  Waehler 21

Daraus gelernt haben sie so viel wie alle Behörden und Organisationen in Deutschland.
Nichts.
Denn erneut arbeiten sie gegen den Souverän.
Von oben nach unten – alle.
Schon seit lange vor 2015 setzen sie um, wie ihnen aufgetragen wird. Alles zum Schaden von Volk und Land. Und machen sich zu dem, was Sie schreiben: Büttel.

Manfred_Hbg
1 Jahr her

Interessant, man lernt doch immer wieder was dazu -danke ?

phiwein
1 Jahr her

Sehr wichtiger Artikel. Grundsätzlich sollte man keiner Behörde vertrauen, die im Dienst der korrupten Politik steht. Das gilt umso mehr für das RKI, wie dieser Artikel eindrucksvoll belegt.