Die Israel-Feinde marschieren wieder durch Berlin

Es ist also wieder „Palästina“-Demotag an diesem 27. Januar in Berlin. Moment: 27. Januar? Da war doch was! Richtig: Es ist der internationale Holocaust-Gedenktag, den sich die Veranstalter für ihren pro-palästinensischen beziehungsweise anti-israelischen Aufzug ausgesucht haben.

© Sandro Serafin

Die erste Kufija fällt bereits im Bus ins Auge: Ein Mann hat sich das Palli-Tuch in grüner Ausführung um den Hals gelegt. In der Hand hält er ein noch eingewickeltes Transparent. Später zeigt sich: Darauf ist eine Wassermelone abgebildet. Das Obst wird wegen seiner „palästinensischen Nationalfarben“ (schwarz-weiß-grün-rot) gerne als Symbol für „Palästina“ benutzt.

Es ist also wieder „Palästina“-Demotag an diesem 27. Januar in Berlin. Moment: 27. Januar? Da war doch was! Richtig: Es ist der internationale Holocaust-Gedenktag, den sich die Veranstalter für ihren pro-palästinensischen beziehungsweise anti-israelischen Aufzug ausgesucht haben. Eine Provokation? Hier vor dem Roten Rathaus in Ostberlin, wo die Demo beginnt, sehen sie das natürlich ganz anders.

Nach ihrer verdrehten Logik ist der israelische Verteidigungskrieg im Gazastreifen ungefähr das, was einst der deutsche Völkermord an den Juden war. „Stoppt den Genozid“, rufen sie immer wieder. Auf einem Plakat heißt es: „Nie wieder ist jetzt. Nie wieder für alle“. Auch in jiddischer Ausführung ist der Ausspruch zu finden.

Letzteres verweist darauf, dass die Demo von der berüchtigten, hochgradig anti-israelischen Organisation „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ mitorganisiert wurde. Böse Zungen würden sagen, dass deren Rolle vor allem darin besteht, den anderen Demonstranten einen Koscher-Stempel aufzudrücken.

Gleich zu Beginn tritt ein Mann mit rosafarbener Kippa und Palli-Schal ans Mikrofon, um das „El male rachamim“ (Gott voller Gnade) zu singen. Für Juden ist das traditionelle Gebet unter anderem ein wichtiger Teil des Holocaust-Gedenkens. Hier wird der hebräische Text aber im Sinne der eigenen Agenda umgedichtet. So singt der Mann für die Gaza-Bewohner, „die in einem Völkermord getötet und abgeschlachtet wurden durch die zionistische Regierung“.

Das Publikum davor ist gemischt, wie man es schon von vorherigen Demos kennt. So sind natürlich wieder die bunthaarige junge Frau und der junge Mann mit etwas seltsamem Haarschnitt (beides Typ Soziologiestudent) gekommen. Die „Queers for Palestine“ marschieren in einem eigenen Block mit. Auch einige ältere deutsche Damen wurden mobilisiert.

Ansonsten ist das Bild vor allem durch arabische Neubürger beziehungsweise Noch-nicht-so-lange-hier-Lebende geprägt. Aber auch Vertreter des „Arbeitskreis Internationalismus“ der IG Metall, der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG und Kommunisten geben sich zu erkennen. Die Polizei zählt insgesamt 2.500 Teilnehmer.

Zu größeren Zwischenfällen kommt es nicht. Ein Mann lässt eine Flagge der einstmals von Jasser Arafat gegründeten Fatah-Partei durch den Wind zappeln. Deren Logo besteht aus einer Karte Palästinas ohne Israel, vor der sich zwei Gewehre kreuzen. Da die Fatah aber auch von der Bundesregierung als „gemäßigte“ Kraft schöngeredet wird, darf sich der Flaggen-Schwenker damit im Einklang mit der offiziellen deutschen Politik wissen.

Die Parole „From the river to the sea, Palestine will be free“ ist an diesem Tag hingegen nicht zu vernehmen. Sie ist in Berlin mittlerweile verboten. Die junge Einpeitscherin ganz vorne weiß aber auch so, wie sie die Massen in aggressive Wallung versetzt: „Deutschland finanziert – Israel bombardiert!“, „One, two, three, four – occupation no more!“, „Five, six, seven, eight – Israel is a terrorstate“.

Auf Nachfrage teilt die Polizei später mit, dass sie bis 19 Uhr am Abend freiheitsbeschränkende Maßnahmen gegen 25 Teilnehmer des Aufzuges durchgeführt habe. Es seien 18 Strafermittlungsverfahren eingeleitet worden, unter anderem wegen Angriffen auf Polizisten. Ein Beamter wurde demnach am Knie verletzt, konnte seinen Dienst aber fortsetzen.

Die meisten Passanten, die an dem stundenlangen Demozug mit in Flaggen verhüllten Dummy-Leichen vorbeikommen, beobachten das Geschehen stillschweigend. Einige mischen sich aber auch ein: Eine Mutter, die mit Kind unterwegs ist, gibt den Israel-Feinden contra. Die Demo hält sie für antisemitisch: „Warum will niemand Palästina von der Hamas befreien?“

Ein junger Palästinenser, der nach eigenen Angaben in Jerusalem geboren wurde, hält mit einem Verweis auf die „faschistische Regierung Israels“ dagegen. Ob denn nicht die Hamas faschistisch ist? Ja, die habe auch faschistische Ideologien. „Aber die Besatzung ist nicht von der Hamas und die Hamas wurde von Israel entwickelt.“

Außerdem sei der Gazastreifen seit 18 Jahren mit einer Mauer – „viel größer als die Berliner Mauer“ – abgeriegelt. Den 7. Oktober erwähnt er in einem Zusammenhang mit der Idee von „Widerstand“. Zugleich distanziert er sich aber auch irgendwie davon. Ganz eindeutig wird seine Position auch im längeren Gespräch nicht. Klar ist: Israel ist das Problem. Und Israel sollte am besten verschwinden.

Schützenhilfe bekommt der Palästinenser just von einer Künstlerin, die zufällig vorbeigeradelt kommt: Beide sind sich einig, dass israelische Soldaten Palästinenser „verbal und körperlich vergewaltigen“ würden. Das sei ja das Problem, dass das „in der West Bank und in Gaza schon die ganze Zeit stattfindet“, meint die Dame.

Und während sich der Demonstrationszug so seinen Weg durch die Berliner Innenstadt bahnt, läuft an den Bushaltestellen ein Banner mit Uschi Glas durch. Die Schauspielerin hält ein Blatt Papier in die Kamera: „#WeRemember“. Es ist, als zeige sich hier noch einmal die alte Republik der leeren Worte, während auf der Straße davor längst das schöne neue, „bunte und multikulturelle“ Deutschland vorbeizieht.

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Kommentare ( 14 )

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14 Comments
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Dieter
3 Monate her

jeder der Unterstützer sollte den Artikel der NYTimes vom 28.12.23 lesen:
https://www.nytimes.com/2023/12/28/world/middleeast/oct-7-attacks-hamas-israel-sexual-violence. html
und sich danach dann nochmal erklären.

Sonny
3 Monate her

Und dann wird ganz heuchlerisch eine solche Demo als praktizierte „Meinungsfreiheit“ auf der Straße angepriesen, währenddessen der deutsche Bürger bei Protest zum Nazi abgestempelt wird.
Was hier abgeht, verursacht mir allergrößte Übelkeit.

Endlich Frei
3 Monate her

Wir machen was falsch:
Wenn denen der Magen knurren würde, kämen sie auf andere Ideen.

Ralf Schierhold
3 Monate her

Dieser sogenannte Senat von Berlin hat nichts, aber auch rein garnichts mit der eigentlichen Bedeutung des Wortes „Senat“ zu tun. „Der Senat (lateinisch senatus, von senex „Greis, alter Mann“), wörtlich „Ältestenrat“…“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Senat) Ein „Ältestenrat“ zeichnet sich u. a. durch Weisheit, Gerechtigkeit, Respekt und anderem aus. Diesen Berliner Senat zeichnet aber weder Weisheit, Gerechtigkeit, Respekt aus, dieser Senat wird gebildet von engstirnigen, sehr dummen, … Wesen. Dieser Senat wurde aber auch von Wesen gewählt, die ebenfalls Engstirnigkeit und viel Dummheit auszeichnen, deshalb sind solche antisemitischen Exzesse auch möglich Es ist aber nicht nur in Berlin so, es sieht in ganz DE nicht sehr viel anders aus,… Mehr

verblichene Rose
3 Monate her

Israel soll also verschwinden. Schon komisch, denn das heutige und vor allem DAMALIGE Israel war doch dafür „erdacht“, den Juden eine neue/alte Heimstadt zu bieten! Und während das heutige Israel aber JEDEM Menschen genau das bietet, gehen zuletzt Leute in Deutschland auf die Strasse, um für die sog. Demokratie ein stehen zu wollen. Und das für Individuen, die irgendwo auf der Welt leben könnten, aber sich ihres selbst erschafften Leben in der Diaspora nicht wirklich bewusst sind. Es ist schon klar, dass das Leben kein Ponyhof ist, aber ich frage mich an genau dieser Stelle immer wieder, warum „Christen“ (?)… Mehr

GMNW
3 Monate her

Auch das gehört zum Nachlass der Merkel-CDU, einer CDU, die auch heute immer noch nicht begriffen hat, was für ein nicht wieder zu behebender Schaden an der deutschen Gesellschaft und an dem deutschen Staat angerichtet worden ist!

Kassandra
3 Monate her
Antworten an  GMNW

Wenn man ein Land zerstören wollte, wüsste man das wohl.
Aber sie machen das ja mit dem gesamten Westen, so dass es nicht nur uns trifft, und die Sache mit der ewigen Schuld halt zum Nudgen der Deutschen für die, die das Durchziehen, gerade recht sein wird.

elly
3 Monate her
Antworten an  GMNW

immer dieses „Merkel“ ist schuld, befreit die Ampel von jeder Verantwortung.

Ho.mann
3 Monate her

Der Rechtsstaat zeigt seine Stärke nur, wenn es gegen den vermeintlichen und herbei fabulierten Antisemitismus von rechts geht. Den offenen Antisemitismus, der auf den Straßen mit Abscheu zur Schau getragen wird, der wird nicht unterbunden. Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

RiverHH
3 Monate her

Das ist einfach nur schlimm, ganz, wirklich ganz schlimm (andere sagen furchtbar) was in unserem einst so liebens- und lebenswerten Deutschland möglich ist. Man kann sich nur noch schämen.

Innere Unruhe
3 Monate her

Wie enrst darf man eine Demo nehmen, wo keine Frauen mitlaufen?
Dürfen wir überhaupt reinen Männermärschen Aufmerksamkeit schenken?
Es sind schon Frauen dabei, aber ich konnte keine identifizieren, die ich dem Palästinenserkreis zuordnen könnte.

Winnetouch
3 Monate her
Antworten an  Innere Unruhe

Es laufen Frauen mit. Ich bin gestern in meiner Stadt selbst durch Zufall an so einer Demo vorbeigelaufen. Da traten sogar Frauen als Redner auf. Die Frauen waren auf der Demo waren entweder dem nahostlichen Kulturkreis zuzuordnen oder der politisch Linken. Beides schadet gleichermaßen und es kümmert mich deshalb auch nicht, welchen von beiden Kreisen sie zuzuordnen sind.

Howard B.
3 Monate her

Israelkritik betrifft den Staat. Wer dies mit Ethnie gleichsetzt, sollte nochmals gründlich nachdenken. Im Übrigen: Wie soll das logisch funktionieren, ein Krieg gegen eine Organisation? Absurd! Ähnlich könnte man dem örtlichen Taubenzuchtverein den Krieg erklären, sofern die Mitglieder ideologisch verblendet Tauben als biologische Kampfbomber einsetzen und als „Nutzlast“ Explosiva befördern. Und dann mit Panzern und F16 und Eurofighter etc. Kleinkleckersdorf auslöschen. Kriege kann man Staaten erklären, aber nicht Organisationen. Wie auch, da sich immer neue Personen hierzu bekennen können oder Personen sich „lossagen“. Wann und wie will man wissen, dass die Organisation zerschlagen ist und der Krieg gewonnen wurde? Dies… Mehr

Last edited 3 Monate her by Howard B.
Wolfram_von_Wolkenkuckucksheim
3 Monate her
Antworten an  Howard B.

Nicht die olle Kamelle. Warum wird denn Israel als Staat so viel anders kritisiert als andere Länder? Ganz einfach: Weil es der jüdische Staat ist. Der Antisemitismus ist die Triebfeder der Israelkritik. Ich habe noch keinen Israelkritiker getroffen, der halbwegs informiert war. Die meisten hatten ’nen Knacks.
Und was wollen Sie sagen? Nur weil dieses Gebilde in Gaza kein anerkannter Staat ist, dürfe Israel sich nicht mit militärischen Mittel wehren? Wie sind Sie denn drauf?