Es gibt sie noch, die guten Nachrichten. Pünktlich zum Weihnachtsfest duellieren sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und der Liedermacher Hans Söllner. Schriftlich. Die kleine Korrespondenz gerät zum Desaster für den Politiker.
picture alliance / Chris Emil Janßen | Chris Emil Janssen
Wer in Deutschland erst ganz nach unten und dann ganz nach rechts fährt, der landet in Bad Reichenhall. Der schöne Flecken Erde liegt im äußersten Südosten unseres Landes, direkt an der Grenze zu Österreich und schräg gegenüber von Salzburg.
Für unsere Geschichte spielt Bad Reichenhall eine durchaus bedeutsame Rolle, deshalb beginnen wir kurz hier. Das Örtchen mit seinen gerade mal knapp 19.000 Einwohnern ist objektiv zwar klein, verwaltungsrechtlich aber eine Große Kreisstadt, genauer: die Kreisstadt des Landkreises Berchtesgadener Land im Regierungsbezirk Oberbayern des wunderschönen Freistaats Bayern.
Etwa um das Jahr 700 nach Christus wird der Ort erstmals schriftlich erwähnt. Seitdem hat Bad Reichenhall einige bekannte Söhne und Töchter hervorgebracht: die dreimalige Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Anni Friesinger etwa und den früheren Skisprung-Weltmeister Markus Eisenbichler. Auch der weltweit renommierte Drei-Sterne-Koch Clemens Rambichler kommt von hier; ebenso Andrea Gysi, Ex-Bundestagsabgeordnete und Ex-Ehefrau von Gregor Gysi. Bad Reichenhall ist zudem die Heimatstadt von Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU).
Und von Hans Söllner.
Der Liedermacher hat sich mit dem von ihm geprägten Stil des „bayerischen Reggae“ auch weit außerhalb Bayerns ein großes und treues Publikum erspielt. Der Mann hat sowohl eine Ausbildung zum Koch als auch eine weitere Lehre als Kfz-Mechaniker jeweils erfolgreich abgeschlossen, das Gitarre-Spielen brachte er sich selbst bei. Er ist bekennender Libertärer – folgerichtig schreibt und singt er gesellschafts- und systemkritische Texte, fast immer in unverwechselbarer bayerischer Mundart.
Söllner, das kann man so sagen, war sein ganzes Leben lang ein rebellischer Anarchist. Im zarten Alter von 14 Jahren wurde er aus dem Trachtenverein Marzoll hinausgeworfen, weil er sich weigerte, seine langen Haare abzuschneiden.
So ging es weiter. Söllner verweigerte den Wehrdienst, trat aus der Kirche aus, wechselte zur Glaubensrichtung der jamaikanischen Rastafari und setzte sich für die Legalisierung von Marihuana ein. Inzwischen hat er sein 20. Musikalbum veröffentlicht. Am Heiligen Abend 2025 feiert er seinen 70. Geburtstag.
Und da entsteht eine Weihnachtsgeschichte der ganz eigenen Art.
Der Liedermacher hat zwar sein ganzes Leben lang ordentlich gegen die bayerische Staatspartei CSU gewettert, ist aber zweifelsohne ein sehr bekannter und durchaus beliebter Sohn des Freistaats. Also biss sich der aktuelle Ministerpräsident und CSU-Parteivorsitzende Markus Söder auf alle verfügbaren Lippen und schickte einen schriftlichen Glückwunsch. Der liest sich so:
„Sehr geehrter Herr Söllner,
herzlichen Glückwunsch zu Ihrem 70. Geburtstag.
In sieben Jahrzehnten haben Sie viel erlebt. Sie können stolz auf das Erreichte zurückblicken und sich hoffentlich noch auf viele weitere Jahre mit glücklichen Momenten und schönen Erlebnissen im Freistaat Bayern freuen, einem großartigen Land mit bester Lebensqualität.
Dazu alles Gute, insbesondere Gesundheit!
Mit freundlichen Grüßen,
M. Söder“
Was die KI halt so schreibt, wenn irgendein Beamter der Staatskanzlei in München ihr den Auftrag gibt, einen nicht allzu persönlichen und nicht allzu langen pflichtschuldigen Geburtstagsgruß an einen nicht allzu geschätzten Landsmann zu verfassen.
Doch Hans Söllner wäre nicht Hans Söllner, wenn er die Gelegenheit ausließe, eine angemessene Antwort zu veröffentlichen. Also schickte der Liedermacher eine nette kleine E-Mail an Landesvater Söder. Die liest sich so:
„Hallo Maggus,
genau so einen Schwachsinn und die arrogante Selbstbeweihräucherung hab‘ ich mir zu meinem 70. gewünscht.
Das hättest Du Dir sparen können. Und weil wir schon dabei sind: Ja, ich hab‘ viel erlebt in den letzten 70 Jahren. Aber nicht ein einziges Mal war etwas Positives oder Ermunterndes dabei, was mit Euch bayerischen Ministerpräsidenten zu tun hatte.
Jeder einzelne von Euch gehört für seine Taten und Vergehen an diesem Volk im Nachhinein noch zur Rechenschaft gezogen und eingesperrt.
Besonders Du hast in der schlimmsten Zeit seit Kriegsende gezeigt, was Du von Selbstbestimmung und Demokratie und speziell von meinesgleichen hältst: Nämlich überhaupt nichts – sonst würdest Du Dich darum kümmern, dass Frieden und Menschlichkeit das Ziel und die Ziele Deiner Partei sind und nicht Kriegstreiberei, Waffenexporte und dass Deine Partei Milliardengeschäfte mit Betrügern und geisteskranken Religionsführern macht, die ich gezwungenermaßen in meinem Alter immer noch durch Steuern unterstützen muss.
Also, Maggus, lass‘ Dir Weihnachten Deine Bratwurst schmeggn, und lass‘ Dich feiern. Ich feiere mein Leben und die vielen schönen Augenblicke, die ich hatte. Du gehörst leider nicht dazu.
Nachdenkliche Feiertag wünsche ich Dir,
Hans Söllner“
In Bad Reichenhall ist nicht nur Hans Söllner zur Schule gegangen – übrigens zusammen mit dem gebürtigen Bad Reichenhaller Roland Tichy, dem Gründer dieses Portals. Auch der vielfach preisgekrönte Kabarettist und Liedermacher Georg Ringsgwandl kommt aus der kleinen Stadt im Berchtesgadener Land.
Südostbayern ist offenbar so etwas wie das heimliche Anarcho-Eck Deutschlands.

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Vielen Dank Herr Heiden, vielen Dank TE!
Ja, solche Nachrichten bescheren schöne Weihnachten!
Chapeau !
Das dämliche Gesicht vom Magnus hätte ich gerne gesehen…
Wunderbar! Ich würde auch einigen Leuten gerne mal einen solchen Brief schreiben, nur müsste ich dann wohl meinen Bademantel rauslegen.
Wie Reichenhall 1965 Weltruhm erlangte:
In dem Film „Help!“ (1965) der Beatles gibt es diese skurrile Szene:
Während die Band in den Alpen ist (gedreht wurde hauptsächlich in Obertauern, Österreich), fragen sie nach dem Weg nach Liverpool, und die Antwort lautet: „Rechts an Reichenhall vorbei.
das wußte ich nicht. Sehr lustig.
Den wichtigsten Reichenhaller habt ihr aber vergessen:
Riccardo Simonetti
Im Jahr 2019 wählte ihn das renommierte Forbes Magazin in die Liste der „30 Under 30“, also der 30 einflussreichsten Menschen unter 30 Jahren in der DACH-Region (Deutschland-Austria-Schweiz).
Ich hoffe, dass das kein Akt von LGBTQ-Feindlichkeit ist (Sarkasmus off)
…die von der Eisdiele Simonetti?
Ein Kiffer halt,der Hans.
Einfach köstlich! Vielen Dank, liebes TE-Team, daß Sie uns diesen sensationellen Briefwechsel zur Kenntnis bringen, wo sonst könnte man sich über dieses Schmankerl amüsieren. So kann man doch beschwingt in die Feiertage starten!
Ringsgwandl – Nix mitnehma ! – unübertrefflich
Wenn Politik nur noch aus dem Enddarm der Macht tröpfelt,
dann ist es Zeit für systematische gründliche und wohldurchdachte Anarchie.
Hört ihnen einfach nicht mehr zu.
Lacht sie aus, die Deppen.
Das ist das einzige, was hilft.
„Unsere“ Demokraten sind böswillig und nackt.
Und lächerlich.
Merz läuft geistig in ungewaschenen Unterhosen rum.
Und Bas legt einen geistigen Striptease hin,
der Impotenz verursacht.
Bumm, Krach, Volltreffer, Schiff versenkt. Und am nächsten Baum a…ch, lassen wir das.
Allen Tichyanern, auf beiden Seiten des Bildschirms, inkl. dem Chef aus Bad Reichenhall daselbst, seien FROHE WEIHNACHTEN gewünscht! 🙂
Für diejenigen, die vorwärts fahren gilt zutreffender: „Wer … erst ganz nach unten und dann .. nach LINKS fährt, der landet in Bad Reichenhall.“
Postskriptum
Es ist unzweifelhaft schön, auch in der nicht weit von Bad Reichenhall entfernten bayerischen Landeshauptstadt von dem Wirken des Freigeistes Johann Michael Söllner Kenntnis zu erhalten. Man lernt nie aus.