Corona: Verschleiert Spanien das Ausmaß der Pandemie?

Hat die Pandemie in Spanien weit schlimmer gewütet als die offiziellen Darstellung es zulassen? Eine unerklärlich hohe Anzahl von Todesopfern legt nahe, dass die Zahlen geschönt wurden – zumindest durch Unterlassung – um das wahre Ausmaß zu vertuschen.

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Im Diskurs um Corona beherrschen zwei Zahlen die öffentliche Diskussion: Wie viele Corona-Fälle gibt es in einem Land und wie viele sind verstorben? In Spanien sind diese Zahlen vergleichsweise hoch: Es sind 242.700 Corona-Infektionen bekannt und 27.000 Personen verstorben. Diesen Zahlen nach ist Spanien das Land, welches in Europa an drittschwersten betroffen ist: In Spanien sind 580,8 Personen pro Million Einwohner mit Corona verstorben, in Großbritannien 615 pro Million und in Belgien 842 pro Million. Doch diese Zahlen verschleiern das wahre Ausmaß der Katastrophe.

Quelle: Instituto Nacional de Estadística

Das spanische Statistikamt, Instituto Nacional de Estadística (INE), stellt eine experimentelle Statistik zu den Sterberaten in Spanien zur Verfügung. Dieser ist die folgende Graphik entnommen. Klar zu erkennen ist 2020 eine dramatische Übersterblichkeit zu beobachten. Die rote Linie spricht für sich. Zeitweise wurden mehr als doppelt so viele Todesfälle gemeldet, als aufgrund der vorherigen Jahre zu erwarten war. Landesweit starben wohl 24,14% mehr, als mit Rückblick auf vorherige Jahre erwartet wurde. Das ist zumindest das Ergebnis der offiziellen Statistik.

Dabei wütet die Pandemie nicht in allen Landesteilen gleich. In der Region Murcia zum Beispiel ist kaum eine Übersterblichkeit zu beobachten – eine Abweichung von 1,06% gegenüber den anderen Jahren ist durchaus im Rahmen einer normalen Schwankung.

Doch es gibt auch Regionen, die deutlich schwerer betroffen sind. So zum Beispiel die Stadt und Region von Madrid, welche sich aufgrund ihrer hohen Bevölkerungsdichte auch entsprechend stärker auf die Situation in der Nation auswirkt. Dort beträgt die Übersterblichkeit in diesem Jahr 72,74% des sonst erwarteten Werts und in Madrid werden die Toten in Tausenden gezählt, nicht in Hunderten wie in Murcia.

Es ist eine anschauliche Kurve, die aber verrät, dass die gemeldeten Fallzahlen von Corona-Toten nicht stimmen können.

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Spanien meldet zur Zeitcirca 27.000 verstorbene Corona-Fälle. Der erste Todesfall wurde in Spanien am 4. März, in der 10. Kalenderwoche, gemeldet. Aber seit dieser 10. Kalenderwoche sind 48.000 Personen mehr gestorben als erwartet. Es bleibt also eine Differenz von 21.000 unerklärten Todesfällen. Wie sind diese Menschen ums Leben gekommen?

In Spanien werden nur solche Todesfälle als Corona-Todesfall deklariert, bei denen zum Zeitpunkt des Todes ein positiver Corona-Test vorliegt. Gerade während der Hochphase der ersten – und bisher einzigen – Welle in Spanien waren in Spanien, wie auch in Deutschland, die Testkapazitäten so überbeansprucht, dass für das Testen der Toten einfach keine Kapazität übrig war. Die Lebenden hatten Vorrang. Doch wenn man so vorgeht, muss man nicht getestete Verdachtsfälle auch in die Todesstatistik einfließen lassen. So macht es zum Beispiel Belgien, was dazu führt, dass Belgien die scheinbar höchste Corona-Sterblichkeit der Welt vorweist. Die Belgier behaupten, man müsse die offiziellen Zahlen der meisten anderen Nationen verdoppeln, um sie mit Belgien vergleichbar zu machen. In den Niederlanden war das so: Dort fand das Statististikamt, das zwar etwas mehr als 6.000 Personen als Corona-Tode meldete, die tatsächliche Übersterblichkeit aber mit 9.000 Personen bemisst: 3.000 Tote, wahrscheinlich größtenteils unerkannte oder ungetestete Corona-Opfer, werden in den offiziellen Fallzahlen übergangen. In Spanien ist es ähnlich: Nur, dass das INE wohl hofft, dass niemand bemerkt, dass die offiziellen Corona-Zahlen und die tatsächlich Gestorbenen überhaupt nicht zusammen passen.

Und dies muss den spanischen Behörden bewusst sein. Denn, die Statistiken zur Mortalität in Spanien sind öffentlich zugänglich – und wer über ein Gespür für Zahlen verfügt und die obigen Graphiken sieht, der sieht sofort, dass die offiziell gemeldete Zahl der Corona-Opfer nicht stimmen kann. Doch diese tatsächlichen Opferzahlen tauchen im täglichen Situationsbericht des spanischen Gesundheitsministeriums nicht auf.

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Also, woran sind die 21.000 nicht Gezählten gestorben? In der Großzahl wird es sich um unerkannte oder ignorierte Corona-Fälle gehandelt haben. Eine Überforderung der Intensivstationen und der Krankenhäuser mit den vielen Corona-Patienten könnte ebenfalls seinen Anteil haben, dafür zu sorgen, dass Patienten, die normalerweise dank schneller und guter Behandlung überlebt hätten, gestorben sind. Solche Opfer sollten nicht als „Corona-Todesfall“ vermerkt werden, sind aber trotzdem Opfer der Pandemie: Denn die Gefahr einer Pandemie wie Corona ist es, dass die normalerweise gut funktionierende Infrastruktur zusammenbricht. In Großbritannien fand eine Untersuchung, dass es – zumindest für England und Wales – auch eine gewisse Übersterblichkeit für nicht-Coronainfizierte gab: Doch diese machte nur einen Bruchteil der tatsächlichen Übersterblichkeit aus. Und auch in England und Wales handelte es sich bei vielen „überschüssigen“, nicht-Corona Toten, um Corona-Infektionen, die aufgrund der Vorerkrankungen eines Patienten wohl nicht erkannt wurden.

Wie man es dreht und wendet: in Spanien sind 48.000 Menschen gestorben und tauchen in den offiziellen Statistiken nicht auf. Dies muss den offiziellen Stellen bekannt sein, die mindestens billigend in Kauf nehmen, dass das wahre Ausmaß der Pandemie in Spanien verschleiert wird – möglicherweise auch in der Hoffnung, um  damit Schaden von der immens wichtigen Tourismusindustrie abzuwenden. Wer fährt schon gerne in ein Land auf Urlaub, in dem zwei Kleinstädte einer Pandemie zum Opfer gefallen sind? Doch berechnet man die relative Sterblichkeit in Spanien aufgrund der 48.000 Verstorbenen, so hat Spanien eine Corona-Sterblichkeit von mehr als 1.000 Personen pro Millionen Einwohner: die höchste Rate der Welt.

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Kommentare ( 30 )

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Eco
3 Jahre her

Also bei dem ganzen Chaos würde es mich auch nicht wundern wenn Tote sogar doppelt und dreifach gezählt wurden, einmal mit und einmal ohne Corona.

Th.F.Brommelcamp
3 Jahre her

Im generellen trifft der Virus allen gleich. Alter und konstitution sind bei allen unterschiedlich. Überall. So ist die Zahlen der MIT Corona verstorbenen in Abhängigkeit mit dem Gesundheitssystemen des jeweiligen Landes zu sehen. Politische Entscheidungen wie das Lockdown der Wirtschaft haben keinen Einfluss auf die Sterberate des Virus. Cui bono?
So zeigt die Sterberate der mit Corona verstorbenen lediglich wie funktional das jeweilige Gesundheitssystem ist, wie schlecht oderr wie weit es heruntergewirtschaftet es ist.

docroesner
3 Jahre her

Wozu sollte man auf SARS-Cov2 testen, wenn noch nicht einmal nachgewiesen ist, dass dieses Virus zu einer Erkrankung führen kann? „Andrew Kaufman“, aber Achtung: die Suchergebnisse sind natürlich manipuliert.

Linkskatholik
3 Jahre her
Antworten an  docroesner

Einfach nur bizarr so etwas.

Montesquieu
3 Jahre her

Nein, Herr Tichy…. Erklären Sie doch bitte dem staunenden Publikum, was es damit auf sich hat:…. stellt eine experimentelle Statistik zu den Sterberaten in Spanien zur Verfügung…. Eine „experimentelle Statistik“? Da lacht mein Herz. What’s that?
Die ganze COVID Inszenierung ist eine solche. Warum reproduzieren Sie das ein ums andere wieder? „experimentelle Statistiken“ töten nämlich ganz unexperimentell konkret. Sie haben wirklich keine Ahnung, worauf das hinaus läuft?

Linkskatholik
3 Jahre her
Antworten an  Montesquieu

Das wird doch eigentlich unter dem Link erklärt, aber gerne hier:
https://www.ine.es/en/experimental/defunciones/experimental_defunciones.htm
und dort „Technical Project“. Im Wesentlichen geht es darum, mit längeren Meldeverzögerungszeiten umzugehen.

Jo Walter
3 Jahre her

Es gibt noch weitere Unstimmigkeiten. Die Kurvenform sieht sehr unrealistisch aus im Vergleich zur Infektionskurve in Spanien, man vergleiche hier gerne auch mit anderen Ländern.
Seit 27.05.2020 (also seit in den letzten 18 Tagen) wurden insgesamt nur noch 18 Todesfälle gemeldet, seit dem 7.06.2018 sogar keine mehr. Obwohl aktuell immer noch ungefähr 7.500 Fälle aktiv sein dürften. Wenn man nur bei diesen und von einer niedrigen Sterberate ausgeht, müssten davon 375 Personen versterben (bei 5%), was ungefähr 20 Todesfällen pro Tag entspräche.

Eloman
3 Jahre her

Die tatsächlichen Zahlen in China würden mich mal interessieren.

Montesquieu
3 Jahre her
Antworten an  Eloman

Sie werden sich wundern, mehr gibt’s da nicht zu gaffen, als berichtet wird. Die Riesenbeatmungsnotlazarette wurden weitgehend wieder abgebaut.

Riffelblech
3 Jahre her

Dieser ganze Irrsinn ist nicht das Papier wert ,auf dem die Meldungen gedruckt werden. „ An oder mit Corona verstorben“ alleine diese Formulierung lässt einem das Blut in den Adern gefrieren. Es geht in dieser Sache nur Eines. Entweder man stirbt an Corona,aber nicht mit .Man kann infiziert sein ,an etwas Anderem sterben . Dann ist die Todesart genauso Wegweisend wie mit Fußpilz oder mitvKaries gestorben . Der Hintergrund dieser Verdummung ist doch der Shutdown .Das wurde angestrebt und nahezu weltweit durchgesetzt. Warum nur ? Wer sind die Gewinner ? Bill und Konsorten ? Multinationale Konzerne der Pharmaindustrie ? Es… Mehr

butlerparker
3 Jahre her
Antworten an  Riffelblech

Ich stimme zu, daß von den Regierungen, besonders bei uns, schwere Fehler gemacht wurden. Erst wurde das Virus kleingeredet, dann in Panik überreagiert. Es ist ja schon ein Fortschritt, daß von „an und mit Virus….“ gesprochen wird. Meist hieß es „an Coroan gestorben“ , auch wenn das gar nicht der Fall war. Das hat nichts mit Volksverdummung zu tun, denn wenn man das genau wissen wollte, dann hätte man alle „mit oder an Corona…..“ obduzieren müssen. Wie im Artikel richtig steht, musste man sich erst einmal um die Lebenden kümmern und versuchen, diese am Leben zu erhalten. Würde man die… Mehr

Protestwaehler
3 Jahre her

Bund steigt mit 23% bei Curevac AG ein, das zum Thema „Bill Gates“ und Verschwörungstheorien 😉

https://de.wikipedia.org/wiki/Curevac

tommik
3 Jahre her

Meine Mutter wurde am 24. März mit starken Atembeschwerden und Kraftverlust ins Krankenhaus eingeliefert. Natürlich war Besuchsverbot. Ich konnte mir kein Bild des Gesundungsverlaufs machen. Sie lag ganz alleine in der Klinik, ohne Verbindung zu ihrem Sohn, der sich immer um sie kümmerte. Jeder Arzt erzählte etwas anderes. Am 29. März meinte ein Arzt, es ginge ihr besser und in wenigen Tagen würde man sie aus dem Krankenhaus entlassen können. Sie benötige noch etwas Sauerstoffunterstützung und wäre noch am Monitor angeschlossen. Sie wollten nur noch etwas Wasser aus der Lunge absaugen. Einen Tag später war sie verlegt worden weil die… Mehr

birgitschlattmann
3 Jahre her
Antworten an  tommik

Ich denke viele Menschen sterben wegen Corona.Nicht an,durch oder mit.Diese Menschen haben keine Stimme. Auch deren Angehörige nicht. Der Missbrauch hält an.Der Machtgewinn ist zu groß.

Anton
3 Jahre her

Ich hätte übrigens noch eine Idee für einen weiteren Corona-Artikel: Gehen Sie doch einmal der Frage nach, aufgrund welcher Datengrundlage ein paar ausgewählte Länder dieser Erde die selbstschädigenden Lockdowns verfügt haben. Mit ein paar Zahlen könnte ich sogar schon vorlegen: Nigeria (Bevölkerung: 205 Millionen) begann den Lockdown ohne einen einzigen Corona-Toten. Pakistan (Bevölkerung: 217 Millionen) begann den Lockdown nach acht sogenannten Corona-Toten. Das Nachbarland Indien (Bevölkerung: 1,4 Milliarden) begann den Lockdown nach zehn sogenannten Corona-Toten. Wir (Bevölkerung: 83 Millionen) hatten nach meiner Erinnerung etwa 30 sogenannte Corona-Tote. Wie mag es da erst in Israel (Bevölkerung: 9 Millionen) ausgesehen haben? Lockdown… Mehr