SPD und Grüne entziehen Extremisten der „Letzten Generation“ ihren Schutz

Die Union hat einen Antrag in den Bundestag gebracht mit dem Ziel, die Klima-Extremisten der „Letzten Generation“ härter zu bestrafen. Der wird scheitern – doch die Debatte zeigt, dass sich der Wind gedreht hat.

IMAGO / Emmanuele Contini
MdB Sonja Eichwede (SPD) und ehemalige Strafrichterin (Aufnahme vom 8. September 2022)

Drei Monate bis fünf Jahre Haft. Das wäre der Strafrahmen für Klima-Extremisten gewesen, wenn sich die Union mit ihrem Antrag im Bundestag durchgesetzt hätte. Entsprechend wollten die Christdemokraten den Nötigungs-Paragrafen 240 im Strafgesetzbuch ändern. Der sollte für Straßen-Blockaden greifen. Auch die Behinderung von Rettungsmaßnahmen oder die Zerstörung von Kulturgütern sollte härter bestraft werden. Damit wird die Union wohl scheitern – der Antrag ist an die Ausschüsse verwiesen.

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Trotzdem hat sich in der Debatte etwas Entscheidendes getan. Das zeigt vor allem die Rede der ehemaligen Strafrichterin Sonja Eichwede (SPD): Zwar sei Klimaschutz ein zentrales Anliegen der deutschen Politik, sagt die Abgeordnete. Doch die Taten der Letzten Generation hätten eben „nichts mit Klimaschutz zu tun“. Die Sozialdemokratin fordert mit Blick auf Straßenblockaden und zerstörten Kunstwerken: „Hier muss unser Rechtsstaat mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln konsequent handeln.“

Die ehemalige Strafrichterin gibt eine bemerkenswerte fachliche Einschätzung ab: Die notwendigen Paragrafen seien da. Sie müssten nur angewendet werden. Eichwede erinnert daran, dass es bei der Suche nach dem Strafmaß Faktoren gibt, die strafmildernd oder verschärfend wirken können. Dazu gehören etwa vorhandene oder fehlende Vorstrafen oder aber auch ein „erheblich rücksichtsloses Vorgehen“, wie es die ehemalige Strafrichterin der Letzten Generation bei deren Taten attestiert. Das mag sophistisch klingen – nach reinen Wortgeplänkeln. Doch eine solche politische Festlegung kann sich schon bald auf die Praxis der Gerichte auswirken.

Bisher haben die Gerichte milde gegenüber den Extremisten der Letzten Generation geurteilt. TE berichtete mehrfach. Doch dafür gab es mehrere Gründe. Zum einen haben bei den einzelnen Tätern bisher Vorstrafen gefehlt. Allerdings handelt es sich meist um einen kleinen Kreis an Extremisten, der immer wieder Straßen blockiert. Das heißt: Demnächst stehen die gleichen Täter erneut vor Gericht. Dieses Mal mit einem Kerbholz, auf dem schon etwas steht.

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Zum anderen zeigten sich die Richter bisher verständnisvoll. Weil sie das grundsätzliche Ziel der Extremisten, den Klimaschutz, teilten. Und weil sie somit den Taten ein selbstloses Motiv unterstellten. Das wird schwieriger, wenn der Bundestag von „erheblich rücksichtslosem Vorgehen“ spricht. Vorsatz und Motiv spielen ebenso wie Vorstrafen und Sozialprognosen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, das Strafmaß festzulegen. Da galten die Extremisten der Letzten Generation bisher als von der Gesellschaft geschützt. Doch diesen Schutz scheinen sie zu verlieren, wie die Debatte im Bundestag zeigt.

Dort gehen sogar die Grünen zu den Extremisten auf Distanz: „Die letzte Generation erweist dem Klimaschutz einen Bärendienst und streut all denen Sand ins Getriebe, die sich ernsthaft und aufrichtig für eine wirksame Klimaschutzpolitik einsetzen“, sagt die grüne Abgeordnete Irene Mihalic. Statt über die Klimakrise zu reden, diskutierten die Menschen jetzt über Tomatensuppe auf Kunstwerken. Davon abgesehen seien die Taten rechtsstaatlich „hochproblematisch“. Die Grünen lehnten alles ab, was geeignet sei, „die Sicherheit der Menschen zu gefährden“ und die Schwelle zu Straftaten überschreite.

Die Ampelkoalition wird den Antrag der Union ablehnen. Deren Abgeordnete Andrea Lindholz räumt nebenbei ein, dass es den Christdemokraten mit dem Antrag darum gegangen sei, „ein Zeichen zu setzen“. Und der AfD-Abgeordnete Thomas Seitz weist auf die erheblichen handwerklichen Mängel in eben diesem Antrag hin. Somit ist letztlich nicht der Antrag entscheidend. Eine Initiative der Opposition, die bald vergessen sein wird. Doch die Regierungsfraktionen senden klare Signale an die Richter, die künftig über das Strafmaß für Klima-Extremisten entscheiden werden: Der gesellschaftliche Schutz scheint den Tätern entzogen.

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Kommentare ( 72 )

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Sonny
1 Jahr her

Ich glaube, Sie interpretieren da zuviel rein. Das ist Brot und Spiele fürs Volk. Mehr nicht. Das Geld fließt weiterhin in immensen Strömen an die NGO´s und wirkt schon fast wie ein Bestechungsgeld.

Dr. Rehmstack
1 Jahr her

Gestern bei Talk im Hangar auf servus tv war die österreichische Vertreterin von Last Generation zu Gast. Die junge Frau ist ausgebildete Molekularbiologin und somit kann man bei ihr zumindest vermuten, dass sie intellektuell eher auf der linken Seite der Gaußschen IQ Verteilung zu finden ist. Für mich war ihr Verhalten eine hoch interessante Persönlichkeitsstudie, ein Urteil möge sich jeder selber machen. Was bei dieser Frau so bemerkenswert ist und symptomatisch für die ganze Gruppe, ist die völlige Verweigerung, andere Argumente auch nur zuzulassen, jedes Gegenargument wird lächelnd übergangen, man ist im Besitz der Weisheit und die andere Seite verbreitet… Mehr

Rob Roy
1 Jahr her

Sie entziehen zwar den „Schutz“, aber nicht die Geldmittel. Die meisten, wenn nicht sogar alle NGOs erhalten Fördergelder vom Staat – gegen den sie dann agitieren.
Solange die Grünen und andere Parteien das dulden, machen sie sich gemeinsam mit den „Aktivisten“. Sind halt nützliche Idioten, wie sie schon Lenin genannt hat.

Axel Haare
1 Jahr her
Antworten an  Rob Roy

Hallo?!? Sie machen sich gemein! Ohne Rot/Grün gäbe es diese Finanzierung der NGO’s gar nicht. Im Gegenteil: Die heutige Rechtsprechung sieht für Nötigung bestenfalls Bewährungs- oder Geldstrafen vor. Letztere zahlen die NGO`s (DUH, BUND, NABU und Greenpeace) den Aktivisten aus der Portokasse und lachen nur drüber.

Siggi
1 Jahr her

Zumindest auf die Justiz können sich diese Chaoten verlassen.

fatherted
1 Jahr her

alles nur Vordergründig….im Hintergrund wird weiter unterstützt. Die Öffentlichkeit will die Klimakleber am Pranger haben….da wehen die Fähnchen halt nach dem Wind und man ist entrüstet…..tun wird man trotzdem nichts gegen diese Leute….und insgeheim freut man sich….denn die bereiten ja „den System-Change“ vor.

Waehler 21
1 Jahr her

Lanz ist eben für klare Kante gegen grob fahrlässigen Totschlag!? .
Nur mal so. Grob fahrlässig, ist bedingter Vorsatz!

elly
1 Jahr her

die Schreiberlinge halten zu den Pattexkids „Köpft doch nicht immer den Boten!

Eine Kolumne von Petra Pinzler

Wir regen uns weniger über einen Kanzler auf, der das Klima nicht genug schützt, als über einen festgeklebten Aktivisten. Das ist irre!“
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2022-11/strassenblockaden-klimaschutz-olaf-scholz-5vor8?cid=63363769#cid-63363769
Irre ist auch, dass die Kolumnistin nicht weiß : Habeck ist Klimaminister. Oder ist es Absicht, weil Scholz bashing so hip ist ´und ZON die verlängerte Pressestelle der Grünen?

Ananda
1 Jahr her
Antworten an  elly

Erst wenn alle Ämter bei den Grünen sind gibt´s Ruhe von der 95%igen grünen, vierten Gewalt. Plus dem Amt für Bekämpfung der Deletimierung ungebildeter Ideologen.

Andreas aus E.
1 Jahr her
Antworten an  Ananda

Selbst wenn die 95% hätten: dann greift – spätestens – die Regel „Revolution frißt ihre Kinder“.
Dann würden die „Altvorderen“ abgesägt, damit noch radikalerer Nachwuchs an die Futtertröge kommt.
Usw., usf.
Die würden selbst bei 150% noch keine Ruhe geben.

Last edited 1 Jahr her by Andreas aus E.
Ingolf
1 Jahr her

Den Hahn der staatlichen Finanzierung für diese Extremisten/Terroristen einstellen und sämtliche Fremdfinanzierung durch Dritte genau prüfen und die Geldgeber in U-Haft stecken. Hat man bei Michael Ballweg ja auch gemacht (sitzt mittlerweile seit 06/2022 in U-Haft in Stammheim).

humerd
1 Jahr her
Antworten an  Ingolf

die Geldgeber der letzten Generation sitzen in den USA.

Freige Richter
1 Jahr her

Was nutzt die Aussage der ehem. Strafrichterin Sonja Eichwede und jetzt Hinterbänklerin der SPD? Was sagt die Regierungsbank dazu? Habeck finanziert die -Aktivisten-, wie in einschlägigen Zeitungen zu lesen war. Hat er die Finanzierung eingestellt? Nein? Dann war Eichwedes Rede leider reine Zeitverschwendung.

Vielfahrer
1 Jahr her

Logisch, dass die Grünen und die SPD auf Distanz gehen: Man kämpft mittlerweile ums politische Überleben angesichts der für Deutschland im Raum stehenden Entwicklungen! Interessant in diesem Kontext auch der heutige Leitartikel pro Kernkraft bei t-online, der den deutschen Atomausstieg als das bezeichnet, was er tatsächlich ist: strunzdumm. Es kommt also offensichtlich etwas in Bewegung!