Bundesregierung erwägt Uniper-Verstaatlichung 

Im August bat Uniper um mehr staatliche Hilfe und erhöhte die Rechnung für ihr Rettungspaket auf 19 Milliarden Euro. Nun erwägt der Bund, die Mehrheit am Gasversorger zu übernehmen.

IMAGO / Sven Simon
Uniper-Erdgasspeicher Bierwang im Landkreis Mühldorf am Inn, 23.05.2022

Angesichts der Gaskrise spielt die Ampel offenbar mit dem Gedanken, Uniper zu verstaatlichen. Laut einer Meldung von Bloomberg könnte die Ampel eine Mehrheit am angeschlagenen Gasimporteur Uniper übernehmen. Das Unternehmen wies am Mittwoch auf die Verluste hin, die seit der Vereinbarung eines ersten Rettungsabkommens gewachsen sind. 

Im Juli wurde bekannt: Der Staat steigt mit 30 Prozent bei dem Energieversorger ein und stellt 7,7 Milliarden Euro zur Verfügung, die ähnlich wie Eigenkapital wirken sollen. Gleichzeitig sollte die staatliche KfW-Bank die Kreditlinien für den Konzern von bislang zwei Milliarden Euro auf neun Milliarden Euro aufstocken und durch eine sogenannte Wandelanleihe absichern.

Das Unternehmen hat sich bereits 13 Milliarden Euro Kreditlinien vom Staat gesichert, von denen es die meisten bereits in Anspruch genommen hat, schreibt Bloomberg. Im vergangenen Monat bat es um mehr staatliche Hilfe und erhöhte die Rechnung für ihr Rettungspaket auf 19 Milliarden Euro.

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Uniper-Chef Klaus-Dieter Maubach hatte bereits im Juli auf die Möglichkeit hingewiesen, dass der Bund theoretisch am Ende mehr als 50 Prozent des Unternehmens halten könnte. Am Mittwoch ließ Uniper verlauten, die Regierung könne eine Mehrheit an dem Unternehmen übernehmen – was prompt zu einem Kurssturz von 20 Prozent führte. „Die Parteien prüfen alternative Lösungen, unter anderem eine direkte Eigenkapitalerhöhung, die zu einer deutlichen Mehrheitsbeteiligung der Bundesregierung führen würde“, so Uniper in einem Statement. 

Bloomberg berichtete zuvor unter Berufung auf Quellen, die mit der Angelegenheit vertraut sind, die Regierung könne einen Anteil von mehr als 50 Prozent übernehmen. Jedoch betonte Uniper, es seien noch keine Entscheidungen getroffen worden, die über das hinausgingen, was im Juli vereinbart worden war. 

Zu den Gesprächen, die das Unternehmen mit der Regierung führt, gehört auch die finnische Muttergesellschaft Fortum. Die Beteiligten würden nun auch alternative Lösungen prüfen, darunter eine Kapitalerhöhung, die zu einer „signifikanten Mehrheitsbeteiligung“ führen würde. Damit sei die Ampel offen für „einen historischen Schritt“, schreibt Bloomberg weiter. Auch sei eine vollständige Verstaatlichung im Gespräch, wobei die finnische Uniper-Muttergesellschaft Fortum Oyj ein Mitspracherecht bei dieser Entscheidung hätte, heißt es weiter. Mehrheitseigentümer von Fortum ist der finnische Staat. Fortum besitzt bislang 78 Prozent der Uniper-Anteile.

Offenbar laufen noch die Gespräche mit der finnischen Regierung. Deutschland habe erklärt, es sei nicht bereit, den finnischen Anteil aufzukaufen. Bisher lehnte das Wirtschaftsministerium eine Stellungnahme ab. 

Wegen der eingestellten Gaslieferungen seitens Russlands muss Uniper Gas am Spotmarkt kaufen – was zu milliardenschweren Verlusten führt. Sollte es zu der geplanten „Gasumlage“ kommen, würde der Konzern mit Abstand am meisten davon profitieren. 

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Kommentare ( 20 )

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Deutscher
2 Jahre her

Habeck ist schon ganz scharf auf dieses einmalige Schnäppchenangebot… 😀

alter weisser Mann
2 Jahre her

Uniper ist Deutschlands größter Gashändler und handelte mir Gas aus Russland.
Einen Gashändler, dem man selbst die Geschäftsgrundlage wegsanktioniert, für Milliarden nach Deutschland verstaatlichen, obwohl der im Grunde schon ein finnisches Staatsunternehmen ist. Am Ende spielt der Staat dann Gashändler und zahlt sich dabei selbst die Gasumlage, die der Verbraucher aufbringt.
Die sind doch völlig bekloppt, denn das kann man einfacher haben.

Last edited 2 Jahre her by alter weisser Mann
Kassandra
2 Jahre her
Antworten an  alter weisser Mann

Uniper ist bei Weitem nicht nur Gashändler.
Schauen Sie nur, was die sich sonst noch auf die Fahne geschrieben haben. Das geht weit über das Handeln mit Gas hinaus: „Lösungen zur DekarbonisierungUniper verfügt über ein umfassendes Angebot an Produkten und Dienstleistungen, die Industriekunden und kommunale Versorgungsunternehmen bei der Dekarbonisierung unterstützen. Wir können die Energie-Erzeugung vor Ort auf einen CO2-ärmeren Brennstoff umstellen. Wir analysieren Produktionsprozesse, um Möglichkeiten zur Senkung des Verbrauchs zu finden. Und wir bieten zertifizierten Ökostrom sowie CO2-Kompensationen für Emissionen, die unvermeidbar sind.“ https://www.uniper.energy/de/loesungen
Es „flutscht“ halt anscheinend nicht so, wie man sich das gewünscht hatte!

T. Ruebsal
2 Jahre her

Kennt jemand noch die Verstaatlichungen nach der Gründung der DDR? Es dauerte auch einige Jahre, dann war fast alles in Hand des Arbeiter- und Bauernstaates. Komplett kollektiviert. Das ruinöse Ende sollte jeder eigentlich kennen.

Kassandra
2 Jahre her

Ganz ehrlich? Ich habe immer noch nicht verstanden, was eigentlich die Geschäftsgrundlage dieses viele Steuermilliarden schluckenden Konzerns ist, wie dessen Verluste entstanden sind und weshalb der deutsche Steuerzahler dafür aufkommen soll. Bei wiki findet man: „Die Uniper SE [ˈjuːnipɚ] ist eine börsennotierte Gesellschaft, die 2016 durch Abspaltung der konventionellen Stromerzeugung aus Kohle, Gas, Wasserkraft (ohne Kernenergie) und des globalen Energiehandels von der E.ON entstanden ist.[3] Seit März 2020 gehört Uniper mehrheitlich dem finnischen Energiekonzern Fortum.[4] Uniper ist an drei Atomkraftwerken in Finnland und Schweden und an Kohlekraftwerken in Russland beteiligt.“ … Im November 2017 schloss Uniper die Veräußerung der Beteiligung… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Kassandra
Dunkelsachse
2 Jahre her
Antworten an  Kassandra

„wie dessen Verluste entstanden sind und weshalb der deutsche Steuerzahler dafür aufkommen soll.“
Der ist an NS 2 beteiligt. Die fehlende Betriebsgenehmigung hat

  1. Für eine Abschreibung von etwa 3 Milliarden Euro verursacht
  2. und die günstige Bezugsquelle für Gas verschlossen (gelassen)
  3. mit der Folge, nun Gas zu Mondpreisen am Spotmarkt Antwerpen kaufen zu müssen.

Die bekommen also Schweigegeld.

hoho
2 Jahre her
Antworten an  Kassandra

Ich vermute Uniper war nicht nur einer der Partner von NS2 AG sondern auch eine Menge Gas aus NS2 kaufen wollte. Nun ist diese Gas nicht da und die Gelder die in Bau von NS2 gesteckt wurde musste abgeschrieben werden. Die Sanktionen machen das ganze nun noch schlimmer bis es gar nichts geht. Ich frage mich wieviel Firmen Pleite gehen müssen bis diese Verräter in Berlin es endlich verstehen und die Sanktionen aufheben? Oder muss das echt in einer Katastrophe enden? Vlt ist das nützlich um Finanzsysteme des Westens neu zu starten und alles auf Putin schieben zu können? Nun… Mehr

November Man
2 Jahre her

Weil die unfähige deutsche Regierung eh kein Gas mehr aus Russland will und wir so bald kein Gas mehr haben brauchen wir Uniper auch nicht. Also, erhaltene Steuer-Milliarden von Uniper zurückbuchen, Uniper Deutschland kann dann zusammenpacken und nach Finnland umsiedeln. Wir brauchen keine bankrotten Firmen die uns nur ausnehmen und sich auf unsere Steuerzahlerkosten sanieren.  

bkkopp
2 Jahre her

Der Börsenkurs von Uniper ist in diesem Jahr von ca. € 40.- auf ca. € 4.- gefallen. Dies dürfte eine gute Gelegenheit sein die Firma zu zwingen in dieser Preislage neue Aktien für den Verlustausgleich auszugeben, die der Bund, oder besser die KfW, übernimmt, und damit die Mehrheit des Aktienkapitals. Die erwartbare finanzielle Erholung würde nicht alle Verluste ausgleichen, aber der Bund wäre an der Wertsteigerung wesentlich beteiligt.

Ruhrler
2 Jahre her

Verstaatlichung? Aber vorher lassen wir´s nochmal ordentlich krachen. So ein Galadiner mit 400000 € sponsorn ist ja kein Problem wenn´s Millarden vom Staat gibt. Und der Chef sagt sogar noch das er es jederzeit wieder tun würde. Wo kommt nur dieser dauernde Brechreiz bei mir her???
https://www.businessinsider.de/wirtschaft/uniper-chef-zu-gala-dinner-gehen-mit-steuergeld-vorsichtig-um-a/

Wilhelm Rommel
2 Jahre her

Wird dann der arme Philipp Rösler (seit Jahren Aufsichtsrat bei Fortum (Uniper-Großaktionär) auch verstaatlicht – so etwa nach dem Volkslied „Sah ein Knab‘ ein Röslein stehn…“:
„Sah der Kri-hi-schan Rösler’n steh’n –
einsam u-hu-nd alleine –
konnt‘ das Elend nicht ansehn,
sagte si-hi-ch: Da muss was gehn:
Helf‘ euch au-hau-f die Beine…“.
Menschenskinder, es wird täglich doller in diesem ganzen Kasperl-Theater namens Ampel…

Kassandra
2 Jahre her
Antworten an  Wilhelm Rommel

Rösler ist nicht arm. Ist ja nicht seine einzige Postion in einem Aufsichtsrat.
Was bei Uniper an Vorstand und Aufsichtsrat an Tantiemen gezahlt wird, ist für 2021 hier festgehalten: https://www.uniper.energy/sites/default/files/2022-04/verguetungsbericht_hv_2022.pdf
Aber erschrecken Sie nicht. Bei Maubach, dem Vorstandsvorsitzenden, habe ich bei 6.000.000 Euro aufgehört, nach weiteren Vergütungspositionen zu suchen.
Rösler wird ähnlich abgefunden werden.

Hieronymus Bosch
2 Jahre her

Solange sich das Unternehmen noch teure Empfänge in Luxus-Hotels leisten kann, kann es ihm ja nicht so schlecht gehen! Und zur Not springt der dumme Steuerzahler ein, das kennen wir doch schon zur Genüge!

elly
2 Jahre her

Milliarden über Milliarden und niemals die Frage, wie das denn finanziert wird. Eine Frage, die jedesmal gestellt wird, wenn der Bevölkerung Brosamen gegeben werden soll. Und noch ein Coup „BUNDESNETZAGENTUR:Wenn Verzicht auf Gas einen Preis bekommt“ „So haben wir gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium und der Trading Hub Europe (THE) im Austausch mit der Industrie ein Regelenergieprodukt entwickelt, das auch als „Gasauktionsmodell“ bezeichnet wird. “ und gleich kommt die Einschränkung „. Angesichts der großen Probleme sind allerdings Erwartungen entstanden, die das Regelenergieprodukt nicht erfüllen kann und nicht erfüllen sollte.“ (…) “ Knapp zusammengefasst funktioniert es so: Industriekunden geben ein Gebot ab, zu welchem Preis sie… Mehr

humerd
2 Jahre her
Antworten an  elly

Die Empfänger der Brosamen, also Almosen, müssen die zig Milliarden erwirtschaften. Da muss schon sorgfältig die Finanzierung geplant werden.

H. Hoffmeister
2 Jahre her
Antworten an  elly

Das Framing ist klasse: „Regelenergieprodukt“, das sind die innovativen „Produkte“ mit denen Deutschland ganz sicher Exportweltmeister wird.

Kassandra
2 Jahre her
Antworten an  H. Hoffmeister

Ja. Das können Sie. Worte verwenden, die einen Knoten in jeden Verstand machen, aber das Wesentliche nicht erkennen lassen.
.
Ich möchte von jemandem klipp und klar hören, was dieses „Uniper“ genau macht und weshalb es so wichtig ist, es mit Steuergeldern aus der selbst verursachten Bredouille zu ziehen – und was der Profit dann für unser Land sein wird.
Hat man uns nicht immer gewarnt, Verträge zu unterschreiben oder Geld in Geschäfte zu stecken, bevor man sie versteht?

Dr. Heisenberg
2 Jahre her
Antworten an  Kassandra

Uniper hat ursprünglich sein Gas aus Russland, für ca. 0,3 €/m3 bezogen. Dieses verkaufte sie gewinnbringend an die Stadtwerke weiter. Russland liefert nun nichts mehr. Damit ist Uniper pleite, und die Folge wäre eine Massenpleite der Stadtwerke und ein Zusammenbruch D, energiemäßig. Uniper hat von der Ampel den Auftrag bekommen, die Stadtwerke weiterzubeliefern, über den Spotmarkt. Bei DUTCH TTF kostet Erdgas z. Zt. 2,- €/m3.
https://de.investing.com/commodities/dutch-ttf-gas-c1-futures
Noch teurer ist LNG-Flüssiggas aus USA mit ca. 3,- €/m3.
https://www.finanzen.net/rohstoffe/erdgas-preis-natural-gas
Ich selbst bezahle 0,85 €/m3.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage beantworten.

Kassandra
2 Jahre her
Antworten an  Dr. Heisenberg

. Heisenberg: dann gehört die Ampel an den Pranger.
Putin hat Scholz in dem dieser Tage stattgefundenen Telefonat erneut die Lieferung von Energie in bestelltem Umfang angeboten – Scholz müsste nur die Sanktionen sowohl von NSI als auch von NSII nehmen.
Oder kann Scholz das etwa gar nicht?
Was für ein „Kanzler“ wäre er aber dann?

Kassandra
2 Jahre her
Antworten an  elly

Gambler und Hasardeure. Aber das war, nach Habecks Statement vor Zeiten, nicht anders anzunehmen: „…Wenn man sich Großes vornimmt, kann man scheitern, aber die Alternative wäre ja, sich nichts mehr vorzunehmen aus Angst, dass man scheitern könnte. Wer will in so einem Land leben und wer will so eine Bundesregierung haben? Ich hätte keinen Bock, in solch einer Regierung Minister zu sein. Deshalb voll ins Risiko und vielleicht gelingt es ja auch, und dann können wir alle miteinander stolz aufeinander sein.“ Außerparlamentarisch treffen sich welche gerne im „Rat der Agora Energiewende“ – was sie da inoffiziell auch immer zu besprechen… Mehr