Bahnstreik: Weselsky und Grube – beide müssen weg

Irgendwann fehlen einem ja die Worte. Nun wird die GDL wieder streiken. Ich habe das immer Geiselnahme genannt; ab sofort ist dieser Begriff falsch. Denn wer jetzt noch mit der Bahn fährt, hat selber Schuld. Gibt es eigentlich einen Begriff für selbstverschuldete Geiselnahme? Geiselsuizid? Dabei ist der Begriff berechtigt.

Üblicherweise richten sich Streiks gegen ein Unternehmen, sagen wir ein Automobilwerk. Wer ein Auto bestellt hat, muss dann halt ein paar Tage länger auf die Lieferung warten – oder auf ein anderes Fabrikat ausweichen. Der Bahnstreik nimmt die Passagiere und die Transporte der Unternehmen ins Visier. Die aber können am Zustand der Tarifverträge nichts ändern. Sie können nur etwas ändern: ihr Verkehrsverhalten. Jeder, der noch der Bahn sich oder seine Produkte anvertraut, weiß: Selber Schuld.




Nun kennen wir das Ritual. Claus Weselsky, der Chef der Lokführer, wird wieder vom Grundrecht auf Streik faseln. Dabei wird er die Fakten reihenweise unterschlagen: Etwa, dass jedes Grundrecht seine Grenzen in den Rechten der Anderen findet. Deshalb gibt es kein „unbegrenztes Grundrecht“ auf Streik. Die Bundesregierung will deswegen so kleinen Gewerkschaften wie den paar hundert betroffenen Lokführern das Streikrecht generell beschneiden; den Piloten und Klinikärzten gleich mit. Klar, das geht sehr weit. Aber geht es zu weit angesichts der lächerlichen Bahn-Nummer? Die Grenzen des Zumutbaren werden eben gerade umrangiert – Richtung Streikverbot. Von den Lokführern selbst. Klug ist das nicht.

Ohnehin gibt es einen gewaltigen Unterschied zwischen Recht haben und rechthaberisch. Die GDL ist rechthaberisch – sie missbraucht ein Recht. Unterstützung darf sie dafür nicht erhalten – schon gar nicht von den anderen kleineren Gewerkschaften. Denn die GDL ist es, die den Strick liefert, mit dem die anderen jetzt an den DGB gefesselt werden.

Wer da jetzt Recht hat, die Bahn oder die GDL, ist übrigens egal. Bahnchef Rüdiger Grube tanzt zwar auf jeder Party – ist aber offensichtlich nicht in der Lage, die seines Unternehmens zu beherrschen. Wenn zwei Streithanseln sich verzankt haben, braucht es einen Neuanfang. Es reicht jedenfalls nicht, wenn Grube immer irgendwelche Pressesprecher vorschickt und sich selbst bedeckt hält. Führungsstärke sieht anders aus. Verhandlungskunst auch. Sein Millionengehalt verdient er dafür, dass er das schier Unmögliche schafft. Wenn er es nicht schafft – gehört Grube gefeuert. Verdientermaßen.

Der Bund kann als Allein-Aktionär des Staatsunternehmens auf der einen Seite durchgreifen. Denn Grube kann es nicht. Die Schuld nur bei Weselsky abzuladen, geht gar nicht. Auch nicht der Trick, sich bedeckt zu halten und Pressesprecher vorzuschicken, die unglaubwürdige und meist peinliche Statements abgeben. Man mag Weselsky mögen oder nicht: Er stellt sich wenigstens hin. Grube dagegen versucht, sich wegzuducken. Aber zum Streiten gehörten bekanntlich zwei. In diesem Fall jene zwei, die die Strecke wieder frei machen müssen. Denn für die Bahn ist der Schaden größer als noch ein Streik: Nur Dumme fahren noch Bahn.




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