Ampel-Sondierungspapier: Überall Mehrausgaben, keine Steuererhöhungen

In allen zentralen Fragen haben die Liberalen klein beigegeben: Klima, Migration, Wirtschaft. Und was den Verzicht auf Steuererhöhungen angeht: Das versprechen fast alle Regierungen. Am Ende sind sie aber dazu gezwungen, wenn die Staatsausgaben nicht beschränkt werden.

IMAGO / Chris Emil Janßen
Keine Steuererhöhungen, Wegfall der EEG-Umlage und das Festhalten an der Schuldenbremse – das sind wohl die wichtigsten Punkte, die die FDP als Errungenschaften in den Ampel-Sondierungen präsentieren kann. Bei den restlichen Kernfragen im Sondierungspapier, das die Basis für Koalitionsverhandlungen bilden soll, hat man als Liberaler wenig zu lachen. Bei privaten Neubauten sollen Solaranlagen auf dem Dach „die Regel“ sein, der Mindestlohn soll natürlich nur „einmalig“ auf 12 Euro erhöht werden, ab 2035 sollen wohl keine Verbrenner mehr zugelassen werden, außer mit synthetischen „E-Fuels“, der Kohleausstieg soll möglichst schon 2030 folgen. Vor allem sagt das Papier eines: Ausgaben, Ausgaben, Ausgaben. Sei es für die Förderung Erneuerbarer Energien, die „massiv“ ausgebaut werden sollen, Bildung, einen „Digitalpakt 2.0“, mehr staatliche Forschung und natürlich ein „Demokratiefördergesetz“. Und natürlich wird die ganze grüne Klimaagenda umgesetzt.

Wie wird aber all das bezahlt, wenn man doch keine neuen Steuern erhöhen und sich an die Schuldenbremse halten soll? Dazu findet man kein Wort. Steuererhöhungen will formal sowieso keine Partei. Wenn man aber teure Wunschprojekte von Grünen und SPD mitträgt, ist auch das Fehlen eines Tempolimits auf der Autobahn kein Trost dafür, dass all die Mehrausgaben früher oder später vom Steuerzahler getragen werden müssen.

Nebenbei sind im Sondierungspapier auch allerhand linksliberale Wunschprojekte zu finden, z.B. Bundestagswahlrecht ab 16, Grundgesetzänderungen für sogenannte Kinderrechte und ein „Verbot der Diskriminierung wegen sexueller Identität“. Außerdem will man die „Rechtsordnung der gesellschaftlichen Realität anpassen“, indem man etwa das Staatsangehörigkeitsrecht und das Transsexuellengesetz ändert. Auch bei der Einwanderungspolitik soll sich einiges ändern: Neben der legalen Einwanderung über ein neues Punktesystem zur Einwanderung, soll es den umstrittenen „Spurwechsel“ geben, das heißt, dass z.B. abgelehnte Asylbewerber trotzdem bleiben dürfen, wenn sie „integriert sind und für ihren eigenen Lebensunterhalt sorgen“ können.

Die FDP hat in nahezu allen zentralen Fragen die Segel gestrichen. Es bleibt das Versprechen von ausbleibenden Steuererhöhungen – das ist allerdings ein leeres. Beginnt man erstmal dieses Programm umzusetzen, wird man schnell zu Steuererhöhungen gezwungen sein. Die FDP wird auf dieser Basis keine politischen Erfolge feiern können – und leitet damit nebenbei auch den eigenen Abstieg ein.

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Kommentare ( 48 )

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48 Comments
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CIVIS
2 Jahre her

Drei Wege, die Kassen zu füllen:

  1. Steuern / Steuern anheben
  2. Schulden / mehr Kredite aufnehmen
  3. Sparen / weniger ausgeben /Subventionen streichen

Für welche(s) Modell(e) wird sich unsere neue Regierung wohl primär entscheiden?

Last edited 2 Jahre her by CIVIS
AlpenLady
2 Jahre her
Antworten an  CIVIS

ich rate mal….. für alle 3 gleichzeitig?

Ticinese
2 Jahre her

Hat der Autor noch nix von der Modern Money Theory (MMT) gehört? Der Staat macht immer mehr Schulden, die Zentralbank druckt immer mehr Geld und stellt es ihm zur Verfügung. Auf diese Weise lassen sich staatliche Mehrausgaben für die unsinnigsten Projekte ohne Steuererhöhung locker finanzieren.
Ihr habt euch mit dem Euro in einen finanziell äusserst unsoliden Währungsraums begeben (selbst schuld). Wenn Deutschland spart, wird das Geld halt von den Club-Med-Staaten verschleudert. Das Ende heisst so oder so Schwachwährung bzw. Währungsreform.
 
 

abel
2 Jahre her

Wählen mit 16J. Völlig falscher Weg. Als Steuerzahler sehe ich es so: Eigentlich müßte das EinstiegsWahlalter sogar um 1 bis 3-Jahre nach hinten verschoben werden. Begründung: Die Dauerstudenten treten immer später ins Berufsleben ein.

ketzerlehrling
2 Jahre her

Keine Steuererhöhungen? Und wie sollen die neuen Schulden im mehrstelligen Milliardenbereich, lt. Habeck, finanziert bzw. zurückgezahlt werden? DE erlässt anderen die Schulden, aber die anderen erlassen DE nichts. Im Gegenteil.

Caroline Hoelzl
2 Jahre her

Ich habe ja nicht damit gerechnet, dass die FDP recht viel durchsetzen kann. Aber das ist ja zum fremdschämen wenig. Wofür habe ich die gewählt??? Okay, ich hoffe wenigstens noch auf die Digitalisierung. Keine Steuererhöhung? Klar, muss man nicht, wenn vorher die CO2 Steuer eingeführt wurde. Und vom Wegfall des Solis hört man auch nichts mehr. Da kann man sich denken, wohin das geht ohne Steuererhöhung natürlich über weitere Einsparungen bei den Leistungen z.B. im medizinischen Bereich oder bei der Steuererklärung ….. Auf jeden Fall fühlt man sich als Wähler verdummschaukelt. Natürlich habe ich gemerkt, dass Personen wie Hr. Kubicki… Mehr

Ananda
2 Jahre her

Wer glaubt, Merkels Scherbenhaufen beseitigen zu können

Will auch keiner von den Schaufensterpolitikern. Die sind doch alle begeistert von der Übernahme des 3. Welt Bevölkerungsüberschusses, der Deindustrialisierung und der Verarmung der Bevölkerung. … Und der Kies kommt aus der Druckerpresse.

Iso
2 Jahre her

Gemeinsam mit den Linken zu regieren, das ist wie jeden Tag Torte im Gesicht. Sicher kann Lindner sich einbilden, dass er mit Habeck gut kann, aber wenn er dem den kleinen Finger reicht, dann kostet das die ganze Hand. Insofern würde es mich als ehemaligen FDP Wähler nicht wundern, wenn sie in 4 Jahren wieder aus dem Bundestag fliegen. Lindner kann schon mal den Pappkarton bereit halten, um seinen persönlichen Kram aus dem Schreibtisch zu räumen. Verdient hat er es heute schon.

Fulbert
2 Jahre her

Warum sind Steuerhöhungen zwingend? Die neue Regierung geht künftig den Weg, den die südeuropäischen EU-Mitglieder schon lange gehen: Schuldenfinanzierte Ausgaben, die dank des faulen Zaubers der EZB leicht zu stemmen sind (für das Feigenblatt „Schuldenbremse“ wird sich schon ein Trick finden). Wohin diese Art der Staatsfinanzierung führt, ist allgemein bekannt. Andererseits würde eine disziplinierte Ausgabenpolitik Deutschlands an dem Gang der Dinge auch nichts mehr ändern, denn dafür steckt der Karren bereits viel zu tief im Dreck. Warum also die eigene Bevölkerung mit erhöhten Abgaben knechten, während Italien, Franzosen, Spanier und andere nicht im Traum daran denken? Genießen wir also die… Mehr

Falk
2 Jahre her
Antworten an  Fulbert

So wenig mir diese Aussage gefällt: „Genießen wir also die erkaufte Zeit, die Konsequenzen davon werden früh genug erfolgen.“ Muss ich doch zustimmen!
Der Karren steckt wohl wirklich zu tief im Dreck. Die letzten Wahlen, bzw die Ergebnisse, haben das wohl final besiegelt!

Britsch
2 Jahre her

keine steuererhöhungen?
So wie die Preise gestiegen sind und weiter steigen werden
gibt es automatisch mehr Steuereinnahmen und die Bürger müssen mehr an Steuer „abdrücken“ schon durch die Mehrwertsteuer

Schwabenwilli
2 Jahre her

„abgelehnte Asylbewerber trotzdem bleiben dürfen, wenn sie „integriert sind und für ihren eigenen Lebensunterhalt sorgen“ können.“

Ungefähr so wie die Migranten Mafia in den Niederlanden die derzeit alles und jeden ab knallt der ihnen in den Weg kommt und auch vor ganz oben nicht halt machen.