Amadeu Antonio Stiftung sammelt Geld für Betroffene von Rammstein – oder doch für sich selbst?

Um die Betroffenen von Rammstein juristisch dabei zu unterstützen, der Band und ihren Anwälten entgegenzutreten, rufen Prominente und die Amadeu Antonio Stiftung zu Spenden auf. Ob diese Rechtskosten aber überhaupt jemals anfallen, bleibt zweifelhaft. Falls nämlich nicht, fließen die Spenden in die Taschen linksradikaler Aktivisten.

IMAGO / Sven Simon

Bevor der Artikel sich der Faktenlage widmet, ein kurzes Wort des Autors vorneweg: Ich habe keinerlei Sympathien für Rammstein, im Gegenteil. Als Musiker fühlte ich mich immer dem „Wahren, Guten und Schönen“ verpflichtet, nicht einer Ästhetik von Gewalt, Sexualität und Hass. Ich weiß nicht viel über diese Musik, außer dass sie mich abstößt. Mich stößt auch der Flirt mit rechtsextremer Ästhetik, bei gleichzeitig demonstrativ linker Gesinnung, ab. Ich verabscheue den propagierten Lebensstil von Sex, Drugs und Rock & Roll, der Situationen wie der jetzigen erst einen fruchtbaren Nährboden bieten kann. Würde es nach mir gehen, würde dieser Lebensstil zugunsten eines gesünderen und traditionelleren Verhaltens von sowohl Männern, als auch Frauen, verschwinden. Aber nicht aus politisch vorgeschobenen Gründen, bzw. nicht als Resultat eines Machtkampfes innerhalb der Linken, bei dem – wie schon in früheren #metoo-Fällen – die Helden des Progressivismus von gestern von einer aufstrebenden Garde woker Meinungshüter geopfert werden sollen, um im Vorübergehen rechtsstaatliche Grundprinzipien wie die Unschuldsvermutung abzuschaffen.

Der Fall Rammstein lässt weiterhin die Gemüter hochgehen. Wie fast unvermeidlich in solchen Situationen, finden sich im Zuge der Empörungswelle auch viele Trittbrettfahrer ein. Gemeint sind damit aber nicht die vielen Damen, die den Medien von ihren negativen Erfahrungen berichten, sondern jene Prominente, die den Eklat dazu nutzen, sich selbst als Tugendwächter zu inszenieren. Es sind Leute wie Caroline Kebekus, Rezo, oder Quattromilf Jasmina Kuhnke. Sie alle haben nun gemeinsam mit der Amadeu Antonio Stiftung eine Spendenaktion ins Leben gerufen, deren Spendengelder den vermeintlich „Betroffenen“ von Rammstein, bzw. Till Lindemann, zugute kommen sollen.

Und wofür? Viele der Frauen, die Anschuldigungen gegen Lindemann und Rammstein erhoben, erhielten Abmahnungen von den Anwälten Lindemanns. Sie sollen, so der Spendenaufruf, „zum Schweigen gebracht“ werden. Die Rede ist von einem „Machtgefälle“ und „Einschüchterung“ durch die teuren Anwälte Lindemanns, gegen die vorzugehen sich die meisten Opfer nicht leisten könnten. Mit den gesammelten Spenden sollen Frauen gestärkt werden, um sich rechtlich Gehör zu verschaffen, das Geld soll für Anwaltskosten, sowie „Schutzmaßnahmen“ (wie auch immer diese aussehen sollen) und psychologische Betreuung der Opfer genutzt werden.

Das klingt erst einmal nach einer guten Sache. Dafür sieht man auch schon mal über die in einfacher, aber tendenziöser Sprache gehaltenen Texte hinweg, in denen den „Star-Anwälten“ vorgeworfen wird, sie würden Unterlassungsaufforderungen an Frauen schicken, „die sich äußern“, oder auch den Betroffenen mit Strafanzeigen drohen. „Niemand soll sich entmutigt fühlen, offen über Erfahrungen zu sprechen“, heißt es in der Projektbeschreibung. Nur wird dabei völlig außer Acht gelassen, dass der Ort für die abschließende Beurteilung der Geschehnisse noch immer der Gerichtssaal ist und nicht der Feuilleton deutscher Zeitungen. Während der implizite Vorwurf nicht-einvernehmlicher sexueller Kontakte von strafrechtlicher Relevanz sein kann, könnte dieser allerdings, falls er sich als unwahr herausstellen sollte, ebenso als schwerst rufschädigend gelten.

Dass Anwaltskanzleien versuchen, durch Abmahnungen mediale Schauprozesse, lange bevor tatsächliche Prozesse geführt werden, zu verhindern, ist nicht nur üblich, sondern auch absolut nachvollziehbar. Auch die Berliner Staatsanwaltschaft hielt ihre Untersuchungen gegen Till Lindemann aus eben diesem Grund lange Zeit verdeckt. Das nennt sich Verdachtsberichterstattung. Gleichzeitig proklamiert aber die von mehreren feministischen Vereinen ins Leben gerufene Petition bei Campact! gegen den Auftritt Rammsteins im Berliner Olympiastadion explizit: „Wir glauben den Opfern von sexualisierter Gewalt – immer und überall!“

Von einer Unschuldsvermutung kann da keine Rede mehr sein. Stattdessen wird behauptet, Till Lindemann habe bei den Konzerten junge Frauen „reihenweise und systematisch sexuell missbraucht“. Entsprechende Strafanzeigen werden zwar von der Berliner Staatsanwaltschaft untersucht, wie diese verlaufen, ist allerdings noch undeutlich. Dass dieses Zitat ausgerechnet aus der Süddeutschen Zeitung stammt, die zuvor jahrelang die Grenzgänger von Rammstein feierte, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.

Hunderttausende für Opfer – oder doch für Aktivisten?

Der Spendenaufruf der Amadeu Antonio Stiftung, der am Donnerstagnachmittag bereits mit über 770.000 Euro honoriert wurde, erklärt im Kleingedruckten aber manch interessantes Detail, das bislang von jenen Medien, die über die Spendensammlung berichteten, unterschlagen wurde. Denn die Amadeu Antonio Stiftung unterstützt die Spendenkampagne von u.a. Jasmina Kuhnke durch den hauseigenen „SHEROES Fund für Held*innen der Demokratie“. Ganz genau, das ist eben jener Fonds, den Jasmina Kuhnke selbst ins Leben rief um „Frauen, trans*, inter* und non-binäre Personen“ finanziell in ihrem Kampf gegen „Rassismus, Antisemitismus und andere menschenverachtende Einstellungen“ zu unterstützen.

Die Tatsache, dass der SHEROES Fund als Unterstützer auftritt, überrascht nicht. Interessant wird es aber, wenn es um die Nutzung der gesammelten Spenden geht:

„Die Unterstützung erfolgt in Form von Anwalts-/Prozesskosten, der Umsetzung von Schutzmaßnahmen sowie psychologischer Beratung und Therapie. In dem Fall, dass die Rechtsstreitigkeiten erfolgreich ausgehen und die Prozess-/Anwaltskosten erstattet werden, oder mehr Spenden eingehen, als benötigt, werden die erstatteten und nicht benötigten Spendengelder im SHEROES Fund – Held*innen für Demokratie, für die Umsetzung des satzungsgemäßen gemeinnützigen Zweck der Amadeu Antonio Stiftung eingesetzt.“

Sollte also Geld von der – mittlerweile beträchtlichen Summe – übrig bleiben bzw. wieder verfügbar werden, falls die Anwaltskosten auf den Angeklagten abgewälzt werden können, wandert dieses direkt in die Unterstützung linksradikaler Aktivisten. Hier wird wieder die zuvor gemachte Unterscheidung zwischen einem medialen Schauprozess und einer tatsächlichen Gerichtsverhandlung deutlich. Denn bislang ist nicht deutlich, ob die in Berlin gestellten Strafanzeigen irgendwelche Konsequenzen haben werden. So bleibt bislang nur eine Reihe von Vorwürfen in den Medien, die allerdings behilflich sind, um die Spendenbereitschaft anzukurbeln.

Sollte es dann aber aufgrund fehlender Beweislage gar nicht erst zu rechtlichen Schritten kommen, was zum jetzigen Zeitpunkt nicht auszuschließen ist, dann würde ein Großteil der Kosten, für die gesammelt wurde, niemals anfallen, sodass die Amadeu Antonio Stiftung womöglich mit mehreren Hunderttausend Euro an Spendengeldern für ihren SHEROES Fund rechnen könnte. Ob Rammstein tatsächlich Schaden nimmt durch die Vorwürfe, kann zum jetzigen Zeitpunkt zwar noch nicht abschließend eingeschätzt werden, denn einige ihrer Lieder stürmen wieder die Charts diverser Anbieter.

Andererseits distanzierte sich bereits das Musiklabel Universal von der Band, sodass der langfristige finanzielle Schaden beträchtlich sein könnte. Ebenso könnten tatsächlich geschädigte Frauen Opfer einer Situation werden, die sich zunehmend vom individuellen Geschehen hin zu einer prinzipiellen politischen Debatte entwickelt. Der einzige Gewinner wären dann tatsächlich linksradikale Aktivisten und die sie unterstützenden Stiftungen, die den Fall für sich und ihre Agenden instrumentalisieren.

„Believe all women“ – aber nur, wenn es in das Narrativ passt

Damit vor allem Letzteres gewährleistet ist, arbeiten die Agitatoren in den Medien und der Stiftungslandschaft auf Hochtouren. Der Wahrheitsfindung ist man dabei nur selten dienlich. Widersprüchliche Darstellung werden ignoriert, ebenso wie Zeugenaussagen, die nicht das gängige Narrativ bedienen. Die Amerikanerin Kristen Lacefield, eine ehemalige Englischprofessorin, die im Zuge von Kürzungen während Corona ihre Stelle an einer Universität in Texas verlor, beschäftigt sich seitdem auf ihrem Youtube-Kanal unter dem Pseudonym Colonel Kurtz mit falschen #metoo-Anschuldigungen gegen Prominente. Im Zuge der Rammstein-Affäre erzählte sie nicht nur von ihren eigenen Erfahrungen bei Afterpartys von Rammstein, sondern sprach auch mit zwei Frauen, die auf der besagten Feier in Vilnius mit der medialen Hauptklägerin Shelby Lynn den Abend verbrachten und dabei ein etwas anderes Licht auf die Vorfälle werfen als die medial bevorzugten Erzählungen.

Die beiden Damen berichten einerseits vom auffälligen und alkoholisierten Verhalten von Lynn, sahen aber im Gegenzug keinerlei Hinweise darauf, dass sie unter dem Einfluss von Drogen oder KO-Tropfen stehen könnte. Auch beschrieben sie die Atmosphäre bei der Afterparty, sowie das Verhalten von Till Lindemann im Speziellen, als in keinster Weise übergriffig. Weiteren Berichten zufolge gab Lynn selbst zu Protokoll, Medikamente einzunehmen, die man nicht mit Alkohol mischen sollte, da dies zu durchaus schwerwiegenden Nebenwirkungen, wie zum Beispiel  Gedächtnisverlust führen könnte.

— Vera Radvila (@VRadvila) June 14, 2023

Auch wenn dies noch kein abschließendes Urteil über die Situation zulässt und auch die Neutralität der Gegenzeuginnen ebenso auf dem Prüfstand stehen muss wie die der belastenden Partei, so dürfte damit der einzig strafrechtlich relevante Teil der Anschuldigungen – der mögliche Einsatz von KO-Tropfen – zumindest in einem differenzierteren Licht erscheinen. Auch die Polizei von Vilnius scheint zu einem ähnlichen Schluss gekommen zu sein, denn die Ermittlungen gegen Rammstein wurden in Litauen bereits eingestellt. Alle weiteren Anschuldigungen lassen sich als Ausdruck von Unwohlsein durch mehr oder weniger explizite Angebote zusammenfassen. Lindemann habe Lynn Sex angeboten und war angeblich unzufrieden als sie ablehnte. Lynn ihrerseits empörte sich über das Angebot.

Die deutsche Youtuberin Kayla Shyx, die von einer Einladung ins Hinterzimmer zur Privatparty berichtete, fühlte sich dort zwar unwohl, durfte aber auf ihren Wunsch die Privatfeier wieder verlassen. Auch keine weitere der Damen, die an die Öffentlichkeit traten, berichtete bislang von einer Vergewaltigung oder sonstigem Zwang, zumindest nicht mit einer Eindeutigkeit, die strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte.

Obwohl also wenig strafrechtlich Relevantes vorzuliegen scheint, ist die Empörungsmaschinerie eben jener Medienöffentlichkeit, die den Lebensstil von Sex, Drugs und Rock & Roll einst groß machte, in vollem Gang. Auch Kayla Shyx bewirbt auf ihrem YouTube-Kanal die Spendenaktion der Amadeu Antonio Stiftung, selbst wenn bei nüchterner Betrachtung die Chancen auf einen Prozess gering sein dürften.

Wenn Anti-Rammstein-Demos mit Protesten im Iran gleichgesetzt werden

Besonders interessant wird es aber, wenn eine Journalistin wie Gilda Sahebi, die bei ARD, Spiegel und Taz ein- und ausgeht, sich der Thematik annimmt und ein Foto protestierender Frauen aus dem Iran einem Bild von einer Anti-Rammstein-Demonstration gegenüberstellt. Sahebi, die für ihre Berichterstattung zum Iran in Deutschland große Bekanntheit erlangte, ist darüber hinaus Mitglied des Vorstands von ProQuote Medien, sowie „Educator“ der Denkfabrik „Institute for Strategic Dialogue“ in Berlin, dessen Fördererliste sich wie ein Who-is-Who internationaler Philanthropie liest. Auch bei der Heinrich-Böll-Stiftung und der Friedrich-Ebert-Stiftung ist Sahebi ein gern gesehener Gast.

Ihre journalistischen Sporen verdiente sie sich bei Jan Böhmermanns ZDF Magazin Royale. Danach stieg sie bei den „Neuen deutschen Medienmacher*innen“ zur Projektleiterin des „No Hate Speech Movement“ auf, einer Initiative, die sich ins Zentrum der Zensurdebatte Deutschlands manövrierte. Das selbsternannte „Nationale Komitee“ der Bewegung umfasst alles, was politisch-korrekten Rang und Namen hat: die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, diverse Ministerien, darunter das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, aber auch den DFB, Campact!, sowie natürlich auch die Amadeu Antonio Stiftung mit ihren Ablegern Belltower News und dem De:Hate Projekt.

Bei eben jenen Belltower News erschien nun ein Artikel von Sahebi mit dem ausgewogenen Titel „Die Shitshow von Rammstein“. Darin erklärt die gebürtige Iranerin, dass nichts auf der Welt Übergriffe gegen Körper und Geist einer Frau rechtfertigen könne. „Kein kurzer Rock, keine aufgeknöpfte Bluse, kein Flirten, nicht einmal Sex.“ Bislang galten kurze Röcke noch nicht als Rechtfertigung für sexuelle Kontakte, doch nun gilt Sex bereits nicht mehr als Rechtfertigung für …was genau? Die Definition dieser Übergriffigkeit bleibt Sahebi schuldig.

Etwas später stellt sie die Frage: „Gab es K.o.-Tropfen oder nicht, wie freiwillig war der Sex zwischen Lindemann und seinen Fans wirklich, haben die Frauen sexualisierte Gewalt erlebt oder nicht? Es liegt nicht an Rammstein-Fans oder Twitter-User*innen, die Wahrheit zu bestimmen.“ Allerdings auch nicht an Journalistinnen wie Sahebi. Dabei plädiert sie offensichtlich für eine Lesart, die besagt, dass selbst wenn eine Frau sich auf sexuelle Kontakte einlässt, diese Bereitschaft im Nachgang noch immer entzogen werden kann. Dass es dabei aber auch immer eine Gegenseite gibt, deren Existenz zerstört werden kann, wenn sogar Sex – selbst wenn er freiwillig erschien – nachträglich als Übergriff gelesen werden kann, bedarf weiter keiner Erwähnung. Sahebis Artikel endet ebenfalls mit einem Verweis auf die Spendensammlung der Amadeu Antonio Stiftung.

Kommunistin auf Staatskosten fordert Pauschalverdacht gegen alle Männer

Auftritt Veronika Kracher. Die bekennende feministische Kommunistin ist laut Eigendefinition auf Twitter zuständig für „Monitoring|Recherche|Analyse belastender Phänomene im Internet“. Das Ganze betreibt sie für die neue Meldestelle Antifeminismus, sowie das bereits erwähnte De:Hate Projekt der Amadeu Antonio Stiftung. De:Hate übersetzt sich ungelenk als Ent:Hass. Doch Kracher scheint das mit der Entfernung von Hass recht einseitig zu sehen. Auf ihrem Twitter-Account kommentiert sie bereits seit geraumer Zeit den Fall Rammstein aus ihrer radikal-feministischen Perspektive. So würden Männer, die sich nach dem Fall Lindemann von solchem Verhalten gegenüber Frauen distanzieren, damit nur übertönen wollen, „dass ihnen Frauenverachtung überhaupt nicht fremd ist – sie wollen es nur nicht wahrhaben“. An anderer Stelle behauptet sie: „ALLE Männer profitieren von Misogynie, Patriarchat, Rape Culture. Die Abwertung des Weiblichen ist der cismännlichen Sozialisation INHÄRENT.“

Im selben Twitter-Strang findet sie „Männerdiskriminierung richtig und wichtig“ und schlägt vor, „wir verurteilen pauschal und zurecht alle Männer als potentielle Täter, bis sie beweisen können dass sie es *nicht* sind, anstatt umgekehrt. Erspart viel Mühe und vor allem Schmerz und Gewalt.“ Den Zusatz „ich meine: wenn ihr unschuldig seid, habt ihr nichts zu befürchten“ versah sie mit einem Herz-Emoji. Die gute kommunistische Tradition der Beweislastumkehr – eines der Hauptprobleme der gesamten #metoo-Bewegung – hat Frau Kracher jedenfalls gut verinnerlicht. Den dominanten Duktus eines Volkskommissars verlässt sie nur dann, wenn sie sich über den schweren Stand von Kommunisten in der „brutal antikommunistischen BRD“ beschwert, denn „dieses Land hasst Kommunist*innen“. Genau. Darum verdient Veronika Kracher ihren Lebensunterhalt auch auf Kosten des Steuerzahlers.

Wer sich nach diesen Stellungnahmen fragt, ob Frau Kracher mit diesen Aussagen tatsächlich die geeignetste Personalie ist, um eine tragende Rolle im De:Hate-Projekt zu spielen, liegt mit dieser Frage nicht ganz falsch. Sollte man zumindest meinen. Doch anstatt einen Rüffel für ihre regelmäßigen menschenverachtenden Stellungnahmen zu erhalten, durfte auch sie einen Artikel zu Rammstein veröffentlichen und darf dazugehörige Interviews geben, in dem die Absichten zumindest einiger Mitarbeiter der beteiligten Institute offen dargelegt werden. In ihrem Artikel stellt Kracher enttäuscht fest: „Die viel beschworene „Cancel Culture“ existiert nicht – obwohl sie dringend nötig wäre“.

Weiters führt sie die „misogyne Hasskampagne gegen die Schauspielerin Amber Heard“ gegen ihren Ex-Mann Johnny Depp, den sie als „cholerischen Säufer“ bezeichnete, ins Feld. Die Tatsache, dass der Prozess der beiden Hollywood-Schauspieler sich als Paradebeispiel einer medial gestützten Diffamierungskampagne gegen Depp aufgrund falscher Anschuldigungen erwies, wird von Kracher bequemerweise vollständig ignoriert.

Frauen sind Opfer, Männer sind Täter und interessanterweise weiß man in diesen Situationen auch ausnahmsweise exakt, wer oder was eine Frau ist, denn im zuvor erwähnten Artikel von Sahebi bei Belltower News weist die Redaktion im Nachgang darauf hin, dass der in einer früheren Version des Artikels enthaltene Satz „der gesamte Text bezieht sich auf alle Menschen, die sich als Frau identifizieren“ gelöscht wurde. Offensichtlich wissen radikale Feministinnen doch noch, was eine Frau ist, zumindest so lange es ihnen passt.

Für Kracher steht die allumfassende Schuld des Patriarchats und des Kapitalismus zentral. Das Geschlechterverhältnis ist für sie ein einziges „Unterdrückungsverhältnis“. Der natürliche Instinkt von Frauen, ihre Männer zu domestizieren – was auch evolutionsbiologisch nur sinnvoll und nachvollziehbar ist –, wird bei ihr zu einem patriarchalen Unterdrückungsapparat umgedeutet, wenngleich man ihr dahingehend zustimmen muss, dass eine Frau, die ihr Heil im Dasein als Groupie sucht, in den allerwenigsten Fällen als Gewinnerin dasteht. Dass es jedoch Krachers revolutionäre Vorfahren der 60er Jahre waren, die die sexuelle Revolution und die damit einhergehende Befreiung der weiblichen Sexualität von den Fesseln der Ehe und Fortpflanzung vorantrieben, bleibt bei ihr unerwähnt.

Es zeugt auch von reichlicher Naivität, wenn Kracher bedauert, dass Rammstein nur ein Beispiel von vielen sei, „dass Frauen als Fans, mit denen der Künstler über Musik fachsimpeln“ kann, „nicht wahrgenommen werden“. Als professioneller Musiker – wenngleich in einem anderen Genre beheimatet – kann ich Kracher garantieren, dass das Letzte, worauf ein Musiker nach einem Auftritt Lust hat, das „Fachsimpeln über Musik“ mit Fans und Laien ist – unabhängig von deren Geschlecht. Es ist im Gegenteil das Markenzeichen von Amateuren und Fans, dass sie zwar nicht imstande sind, auf höchstem Niveau zu musizieren, aber viel darüber reden können. Häufig kommt darin auch nur der Wunsch nach Aufmerksamkeit zum Ausdruck, den allerdings einzufordern niemand das pauschale Recht hat. Auch solche Gespräche haben ihren Ort und können bereichernd sein, allerdings nicht nach einem erschöpfenden Auftritt, ob man nun Rammstein oder ein Konzertorganist ist.

Abschließend erklärt Kracher jegliches Beharren auf weiblicher Eigenverantwortung, die ja eigentlich im Sinne feministischer Selbstbestimmung sein sollte, als Misogynie, mit der Frauen bestraft werden sollen. Das Gegenteil ist aber der Fall, denn durch die Reduktion von Frauen in eine reine Opferrolle des „Patriarchats“ und des „Kapitalismus“ werden diese von Radikalfeministinnen wie Kracher vollends entmündigt. Doch in der Betonung dieser Opferrolle sowie des wiederholten Hinweises, man wolle „die Betroffenen zum Schweigen“ bringen, entpuppt sich Krachers Kampfschrift als unverhohlene Werbebotschaft für die von ihrem Arbeitgeber getragene Spendenkampagne.

Die Stiftung, die mit dem Feuer des Stiftungszwecks spielte …

Wie so häufig bei Skandalen, dringt die Wahrheit oftmals erst sehr spät ans Tageslicht. So groß das mediale Geschrei auch ist, es wird in wenigen Wochen verebben und vergessen. Der Empörungskarneval wird weiterziehen und die Ergebnisse von Prozessen – wenn sie denn überhaupt stattfinden – werden womöglich noch Jahre auf sich warten lassen. Der Schaden ist aber vielerorts bereits angerichtet, das mediale Urteil gefällt. Wie auch schon in früheren #metoo-Fällen wimmelt es aber auch im Fall Rammstein schon nach kürzester Zeit nur so von Opportunisten, Institutionen und Aktivisten, die ein womöglich inhärent existierendes Problem einer Subkultur und eines damit verbundenen Lebensstils nicht offen und gründlich aufarbeiten, sondern für ihre eigene politische Agenda instrumentalisieren wollen.

Damit entmündigen sie nicht nur die beteiligten Frauen, sie möchten nebenbei einen der Grundsteine unseres Rechtssystems, die Unschuldsvermutung, abschaffen, propagieren die Ablösung des Kapitalismus durch Kommunismus und sammeln nebenbei eine Dreiviertel Million Euro an Spenden im Namen „Betroffener“, von denen schlussendlich ein Großteil an die Unterstützung linksradikaler Aktivisten fließen könnte. Unter dem Deckmantel des selben undurchsichtigen Netzwerks von Stiftungen, Vereinen und gemeinnützigen Gesellschaften, das auch bereits die Krake Agora ermöglichte, treten auch hier Journalisten und Autoren als vermeintlich unabhängige Stimmen gegen den Missbrauch in Erscheinung, die letzten Endes allesamt an den gleichen Fäden hängen, die bei Organisationen wie der Amadeu Antonio Stiftung zusammenlaufen.

Doch wo kein Kläger, da kein Richter, zumindest bislang nicht. Denn die Amadeu Antonio Stiftung begibt sich selbst mit dieser Spendensammlung auf rechtliches Glatteis. Die Sammlung von Geldern für etwaige Gerichtskosten im Prozess gegen Rammstein ist nämlich in keinster Weise von den in der Satzung verankerten Stiftungszielen gedeckt. So könnte der Amadeu Antonio Stiftung im für sie schlimmsten Fall laut § 56 der Abgabenordnung (AO) die Gemeinnützigkeit entzogen werden, da die Ausschließlichkeit des Satzungszwecks nicht geboten ist. Ob die Gelder nun also in den eigenen SHEROES Fund fließen, oder doch zur Rechtshilfe eingesetzt werden – die Amadeu Antonio Stiftung spielt mit dieser Spendenaktion ein gefährliches Spiel, das nur aufgrund der politischen Rückendeckung bislang nicht aufgeflogen ist. Vielleicht wäre dies ein guter Moment, um den einige Jahre alten Kampfspruch der #metoo-Bewegung „time’s up“ – „die Zeit ist abgelaufen“ – zu entstauben und den linksradikalen Stiftungsjüngern der Amadeu Antonio Stiftung ins Stammbuch zu schreiben.

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