Villen und Stiftungen – wo ist das Vermögen des U-Häftlings Markus Braun?

Zu Spitzenzeiten besaß er Aktien im Wert von 1,7 Milliarden Euro, jetzt sitzt Markus Braun bereits 65 Monate in Untersuchungshaft. Bei der Suche nach dem mutmaßlich gewaltigen Vermögen des Ex-Wirecard-Chefs führt eine Spur auch nach Wien.

picture alliance/dpa | Matthias Balk

Noch immer soll eine wertvolle Immobilie im Villen-Viertel in Wien-Hietzing im Besitz von Markus Braun sein – von ihr führt eine Spur in der Causa Wirecard in ein Vermögenslabyrinth, das bis heute nicht vollständig entschlüsselt ist: Während sich der frühere Wirecard-Boss seit mehr als fünf Jahren in Untersuchungshaft befindet, suchen Insolvenzverwalter, Gerichte und Gläubiger weitere Vermögenswerte. Bisher blieben aber Kunst, Luxusautos und Millionen verschwunden.

Im Februar 2024 meldete die MB Beteiligungsgesellschaft, das private Vermögensvehikel des Ex-Managers, Insolvenz an. Kern des Unternehmens war einst ein beachtliches Portfolio: Kunstwerke namhafter österreichischer Künstler wie Hermann Nitsch, Immobilien in mehreren europäischen Städten, und Beteiligungen, deren Umfang selbst Ermittler überraschte. Doch als Insolvenzverwalter Carsten Koch im Sommer 2024 sein 29-seitiges Sachverständigengutachten vorlegte, blieb von diesem Besitz kaum mehr als eine Liste offener Fragen übrig, berichtet aktuell das Handelsblatt.

Interessant: In Wien ist ein Teil des Vermögens des Wirecard-Managers zu finden. Die Liegenschaft an der Mühlbachergasse, die offiziell der MB Beteiligung gehört, wird laut Gutachten derzeit von Brauns Schwester bewohnt – und zwar mietfrei. Während die Immobilie in Schönbrunn-Nähe im sehr eleganten Bezirk Hietzing als einziger verbliebener Vermögenswert der Beteiligung gilt, sind andere Objekte – darunter Häuser in London und Südfrankreich – kaum greifbar, da sie in Brauns privaten Besitz fallen und nur über Darlehen aus der MB Beteiligung mitfinanziert worden sein sollen.

Der Verdacht der Ermittler laut Handelsblatt: Dass Vermögenswerte vor dem Zusammenbruch von Wirecard gezielt verschoben wurden. Das Landgericht München verweist in einer Entscheidung von Juni 2025 ausdrücklich darauf, dass kurz vor Brauns Inhaftierung noch erhebliches Vermögen existiert habe – dessen Spur sich jedoch verliert.

366 Gläubiger wollen 67 Millionen Euro

Eine besonders mysteriöse Rolle spielt eine Stiftung, die Braun vor der Wirecard-Pleite angegeben hatte. Sie hielt laut einer Vermögensaufstellung unmittelbar vor dem Kollaps Aktienpakete von Amazon, Google und anderen Tech-Konzernen. Ihr Wert heute: weit über 100 Millionen Euro. Was mit diesen Anteilen passierte, ist ungeklärt. Braun äußert sich auch auf aktuelle Anfragen nicht dazu.

Währenddessen türmen sich die Forderungen der Gläubiger: 366 Personen und Unternehmen meldeten Ansprüche in Höhe von mehr als 67 Millionen Euro an. Anerkannt wurden bislang lediglich rund vier Millionen. Prominent unter den abgelehnten Forderungen: Biontech-Mitgründer Ugur Sahin sowie Brauns Ex-Frau Sylvia, die mehr als 471.000 Euro geltend gemacht hatte.

Gern gesehen in der Wiener Finanz-High-Society

Markus Braun, geboren 1969 in Wien, galt jahrelang als Aushängeschild der europäischen Fintech-Branche. Seit 2002 führte er Wirecard, verwandelte den Zahlungsdienstleister in einen DAX-Konzern und wurde durch seine rund sieben Prozent der Aktien zeitweise zum Milliardär. Seine Anteile waren an ihrem Höchststand 1,7 Milliarden Euro wert.

Über sein Privatleben ist – auch in offiziellen Dokumenten – nur wenig bekannt. Braun war verheiratet, später geschieden; seine Ex-Gattin führt inzwischen wieder ihren Mädchennamen.

Im Umfeld beschrieben frühere Weggefährten Braun als extrem kontrolliert und hochgradig analytisch. Er lebte zwischen München und Wien, war bestens befreundet mit anderen Größen in Wiens Finanz-High-Society, investierte in Kunst und Technologie und baute ein dichtes Netz aus Beteiligungen auf, dessen Struktur bis heute nur bruchstückhaft sichtbar ist.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Braun Vermögen ins Ausland verlagert haben könnte; das Landgericht München argumentiert sogar, seine Fluchtgefahr sei gerade wegen möglicherweise vorhandener Vermögenswerte außerhalb der EU besonders hoch.

Seit 65 Monaten sitzt Markus Braun nun in Untersuchungshaft, der Strafprozess läuft seit Ende 2022.

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