Friedrich Merz wird 70 – das Alter ist nicht das Problem

Friedrich Merz feiert an diesem Dienstag seinen 70. Geburtstag. Manche Medien „analysieren“, dass er damit zu alt sei. Doch das ist so falsch wie platt. Das Alter ist nicht das Problem – was nicht bedeutet, dass Merz keine hätte.

picture alliance / SvenSimon | Malte Ossowski/SVEN SIMON – Fotomontage

Die Musik von Jan Delay und den Beginnern eignet sich hervorragend als Hintergrund zum Joggen. Flott, nach vorne und rhythmisch. Und wenn die Beginner in „Hamburg City Blues“ ihren Patriotismus zeigen, ist das durchaus hörenswert. Nur die aktuellen Anspielungen sind mitunter problematisch. Ihre gerappte Heimatliebe stammt zum Beispiel aus dem Jahr 2003 – folglich sind manche Anspielungen schlicht veraltet. Wer im Jahr 2008 zu den Beginnern gejoggt ist, wird sich an der Stelle gestört haben: „… unsympathisch und dynamisch wie Friedrich Merz“. Nicht, weil der Jogger 2008 die Meinung nicht geteilt hätte – sondern weil 2008 Anspielungen auf Merz keinen Sinn mehr ergeben haben. Der Mann war Geschichte. Belanglose Geschichte. Einer von vielen gescheiterten CDU-Rivalen, die Angela Merkel allesamt weggefrühstückt hat.

Der Mann, der vor 17 Jahren überholte Geschichte war, ist heute Bundeskanzler und feiert seinen 70. Geburtstag. Die Einschätzung der Beginner stimmt immer noch. Merz ist dynamisch. Keiner macht so energische Versprechen wie er. Und keiner bricht sie so schnell und konsequent wie der Sauerländer. Und in seinen Fernseh-Auftritten präsentiert er Fakten, die der Realität bis dahin unbekannt waren und bis heute geblieben sind. Friedrich Merz ist ein lebendes Kunstwerk, ein agiles Denkmal für den Unbekannten schwindelnden Politiker.

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NTV „analysiert“, dass Merz mit seinen 70. Jahren zu alt für einen Kanzler sei. Das ist so platt, wie es verkehrt ist. 70 Lebensjahre müssen kein Problem sein. Sie können einen Mann – oder eine Frau – mit Weisheit ausstatten und sie geben den Inhabern das gute Gefühl, sich nicht allzu viel über die Zeit nach dem Amt sorgen zu müssen. Konrad Adenauer (CDU) war 73 Jahre, als er Kanzler wurde, hat mit viel Rückgrat und Dynamik das „Wirtschaftswunder“ ermöglicht, den Wiederaufbau angeschoben und einen Staat, der nach dem Krieg unter einem Paria-Status litt, zurück in die Weltgemeinschaft geführt. Alter ist nicht der entscheidende Punkt, ob ein Politiker erfolgreich sein kann. Adenauer war ein kluger Mann, mit festen Überzeugungen und dem Wissen, wie sich diese Überzeugungen durchsetzen lassen.

An der Stelle gehen die Wege von Merz und Adenauer im 90-Grad-Winkel auseinander. Merz ist der lebende Widerspruch. Er spricht davon, die Freiheit verteidigen zu wollen und deswegen rechte Medien und Parteien begrenzen zu wollen. Das ist eine nachvollziehbare Haltung für einen maoistischen Studenten, der in seinem Berufsleben nichts anderes zu bieten hatte als die Treue zu einer linken Partei, die ihn zur Belohnung bis ins höchste Staatsamt befördert hat. Für einen Christdemokraten ist das ein unhaltbarer Widerspruch. Für einen großen Kanzler erst recht. Merz schafft es mit seinen Widersprüchen nicht mal zum passablen Kanzler.

Das Alter ist nicht das Problem. Doch wenn ein Kanzler sich nicht auf die neue Zeit einstellen kann, ist das sehr wohl ein Problem. Merz spielt mit den Taschenspieler-Tricks, die in den 80er Jahren als raffiniert galten. Etwa Verhandlungen in die Länge ziehen, um die als „sehr intensiv“ zu verkaufen. Doch im Zeitalter des Internets gibt es tausende Tutorials, die erklären, wie diese Tricks funktionieren. Schlechte Taschenspieler hassen daher das Internet. Deswegen ist die staatliche Kontrolle des Netzes eines der wenigen Themen, das die Regierung Merz so konsequent angeht wie davor schon die Regierungen Merkel und Olaf Scholz (SPD). Während alle drei den Anschluss Deutschlands in der weltweiten Digitalisierung komplett verschlafen haben.

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Wirtschaftlich lässt sich Merz sein Sachverstand nicht absprechen. Er sagt immer wieder mal das Richtige. Nur setzt er es halt nicht um – sondern das Gegenteil davon: staatliche Schuldenquote, Anstieg der Staatsquote, ausufernde Lohnnebenkosten, Plan- statt Marktwirtschaft. Von seinem Koalitionspartner Lars Klingbeil (SPD) lässt sich Merz häufiger durch den Kakao ziehen als eine Packung Kekse. Und dann wirbt er noch in den eigenen Reihen dafür, nicht so hart mit dem Lars umzugehen. Der sei sensibel. Der Kakao, durch den er von Klingbeil gezogen wird, ist das Lieblingsgetränk von Friedrich Merz.

Merz weiß, dass links vorbei ist. Merz sagt, dass links vorbei ist. Doch er schließt rechte Koalitionspartner aus und kettet sich damit an linke Parteien. Das ist der größte Widerspruch des Kanzlers. Der Endgegner, an dem seine Amtszeit scheitern wird. Merz ist der Verantwortliche, der in Folge seiner wichtigsten Prämisse alles falsch machen muss und hofft, es würde den Wähler trösten, dass ihr Kanzler wider besseres Wissen alles falsch macht. Das Scheitern ist einprogrammiert. Die Frage ist nur, wann Merz es öffentlich eingesteht und wieder in die Geschichte eingeht, und zwar in deren Kammer der traurigen Gestalten. Er kann sogar nochmal 15 Jahre verschwinden und wiederkehren. Dann wird er wie Adenauer sein: „Der Alte“ war mit 85 Jahren immer noch ein großer Kanzler, Friedrich Merz würde mit 85 Jahren immer noch ein überforderter Kanzler sein. Das Alter ist nicht das Problem.

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Kommentare ( 62 )

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Privat
25 Tage her

Ich warte immer noch auf den Tag, an dem unser Land wieder einen wirklichen Kanzler mit Wissen und Format bekommt. Einen, der für unser eigenes Land da ist. Nicht so schrecklich wie es bisher ist.

AlNamrood
25 Tage her

Politisch sollte man niemandem über 40 trauen, die Generation hat keine Ahnung was eigentlich los ist. Sieht man immer wieder.

Deutscher
26 Tage her

Die „70“ hinter ihm passt genau. Goldener Anschein, aber in Wirklichkeit nichts als ein billiger Aufblasartikel, dem regelmäßig die Luft abgelassen wird.

Last edited 26 Tage her by Deutscher
Chrisamar
26 Tage her

To Roland Tichy
Hartlike Gretness ton Bustai!

verblichene Rose
26 Tage her

Ich bin nun mittlerweile 62 Jahre jung. Hätte niemals gedacht, es so weit zu schaffen. Aber daß es jetzt schon so weit ist, spüre ich kaum. Naja, leichte Zipperlein lassen zwar von sich spüren, aber sonst fühle ich mich noch topfit.
Das liegt vielleicht auch daran, daß die Arbeit mich vom bloßen Zuschauen des Alterns abhielt. Eines weiß ich aber:
Das Alter allein ist keine Leistung!


Teiresias
26 Tage her

Das Problem ist m.E. nicht, was Merz will, sondern was Blackrock will.

Deutscher
26 Tage her
Antworten an  Teiresias

Das Problem ist, dass jemand ihn oder überhaupt noch die Union wählt.

Or
26 Tage her
Antworten an  Teiresias

BlackRock hat sich von dem Greendeal längst verabschiedet. Hat 2024 alle seine Assets rausgehauen, als es sicher war, daß The Donald es diesmal wieder packt.
Hat sich in KI, Atomkraft, OK auch in Rüstung eingekauft.

Also, bis auf des Merzens Engagement in der Ukraine, handelt das Klingbeil Sockenpüppchen, eigentlich gegen die Interessen seines alten Arbeitgebers.

Teiresias
25 Tage her
Antworten an  Or

Daß Blackrock das Geschäftsmodell „green deal“ verlässt, heisst nicht, daß sie weniger daran interessiert wären, soviel Kapital und Industrie aus Deutschland in die USA zu transferieren, wie nur möglich.
„Green Deal“ in Deutschland/EU ist daher immer noch im Interesse Backrocks.

Digenis Akritas
26 Tage her

Er ist der große Gedemütigte der bundesdeutschen Politik – das macht ihn nicht ungefährlich. Rainer Barzel beispielsweise hatte m. E. mehr Größe, mit Demütigung umzugehen.

GefanzerterAloholiker
26 Tage her

Kürzer: Die BRD hat einen durch und durch unzuverlässigen Kanzler.

Kontra
26 Tage her

Siebzig, die Zeit um nach Hause zu gehen Fritze! Und nimm die ganze, verlogene Bagage aka Kabinett gleich mit!

BellaCiao
26 Tage her

Sein Alter ist wirklich kein Problem. Man sollte nur meinen, dass Merz mit so viel Lebenserfahrung längst nur allzu gut weiß, was SPD, Grüne und »Die Linke« mit ihm vorhaben.

Nur ist Merz das offenbar komplett egal, solange er nur Kanzler bleiben kann.