Emissionsarmer Frachtverkehr: Zukünftig Schiffe mit Atomantrieb?

Die Studie zweier Unternehmen legt nahe, dass die Ausstattung von Frachtschiffen mit Atomantrieb Emissionen effizient senken könnte, und realistischer umsetzbar wäre als etwa Lösungen, die auf Wasserstoff oder „grünem“ Strom basieren. Von Wolfgang Kempkens

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Frachtschiffe, Öl- und Gastanker, Container- und Passagierschiffe sind für drei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Zwar wird die Menge zurückgehen, wenn der künftige US-Präsident Donald Trump seine Drohung wahrmacht, den Welthandel massiv zu beeinträchtigen. Doch der Rest reicht allemal, um die Klimaziele zu gefährden.

Wiederherstellung des Vertrauens
Zwei neue Kernkraftwerke für die Niederlande
In dieser Situation greifen zwei Unternehmen in den Niederlanden, einem Staat, der seine nukleare Zurückhaltung ohnehin bereit ist aufzugeben und neue Kernkraftwerke bauen will, eine alte Idee auf. Handelsschiffe sollen künftig, wie versuchsweise in den 1960er Jahren, mit Kernenergie angetrieben werden, so wie U-Boote mehrerer Nationen und russische Eisbrecher.

Der Kernenergie-Entwickler und -Berater ULC-Energy BV in Amsterdam und der Schiffsdesigner C-Job Naval Architects in Hoofddorp am Amsterdamer Flughafen Schiphol haben in einer Studie gezeigt, dass ein Nuklearantrieb die Klimagasemissionen von Schiffen um 98 Prozent reduzieren würde, verglichen mit einem Schiff, das mit Schweröl beziehungsweise Diesel angetrieben wird. ULC Energy ist vor allem in den geplanten Bau von kleinen Kernkraftwerken des britischen Herstellers Rolls Royce SMR involviert.

In der Studie vergleichen die Ingenieure der beiden Unternehmen einen Newcastlemax-Massengutfrachter mit Atomantrieb – ein Frachtschiff mit einer maximalen Breite von 50 Metern und einer maximalen Gesamtlänge von 300 Metern – mit einem gleich großen Schiff, das mit herkömmlichem sehr schwefelarmem Heizöl (VLSFO) angetrieben wird, und einem Frachter, der mit grünem Ammoniak fährt. Sie untersuchten die Auswirkungen auf das Design, die Treibhausgasemissionen und die kommerzielle Leistung für jeden Kraftstofftyp.

Kein CO2-Einfluss
Messwerte bestätigen: Erderwärmung der letzten Jahre ist Folge der gestiegenen Sonneneinstrahlung
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die strukturellen und sicherheitstechnischen Änderungen, die für die Integration eines Kernreaktors in einen solchen Frachter erforderlich sind, nur minimale Auswirkungen auf die Ladekapazität hätte. Darüber hinaus bietet der Nuklearantrieb die niedrigsten Betriebskosten pro transportierter Tonne, die deutlich geringer sind als bei Alternativen wie Ammoniak oder VLSFO. Die niedrigeren Treibstoffkosten eines atomgetriebenen Schiffes werden zwar teilweise durch die deutlich höheren Investitionsausgaben für den Bau des Schiffes ausgeglichen, doch die Studie ergab, dass ein atombetriebener Frachter länger, schneller und billiger fahren könnte, und das alles ohne Treibhausgasemissionen. Die Emissionsfreiheit gilt allerdings auch für den Ammoniak-Frachter.

Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass der Reaktor eine Lebensdauer von bis zu 75 Jahren hat. Das bedeutet, er überlebt das Schiff, in das er eingebaut wird. Er könnte, wenn das Schiff verschrottet wird, ausgebaut und in einen weiteren Frachter integriert werden. Das würde die Kosten pro Tonnenkilometer noch weiter reduzieren.

Im Juli vergangenen Jahres hat die Schifffahrtsindustrie über die Internationale Seeschifffahrts-Organisation, eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in London, neue Ziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen verabschiedet. Danach soll bis 2050 „Netto-Null“ erreicht werden. Ansätze, das zu realisieren, gibt es bereits. So sind schon ammoniak- und erdgasbetriebene Schiffe unterwegs, auch solche, die von Elektromotoren angetrieben werden. Denkbar sind auch synthetische Kraftstoffe, die aus atmosphärischem CO2 und grünem Wasserstoff hergestellt werden, für den wiederum grüner Strom benötigt wird. Fraglich ist, ob tatsächlich ausreichend Wind- und Solarstrom produziert werden kann, um die zahlreichen Dekarbonisierungsaufgaben zu erledigen. Stahl- und Zementindustrie benötigen gigantische Mengen an Wasserstoff für eine grüne Produktion, ebenso der Luftverkehr, Binnenschiffe und Lkw in Form von synthetischen Treibstoffen.

Atomfrachter schienen schon einmal eine große Zukunft zu haben. 1964 lief die „Otto Hahn“ vom Stapel, das weltweit dritte zivile Schiff mit Atomantrieb nach dem sowjetischen Eisbrecher „Lenin“ und der US-amerikanischen „Savannah“. Sie war fast elf Jahre lang störungsfrei in Betrieb, wurde dann aber stillgelegt, weil die Nutzung von Erdölprodukten weitaus billiger und die Gefahr einer Klimakatastrophe noch nicht formuliert war. Deutschland hatte 1956 für die Entwicklung des Schiffs eigens die „Gesellschaft für Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schiffahrt“ in Geesthacht an der Elbe gegründet. Heute heißt das Forschungszentrum schlicht Helmholtz-Zentrum Geesthacht.

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Kommentare ( 28 )

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Riffelblech
1 Monat her

Ich weiß nicht wo dieser ,mittlerweile auch bei TE auftretende Blödsinn mit dem CO2 und dem „ Klimaziel „ herkommt . Nochmal : Klima ist die mathematisch — statistische Auswertung von Wetterdaten über den Zeitraum von 30 Jahren . Wenn nun grünliche „ Wahns8nnsexperten „ zu dem Schluss kommen ,ihre Handlungsweise könnten einen Vorgang ( mathematisch/ statistisch) wie das Wetter beeinflussen dann soll das so sein . Genausogut könnten sie auch das Auftreten von 5 m hohen Wellen in den Ozeanen verhindern wollen . Atomantrieb ist die zukünftige Entwicklung und Lösung . Komischerweise darf dieser Antrieb bei Überwasserschiffen / U… Mehr

bkkopp
1 Monat her

Man darf sich nicht auf eine technische Machbarkeit beschränken. Es müßte überzeugend belegt sein, dass es wirtschaftlich funkioniert um Neubauten mit SMRs auszustatten, und neuere Schiffe umzurüsten. Es kann nicht sein, dass wieder staatliche Subventionen eingeplant werden müßten. Ich halte es auch für möglich, dass man den Seeverkehr erst dann nuklear machen könnte, wenn mit neuer, risikoärmerer Reaktortechnologie SMRs zur Verfügung stehen, die sich bereits im dezentralen, stationären Betrieb technisch und wirtschaftlich etabliert haben.

Dr.KoVo
1 Monat her

Leider entbehren auch diese „gutgemeinten “ Artikel nicht den CO2 Blödsinn. Der Begriff „Klimaziele“ ist an Absurditäten wohl kaum zu überbieten. Leider emittiert die Menschheit zu wenig des Lebensgases. Die Pflanzen würden es danken.
Der Antrieb mit kleinen Reaktoren ist natürlich eine sinnvolle Lösung, falls die Sicherheit gewährleistet wird.

Mermaid
1 Monat her

Die „Otto Hahn“ wurde geführt von Kapitän Heinrich Lehmann-Willenbrock, dem Lothar Günther Buchheim ein literarisches Denkmal gesetzt hat. Lehmann-Willenbrock war während des Krieges Kommandant von U-96, dem „Boot“, das Buchheim so eindrucksvoll beschrieben hat. In „Die Festung“ war Lehmann-Willenbrock Kommandeur einer U-Boot-Flottille in den letzten Tagen des Krieges. In „Der Abschied“ schließlich die Geschichte der „Otto Hahn“, die damals schon erhebliche Schwierigkeiten wegen ihres Antriebs hatte und nur sehr wenige Häfen anlaufen durfte. Auch die Befrachtung war deshalb schwierig; man hat mit diesem so wunderschönen, weißen Schiff sogar Kohlenstaub transportiert! Rentiert hat sich der Betrieb des Schiffes deshalb nie; aber… Mehr

thinkSelf
1 Monat her

TE scheint sich zunehmend zum zentralen Hub der Klimajoten zu entwickeln. Denn hatte ich bisher ganz woanders vermutet.

AlexR
1 Monat her

Ja und warum nicht? So ein Taschenatomkraftwerk für die Heizung von Gebäuden würde so ziemlich alle Probleme lösen. Und wenn es eben explodiert, dann gibt es ein großes Loch und die Kühe fallen um.

Nur werden das Schwachköpfe wie ein Habeck nie verstehen.

Ornhorst
1 Monat her

Deutschland hängt sich auch in dieser Technologiekompetenz ab. Es ist zwar richtig, dass man bei Nuklearreaktoren auch die Handhabung des „Reaktormülls“ berücksichtigen muss, aber wenn in einiger Zeit mit den Dual-Fluid-Reaktoren sogar die Nutzbarkeit dieses „Mülls“ gegeben ist, ist das Hauptargument der Anti-AKW-Bewegung entkräftet.
Das „Helmholtz-Zentrum Geesthacht“ nennt sich seit 2020 „Helmholtz-Zentrum Hereon“ und befasst sich mit der Forschung in der Werkstoffmechanik und an neuen Materialien, ist also inhaltlich vollkommen verändert.

Last edited 1 Monat her by Ornhorst
K.Behrens
1 Monat her

Rolf Habben Jansen ist der richtige Ansprechpartner, seines Zeichen ein ehemaliger Gast-Sprecher neben dem Indentanden des NDR im Hamburger Hafenclub. Selten so ein dummes Geschwafel gehört, was allein die Beköstigung von Millionen an Überbevölkerung außer Bananen bedeutet.

HeinerL
1 Monat her

Werter Gastautor Wolfgang Kempkens, ich glaube Sie irren etwas , was die im letzten Absatz genannte „Otto Hahn“, benannt nach dem deutschen Gegenspieler zu Oppenheimer, betrifft. Auch in der friedlichen Nutzung der Kernenergie mit Kleinreaktoren, z. B. In Frachtschiffen, war Deutschland mal führend. Dieses Schiff hat perfekt funktioniert und wurde außer Dienst gestellt, weil nicht sein konnte, was nicht sein darf: daß Deutschland führende Wirtschaftsmacht wird. Dieses Programm läuft seit über 100 Jahren. Ich hätte da 2 Buchempfehlungen für die besinnlichen Feiertage: Rainer F. Schmidt: Kaiserdämmerung und zum Thema Otto Hahn (das Schiff): Lothar Günther Buchheim: Der Abschied (der dritte… Mehr

CIVIS
1 Monat her

Egal, …wir sind reich. Wir haben´s doch !

P.S.: Und schließlich ist das Geld ja nicht weg, …nur woanders.

Last edited 1 Monat her by CIVIS