Ob Körber oder Wanderwitz: Die Entfremdung der sächsischen CDU von Sachsen

Was Körber Wanderwitz vorwirft, ist kein inhaltliches, sondern ein stilistisches Problem. Deshalb will Körber an der Sprache arbeiten, nach dem Motto, der Mann hat ja recht, nur kann man es nicht so sagen.

IMAGO / Christian Spicker

Die Positionen zur angeblichen Demokratieunfähigkeit der Ostdeutschen des Antiostbeauftragten Marco Wanderwitz sind bekannt. Sie zeigen deutlich, in welch gutfinanzierter Blase CDU-Funktionäre inzwischen leben, wie fern sie doch denen sind, die sie repräsentieren sollen. Es hat den Anschein, dass der CDU-Funktionär nur noch sich selbst repräsentiert und natürlich die gängigen politischen Phrasen eines gesinnungsethischen Moraltotalitarismus.

Nicht nur, dass Marco Wanderwitz verdientermaßen das Direktmandat verloren hat, wurde ihm nun auch der Vorsitz der sächsischen Landesgruppe im Bundestag genommen. An seine Stelle trat der CDU-Abgeordnete Carsten Körber. Besserung ist allerdings nicht in Sicht. Im DLF sagte Kröber, dass Wanderwitz mit seinen Aussagen leider recht habe. An der Sprache müsse man arbeiten, aber „es bringt ja nichts, wenn man die Situation schönredet“. Also auch Carsten Kröber denkt im Kern, dass die Ostdeutschen „teilweise in einer Form diktatursozialisiert“ seien, „dass sie auch nach 30 Jahren nicht in der Demokratie angekommen sind“. Was Körber Wanderwitz vorwirft, ist demnach kein inhaltliches, sondern ein stilistisches Problem. Deshalb will Körber an der Sprache arbeiten, nach dem Motto, der Mann hat ja recht, nur kann man es nicht so sagen.

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Mit Wanderwitz hat Körber übrigens gemeinsam, dass sich „leider…die Mehrheit unseres Wahlkreises für einen anderen Direktkandidaten entschieden“ hat. „Unsere Heimat wird nun von der AfD im Deutschen Bundestag vertreten. Über die Landesliste der CDU Sachsen habe ich noch knapp den Wiedereinzug in den 20. Deutschen Bundestag geschafft.“ Man hört beim Lesen förmlich das Aufatmen. Verdienst und Job sind also knapp, aber dennoch für die nächsten vier Jahre gesichert. Sprachschwerstarbeiter Körber hofft, „dass die CDU aus dieser desaströsen Situation lerne und eine inhaltliche Erneuerung voranbringe.“
Körber indessen scheint nichts gelernt zu haben, wenn er die Liebeserklärung an seine Mitbürger in die Worte, an die er sicher sehr gearbeitet hat, fasst: „Man merkt ja, dass sich in die Mitte der Gesellschaft hinein in der Sensibilität gegenüber rechtsextremes Gedankengut geringer ausgeprägt zu sein scheint als in anderen Landesteilen.“

Und so ruft auch Körber, wie auch Röttgen, wie auch Altmaier, wie alle, die das Schlamassel angerichtet haben: Der Laschet ist schuld und fordern mannhaft oder divers eine Erneuerung. Eine Erneuerung im Geiste Merkels? Noch röter? Noch grüner? Noch – als origineller Beitrag der CDU – technokratischer? Obwohl Carsten Körber gekämpft und gekämpft und gekämpft hatte, trägt eindeutig „unser Spitzenkandidat im Bund, Armin Laschet“ die Schuld, dass Körber sein Direktmandat verloren hat, der Spitzenkandidat, der „wie Blei auf unserem Wahlkampf“ lag und natürlich die Rechtslastigkeit seiner Mitbürger, die dem AfD-Kandidaten den Vorzug gaben.

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Hört man dem neuen Vorsitzenden der sächsischen Landesgruppe im Bundestag zu, dann gewinnt man den Eindruck, dass die CDU auch in Sachsen noch immer nicht verstanden hat, in welcher Lage sie sich befindet, wenn sie glaubt, dass Sachsen-Bashing und Phrasen über Phrasen den Blick für die Realität ersetzen. Wenn Körbers Aussage in der CDU Sachsens mehrheitsfähig ist, dann hat sich die CDU Sachsens den sächsischen Bürgern, dann hat sie sich Sachsens entfremdet.

Welches Profil Körber schärfen will, bleibt deshalb unklar. Das einer weiter nach links eilenden CDU? Denn es fällt auf, dass diejenigen, die wie Körber das große Wort von der „inhaltliche Erneuerung“ führen, eigentlich die Verantwortung für die Situation der CDU tragen. Es mag sein, dass Armin Laschet die Schuld an dem Wahldebakel trägt, doch trägt er sie nicht stärker als Marco Wanderwitz und Carsten Körber, beispielsweise. In diesem Fall bewahrheitet sich der Satz, dass, wer mit dem Finger auf andere zeigt, nur in Kauf nimmt, dass vier Finger auf ihn zurückverweisen. Die Schuld beim Spitzenkandidaten abzuladen, zeugt jedenfalls von keinem noblen Charakter. Wer möchte schon von jemandem im Bundestag repräsentiert werden, dessen politische Befähigung darin zu bestehen scheint, die Schuld stets weit von sich selbst zu verorten und dort mitzutreten, wo alle treten.

Hanebüchen wird es, wenn Körber äußert: „Deshalb hat mich die Äußerung am Sonntagabend oder auch die Äußerungen am Montag schon etwas irritiert, wie man aus diesem Ergebnis ein Regierungsbildungsauftrag ableiten kann.“

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Weder die SPD noch die CDU haben einen Auftrag zur Regierungsbildung erhalten. Um es auch für den Listenabgeordneten aus Sachsen in deutlicher Sprache zu formulieren: Das Problem besteht nicht in dem knappen Prozent Vorsprung der SPD, sondern darin, dass die CDU nicht regierungsfähig ist, weil sie inhaltlich überhaupt kein eigenständiges Angebot mehr vorzulegen vermag. Ich habe vor Jahren bereits analysiert, dass es nicht schlimm ist, dass die CDU keinen Gedanken mehr hat, schlimm ist, dass sie nicht einmal mehr weiß, was ein Gedanke ist. Außer regieren zu wollen, gibt es in der CDU kein konsistentes Argument für eine Regierungsbildung. Inhaltlich hat die Merkel-Regierung im Rahmen der asymmetrischen Demobilisierung nichts anderes getan, als rote und grüne Projekte umzusetzen. Warum soll man die Union als Transmissionsriemen für Rotgrün wählen? Nicht das knappe Prozent, das die SPD vor der CDU liegt, berechtigt die SPD zu regieren, sondern die Tatsache, dass die CDU kein einziges Projekt, keinen eigenständigen Inhalt mehr vorzuweisen hat. Sie ist nicht denkfaul, wie Friedrich Merz freundlich meint, sie hat das Denken zum Feind erkoren. Denn der Geist steht nicht mehr links, nur dort, links, sucht die arme CDU noch immer den Geist.

Ob die selbsternannten Neuerer Neues überhaupt zu Denken vermögen oder ob das Neue nur Arbeit an der „Sprache“ unter Intensivierung der Merkel-Linie ist, wird man sehen. Alter Wein in neuen Schläuchen.

Der Abgeordnete Körber scheint jedenfalls nicht verstanden zu haben, dass es eben nicht um Sprache, sondern, dass es um Inhalte geht. Arme CDU, du gehst einen schweren Weg.


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Kommentare ( 90 )

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Karl Schmidt
2 Jahre her

So geht echtes Bonzentum: Der unerzogene Bürger ist dafür verantwortlich, wenn der am besten geeignete Politiker nicht gewählt wird. Man sieht einmal mehr wie schädlich Landeslisten sind, denn so gelangen (wieder) Politiker ins Parlament, die kein Volk vertreten, sondern nur für den Parteiapparat stehen, dem die Bürger gerade den Stecker gezogen haben. Der Auftritt ist zwar lächerlich, doch das linksextreme Narrativ, das er verbreitet, ist geeignet, die Republik zu sprengen: Natürlich ist die AfD nicht rechtsextrem – offenbar weiß der Mann gar nicht, was der Begriff genau bedeutet, aber Kompetenz steht in Berlin ja ohnehin nicht im Pflichtenheft. Doch die… Mehr

merlin999
2 Jahre her

Diese CDU geht nicht den falschen Weg, bei einem geistigen Stillstand gibt es keinerlei Bewegung, sondern sie setzen aufs falsche Pferd. Nach dem 2. WK sagte ein westlicher Präsident: ich glaube wird haben das falsche Schwein geschlachtet! Er wollte damit auf die ROTE Gefahr aus dem Osten hinweisen. Heute sehen wir die Auswirkungen, dass die rot-grüne Gesellschaft den Staat vernichten will und damit die Bürger als ihre Leibeigenen oder Sklaven halten kann und auch wird. Dieser CDU Politiker sagt tatsächlich wie weit er und seine Partei bereits bei den Kommunisten angekommen und sich dort auch häuslich eingerichtet hat. Es schreibt… Mehr

Matthias
2 Jahre her

Eine sehr gute Einschätzung! Jedes Mitglied der CDU trägt Mitverantwortung für die Politik der letzten Jahre. Sie hätten mindestens seit 10 Jahren Widerspruch anmelden oder austreten können. Aber es sind wohl mehr oder weniger rückgratlose Menschen, die vor allem an ihr Auskommen denken.

Rasparis
2 Jahre her
Antworten an  Matthias

Eine bereits damals schon etwas ältere und länger hier lebende „C.D.U.“-Ortsverbandsvorsitzende aus dem immer noch stockkatholischen, niedersächischen Eichsfeldes gab -angesprochen auf die bereits damals verheerenden Folgen von Finanz- und „€“-Krise und der „Migration“- schon 2013 leichterdings zum Besten, daß die „Dinge schließlich nicht immer so bleiben können, wie sie sind.“
Ich bin mir sicher, die ist heute noch Ortsverbandsvorsitzende – nur in einem „C.D.U.“-Ortsverband fast ohne Mitglieder oder jedenfalls ohne Mitglieder unter Mitte 50 und einer um mindestens 50% geschrumpften Wählerschaft nach absoluter Stimmenzahl.

Sigurd Sachse
2 Jahre her

Genauso ist das, Käptn Notaras. Treffer und versenkt.

Henry
2 Jahre her

Körber ist das typische Beispiel dafür, dass die CDU den Schuss immer noch nicht gehört hat und weitermachen will wie bisher. Nein – sie gehört auf die Oppositionsbank, auch wenn die Alternative aus Rot-Grün-Gelb nichts Besseres verspricht!

Wilhelm Roepke
2 Jahre her

Körber ist nicht böse; er ist nur betriebsblind. Erst wenn seine eigene Wohnung von einem Blackout betroffen ist, erst wenn er selbst von einem Clanmitglied bedroht wird, erst wenn seine Pension von der unvermeidlichen Inflation aufgefressen wird, wird er (vielleicht!) verstehen, dass die Kritiker der Union wie die AFD in vielen Punkten recht hatten.

Rasparis
2 Jahre her
Antworten an  Wilhelm Roepke

Ich vermute, als Nicht-Sachse, daß dieser Körber noch zu dumm ist, um auch nur böse zu sein.
Dessen Listenkomplitze Wanderwitz – nun ja:“Nomen est omen“, und es gibt ja weitaus mehr schlechte denn gute Witze.

Bernd Schulze sen.
2 Jahre her

Was ist mit ganzen Kreisverbänden und deren Mitglieder der CDU, wo bleiben deren Aufstände und Forderungen, daß man die Schuldigen von den Fleischtöpfen und der Macht entfernt. Nichts dergleichen, es bleibt beim gleichen Trott und statt Merz sieht es aus als ob der Steuergeldvernichter Spahn und größte Pinocchio in der CDU, daß Ruder übernimmt. Das ist kein Neuanfang oder sonstwas positives, der Pharmavertreter wird auch als nicht Minister, den neuen Gesundheitsdiktator in Sachen Corona bei allem unterstützen.

FranzJosef
2 Jahre her

Als ich das Interview im DLF mit dem Herrn Körber gehört habe, wäre ich fast vom Stuhl gefallen. Statt sich von den dummen Äußerungen von seinem Vorgänger ganz klar zu distanzieren, gab er diesem ausdrücklich Recht. Im Grunde hat diese CDU in Sachens immer noch viel zu viele Stimmen bekommen. Diese Partei ist sowas von fertig. Aber Herr Körber hat natürlich einen sicheren Listenplatz. Das wird nix.

Uwe Jacobs
2 Jahre her

Stimme Ihnen voll zu. Die ätzen nur noch, diese Gaukler und Scharlatane.

Rolfo
2 Jahre her

…was soll die CDU denn machen? Sie wollte in den Städten nicht mehr die Wahlen verlieren, also steuert sie heftig nach links. Nun wird alles auf links und grün abgewickelt, die ehemals „Konservativen“ sprengen AKWs in die Luft, erklären Funktionierendes für obsolet – gegen Zahlung eines „Bestechungsgeldes“ kann eine Ölbrennwertheizung geschrottet werden zugunsten der Luft(wärme)pumpe. Deutschland finanziert mit, dass Italiener die Heizung teils letztlich kostenlos – weil vom Staat bezahlt – eingebaut bekommen. Das firmiert unter Corona-Hilfen und seitdem sind die Italiener der EU wieder wohlgesonnen. Genau so funktioniert es überall. Geld spielt keine Rolle („wenn wir es nicht machen… Mehr

Rasparis
2 Jahre her
Antworten an  Rolfo

Was die „C.D.U.“ machen soll ? Mit dem Rest des toxischen Parteienunrats auf dem Müllhaufen der Geschichte verschwinden. Das ist lange überfällig. Oder kennen Sie auch nur eines der zahllosen, für diese Gesellschaft mittlerweile existenzbedrohenden Probleme, das nicht in den letzten 72 Jahren von diesen „demokratischen Parteien“ angerührt worden wäre ? Es genügt ein Gang durch eine (west-)deutsche Großstadt um zu erkennen, was die Stunde geschlagen hat. Barbara Tuchmann hat über diese Dystopie ein lesenswertes Buch geschrieben: Die Torheit der Regierenden von Troja bis Vietnam. „Four star general“ General Westmoreland vernichtete, anders als die viertklassige Merkel&Konsorten und auch schon deren… Mehr