Einsamkeit: Phänomen langjähriger gesellschaftlicher Fehlentwicklungen

Ideologisierung zwischenmenschlicher Beziehungen / Bindungslosigkeit ist Folge anerzogener Verantwortungslosigkeit - speziell im Verhältnis der Geschlechter / Neomarxistische Kulturrevolution stoppen und umkehren.

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Kurz vor Weihnachten eroberte wie immer zu dieser Zeit ein Begriff die meisten Titelseiten der Zeitungen: Einsamkeit. Sie ist zu einer traurigen Erscheinung in nahezu allen westlichen Industriegesellschaften geworden. Gemessen an den mehr oder minder klugen Sätzen darüber, scheinen überwiegend ältere Menschen darunter zu leiden. Besonders schmerzhaft empfunden gerade zu dieser Zeit um die Jahreswende. Dabei ist die Vereinsamung ein gesamtgesellschaftliches Problem. Selbst Jugendliche empfinden sie und klagen darüber. Wobei Einsamkeit nicht mit Alleinsein verwechselt werden darf. Man kann inmitten einer feiernden Menge von Menschen stehen, sogar dabei kommunizieren und ist trotzdem einsam. Jeder von uns kann sich an Gesprächsrunden erinnern, während denen man sich die Frage stellte, was würde es eigentlich für mich bedeuten, wenn ich jetzt nicht hier wäre. Einsamkeit ist also vor allem das Empfinden, nicht verstanden zu werden, bei aller Geschwätzigkeit keine wirkliche Nähe zu empfinden und im Kern bindungslos zu sein. Wenn heute schon sehr junge Menschen sich der Dating-Dienste bedienen, um jemanden kennenzulernen, dann stimmt etwas nicht in dieser Gesellschaft.

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Offensichtlich unterliegt die natürliche Kommunikation erheblichen Hemmschwellen und Verhaltensunsicherheiten. Ein einfacher Blick, ein Lächeln oder ein sich „Gutfinden“ reicht offenbar nicht mehr aus. Wobei die Ursachen nicht in immer wiederkehrenden Trends oder Moden bestehen. Mal ist eben „Coolness“ als Einstieg angesagt, dann wieder Herumblödeln. Der Einsamkeit von heute liegen langjährige, mittlerweile über drei Generationen andauernde Veränderungen in der zwischenmenschlichen Kultur zugrunde.

Als mit den 68ern die Sozialpsychologie als Instrument der Überwindung der spätkapitalistischen Gesellschaft mit ihren autoritären Strukturen und der psychischen Verelendung der verblödeten Konsummassen an die Stelle gewaltsamen revolutionären Umsturzes trat, begann an Schulen, Universitäten und zunehmend in den Medien ein gewaltiger Umerziehungsprozeß mit dem Ziel der Zerstörung tradierter Werthaltungen und Institutionen. Alles Bisherige wurde in Frage gestellt, die Menschen wurden nicht nach ihren natürlichen Eigenschaften und Wünschen beurteilt, vielmehr wurde ihnen ein gutes oder schlechtes Rollenverhalten zugeschrieben. Das Neue nannte man nun das Emanzipatorische, das Alte schlicht reaktionär. Da solche Veränderungen das Wertgefühl einer Gesellschaft nur als Massenphänomen subtil moralisierender und emotionaler Bewegungen in Gang gesetzt werden können, bot sich das Verhältnis zwischen den Geschlechtern und den Menschen ganz allgemein als ideales Projektfeld an.

Heraus kam die sogenannte Frauenbewegung, die zwischen Mann und Frau eine grundsätzlich aggressive und von männlicher Dominanz geprägte Erscheinung sah und ganz nebenbei bis heute sieht. Aus Kindern wurden plötzlich Instrumente des Mannes, um die Frauen in ihrer alten Rolle festzuhalten. Nur logisch erwuchs daraus der Slogan: “Mein Bauch gehört mir“, den viele Männer zumindest innerlich mit dem Gedanken ergänzten:, „Dann nimm doch den Inhalt auch gleich mit“. Die Männer wurden auf diese Weise von Verantwortung regelrecht entbunden. Wen können da die rasant ansteigenden Abtreibungsraten wundern und der in Deutschland extrem hohe Anteil der Männer, die sich ihrer Unterhaltspflicht entziehen und diese völlig unbekümmert und ohne jedes Schuldbewusstsein auf die Gemeinschaft der Steuerzahler abwälzen.

Nicht wundern kann vor diesem Hintergrund auch, dass sowohl in mehreren Allensbach-Studien wie auch wieder in der jüngsten Shell-Jugendstudie junge Frauen sehr wohl den Wunsch nach einem Kind äußern, aber aus Furcht, keinen dafür verlässlichen Partner zu finden, davon Abstand nehmen. Spätere Einsamkeit ergibt sich daraus zwangsläufig. Kurzum – große Teile der akademisierten und unakademisierten Bevölkerung verspüren große Unsicherheit zwischen ihrem Selbstbild und dem von ihrem sozialen Umfeld vorgeschriebenen. Sowas nennt man eigentlich Desaster.

Jedem eine Familie
Ein Jahr ohne Weihnachten war mir ein armes Jahr
Individualisierung und damit emanzipatorische Selbstbefreiung ist zu Bindungslosigkeit, verbunden mit einer besonderen Art von Gefühlskälte geworden. 53 % der Berliner leben in Single-Haushalten – noch Fragen? Womit auch schon der Schlüssel für die Einsamkeit im Alter auf der Hand liegt. Im Gegensatz beispielsweise zu asiatischen Kulturen, in denen dem Alter besondere Hochachtung und Verehrung zugedacht ist. Altenheime und ähnliche Einrichtungen kennt man dort so gut wie nicht. Der Zusammenhalt in der Familie schließt die gegenseitige Fürsorge von der Geburt bis zum Tode ein. Dies konnte auch bei Veränderungen der Mobilität innerhalb der Gesellschaft bewahrt werden.

Die Sprachlosigkeit zwischen den Generationen im Westen ergibt sich auch aus einer angemaßten moralischen Überlegenheit (jung für Klimaschutz, alt für Wachstumsfanatismus), mit der dann auch der Dialog mit den Alten verweigert wird („ich neues Denken, du altes Denken“) mit dem freilich auch der katastrophale eigene Bildungsstand selbst über einfachste politische und gesellschaftliche Ereignisse nonchalant und arrogant überspielt wird. Die Diagnose ist frustrierend, verheißt für die Zukunft nichts Gutes.

Krisenfest ist eine solche Gesellschaft nämlich nicht, zumal die „Eliten” des Landes in einer Mischung aus Machtstreben und Opportunismus insbesondere der Wirtschaftseliten bei gleichzeitig völligem Versagen der Kirchen schon so weit vorangetrieben wurde, dass mittlerweile nach Allensbach zwei Drittel der Deutschen Angst haben, ihre Meinung zu gesellschaftlichen Fragen der Ausländerpolitik, des Verhältnis der Geschlechter oder zur Bedeutung der Nation öffentlich zu äußern.

Aus der CDU kam kurz vor Weihnachten der Vorschlag, einen weiteren Sonderbeauftragten der Bundesregierung – diesmal zum Schwerpunkt „Einsamkeit“ zu berufen. Außer ein paar Beamten mehr dürfte dabei nichts herauskommen. Was unsere Gesellschaft braucht, ist eine, um mit Altkanzler Helmut Kohl zu sprechen, geistig-moralische Wende. Doch woher sollte diese denn kommen?

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Kommentare ( 29 )

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Peter Pascht
3 Jahre her

Das Phenomän der „menschlichen Entfremdung“ ist ein Phrnomän das weltweit zu beobachten ist und ist insofern ein sozialpsychologisches Phenomän der aktuellen gesellschaftlichen Merklmale.
Der Begriff ist in der Soziallehre nicht neu und beschreibt ihn als Phenomän der „kapitalistischen Gesellschaftsordnung“. Ich habe zumindest diesen Begriff schon vor Jahrzehnten im Rahmen der Soziallehre kennen gelernt.Schon damals hat mein Professor darauf hin gewiesen, dass dieses Phenomän an Intensität zunehmen wird bis es zu einem generellen sozialen Problem werden wird.

fatherted
3 Jahre her

Kinder…sind kein Garant gegen Einsamkeit. Meine Tante hat drei Kinder und vier Enkel (alle gutsituiert, in der Umgebung wohnend, die Kinder – bereits Rentner oder Hausfrau mit viel Zeit)…und war die letzten Weihnachten und diese Weihnachten allein. Anrufe gab es auch nicht…anscheinend war man „beschäftigt“. Und Links ist von denen keiner. Insofern….hat nix mit Politik zu tun, sondern meiner Meinung nach nur mit Egoismus und Ignoranz….letztendlich…..schäbige Grundhaltung.

Nikolaus v. Stahl
3 Jahre her

Im Grunde spiegelt der Artikel doch nur wider was rot-grüne-Bildungspolitik seit der Gründung Anfang der 1980er Jahre offen im Gepäck hatte. Den Umbau der Gesellschaft zum Narrenschiff mit der Gallionsfigur Namens Meinungsfaschismus. Die Ergebnisse sehen wir heute tagtäglich und man kann sie sogar klar benennen. Da wären zum Beispiel der Genderwahn mit der faktischen Elemination des männlichen in dem man sprachlich nur noch von ZuschauerInnen spricht. Alles männliche oder auch nur der Gedanke, dass eine Familie aus Vater, Mutter und Kind besteht ist schon verwerflich. Auch wenn Mann sich in der Gesellschaft positioniert ist das schon eine Konterrevolution und per… Mehr

Deutscher
3 Jahre her

Das ist der Markenkern alles Linken: Die Zerstörung der natürlichen menschlichen Bindungen, um diese durch staatliche Vereinnahmung zu ersetzen. So wird die ganze Gesellschaft planbar und kontrollierbar, der Einzelne ersetzbar.

Hüte Dich vor Leuten, die sich um alles, nur nicht um ihren eigenen Kram kümmern wollen: Sie führen nichts Gutes im Schilde.

daldner
3 Jahre her

Ich finde nichts Schlimmes daran, als schrulliger Kauz allein zu leben. Es erscheint mir sogar erstrebenswert, wenn man all die seltsamen Paare sieht, die sich anöden oder permanent zanken. Oder mit Wilhelm Busch: Wer einsam ist der hat es gut: Der EinsameWer einsam ist, der hat es gut, Weil keiner da, der ihm was tut. Ihn stört in seinem Lustrevier Kein Tier, kein Mensch und kein Klavier, Und niemand gibt ihm weise Lehren, Die gut gemeint und bös zu hören. Der Welt entronnen, geht er still In Filzpantoffeln, wann er will. Sogar im Schlafrock wandelt er Bequem den ganzen Tag… Mehr

fatherted
3 Jahre her
Antworten an  daldner

Stimme zu….werde wohl auch diesen Weg gehen….und nicht ungern, wenn ich meine Kollegen und Bekannten anschaue….was die so aushalten müssen….man muss nur mit sich selbst im reinen sein, so ist man nicht mehr einsam, sondern nur allein.

Marcel Seiler
3 Jahre her

Ich leide nicht so sehr unter absoluter Einsamkeit. Aber die Feindseligkeit im politischen Diskurs belastet mich enorm: die Feministinnen, die mich permanent als Frauenhasser beschimpfen, einfach weil ich ein Mann bin; die politische Korrekten, die mich als Rassist beschimpfen; die Nazi-Beschimpfungen, weil ich Europa zunehmend nicht als Befreiung (wovon eigentlich?), sondern als Bürokratie-Diktatur empfinde. Die Ausgrenzungs- und Cancel-Kultur finde ich kaum zu ertragen.

Im Privaten aber werde ich in der Regel mit Respekt behandelt. Nur über Politik darf ich nicht reden.

Alexis de Tocqueville
3 Jahre her
Antworten an  Marcel Seiler

Was man darf und was man tut sind zwei Paar Schuhe.
Ich brauche keine Idioten als Freunde und linke Deutschlandhasser und Ökofaschisten schon gar nicht.

Hoffnungslos
3 Jahre her

Vermutlich zerbrechen viele Familien bei uns an dem Verlagern von Aufgaben an den Staat. Da werden die Kinder möglichst früh abgegeben in Kitas und Ganztagsschulen, die sich auch um die Erziehung kümmern sollen. Die alten Menschen werden in die privaten oder staatlichen Heime outgesourct. Verantwortung wird an den Staat, die Allgemeinheit weitergereicht. Die Gesellschaft soll sich kümmern. Argument: zu wenig Zeit für die Kinder, keine Zeit für die Alten. Wir müssen ja alle arbeiten. Wurde früher nicht, oder weniger gearbeitet? Wann sind die Bindeglieder in den Familien zerrissen?

Elli M
3 Jahre her
Antworten an  Hoffnungslos

Steht oben im Artikel. Kann ich persönlich aus meiner Beobachtung nur bestätigen.

binweitweg
3 Jahre her

Ihr Verweis auf das Leben in einer Familie in Asien(sie meinen sicher u.a. Thailand)veranlaßt mich, meine eigenen Gedanken dazu aufzuschreiben.Aus ebendiesen Gründen fühle ich mich als ein im Osten Deutschlands sozialisierter ebendort irgendwie wohler, als z.B. in Deutschland. Ich sitze gern als „Einsamer“ hier wie dort auf irgendeiner Bank und beobachte die Leute.Dort gibt es dann immer Menschen (Bekannte aber auch Unbekannte) die keine Scheu zeigen, mich anzusprechen ( trotz der Sprachprobleme)und irgendwie kommt es dann doch zu einer Verständigung und späteren Vertrautheit.Sitze ich demhingegen hier im düsteren Deutschland auf einer Bank und beobachte meine Umgegend(ganz schlimm z. B. in… Mehr

Mampfred
3 Jahre her

Ich möchte dazu anmerken, dass das mit dem „verlässlichen Partner“ und dem Kinderwunsch noch eine weitere Dimension hat: Eine verlässliche Partnerin zu finden, die – sobald erst einmal rund – den Mann nicht nur noch als Zahlquelle sieht, ist genau so ein Faktor. Welcher Mann bei Verstand lässt sich auf so ein Abenteuer denn noch ein? Sich den Rest des kurzen Lebens zur Hölle machen zu lassen? Bezeichnend ist der Hass auf den „alten, weißen Mann“ weil – gut ausgebildet, gut verdienend – nur nicht mehr anzapfbar, weil nicht mehr blöd genug, auf irgend eine Trulla hereinzufallen. Dafür jammern diese… Mehr

Marcel Seiler
3 Jahre her
Antworten an  Mampfred

In der Tat: Eine Familie zu gründen ist aufgrund der hohen Rate der Ehe-Untreue der Frauen (60 bis 70 % der Scheidungen werden von Frauen ausgelöst) zusammen mit dem deutschen Unterhaltsrecht eine Hochrisiko-Aktivität. Um sich darauf einzulassen, muss der Mann entweder extrem reich sein oder extrem arm; den normalen Mann dazwischen kann es leicht zerquetschen.

Hoffnungslos
3 Jahre her
Antworten an  Mampfred

Der Hass auf die alten weißen Männer wird in erster Linie medial propagiert, weniger von der Mehrheit der Frauen. Frauen sind auch nicht mehrheitlich Trullas, denen es um eine Geldquelle geht. Es gibt die Sorte, aber die Sorte gibt es auch bei den Männern. Die Mehrzahl der Frauen wünscht sich nach wie vor einen verlässlichen Partner und eine Familie. Aber viele Männer schrecken davor zurück.

Marcel Seiler
3 Jahre her
Antworten an  Hoffnungslos

„Die Mehrzahl der Frauen wünscht sich nach wie vor einen verlässlichen Partner und eine Familie. Aber viele Männer schrecken davor zurück.“

Das glaube ich gern. Aber es ist nicht einfach, die verlässlichen von den nicht so verlässlichen Frauen zu unterscheiden. Manche, die ursprünglich verlässlich erschien, findet einen dem Mann völlig unverständlichen Grund, die Scheidung einzureichen. Mit den für den Mann verheerenden Folgen.

country boy
3 Jahre her

Wenn deutsche Frauen Kinder bekommen, ist dies unseren Eliten ein Dorn im Auge. Deshalb versuchen sie ja alles, um ihnen das Kinderkriegen so schwer wie möglich zu machen. Eine Hausfrau ist ja geradezu ein Hassobjekt der Grün*innen. In der grünlichen Ideologie ist eine Frau nur dann eine vollwertige Frau, wenn sie ihre Haut auf dem Arbeitsmarkt zur Markte trägt. Ein positiver Nebeneffekt dieser Ideologie ist, dass eine Frau im Karrierestress kaum noch Kinder kriegen kann. Und um so mehr Platz hat es für die Kinder der Einwanderer. Denn nur diese Bevölkerungsgruppe liegt den Grünen wirklich am Herz. Und da wird… Mehr

Alexis de Tocqueville
3 Jahre her
Antworten an  country boy

Ja, aber gewählt wird die grüne Kommunistenbande nicht von den muselmanischen Zuwanderern, sondern eben den blöden Weibern, die sich ständig „verwirklichen“ wollen aber leider, leider, leider dauernd an gläserne Decken stoßen, wie Bildung, Logik usw.