Steve Bannon in Zürich – „Feuer des Populismus über Europa“

Trumps gefeuerter Wahlkampfhelfer Bannon erklärt die Erfolgsformel des Wahlkampfs von Donald Trump. Trotz seiner Entlassung durch Trump verteidigt er dessen aktuelle Amtsführung weiter und rechtfertigt dessen aktuelle Handelspolitik mit Strafzöllen.

© Adrian Bretscher/Getty Images

„Ein Feuer des Populismus wird über Europa aufflammen“ sagte Steve Bannon in Zürich. Während in Europa „Populismus“ als Verabscheuungswürdig gilt – für Bannon ist es das Zeichen der Veränderung der politischen Landschaft – Trumps Rezepte könnten auch in  Europa verfangen. Der ehemalige Wahlkampfleiter von Donald Trump und Ex-Chefredakteur des umstrittenen Internetmagazins „Breitbart“ meldete sich zurück auf der Politikbühne. Wollte Steve Bannon vor einem Jahr noch weltweite Lokalausgaben von Breitbart lancieren, tritt er nun auf globaler Ebene als Politikberater für populistische Parteien in Erscheinung.

Auf Einladung der Schweizer Weltwoche stellte Steve Bannon sich vergangenen Dienstag den Fragen von Herausgeber Roger Köppel vor rund 1.500 Zuschauern, seinem ersten öffentlichen Auftritt überhaupt in Europa seit seinem Ausscheiden aus der Trump-Regierung. Er wird unter den europäischen Rechtsparteien herumgereicht: Zuvor hatte der 64-jährige Harvard-Absolvent sich mit der AfD-Politikerin Alice Weidel in Zürich getroffen und am Wochenende die italienischen Wahlen verfolgt, wo er sich mit einem ranghohen Vertreter der Lega Nord getroffen hatte. Am darauf folgenden Samstag trat Bannon erneut bei einer populistischen Partei auf, diesmal als Überraschungsredner auf dem Parteitag des Front National in Frankreich, wo er eine ähnliche Rede wie in Zürich hielt.

In einem Interview mit der Weltwoche (Ausgabe vom 1. März 2018) hatte Bannon bereits angekündigt, dieses Jahr öfter nach Europa zu reisen, „um aus erster Hand mehr von den Leuten dieser populistischen, dieser nationalistischen Bewegungen zu erfahren.“

In der knapp anderthalbstündigen Weltwoche-Veranstaltung ging Bannon auf den erfolgreichen Verlauf des Wahlkampfs von Donald Trump ein und verteidigte dessen aktuelle Amtsführung. Auf Köppels Frage, inwieweit Bannon mit Trump weiter „on speaking terms“ sei, konterte er hingegen selbstironisch  („I am on listening terms with Trump“) und ergänzte trocken, weiter im Gespräch seien zumindest ihre jeweiligen Anwälte.

Trumps Wirtschaftspolitik

Trumps Immigrations- und Arbeitsmarktpolitik sowie seine Abkehr vom Interventionismus hätten seinerzeit den Ausschlag zum Wahlsieg gegeben, ganz im Gegensatz zu Clintons Identitätspolitik. Die „Deplorables“ und „Millenials“ seien nicht länger bereit, ein Handelsbilanzdefizit in Kauf zu nehmen und die Militärausgaben weiter in die Höhe zu treiben. Bannon verteidigte vehement gegenüber Köppel protektionistische Maßnahmen wie die vom US Präsidenten angekündigten Strafzölle, da der Westen im Freihandel mit merkantilistischen Staaten wie China keine andere Chance habe,  um eine Unterdrückung der Löhne der eigenen Arbeiterklasse zu verhindern. Trump wolle „fair trade“ und „reciprocity“. „We are upside down on trade deals.“ Als Nächstes werde Trump auf die Einhaltung geistiger Eigentumsrechte von China pochen und gegen den erzwungenen Technologietransfer vorgehen. (vgl. Section 301 of the Trade Act of 1974) Dies schütze vor allem Europa, welches laut Bannon am meisten Überkapazitäten und Deflation als Folge der geopolitischen Expansion Chinas spüren werde.

Der europäische Populismus

Viel Freude bereiten Bannon die jüngsten Wahlergebnisse in Italien. Zwei Drittel der Wähler hätten Anti-Establishment-Parteien gewählt, die sich sowohl aus rechten als auch aus linken populistischen Parteien („5 Sterne Bewegung“) zusammensetzten: „The populist surge is not over. It is just beginning.“ Eine ähnliche Tendenz erkenne er in Polen, Tschechien, Ungarn, Deutschland und Frankreich. Victor Orban sei ein großartiger Patriot und Held, über den die Mainstreammedien niemals ein gutes Wort verlieren würden. Bannons sarkastischer Appell ans Publikum: “That should be the number one reason why you like him.” Bannon forderte die EU auf, die aktuelle Einwanderungspolitik zu ändern und die Probleme nicht an die europäische Arbeiterklasse in Europa zu delegieren. Je länger Brüssel bzw. „the party of Davos“ hiermit warte desto größer würden die künftigen Herausforderungen (z.B. Massenarbeitslosigkeit, Verschuldung und fehlende Produktivität in Italien) und desto drastischer die unausweichlichen Lösungen. „Brussels better start listening or they are going to have a bigger revolt than they have today.” Ein großes Lob hatte Bannon überdies für Christoph Blocher parat: „Dr. Blocher is Trump before Trump and stood up against the establishment … to have a sovereign country“, hob er die mahnende Weitsicht des SVP-Politikers vor einem Beitritt in den EWR 1992 hervor. Deshalb sei die Schweiz heutzutage das freiste und wohlhabendste Land Europas.

Ein unfreiwillig historisches Dokument
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Bannons Thesen verknüpfen libertären Kapitalismus mit nationalem Patriotismus und Kritik an den Werten der 68er Bewegung. Er lobte Frauen, die lieber bei ihrer Familie zu Hause bleiben wollten („rebuilding families“). Die Macht müsse wieder zum einzelnen Bürger verschoben werden: Von den Zentralbanken zu Kryptowährungen, vom Shareholder Value zum Citizenship Value, in puncto persönliche Nutzerdaten von der Ausbeutung von Silicon Valley zur selbst kontrollierten Datensouveränität. (Bei seiner Rede in Frankreich ergänzte Bannon, dass Silicon Valley hinter verschlossenen Türen mit der Regierung kooperiere, um die Bürger mittels eigens programmierter Algorithmen zu kontrollieren.)  Nur so sei wahre Freiheit möglich und der Weg in eine neue Knechtschaft (er spielt auf Hayek und die österreichische Nationalökonomie an) aufzuhalten. Ansonsten werde der kulturelle Marxismus alles, was wir uns aufgebaut hätten, zerstören. Es sei ein Unding, dass keiner der “Financial Elites“ für die Finanzkrise vor 10 Jahren zur Rechenschaft gezogen worden sei.

“National Economic Populism” vs. „Time´s Up Movement“

Auf der Linken sei aus der #metoo –Bewegung ein ernstzunehmendes „Time´s Up Movement“ geworden. Jene Bewegung, die er aufgrund der Radikalität mit der französischen Revolution verglich, strebe das Ende des Patriarchats an. Es werde zwangsläufig auf ein Zusammenprallen beider Bewegungen kommen, wobei er den nationalen Populismus historisch bei der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung ansiedele. Von Köppel verschmitzt angesprochen, inwieweit er ein Rassist sei, entgegnete Bannon, dass bei der populistischen Bewegung nur die Staatsbürgerschaft zähle, weder die Rasse, Hautfarbe, das Geschlecht noch die sexuelle Orientierung. Quintessenz:  “…as a citizen you are not going to have to compete unfairly with the world´s labor market.” (In Frankreich kehrte Bannon das Argument weiter um und warf den Eliten in den USA  “economic hate crimes” gegenüber Schwarzen und Hispanics vor. Präsident Trump werde zwar als Rassist dargestellt, helfe aber der Arbeiterklasse der Schwarzen und Hispanics mehr als die Vorgängerregierung.)

Köppel firmierte Bannons Auftritt als „Free Speech Summit“. Doch jene Freiheit hatte ihren Preis. Die Veranstaltung konnte nur unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen stattfinden, die den Standards eines Flughafens ähnelten. Polizisten sicherten den Veranstaltungsort ab. In Veranstaltungsnähe verlief eine Gegendemonstration friedlich.

Die Weltwoche stellte die 82-minütige Veranstaltung in englischer Sprache als Livestream zur Verfügung: https://www.youtube.com/watch?v=AeJaq599yh4

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Zitate von Steve Bannon, die für Standing Ovations auf dem Parteitag des FrontNational in Frankreich sorgten:

“… You argue for sovereignty and they call you a nativist. You argue for your freedom and they call you a xenophobe. You argue for your country and they call you a racist. The days of that smear are over …”

“… Let them call you racist, xenophobes, nativists. Wear it as a badge honor …”

“… ’Opposition media’ calls us white supremacists. But Trump´s national economics does not care about your race, religion, ethnicity, gender, education or sexual preference. It only cares about: are you a citizen of the USA?!? …”

Sebastian Gehr berät und begleitet Medienunternehmen und -dienstleister bei internationalen Expansionsprojekten. Er studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim und war Produktmanager des englischsprachigen „Handelsblatt Global“ Magazins.

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Kommentare ( 28 )

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Jens Frisch
6 Jahre her

„Frauen, Building families. Damit kann ich aus meiner persönlichen Sicht nichts anfangen.“
Zeugen Sie selbst Kinder – dann können Sie auch mit „family building“ etwas „anfangen“.

Jens Frisch
6 Jahre her

„Die Macht müsse wieder zum einzelnen Bürger verschoben werden: Von den Zentralbanken zu Kryptowährungen, vom Shareholder Value zum Citizenship Value, in puncto persönliche Nutzerdaten von der Ausbeutung von Silicon Valley zur selbst kontrollierten Datensouveränität.“

Voll Nazi!? Danke für den Einblick in die Gedankenwelt dieses interessanten Mannes!

Eberhard
6 Jahre her

Das Wirken von Herrn Bannon selbst, mag und kann ich nicht beurteilen. Vieles was er vertritt teile ich, doch längst nicht alles. Aber allein schon das Echo der angeblich so demokratischen und alt eingesessenen EU- Politelite, oder was sich dafür hält, macht auf ihn aufmerksam. Von dieser Klicke aber als Populist beschimpft zu werden, sollte eine Ehre sein. Sie haben sich vom Volk abgewendet und verachten es. Sie sprechen ihm sein Urteilsvermögen ab und regieren an ihm vorbei und immer öfter gegen seine eigne Interessenlage. Nun bekommen sie bei Neuwahlen mehr und EU weit, dessen Gegenwehr für die immer weiter… Mehr

Mozartin
6 Jahre her

Gute Berichterstattung, also auch Distanz zum Gegenstand sind erfreulich, sonst könnte ich mir solche Artikel nicht durchlesen.
Als Informationsquelle aber unbezahlbar.

Koko Lores
6 Jahre her

Protektionismus und China „China zum Beispiel ist kein faier Handelspartner.“ Ein fairer Partner zu sein haben die Chinesen m.E. nicht behauptet und wollen es auch gar nicht. Die Kommunisten gehen strikt nach der Devise vor >China first<, jedenfalls ist das meine Wahrnehmung. Ergo ist Vertrauen im Handel hier der falsche Ansatz. Man kann Geschäfte mit Kommunisten machen, aber Ihnen Know How, oder ganze Schlüsseltechnolgien zu verkaufen ist fahrlässig bis selbstzerstörerisch. Trump hat das erkannt. Von einem Steinmeier Gabriel oder einer Merkel ist so eine Erkenntnis jedoch nicht zu erwarten. Das Gleiche gilt auch sinngemäß für die arabischen Ölstaaten. Gute Geschäfte… Mehr

Eysel
6 Jahre her

Mein Dank gilt Köppel/der Weltwoche und TE.

Michael M.
6 Jahre her

S. Bannon ist ein kluger Mann!

nomsm
6 Jahre her

Freihandel kann nur unter gleichen funktionieren. Interessant ist, dass viele Freihändler mit Ricardo argumentieren, diesen aber anscheinend nie gelesen haben bzw. dessen (impliziten) Prämissen nicht erwähnen. Der chinesische merkamtelistische Ansatz ist kein Freihandel, ein Land mit einer hohen industriellen Basis kann sich nur durch Schutzzölle dagegen wehren. China benutzt Schutzzölle, Subventionen und Handelsbeschränkungen um einen Exportüberschuss zu erzielen. Insofern ist es nur verständlich wenn sich ein Land wie die USA sich dagegen zur Wehr setzt.

Epiktet
6 Jahre her
Antworten an  nomsm

Verehrte(r) @nonsm, die Pointe ist ausgezeichnet. Freihändler sollen Ricardo gelesen haben? Ich muß jetzt laut auflachen. Ich lache aber nicht über Sie, wohlgemerkt.

Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, als einer dieser heutigen „Facharbeiter“ Ricardo im Original lesen würde. Diese Menschen lesen fast nix im Original oder besser überhaupt nichts.

Ich habe Ricardo übrigens gelesen, lesen wollen und darf mich daher mit dem Titel „Kamel“ auszeichnen. Ich bin durchs Nadelöhr […]. 😉

ZurückZurVernunft
6 Jahre her

Zitat:
„… Let them call you racist, xenophobes, nativists. Wear it as a badge of honor“

Ich trage dieses Badge voll Stolz , weil ich als Netto-Steuerzahler weiss, zur absoluten Minderheit gehöre, die all die guten Taten finanzieren müssen, aus denen die “ moralisch Hochmütigen“ ihre Selbszgerechtigkeit sagen.

Moni
6 Jahre her

Geschickter Schachzug Trumps, seinen Chefstrategen vom aktiven Dienst freizustellen – vermutlich im gegenseitigen Einvernehmen. So erhält Bannon die zeitlichen Ressourcen, um als Missionar im Sinne Trumps in Europa tätig zu werden. Ob den europäischen Nationen dies zum Vor- oder Nachteil gereicht, sei dahingestellt.