Drohnen: Heuschrecke des dritten Jahrtausends?

Drohnen sind die Symbiose dreier jüngerer technischer Innovationen: leichte Batterien, starke Magnete und intelligente Chips. Das geniale Ergebnis dieser Symbiose bietet unzählige Anwendungen: nützliche, kriminelle und militärische. Von Dr. Hans Hofmann-Reinecke

picture alliance / Countrypixel | FRP

Drei Aufgaben hat ein Pilot: „aviate, navigate, communicate“. Er muss sein Flugzeug kontrolliert durch die Luft fliegen, auf sicherem Kurs zum Ziel steuern, und er muss funken, um anderen nicht in die Quere zu kommen. Beim Landen müssen dann Flugrichtung, Geschwindigkeit und Sinkrate stimmen, um metergenau auf der Bahn aufzusetzen. Je nach Sicht und Wind kann das schwierig sein.

Früher haben sich Pilot, Copilot, Navigator, Funker und Flugingenieur die Arbeit geteilt. Technischer Fortschritt hat ihre Aufgaben erleichtert und sie schließlich überflüssig gemacht. Seit 1980 ist das Zwei-Mann-Cockpit die Norm; es wird sogar gemunkelt, ein Computer könne bald den Job ganz allein machen.

Ein Chip und vier Motoren

In der Luftfahrt hat es nun einen „Quantensprung“ gegeben. Da gibt es jetzt eine Spezies an Fluggeräten, die sich schneller verbreitet als Mücken am sommerlichen Dorfteich: die Drohnen. Ihre Überlegenheit beruht auf der einfachen Bauweise. Während die klassischen Flugmaschinen aus unendlich vielen beweglichen Teilen bestehen, hat die Drohne nur vier, nämlich vier Motoren, die jeder an den vier Enden des kreuzförmigen Rumpfes angebracht sind und einen kleinen Propeller antreiben. Der bläst Luft nach unten und erzeugt Auftrieb. Wegen der Zahl vier und der Verwandtschaft zum Helikopter wird dieses Gerät Quadrocopter genannt.

Bei genug Auftrieb hebt der Quadro vom Boden ab und dank der vier tragenden Propeller steht er wie ein Tisch auf vier Beinen. Dreht einer der vier Motoren aber mehr auf, dann neigt sich der Apparat und er beginnt in eine bestimmte Richtung zu fliegen. Durch die intelligente Steuerung der vier Motoren können dann alle erdenklichen Flugmanöver ausgeführt werden. Die für die Steuerung der Motoren benötigte Intelligenz kommt von einem Chip, in dessen Entwicklung unendlich viel Denkarbeit investiert wurde, dessen Herstellung aber spottbillig ist; und der Strom für die vier Motoren kommt aus einer Lithium-Batterie.

Die „seltsamen“ Erden

Das erklärt, warum diese Drohnen erst heute entstanden sind: Batterie und Motoren waren früher zu schwer – so eine Maschine hätte ihr eigenes Gewicht nicht vom Boden gehoben; und den intelligenten Chip an Bord, der das „aviate, navigate, communicate“ übernimmt, den hätte es früher auch nicht gegeben.

So eine typische heutige Drohne ist vielleicht ein Kilogramm schwer, die gekreuzten Balken des Rumpfes sind 40cm lang, jeder Motor wiegt 30g und kann 300W leisten. Damit hebt sie ihr eigenes Gewicht in die Luft und nochmal 1 kg dazu.

Die erstaunlich leichten Motoren erzeugen ihre Leistung durch Rotoren aus einer Legierung von Eisen mit der „Seltenen Erde“ Neodym. Das sind extrem starke Dauermagnete, und die machen das Wunderding möglich. Ein perpetuum mobile ist das Ganze aber trotzdem nicht. Da werden pro Motor gut 300 Watt aus der Batterie gezogen, und die macht das vielleicht eine viertel Stunde lang mit.

Und so ein Wunderding ist für hundert Euro zu haben.

Die kleinsten Varianten der elektrischen Drohnen sind nicht größer als eine Hornisse und der Agras “T40” Agricultural Quadcopter kann 100 kg schleppen. Für den nützlichen und sinnvollen Einsatz von Drohnen kann man sich also unzählige Anwendungen ausdenken.

Eine Lawine teurer Maßnahmen

Es gibt aber auch Fälle, wo sie verantwortungslos oder in krimineller Absicht zum Einsatz kommen, etwa wenn sie vorsätzlich in die Anflugszone von Flughäfen gesteuert werden. Für 2025 wurden in Deutschland bisher 177 solcher Fälle bekannt, allerdings kam es nie zu einer Kollision. Weltweit hat es jedoch einige solcher Kollisionen gegeben, erfreulicherweise ohne Gefährdung des Flugs.

Ein Prinzip, welches viele Kollisionen in der Luftfahrt vermeidet, heißt „Big Sky, Small Airplane“ – Im Vergleich zum Himmel ist ein Flugzeug winzig. Das kann aber nicht das Prinzip der Luftsicherung im Verkehrsflug sein. Durch Radar, also durch die Reflexion der von der Antenne ausgesandten Mikrowellen, könnten größere Drohnen aus Metall zwar entdeckt werden, nicht aber, in welcher Höhe sie fliegen. Das ist bei Flugzeugen anders, die senden der Radarstation automatisch ihre Flughöhe zu. Wenn also irgendwo im Luftraum eines Flughafens Drohnen gesichtet wurden, dann kann man nicht darauf vertrauen, dass es schon gut gehen wird, sondern dann wird der Flugverkehr gestoppt, bis die Situation geklärt ist.

Durch den Drohnenbefall eines Flughafens wird also ein enormer Schaden verursacht. Flüge fallen aus, Verbindungen werden verpasst, Übernachtungen müssen organisiert werden. Eine Lawine von teuren Maßnahmen wird ausgelöst. Unsere gegenwärtige Politik aber zeigt gegenüber Störung und Gefährdung des öffentlichen Lebens erstaunliche Toleranz. Der Autoverkehr darf durch Straßenkleber behindert werden, weil das angeblich dem Klimaschutz dient, Stadtfeste werden im Namen der Vielfalt abgesagt, Autos von „Rechten“ werden straffrei abgefackelt, und so wird man vielleicht auch für die Sabotage des Flugverkehrs durch Drohnen Verständnis zeigen, sofern nicht der Flug eines unserer wichtigen Regierungsmitglieder gefährdet wurde.

Angriff ohne Risiko

Drohnen haben auch die militärische Situation total auf den Kopf gestellt. Wollte früher eine feindliche Macht Informationen über ihr Nachbarland, dann brauchte es eine Luftwaffe mit Aufklärern und Piloten, die sich für diesen Dienst hergaben. Und sollte der Nachbar bombardiert werden, dann musste man sich gegen Jagdstaffeln und Flak durchsetzen. Ein kleines Land könnte einem viel größeren Feind kaum erheblichen Schaden zufügen. Jetzt aber braucht das kleine Land nur genug Geld, um ein paar Langstrecken-Drohnen mit entsprechenden Sprengköpfen zu kaufen, um tief im Inneren des Feindeslandes ein Kraftwerk oder eine Metropole zu zerstören.

Am 1. Juni 2025 hatte die Ukraine im weit entfernten östlichen Sibirien einer russischen Luftwaffenbasis mit den dort stationierten Bomberflugzeugen erheblichen Schaden zugefügt. Das war unzweifelhaft das Werk von Drohnen. Gigantischer Schaden für den Feind bei geringem eigenem Risiko. Das ist asymmetrische Kriegsführung und sie hat die Wahrscheinlichkeit solcher Konflikte erhöht. Die Drohne hat dem Frieden auf der Welt keinen guten Dienst erwiesen.

Es ist die Tragödie des 21. Jahrhunderts, dass die Ergebnisse der Arbeit von Menschen überragender Intelligenz und mit hohem Respekt vor der Wirklichkeit in die Hände von Politikern fallen, die weder mit der einen noch der anderen dieser Tugenden ausgestattet sind.


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Kommentare ( 1 )

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Thomas
1 Stunde her

Nicht nur politisch/geostrategisch sondern auch technologisch stehen wir mE vor der grössten Umbruchszeit der Menschheit seit der Nutzbarmachung des Feuers. KI/Drohnen/Roboter werden in einigen Jahren unser Leben total umkrempeln.
https://www.youtube.com/watch?v=Osg3W7WvflA