Bei Maischberger reden – heißt über andere reden: Wagenknecht und Schwarzer

Während die übrigen Apologeten der Talkshow-Industrie gelegentlich einen Scheiterhaufen errichten, um Andersdenkende im Rudel zu grillen, hält sich Maischberger mit solchen Allüren der Lanz’ und Klamroths gar nicht auf. Vertreter einer Gegenposition werden erst gar nicht eingeladen. Von Michael Plog

Screenprint ARD / Maischberger

Thema sind die Initiatorinnen des Manifests für Frieden: Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht. Doch die beiden müssen vom heimischen Bildschirm aus verfolgen, wie andere ihre Positionen zerpflücken, ihr Ansinnen deuten, missdeuten und falsch zitieren, vielleicht gar vorsätzlich falsch. So bemängelt die The-Pioneer-Journalistin Alev Doğan Kol an der Friedensdemo vom Wochenende allen Ernstes „die fehlende Abgrenzung nach rechts“. Und zeigt damit, dass sie die Reden offenbar überhaupt nicht gehört hat. Doğan Kol stört sich außerdem am „Triumphgehabe“.

Auf der Bühne habe eine „bemerkenswert heitere Selbstherrlichkeit“ geherrscht. „Das finde ich in Anbetracht der Umstände ein bisschen unanständig.“ Das penetrante Grinsen von Schwarzer und Schunkeln scheint ihr Recht zu geben. Aber ob die Röttgens, Kiesewetters und Strack-Zimmermanns & Co. nicht auch gelegentlich mal lachten in diesen Tagen? Letztere führt sogar im Karnevalskostüm Krieg. Bei so viel inszenierter Einigkeit fällt dem Rezensenten geradezu automatisch die Aufgabe zu, das Gehörte nicht nur wiederzugeben, sondern auch die ungehörte Gegenposition zur Geltung zu bringen. Dem Zuschauer mag es ähnlich gehen.

Das gilt auch, wenn die Kollegin vom Spiegel ein bemerkenswertes Bild von der Demo zeichnet. „Die Veranstaltung an sich war ja eher klein“, behauptet Melanie Amann und muss dabei nicht einmal lachen. Mit der Spiegel-typischen Süffisanz deutet sie den Massenauflauf zur Familienfeier um. Dass die Polizei die Veröffentlichung der angekündigten Hubschrauberaufnahmen verweigert, weil man darauf möglicherweise das ganze Ausmaß der Demo erkennen könnte, macht eine Investigativfrau wie Amann nicht stutzig. Und wenn Maischberger sagt, die Veranstalter würden doch von 50.000 Teilnehmern sprechen, bricht sich die ganze Überheblichkeit der Wissenden Bahn: „Da werden sich die Milliarden Zuschauer Ihrer Sendung ihren eigenen Reim drauf machen können“, sagt Amann. Mit Zahlen hat sie es nicht so. Zu Debattieren wäre, warum es wie schon bei Corona zu einem so weiten Auseinanderfallen der Zahlen kommt. Wie viele waren denn nun wirklich da?

Beim Zuschauer entstehen in solchen Momenten Erinnerungen. An die erfundenen Geschichten des Spiegel-Reporters Claas Relotius. Oder an das vom Spiegel erfundene Flüchtlingsmädchen, das gar keines war. Immerhin: Wenn sie spricht, huldigt Amann durchaus den großen Frauen der deutschen Politik: Ihre eingeschlafene Lippendynamik erinnert an Marie-Agnes Strack-Zimmermann und die miesepetrigen Mundwinkel an die hängenden Gärten von Merkel. Auch Amann stört sich an der guten Laune „der beiden Damen und ihrer teilweise etwas närrischen Teilnehmerschaft“. Wagenknecht sei völlig kalt und empathielos – „Das ist eine reine Ego-Nummer.“

Waldemar Hartmann scheint den Ernst der Lage zu erkennen: „Wenn die Zeiten sich nicht ändern, dann wird das sicher ’ne Bewegung werden, da bin ich ganz sicher“, sagt der pensionierte Sportmoderator. Doch auch er bezieht sein Wissen offenbar ausschließlich aus der Tagesschau. Denn dass Putin den chinesischen Friedensplan angeblich durchaus positiv aufgenommen hat, ist ihm entgangen. „Der will nicht verhandeln, das hat er deutlich gesagt“, weiß Hartmann. Und der russische Politiker Dmitri Medwedew drohe sogar mit der atomaren „Akopalypse“. Unklar bleibt, ob die Zerstörung des Wortes Apokalypse hier ein Stilmittel der Emphase sein soll oder Hartmann vor der Sendung Weißbier hatte. Egal, jedenfalls habe er selbst das Friedensmanifest nicht unterzeichnet.

In einem vor der Sendung aufgezeichneten Gespräch kommt Bundesaußenministerin Annalena Baerbock zu Wort. Neues, Erhellendes kommt bei dem Gespräch nicht zutage, doch eine Bemerkung, die eher nebenbei fällt, macht stutzig. Ihr russischer Kollege Sergei Lawrow habe ihr in einem Telefonat angeboten: „Ja, dann können wir zusammen jetzt in die Ostukraine reisen.“ Baerbock habe sich aber nur „auf das Spiel eingelassen, weil das klang ja alles nicht ernst, und es wurde dann immer skurriler“. Der Zuschauer grübelt: Hat Baerbock hier möglicherweise eine gewisse Annäherungsbereitschaft des Russen auf die ihr eigene Art schlichtweg missverstanden? Wurde da etwa eine Chance vertan?

Die Buh-Rufe auf der Berliner Demo gegen sie nimmt Baerbock gelassen. „Kritik gehört zur Demokratie“, sagt sie. Und dass man froh sein könne, in Deutschland demonstrieren zu dürfen. In Russland seien schließlich schon 80-jährige Frauen auf Demos verhaftet worden. Dass auf deutschen Corona-Demos bisweilen Senioren der Arm gebrochen oder sogar Rollstuhlfahrer von der Polizei zu Boden geworfen wurden, Schwamm drüber.

Und was erfahren wir noch?

1. Wird Deutschland Kampfjets in die Ukraine liefern? Baerbock: „Das ist keine Debatte, die wir führen.“ Nachfrage Maischbergers: „Jetzt nicht? Wir haben auch die Kampfpanzer lange ausgeschlossen, und dann sind sie doch gekommen.“ Antwort Baerbock: „Das ist keine Debatte, die wir führen.“ Es ist offenbar der Satz, den ihr das Ministerium mitgegeben hat. Bloß blöd, dass in der so hochgelobten Demokratie nicht eine Ministerin darüber bestimmt, was die Leute so debattieren wollen.

2. Putin will nicht verhandeln. Auch nach dem chinesischen Friedensplan nicht. Vertreter aus vielen Ländern seien immer wieder nach Moskau gereist „und alle haben gehofft, wir finden schon den Punkt, wo Putin reden will, aber alle sind immer wieder abgereist mit der ernüchternden Erkenntnis, der will nicht reden. Der will die Ukraine zerstören.“

3. Ob Baerbock eine Lektion gelernt habe, nachdem sie „zum zweiten Mal mit englischer Sprache ein bisschen übers Ziel hinausgegangen“ sei? „Wir können es auch auf Englisch machen“, sagt Baerbock. Maischberger: „Na, auf keinen Fall!“

Schade. Wäre bestimmt lustig geworden.

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Kommentare ( 67 )

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Rob Roy
1 Jahr her

Und nicht nur, dass ganz zufällig die Gäste immer einer Meinung sind, sondern diese entspricht auch der politischen Agenda der Regierung, auch ganz zufällig natürlich.
Die DDR war eine Mangelwirtschaft, denn sie hatte nur einen Karl-Eduard von Schnitzler. Wir dagegen haben ganz viele Schnitzlers auf allen Sendern und rund um die Uhr.

Or
1 Jahr her

Immer wenn ich eine Baerbock sehe, oder eine Svenja Schulze, oder eine Faeser, oder …. .

Es gibt so viele tolle, talentierte, intelligente, mutige, pragmatische Frauen.

Warum dann das da ?

Riffelblech
1 Jahr her

Diese unsäglichen Propagandaauftritte der Politiker bei Maischberger sind „ das Papier „nicht wert auf dem sie geplant sind . Und die MAinstreamjournalisten ,deren staatsdienernde Schleimspur beim Spiegel ,der SD , FAZ ua.schon bei Merkel gelegt wurden sind die allerschlimmsten Lügner in diesem Lande . Sie wissen sehr genau über ihre Reichweiten ,ihre bedauerliches kritikloses Einwirken auf 2/3 der Bevölkerung . So lässt sich eben gut lügen und betrügen ,wenn es um die Wahrheit und die Fakten geht.

Der-Michel
1 Jahr her

Bei Amann und Röttgen frage ich mich ob die schon Wohnungen im Studio haben? Ist da jemandem etwas bekannt?

Freigeistiger
1 Jahr her

Wenn jemand kalt und empathielos ist, dann wohl viel eher Amann selbst als Wagenknecht. Klassische Projektion. Aber Amann paßt zum „Spiegel“, einer der verlogensten und zynischsten Propaganda-Schleudern, die sich gegen Kritik von Lesern nur noch mit brachialer, notorischer Willkürzensur zu helfen weiß. Die politischen und medialen (Kriegs-) Propagandisten hassen jeden, der ihr mieses Spiel durchschaut und faktenbasiert konterkariert. Weil sie argumetativ keinen Stich machen, wird der Kritiker als Person angegriffen und diskreditiert oder eben zensiert. Aber Integrität, Anständigkeit, Wahrheit und Objektivität werden sich schließlich durchsetzen.

November Man
1 Jahr her

Baerbock ist ein Hochsicherheitsrisiko für unser Land. Die versaut es uns mit ihrem unqualifizierten Gerede mit so ziemlich allen befreundeten Staaten und vor allem mit unseren wichtigen Handelspartnern. Oder ist genau das ihr Ziel, ihre Aufgabe, das Ziel der Grünen Deutschland zu vernichten?

Nacktflitzer
1 Jahr her

Die Grünen sind zu willfährigen Helfern der US-Agenda geworden, ohne es selbst zu merken. Was die Grünen noch an Industrie und Mittelstand in Deutschland nach der „grünen Transformation“ stehen lassen, werden die Amerikaner abräumen. Linde, BASF, Schaeffler heute in der Welt, sogar VW stoppt Pläne für Werke in Deutschland und das sind erst die Großen. Die Politik steht so kurz davor den grünen Endsieg gegen das deutsche Bürgertum zu erringen. Was noch fehlt ist eine Komplettverspagelung der deutschen Landschaft mit ineffizienten Windmühlen. (Sarkasmus off)

Georgina
1 Jahr her
Antworten an  Nacktflitzer

Die sogenannte US-Agenda ist eine menschenverachtende, links-radikale Tagesordnung. Biden wird in den USA, von Menschen, die Recht und Gesetz beachtet sehen wollen, als President Braindead, bezeichnet. Biden und seine kranke Regierung machen es wie die deutschen Grünen: Gendern, Energiewende, Woke, Klimalüge. Alles im logisch-grünen Bereich. Auch Biden & Co in den USA verfolgen, diskriminieren, zensieren, verleumden rechtschaffene Bürger, Menschen. Und man stiehlt dem Sieger die Wahlen, erläßt Gesetze, die eindeutig Wahlbetrug erleichtern.

Last edited 1 Jahr her by Georgina
Kassandra
1 Jahr her
Antworten an  Georgina

Herrlich, wie sie den Pfälzer diffamierend ans Kreuz schrieben – und ihnen zu dem 46. in MSM wie ÖRR nichts einfällt.
Es kristallisiert sich heraus, dass alle, die sie aufspießen, keine Mitmacher, sondern Menschen mit Charakter sind.
Ach so. Mit dem als Präsidenten hätte es den Krieg in der Ukraine nicht gegeben. Hier die Zusammenfassung der PK von vor 3 Jahren, als der Ukrainer bei Trump vorsprach und beschieden wurde, dass der POTUS größtes Vertrauen habe, dass Selenskyj die Probleme in seinem Land wie vor seiner Haustür selbst lösen könne und mit Putin verhandeln solle ab min 2:00: https://www.youtube.com/watch?v=w3V4jPs-6Wo

Last edited 1 Jahr her by Kassandra
Theophil
1 Jahr her

Der Fachkräftemangel kommt auch daher, dass Menschen Berufe ergreifen, für die sie nicht geeignet sind. Die intellektuellen und menschlichen Qualitäten von Olaf Scholz reichten bestimmt aus, um einen schlauen Geschäftsführer einer hanseatischen Handelskammer abzugeben. Bei Lindner sehe ich immer einen Immobilienmakler vor mir. Habeck wäre bestimmt ein beliebter Lehrer an einer Waldorfschule, und in Baerbock könnte ich mir eine tüchtige Justizvollzugsbeamtin im feministischen Frauengefängnis vorstellen. Was um Himmels willen hat diese Menschen bewogen, Staatenlenker spielen zu wollen? Der Wunsch, „etwas gestalten zu wollen“? Dafür empfehle ich die Kreativkurse der örtlichen Volkshochschule. Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer würde ich da schon… Mehr

chino15
1 Jahr her
Antworten an  Theophil

Dem ersten Teil stimme ich vollständig zu, aber Sarah Wagenknecht als Bundeskanzlerin? Niemals! Zwar hat sie vernünftige Ansichten in Sachen Corona-Schikanen, Migration und Ukraine-Krieg geäußert, aber die Frau glaubt nach etwa 80 gescheiterten Versuchen auf 4 Kontinenten immer noch, dass Sozialismus funktionieren könnte. Und es hat wohl Gründe, dass sie noch ihre Kompetenz in Sachen tatsächlicher Führung und Organisation nachweisen konnte/musste.

Nibelung
1 Jahr her

Nur soviel zu ihr, daß man weiß wen man vor sich hat. Sie wurde von Erich Böhme nach einem abgebrochenen Studium auf Links kondidioniert und hat sich seither in diesem Milieu über Jahrzehnte bewegt und während der grüne Fischer Böhme noch als lebendiges Geschichtsbuch beschrieben hat, was er wohl im linken Sinn meinte, sonst hätte er ihn ja garantiert nicht gewürdigt, hat sie sich zur Hardcore-Sozialistin entwickelt und dafür hat sie bis heute ihre Gönner, die ihr im linken Sinne stehts eine Plattform bieten, damit sie deren sozialistischen Unsinn verbreiten kann, Somit gehört sie mit zu den bekanntesten Gesichtern linker… Mehr

Brauer
1 Jahr her

Warum hat Maischberger die AM nicht gefragt, wer NS2 gesprengt hat? Das wäre doch mal guter Journalismus!