„Leuchtturm ARD“ kämpft für einen anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Die Initiative „Leuchtturm ARD“ möchte den Journalismus „befreien“. Für eine „neue demokratische Welt“. Dafür soll die Tagesschau eine Erklärung unterschreiben, dass sie unausgewogen berichte, fordert die Initiative.

IMAGO / Schreyer
Jimmy Gerum, Gründer der Initiative "Leuchtturm ARD", 01.04.2023

Die Redaktion der Tagesschau soll eine Erklärung unterschreiben, dass sie jahrzehntelang unausgewogenen Journalismus betrieben habe. Das fordert die Bürgerinitiative „Leuchtturm ARD“. Sie hat sich gegründet, nicht um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) abzuschaffen, sondern um ihn zu reformieren. Dafür will Leuchtturm ARD nach eigenen Aussagen eine breite Opposition zu einer Stimme vereinen, die den Leitmedien einen Dialog anbietet. Erreicht sein soll das bis zum Oktober, dann wird der Rundfunk in Deutschland 100 Jahre alt.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk zelebriert an diesem Mittwoch den Tag der Pressefreiheit. Für Leuchtturm ARD sei das „Heuchelei“: Der ÖRR betreibe keinen freien, ausgewogenen Journalismus. Letztes Jahr hat TE bereits über die Initiative berichtet. Doch nun gibt es Neuigkeiten: Die im Dezember 2021 gegründete Initiative verfeinere nun ihre Strategie. Plan A sei ein legaler GEZ-Zahlungsstopp aufgrund von „einseitiger Berichterstattung im ÖRR“ gewesen. Diesem Plan sind laut Gründer Jimmy Gerum mit der Unterstützung von Leuchtturm ARD 50.000 Menschen nachgekommen – dazu kommen weitere 250.000 Menschen, die motiviert durch die Initiative „rundfunk-frei.de“ die Rundfunkgebühr boykottiert haben.

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All diese Menschen wollen laut Gerum die GEZ-Gebühr nicht zahlen, solange ARD und ZDF keinen mutigen, unabhängigen, multipolaren und ausgewogenen Journalismus betreiben. Das Ziel hinter dieser Aktion: Druck auf den ÖRR aufzubauen. Auf lange Sicht möchte Leuchtturm ARD aber die Gebühr namens „Rundfunkbeitrag“ erhalten. Der ÖRR solle dann als Leuchtturm dienen, der dem Bürger hilft, sich im „stürmischen Meer des Informationszeitalters“ zu orientieren.

Trotzdem reichen diese insgesamt 300.000 Menschen nicht, um genügend Druck auf den ÖRR aufzubauen, meint Gerum. Einen Druck, der den ÖRR zu einem Medien-Dialog zwinge. Dafür bedarf es laut Gerum rund einer Million Menschen, da ARD und ZDF erst dann zu wenig Geld einnehmen würden, um ihre Kosten zu begleichen. Aber, wie Gerum es ausdrückt: Es möchten sich zu wenige Menschen dem Papierkram stellen, der mit der Verweigerung der GEZ-Gebühr einhergeht.

Deswegen brauchte Leuchtturm ARD einen Plan B: Seit dem 14. Juli letzten Jahres steht die Initiative wöchentlich und bundesweit vor Rundfunkanstalten und Zeitungshäusern, um einen „Mediendialog“ anzubieten. Zu Anfang standen die Mitglieder erst in 20 bis 50 Städten, nun seien sie in über Hundert Städten vertreten, schreibt die Initiative auf ihrer Internetseite. Das zeigt zwar: Das Netzwerk von Leuchtturm ARD wächst. Aber es zeigt auch: Das Netzwerk wächst langsam. Trotzdem berichtet die Initiative von ersten Erfolgen: Es habe bereits vier „Runde Tische“ mit verschiedenen Medien gegeben. Darunter der NDR, der Bayrische Rundfunk und Radio Berlin-Brandenburg (rbb). Und auch mit dem ARD-Vorsitzenden Kai Gniffke habe es Sondierungsgespräche gegeben. Er habe die Forderungen von Leuchtturm ARD auf dem Tisch, habe sich aber einer gemeinsamen Arbeitsgruppe bisher verweigert. Laut Gerum liegt das nur daran, dass die Opposition zu wenig Druck auf Gniffke ausgeübt habe.

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Dass die Initiative bisher so langsam gewachsen ist, erklärt Gerum im Gespräch mit TE so, dass die Versammlungen vor den Medienhäusern mit einem hohen Aufwand verbunden seien und dem deswegen zu wenige Menschen folgen. Darum muss Plan C her: Leuchtturm ARD möchte nun Journalisten von hunderten Redaktionen zu sämtlichen Veranstaltungen der Opposition einladen. Somit müsse Leuchtturm ARD nicht selbst veranstalten, sondern könne sämtliche oppositionelle Veranstaltungen in „die Klammer des Medien-Dialogs“ bringen.

Redaktionen nehmen im Allgemeinen nicht jede Einladung an. Nicht nur, wenn es sich um Oppositionen handelt. Das zeugt – eigentlich – nicht unbedingt von falschem Journalismus. Laut Gerum deutet dies allerdings darauf hin, dass sich diese Redaktionen weigern, über oppositionelle Veranstaltungen zu berichten. Das zeuge von unausgewogenem Journalismus. Gegenüber TE schildert Gerum eine selbsterstellte Statistik: Demnach würden 90 Prozent der Journalisten die Einladungen der Opposition ignorieren. Weitere 5 Prozent nähmen die Einladungen zwar an, aber berichteten diffamierend über die Veranstaltungen. Nur 5 Prozent berichteten hingegen nach dem Pressekodex, den Werten des Journalismus.

Leuchtturm ARD nennt das Vorgehen der Öffentlich-Rechtlichen daher „Heuchelei“: Die Bürger zahlen für einen Rundfunk, der unausgeglichen berichte. Dieser „Heuchelei“ möchte die Initiative binnen der nächsten sechs Monate – bis zum Geburtstag des deutschen Rundfunks im Oktober – ein Ende setzen. Ab dann sollen nach Gerums Meinung die rund 9 Milliarden Euro GEZ-Einnahmen „richtig“ eingesetzt werden: für mutigen, unabhängigen, multipolaren und ausgewogenen Journalismus. Dann könne ein neues Zeitalter des ÖRR starten, in dem die Meinungsfreiheit gestärkt und die Demokratie neu gestaltet werden könne: „Wird der Journalismus befreit, haben wir eine neue demokratische Welt“, betont Gerum im Gespräch mit TE.



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Kommentare ( 16 )

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Albert Pflueger
11 Monate her

Wenn der Staatsfunk die Pressefreiheit feiert, zeigt das, daß er nicht verstanden hat, daß er gerade eben nicht „Presse“ ist. Pressefreiheit bedeutet nicht, daß staatlich alimentierte „Journalisten“ im Rundfunk das Lied ihres Herren singen dürfen. Die Öffentlich Rechtlichen Rundfunkanstalten sind nicht Träger der Pressefreiheit, ihre Tätigkeit regelt das Rundfunkgesetz. Sie sind verpflichtet, nicht „frei“, sondern ausgewogen zu berichten. Dazu verpflichtet die Pressefreiheit ausdrücklich nicht! Die Beitragsfinanzierung muß zunächst auf freiwilliger Basis erfolgen, und ohne staatliche Beeinflussung. Dann könnte man über Pressefreiheit für den Rundfunk diskutieren, bei Zwangsbeiträgen ist das unmöglich!

beuer
11 Monate her

Da die ÖR-Anstalten, freiwillig oder unfreiwillig, am Gängelband der Regierung laufen, die ihnen die Milliarden sichert, hilft nur, eine Regierung ins Amt zu bringen, die dieser „Vergewaltigung“ des Zwangsgebührenzahlers ein Ende setzt. Momentan sehe ich nur eine Partei, die auf eine echte Veränderung des ggw. Zustands hinarbeiten würde. Wer hingegen glaubt, irgendjemand würde freiwillig auf seine Pfründe verzichten, der ist ein Illusionist und sollte von vornherein alle Hoffnung fahren lassen.

Hesta
11 Monate her

Ich habe den Anfang nicht gesehen, war nur sehr erstaunt als Frau Reschke heute im Brustton der Überzeugung davon sprach, dass in Deutschland differenziert und unparteiisch berichtet wird. Es hat mich förmlich geschüttelt, solche Worte ausgerechnet aus ihrem Mund zu vernehmen.

BK
11 Monate her

Nein, nein, bitte keine neue ARD oder sonst wie aufgewärmte Suppe. Das Ding hat seinen Zenit überschritten. Nun muss es komplett zerschlagen werden. Natürlich sollte man der Sache eine Chance geben und eine Milliarde Euro Anschubfinanzierung geben. Die Leute sollen es buchen und dafür zahlen. Wenn es dann immer noch nicht das ist, ist es vorbei. Die Zeit des Programmfernsehens ist vorbei. Heute kauft man Inhalte.

Waldorf
11 Monate her

Ein guter Ansatz, nur voll an der Realität vorbei. Ein ausgewogener ÖRR mag den Statuten entsprechen, aber nicht den politischen Partikularinteressen. Zudem sind die Mitarbeiter des ÖRR selbst nicht politisch ausgewogen, sondern extrem „linkslastig“ gepolt, weit überwiegend Wähler oder gar Mitglieder roter oder grüner Parteien. Konservative oder liberale Mitarbeiter gibt es nicht mehr oder sind gänzlich unsichtbar, falls es doch noch welche geben sollte. Und unser politischer Mainstream ist ähnlich einseitig „rotgrün“ gepolt, bis weit in Union und fdp hinein. Gegen den rotgrünen Zeitgeist gibt es kaum wahrnehmbare Stimmen, nicht einmal in Union oder fdp. Erklärte Grünengegner mit Format, wie… Mehr

Der-Michel
11 Monate her

ARD und ZDF lassen sich nicht reformieren. Da hilft nur ein radikaler Schnitt. Alleine die hohen Personal- und Pensionslasten verhindern einen wirklichen Neuanfang.

Querdenker73
11 Monate her

„Leuchtturm ARD“! Diese Bezeichnung suggeriert, dass die ÖRR auch nur im Ansatz demokratische Strukturen haben. Wer seine eigene Fettlebe dank regierungsunkritischer Berichterstattung sogar in der Verfassung eines Staates festschreibt, ist meines Erachtens gar nicht bereit zur Korrektur! Also: Viel zu viel Aufwand! Wer Beiträge abzwingt, muss Zwang ertragen. Zumal die Beiträge nur wegen der immens zunehmenden Pensionsvorsorge erforderlich werden, nicht etwa wegen eines ausgewogenen Programms! Die Frechheiten verschiedener Intendanten, deren Ansprüche im tagtäglichen Dienst und deren Pensionsansprüche sind nur die Spitze des Eisbergs! Nein! Umfassende Boykottierung des Zwangsbeitrags sind die Antwort auf die Misere! Millionen Beitragsverweigerer könnten da hilfreich sein.… Mehr

Johann Thiel
11 Monate her

Absurde Idee. Der ÖRR ist nicht reformierbar, da es dort überhaupt keinen Journalismus mehr gibt. Da kann sich der „Leuchtturm ARD“ ja gleich mit der „Werte-Union“ zur
„Leuchtturm-Werte-r-Union“ der ARD zusammentun.

Dieter Rose
11 Monate her

… allein mir fehlt der Glaube!

Arthur Dent
11 Monate her

Und wenn man nicht zahlt, dann kommt am Schluß die Kontopfändung oder Gehaltspfändung + Gerichtskosten.
Der Staat sitzt am längeren Hebel. Da bräuchte es schon weit mehr als eine Million Verweigerer, um das System anzugreifen. Sa man ja bei Corona.