Bei Lanz: „Mensch ärgere Dich nicht“ mit Linnemann

Carsten Linnemann gibt nicht auf. Von seiner Partei enttäuscht, malt er bei Markus Lanz die CDU und Friedrich Merz trotzdem in rosaroten Farben. Wie ein Schlangenbeschwörer ruft er eine famose neue Zeit aus, die jetzt angeblich beginne. Von Michael Plog

Screenprint: ZDF / Markus Lanz

Mit Carsten Linnemann würde jeder gern mal „Mensch ärgere Dich nicht“ spielen. Denn der CDU-Generalsekretär ist einfach der mit Abstand beste und sympathischste Verlierer. Immer lächeln, immer durchhalten, immer positiv – auch wenn der Gegner längst alle Figuren ins Ziel gebracht hat.

Bei Lanz am Dienstag läuft Linnemann wieder zur Höchstform auf. Dass Friedrich Merz zunächst so kläglich an der Kanzlerwahl scheiterte, ist für ihn nicht mehr als eine „Schrecksekunde“. Es sei „vielleicht das Warnsignal, das es brauchte, damit wir jetzt wirklich vorankommen“, sagt er, denn „wenn wir in den nächsten hundert Tagen liefern, nicht mehr streiten, wirklich mal machen und nicht nur reden, dann bin ich mir sicher, kriegen wir über die Strecke wieder Vertrauen hin.“ „Zuversicht“ ist der zweite Vorname des Carsten Linnemann, „trotz allem“ könnten weitere sein.

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Und es kommt noch besser: „Sie werden morgen merken, dass eine neue Zeit beginnt, Herr Lanz“, frohlockt er. Friedrich Merz werde – Trommelwirbel – „ins Flugzeug steigen“ und handfeste Politik machen. „Europa wartet auf Deutschland. Er hat eine internationale Expertise, die hat sich gewaschen. Er wird viele überraschen. Er wird führen, und es wird wenig bis gar keinen oder kaum Streit geben. Ich bin mir ganz sicher, dass Friedrich Merz viele überraschen wird. Ein erfolgreicher Kanzler. Ich würde sogar so weit gehen: Er wird einer der erfolgreichsten Kanzler, den wir je gesehen haben.“ Wow!

Aber es kommt noch besser: „Der macht es mit Demut, nicht von oben herab und wird jetzt Deutschland führen und wieder in eine gute Zukunft bringen.“

Journalistin Kristina Dunz vom Redaktions-Netzwerk Deutschland (RND, gehört zur Verlagsgesellschaft Madsack, die sich zu 23,1 Prozent im Besitz der SPD befindet), sieht die Sache etwas dröger: „Er ist der Bundeskanzler, der mit einer Schlappe gestartet ist, der jetzt schon beschädigt ist.“ Merz werde sich jetzt „mit Kalibern auseinandersetzen müssen wie mit Trump und mit Putin“, und „da muss man natürlich total gewappnet sein, mit allen Dingen rechnen. Und ich glaube, dass er da heute nicht Vertrauen, sondern eher Zweifel gesät hat.“

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Allein die Tatsache, dass mit Dunz und Matthias Bröcker (Table Media) schon wieder zwei Gäste mit Talkshowdauerkarte im Studio sitzen, lässt für den Abend wenig Erfrischendes erwarten. Doch heute setzen die beiden noch einen drauf. Sie scheinen sich geradezu überbieten zu wollen mit vermeintlichen Interna und brandheißen Hintergrund-Informationen. Sie suhlen sich in dem, was sie in den Berliner Hinterzimmern gehört und in persönlichen Gesprächen so alles investigativ recherchiert haben. Dunz etwa habe mit Rita Süßmuth gesprochen, Potz Tausend, und die Ex-Bundestagspräsidentin habe doch tatsächlich gesagt: „Machen die wirklich so weiter, wie die Ampel aufgehört hat? Das kann ja wohl nicht wahr sein.“ Toll.

Bröcker hat auch was: „Was ich glaube und auch höre, ist: Friedrich Merz arbeitet auf vier Jahre, nicht auf acht, nicht auf sechzehn.“ Er sei ja nicht mehr der Jüngste. „Der weiß, dass er diese vier Jahre hat und liefern muss.“ Und ein Jens Spahn „weiß, dass er der Mann nach Merz sein kann – Klammer auf: wenn ihn der mächtige nordrhein-westfälische Ministerpräsident überhaupt lässt – die haben einen Deal geschlossen.“

Dunz weiß: „Genauso wie Herr Merz immer Kanzler werden wollte, will es auch Herr Spahn. Jetzt kommt es darauf an: Wann kommt Herr Merz vielleicht ins Straucheln? Herr Spahn hat mit der Fraktion eine große Machtbasis gewonnen, und er sitzt Friedrich Merz im Nacken.“

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Hat Bröcker denn auch etwas zur SPD? Sicher doch. „Habe mit Jusos gesprochen, die sagen: Wir würden uns eher die Hand abhacken, als für Friedrich Merz zu wählen.“ Toll.

Und dann sitzt da noch ein Justus Bender von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, der allen Ernstes schon wieder von der „Remigrationskonferenz in Potsdam“ fabuliert, jener von der „Correctiv“-NGO und der Mainstream-Presse zusammengedeuteten, zusammengelogenen und bis zum Theaterstück hochgejazzten Ente, deren Verbreitung doch eigentlich längst gerichtlich untersagt worden ist.

Er habe, weil er „nichts zu tun“ hatte, mal gezählt, wie oft im Bundestag gelacht wird. Ergebnis: „Die AfD lacht viermal häufiger als die anderen.“ Bender wertet das als „aggressive Geste“. Toll.

Während sich Bender mit wenig Redeaufwand komplett disqualifiziert, treten Bröcker und Dunz immerhin erfolgreich gleich zwei Beweise an: Zum einen, wie verknöchert und durchtrieben das deutsche Parteiensystem ist und zum anderen, wie öde es ist, jede Woche in irgendeiner Talkshow den immer selben Journalisten dabei zuhören zu müssen, wie sie diese Misere beschreiben.

„Es ist müßig, darüber zu diskutieren“, sagt Katarina Barley, und dies ist einer der wenigen sinnvollen Sätze, die von der ins EU-Präsidium weggelobten SPD-Frau kommen. Sie ergeht sich in den üblichen Warnungen vor „Extremisten“, namentlich der AfD. Die Partei habe sich „immer weiter radikalisiert, gehäutet wie eine Schlange“. Sie werde immer „demokratiefeindlicher“, je größer sie werde. Der Satz „Wir müssen die Demokratie schützen“ darf selbstverständlich nicht fehlen. Check.

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Während ihrer Redebeiträge schaut Barley ständig – ständig! – an die Studiodecke. Entweder hängt dort eine übergroße Fliege oder ein Monitor, auf dem Sie prüfen kann, dass sie noch immer so zauberhaft dreinschaut, wie in der Sekunde zuvor. In ihren Exkursen schlägt Barley den Bogen bis hin zu den „evangelikalen Christen in Pennsylvania“, die auf einen Trump genauso hereinfallen würden wie die Deutschen auf die AfD. „Wir erleben immer mehr Menschen, die Parteien wählen, die ihnen inhaltlich schaden.“ Damit meint sie allerdings nicht die Wähler der SPD. Und dass Lanz einer Saskia Esken „Verbohrtheit“ unterstellt, weil sie keine Fehler eingestehen könne, sieht Barley – Überraschung – völlig anders. Sie habe früher das Büro direkt gegenüber von Esken gehabt. Das verbindet offenbar ungemein.

Ein Abend voll weltbewegender Informationen mal wieder.

Dann doch lieber nochmal Linnemann. Der streut in seinen putzigen Positivismus wenigstens ein paar ehrlich wirkende Sätze. „Die 500 Milliarden Schulden, die wir gemacht haben oder machen werden, die gingen bei mir mitten ins Mark“, gibt er zu. Er führt die Themen Aktivrente, Arbeitsrecht und Bürgergeld an und erklärt, warum er einen Ministerposten ausschlug. Eigentlich sei sein Plan gewesen, „selbst Verantwortung zu übernehmen und dafür zuständig zu sein, das zu reformieren“. Doch „das Ressort hat die SPD. Das ist ihr gutes Recht. Wir müssen jetzt liefern. An den Taten müssen wir uns messen lassen.“

Ein Linnemann ist eben immer voller Zuversicht. Auch wenn die anderen ihre Figuren längst durchgebracht haben.

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Kommentare ( 34 )

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Der Person
9 Tage her

Gegenüber den Versprechungen des GröFritz-Gefolges machen sich die Durchhalteparolen von Stalingrad wie rationale Zielvereinbarungen aus….

Deutscher
9 Tage her

Merz tut seit der BTW nichts anderes, als zu liefern – alles per Express und Einschreiben, mit Frachtversicherung und ohne Retourenschein. Empfänger: Rot, Grün & Links.

Last edited 9 Tage her by Deutscher
November Man
9 Tage her

Die früher mal christlichen Union wird jetzt von den vereinigten Linksextremisten zu einer rot-sozialistischen Union gemacht. Merz wird es noch bitter bereuen nicht mit der liberal-demokratischen konservativen AfD koaliert zu haben. Seine Amtszeit mit dem linksextremistischen Kartell ist stark begrenzt. Seine Halbwertszeit kurz.  

November Man
9 Tage her

Die AfD hat ganz sicher nichts mit dem Wahldebakel von Merz zu tun. Immerhin 18 Abweichler in den eigenen Reihen zu haben ist verheerend. Seine eigenen Leute haben ihm das Misstrauen ausgesprochen und ihn im ersten Wahlgang nicht gewählt. Merz startet jetzt schon als Bettvorleger der Linksextremisten. Die AfD hat einen guten Job gemacht und gegen Merz gestimmt.
Übrigens: Lachen ist gesund und nicht gesichert rechtsextrem. Noch nicht.

Last edited 9 Tage her by November Man
Dr. Rehmstack
9 Tage her
Antworten an  November Man

Aber der Lachexperte von der FAS wusste genau zu unterscheiden, dass die AfD hämisch, bösartig lacht, die Grünen aber freundlich, gutmütig. Wofür brauchen wir eigentlich noch ein Verfassungsschutz Gutachten?

Talleyrand
9 Tage her

Das mit dem liefern wollen in den nächsten hundert Tagen kann schon sein. Das Problem ist die SPD Spedition, die das kaum unterstützen dürfte und zuverlässig das Verteilen verhindert.

Deutscher
9 Tage her
Antworten an  Talleyrand

Totaler Quatsch. Der wirkliche Kanzler heißt Klingbeil und das linke Spektrum fährt seit der BTW mit Merz nach Belieben Schlitten.

Merz ist der machtloseste deutsche Kanzler aller Zeiten, und zwar inkl. vor 1933. Ein politischer Schwächling seit eh und je. Einer, der nur gewinnen kann, wenn der Gegner sich selbst besiegt.

Teide
9 Tage her

Und es kommt noch besser: „Sie werden morgen merken, dass eine neue Zeit beginnt, Herr Lanz“

Bemerke ich.
“Miersch zum SPD-Fraktionschef gewählt – Kanzleramtsminister offen für neuen Umgang mit Linke“(Welt)

Haba Orwell
9 Tage her

> Sie ergeht sich in den üblichen Warnungen vor „Extremisten“, namentlich der AfD. Böses Medium bringt heute den Artikel „Regierungswechsel verheißt für Deutschland nichts Gutes“, wo über die Extremismus-Definition nachgedacht wird: > „… Weshalb mag aber die bürgerliche Mehrheit keine Extremisten, die in einer jeden halbwegs gesunden Gesellschaft in der Minderheit sind? Weil die Extremisten eigene Ideen über die Nachteile für die Gesellschaft stellen. Weil sie bei der Bekämpfung ihrer Gegner unnachgiebig sind und bis zu deren völligen Vernichtung gehen können. Weil ihre Organisationen einen sektenähnlichen Charakter haben. Weil sie zu Gewalt und gedankenlosem Militarismus neigen. …“ Dann wird es… Mehr

Manfred_Hbg
9 Tage her

Das von unserer politischen und qualitätsmedialen „Elite“ auch in den Quassel- und Verdummungsshows zu hörende immer gleiche Gesaibel ist doch für den noch denken könnenden Bürger und Zuschauer einfach nur noch unerträglich und im Grunde auch eine Beleidigung. Ich habe mir gestern am Abend mal einige Minuten den WELT-Talk angesehen und mir ist auch da wieder aufgefallen, dass es auch hier dann vor allem nur um die AfD, deren VS-Einstufung und um ein AfD-Verbot ging: blablablalbla….. und nochmal: blablabla…..! Die AfD hat dieses, die AfD hat das, die AfD hat jenes – alles schon 1000 Mal gehört. Doch was sich… Mehr

RMPetersen
9 Tage her

„Machen die wirklich so weiter, wie die Ampel aufgehört hat? Das kann ja wohl nicht wahr sein.“
Doch. Das ist wahr. Denn nach wie vor regieren SPD und Grüne: SPD in der Koalition, Grüne über die Medien.

ChristianeB
9 Tage her

Aha, Herr Wüst ist also mächtig. Ich würde das eher an seiner Aussenwirkung gefolgt von vorzeigbaren Ergebnissen hier in NRW festmachen wollen, aber da fällt mir nichts ein. Ich würde die Bilanz als dürftig bezeichnen.
Ich habe mich gestern auch köstlich amüsiert, wie diese Hauptstadtjournalisten/-korrospendenten wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen in Berlin unterwegs waren. Die nehmen diesen ……..wirklich ernst. Kann man sich nicht ausdenken.