Keine Transparenz bei ARD und ZDF

Alleine der SWR beschäftigt sieben Direktoren mit einem durchschnittlichen Jahresgehalt von 253.000 Euro. Auf einen Festangestellten zwei so genannte „feste Freie.“ Werksvertragarbeiter. Monate mit 1.800 Euro brutto und manchmal weniger.

© John MacDougall/AFP/Getty Images

Recherche und Produktion ist die Hauptarbeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (kurz: ÖRR). Die allerdings wird längst zu großen Teilen von Freien geleistet. Und das zu deutlich schmaleren Löhnen, als sich die Auftraggeber selbst auszuzahlen bereit sind. Im Prinzip beschäftigt man lieber „Leiharbeiter“ für das Grobe. Selbst dann noch, wenn der ÖRR Missstände von Beschäftigtenverhältnissen in politischen Sendeformaten anprangert, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass diese Beiträge von Scheinselbstständigen produziert wurden. Was sich der einzelne Tätige dabei gedacht haben mag, bleibt hier weitestgehend im Dunkel.

Organisierte Scheinselbstständigkeit auf Lohnsteuerkarte

Je nach Sender kommen auf einen Festangestellten zwei so genannte „feste Freie.“ Das sind im Prinzip Werksvertragarbeiter. Eine perfekt organisierte Scheinselbstständigkeit auf Lohnsteuerkarte. Die festen Freien müssen in der Redaktionskonferenz unbezahlt anwesend sein, jeder einzelne bleibt voll weisungsgebunden und bekommt einen Auftrag oder eben keinen. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall? Pustekuchen. Auch darf man nicht für den Wettbewerber arbeiten, denn dann ist es vorbei, das weiß jeder, aber das sagt natürlich keiner. Es gibt Monate mit 1.800 Euro brutto und manchmal weniger. Hier arbeiten akademisch ausgebildete Leute, die ein Gros der TV- und Hörfunkproduktionen erledigen, die mit Familie mit Kindern schon mal die Armutsgrenze unterwandern, wenn es schlecht läuft.

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Der„ARDFreienkongress“ – man muss sich also bereits organisieren, so groß sind die Missstände – stellte 2016 fest: „Die allermeisten Beiträge und Sendungen stammen von freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. (…) Wir müssen ständig um unser Einkommen fürchten. Sozialleistungen, die für Festangestellte selbstverständlich sind, werden uns vorenthalten. Und das, obwohl wir Tür an Tür mit ihnen arbeiten und oft im gleichen Dienstplan stehen.“

Die Hauptforderung des Kongresses sollte den ÖRR eigentlich beschämen: „Wir wollen von unserer Arbeit leben können. Unsicherheit und wirtschaftliche Zwänge machen einige von uns krank. Wir lassen uns nicht gegeneinander ausspielen.“ Ach, die Liste der Beschwerden ist lang und liest sich teilweise wie mit dem Scheinwerfer in den hintersten Winkel irgendeines Raubtierkapitalismus geleuchtet.

Prominenz mit eigenen Firmen

„Wir fordern die Intendantinnen und Intendanten, die Rundfunkräte und die Parlamente in Bund und Ländern auf: Macht Schluss mit der Zwei-Klassen-Gesellschaft!“, heißt es da. Die Damen und Herren Vorgesetzten – mehrheitlich sind es Herren – sind allerdings aktuell ins Gerede gekommen. Zu üppig gestalteten sich scheinbar die eigenen Honorare. Als die MDR-Intendantin Karola Wille Anfang 2016 ihr Amt als ARD-Vorsitzende antrat, versprach sie für mehr Transparenz zu sorgen. Transparenz heißt nun allerdings nicht, wie jetzt geschehen, nur Teilbereiche aufzuzeigen. Der Bürger hat das Recht die gesamte Kuchenverteilung zu bestaunen, also auch auf die Entlohungsstruktur zu schauen. Übrigens auch der Freien und all derer, die sich mit ihrer im ÖRR erlangten Prominenz selbstständig gemacht haben und dann weiter arbeiten für den ÖRR.

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Klar, auch der ÖRR wird sich danach richten müssen, was der freie Markt zu zahlen bereit ist, darunter würde man diese Leute ja kaum verpflichten können. Hier gilt eben auch das Gesetz von Angebot. Nachfrage und Marktwert. Allerdings handelt es sich hier um einen nicht ganz selbst geschaffenen Marktwert. Die Moderatoren im ÖRR beispielsweise haben ihre Prominenz in der Regel durch den ÖRR generiert. In dem Moment, wo sie prominent sind, machen sie sich selbstständig mit eigenen Produktionsfirmen und arbeiten wiederum mit eigenen freien Freien. Business as usual. Hier sollte der öffentlich rechtliche Rundfunk aufgefordert werden, es selber zu machen. Oder damit beginnen, dass man zumindest schon einmal die Verträge offenlegt. Sie dürften sogar eigentlich nur dann abgeschlossen werden, wenn sie die Klausel enthalten, dass sie veröffentlicht werden dürfen, um Transparenz zu gewährleisten.

Wie sieht es aus mit der privaten Konkurrenz? Kann man so überhaupt noch bestehen? Natürlich. Denn der Polittalk und die Beschäftigung mit Hochkultur sind und bleiben die klassischen Formate des ÖRR.

Überbezahlte öffentliche Mandarine

Die Gehälter der zweiten Führungsebene der ARD, der Direktoren, fehlen komplett. Weder von ARD-Programmdirektor Volker Herres noch von NDR-Fernsehdirektor Frank Beckmann noch von NDR-Hörfunkdirektor Joachim Knuth ist an prominenter Stelle veröffentlicht, was sie verdienen. Wie es heißt, sollen sich die Direktoren gegen die Veröffentlichung ihrer Bezüge mit Händen und Füßen gewehrt haben. Kai-Hinrich Renner hat sich für die Braunschweiger Zeitung (15. Sept. 2017) die Mühe gemacht, es herauszufinden. Man muss sehr lange suchen, um sie zu finden, berichtet er. Ein Beispiel soll hier zunächst reichen: Alleine der SWR beschäftigt sieben Direktoren mit einem durchschnittlichen Jahresgehalt von 253.000 Euro. Das ist selbst für die ARD die Spitzenreiter-Position. Am schlechtesten dran die armen Direktoren von Radio Bremen mit 151.000 Euro Jahresgehalt.

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Wo bleibt da der Anspruch der Zivilgesellschaft auf Transparenz? Und selbst wenn die Zahlen vollumfänglich und an vorderster Stelle regelmäßig präsentiert werden, was dann? Wie die Empörung kanalisieren beim ÖRR? Ja, doch: Die Offensive von Frau Wille ist richtig, aber dafür kann sie kein Lob erwarten. Nicht für so eine eigentliche Selbstverständlichkeit. Wenn sie ein Lob erwarten würde, dann wäre dass schon für sich eine herbe Kritik an ihren Vorgängern in Sachen Schlechtleistung.

Der Gebührenzahler, also jeder einzelne zur Zahlung verpflichtete Bürger des Landes hat ein Anrecht auf diese Selbstverständlichkeit: Auf Transparenz und die sich daraus ergebenen Handlungen. Nicht ein bisschen, nicht irgendwie, nicht irgendwann, nicht nur halb- oder gar viertelherzig, sondern zeitnah mit Nachdruck und nach Ergebnis in allen bereinigenden Konsequenzen.


Hasso Mansfeld arbeitet als selbstständiger Unternehmensberater und Kommunikationsexperte in Bingen am Rhein.

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Kommentare ( 16 )

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C.Meier
6 Jahre her

… und laut einer Recherche der Süddeutschen Zeitung, geht Mr.Sticky mit 600.000 Euros pro Jahr, aus der von uns gefütterten GEZ-Kasse, nach Hause…. Madame StahlBlau Auge wird nicht viel weniger abzocken.

Leitwolf
6 Jahre her

Beim SWR wird ja auch noch ein ganz anderes Spiel gespielt: Ich weiß von einer Bekannten, dass man regelmäßig drei freie Rechercheteams losschickt, aber immer nur diejenigen bezahlt, die den „politisch angenehmsten“ Beitrag produzieren. So kann man die Leute auch zu DDR-ähnlicher Linientreue erziehen.

Alfred Ost
6 Jahre her

Riecht ein bischen nach Untreue. Da muss der Staatsanwalt her.

Illusionslos
6 Jahre her

Jeder Betrieb der Mitarbeiter beschäftigt wird normalerweise alle vier Jahre von der Rentenversicherung auf richtige Lohnabrechnungen geprüft, ebenso von der Lohnsteuerstelle des Fianzamtes. Da werden Scheinselbständigkeiten dann sehr schnell festgestellt. Gilt das für die ÖR oder Parlamentarier etwa nicht und wenn sie doch geprüft werden, warum findet man diese Scheinselbständigkeiten und andere Verfehlungen nicht ? Wer macht da die Gehaltsabrechnungen, warum wird das nicht geprüft ?
Weiß das jemand hier im Forum ?

Walter Knoch
6 Jahre her

Wer wird am 24. September 2017 gewählt? Natürlich der/die Bundeskanzlerin. Das zeigt sich an den Sonderwerbezeiten (Propaganda wäre vielleicht um eine Winzigkeit treffender) die das Öffentlich-Rechtliche Fernsehen den Kandidaten der Riesenparteien SPD und CDU zur Verfügung stellt. Chancengleichheit in der Darstellung für die kleineren Parteien und ihre Kandidaten: Nicht mehr vorhanden. Tempi passati. Fragerunden für Merkel und Schulz, die offensichtlich vorgecastet sind. Herz, was wünschst du mehr. Um auf den Kern zu kommen: Der mangelnde Binnenprluralismus des ÖRR hat sich zu einer dramatischen Gefahr für unsere Freiheitlich-Demokratische Grundordnung ausgewachsen. In obigem Beitrag wird der offensichtliche Pauperismus eines großen Teiles der… Mehr

Siegfried Motzer
6 Jahre her

Tranzparenz? Doch, schon. Man sieht ja, dass das meiste Geld, das mit der Staatslizenz zum Abkassieren eingezogen wird, nicht für den Bildungsauftrag verwendet wird, sonder zur Selbstbedienung der Verantwortlichen. Und das wird erst aufhören, wenn der ganze Laden privatisiert wird!

Beteigeuze
6 Jahre her

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten sind für die dort Festangestellten die Arbeitgeber, dafür gibt es Tarifverträge, und Auftraggeber für fremdzuvergebene Aufträge für die Auftragnehmer [Dienstleister, Werkvertragnehmer, Freiberufler, Zeitarbeitsfirmen], für die es jeweils eigene Vertragswerke gibt. Extern einzukaufende Leistungen [Dienste, Werke, Produkte] werden nach öffentlichen Verdingungsordnungen im Wettbewerb vergeben, Freiberufler erhalten Honorarverträge nach öffentlich einsehbaren Honorarwerken. Niemand ist nun gezwungen, seine Leistungen an die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten zu verkaufen. Es gibt ja keinen Kontraktionszwang. Mit der im Artikel vorgetragenen Argumentation könnte man sonst alle Arbeitgeber und Auftraggeber an den Pranger stellen. Denn auch sie haben Festangestellte und kaufen zusätzlich Fremdleistungen… Mehr

Daniela Gmeiner
6 Jahre her

Das verfilzte System der ÖR kann nur von Gerichten aufgehoben werden.
Vielleicht kommt mit dem beim EuGH anhängigen Verfahren, endlich Licht ins
Dunkel.
Alleine die „Umfirmierung“ von Gebühreneinzugszentrale (GEZ) in Beitragsservice,
macht deutlich, wie dem „Zwangsgebührenzahler“ bei der Beitragspflicht und
bei der Beschönigung und Verschleierung der Realität, „das Fell über die Ohren
gezogen wird“.

Roland Pressler
6 Jahre her
Antworten an  Daniela Gmeiner

Zur näheren Erklärung betreffs des Fragenkatalogs, den der in Sachen des GEZ-Unwesens sehr rührige Richter am Landgericht Tübingen am EuGH eingereicht hat, möchte ich folgenden Link noch ergänzen:

http://www.focus.de/finanzen/news/rundfunkbeitrag-in-deutschland-eugh-prueft-zwangsgebuehren-kippt-jetzt-die-verhasste-abgabe_id_7568849.html

Rudi
6 Jahre her
Antworten an  Daniela Gmeiner

Nicht nur hier, denn das Arbeitsamt ging mit bestem Beispiel voran und nannte sich fortan Arbeitsagentur und Arbeitslose dann Kunden.
Welch Hohn, da auch hier zuvor quasi Zwangsgebühren erhoben wurden/werden, die Dank Hartz IV kaum noch irgendeine humane ‚Rendite‘ abwerfen. Bitte nicht falsch verstehen, ich kenne die Diskussion über die sog. soziale Hängematte. Der Vergleich zur ewigen Wortspielerei hat hier daher eine gewisse Penetranz.

T. Pohl
6 Jahre her

Übersetzt heisst das:
Ein Prekariat existiert innerhalb der übergrosszügig zwangsfinanzierten Öffentlich Rechtlichen Sender, deren „Direktoren“ im Schnitt so viel verdienen wie die Kanzlerette. Wie unhygienisch ist das denn ?
Ich wusste, daß früher Beleuchter und Regieassistenten zu horrenden Löhnen angestellt wurden, aber nur für die Zeit ihrer Arbeit; zwischen Ihren Aufträgen meldeten sie sich arbeitslos und bekamen Arbeitslosengeld. Wie Sie schon schrieben, „Scheinselbständige“, die wie mancher Doktorand, das Arbeitslosengeld bereits bei der Einstellung mit einkalkulieren müssen.
Uns geht es doch so gut in Deutschland…

KoelnerJeck
6 Jahre her

Ich würde nicht nur Transparenz bei der Finanzierung, sondern vielmehr nach bestem Wissen und Gewissen neutrale und objektive Berichte über die Geschehnisse erwarten. Die Einseitigkeit der „Berichterstattung“, der totale Siegeszug eines von jedem Berufsethos befreiten Meinungsjournalismus, ist kaum noch zu ertragen. Es kommt aber m.E. noch schlimmer. Die Wahl-Shows im TV dienen nur dem einzigen Zweck, den zur Ohnmacht verurteilten Bürgern den Eindruck zu vermitteln, dass ihre Anliegen ernst genommen würden und sie mit ihrem Kreuz, das viele am 24. September zu ihrer Urne tragen werden, tatsächlich irgendeinen Einfluss hätten. Die Wahl-Shows wirken wie inszeniert, unbequeme Fragen, womöglich zu den… Mehr

FFdabei
6 Jahre her
Antworten an  KoelnerJeck

Beim lesen des verlinkten MoPo Artikels bleibt mir nicht mal mehr die Spucke weg. Klartext bekommt die Staatsratsvorsitzende am 24.09. zu hören. Die ÖRM merken, das ihnen die Felle davon schwimmen und wer weiß, was für Foulspiele aus der Ecke noch kommen. Leute wie Slomka, Kleber und Co. sollten in diesem Beruf nicht mehr agieren dürfen.

Somewhere
6 Jahre her
Antworten an  KoelnerJeck

Man kann nur immer wieder auf „Warum schweigen die Lämmer“ von Professor Mausfeld verweisen, damit ist Alles gesagt: https://youtu.be/Rx5SZrOsb6M