Syrien-Konflikt: Türkei öffnet Grenze für Flüchtlinge und Migranten nach Europa

Während in Syrien der Konflikt zwische Türkei und dem Syrisch-Russischen Bündnis in offenen Krieg umzuschlagen droht, schickt die Türkei syrische Flüchtlinge weiter nach Europa. Berlin reagiert hilf- und planlos. Wiederholt sich die Zuwanderungswelle von 2015?

Osman Orsal/Getty Images
Griechischer Grenzsoldat an der griechisch-türkischen Grenze bei Edirne am 28. Februar 2010.

Der Konflikt zwischen Türkei und dem von Russland gestütztem Assad-Regime in Syrien droht sich zum offenen militärischen Konflikt zu auszuwachsen. Die Türkei, die Teile Syriens besetzt hat und deren Stellungen jetzt von vermutlich russischen Kampfflugzeuge und syrischer Artillerie angegriffen werden, fordert Unterstützung  von der NATO. Gleichzeitig schickt die Türkei  Flüchtlinge und Migranten in Richtung der EU-Grenze los.

Reuters meldete, der türkischen Polizei, Küstenwache und dem Grenzschutz seien angeordnet worden, Flüchtlinge weder beim Übergang von der Türkei nach Europa, noch beim Übergang von Syrien in die Türkei zu hindern. Damit ist der direkte Weg von Syrien an die EU-Außengrenzen frei. Außerdem werden hunderttausende weitere Flüchtlinge aus der syrischen Provinz Idlib erwartet, die vor den Kämpfen zwischen syrischer und türkischer Armee fliehen. Nach verschiedenen Berichten werden die Flüchtlinge zum Teil mit Bussen aus der Türkei in die Nähe der EU-Außengrenzen gebracht. Danach handelt es sich auch um Migranten aus Afghanistan, Pakistan, Palästina und anderen Staaten. Sie waren bislang von der Türkei im Rahmen des Flüchtlingsdeals mit Angela Merkel von 2016 in der Türkei festgehalten worden. Der Deal sieht vor, dass von Griechenland dort ankommende „Irreguläre Migranten“ in die Türkei zurückgeschickt werden. Die Türkei verpflichtete sich, die Fluchtrouten über Land und Meer abzuschneiden. Im Gegenzug erhielt die Türkei  lang umstrittene Erleichterungen für ihre Staatsbürger bei der Einreise in die EU und die Zusage über 6 Milliarden € für die Flüchtlingshilfe innerhalb der Türkei. Dazu kamen Absenkungen bei den Zollregelungen für den Handel zwischen der Türkei und der EU, und die Beitrittsverhandlungen wurden wieder aufgenommen.

Erdogan bricht offenkundig jetzt diese Vereinbarungen. Das erste betroffene Land ist Griechenland. Bereits in den vergangenen Wochen sollten weitere Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln für Migranten aus der Türkei eröffnet werden. Dabei kam es zu massiven Protesten der Insel-Bewohner. Die neuerdings konservative griechische Regierung versucht, ihren Verpflichtungen zum Schutz der EU-Außengrenzen nachzukommen. So erklärte heute der Ministerpräsident Griechenlands, Kyriakos Mitsotakis, in einer Twitter-Mitteilung, dass sich signifikante Zahlen an Flüchtlingen an der griechisch-türkischen Grenze versammelt hätten. Illegale Grenzübertritte würden jedoch nicht toleriert und die Grenzposten verstärkt werden.

Mindestens ein Grenzübergang von der Türkei nach Griechenland wurde von Griechenland gesperrt. Um Grenzübertritte zu verhindern, wurde Tränengas eingesetzt. Bulgarien, das ähnlich betroffen ist wie Griechenland, baut offensichtlich Grenzzäune nach ungarischem Muster, um unerlaubte Einreisen zu verhindern. Auch auf Ungarn wächst der Druck von zum Teil aggressiven „Flüchtlingen“ aus Syrien, Plästina und Algerien. Damit droht sich die Situation des Sommers 2015 zu wiederholen. Damals kam es über die Balkanroute zu Masseneinreisen nach Österreich und Deutschland, nachdem die Bundesregierung pauschal jedem Flüchtling aus Syrien Asyl und Aufenthalt in Deutschland zugesagt und Grenzkontrollen ausgesetzt hatte.

Auch diesmal reagiert Berlin hilflos. Bundesaußenminister Heiko Maas forderte einen sofortigen Stopp der Kämpfe und stellte sich rhetorisch an die Seite der Türkei: Deutschland verurteile die fortgesetzten Angriffe des syrischen Regimes und seiner russischen Verbündeten. Das ist eine zumindest stark vereinfachte Darstellung; denn unstrittig ist, dass die Türkei Teile Syriens besetzt hält. Es ist ein ebenso frommer wie hilfloser Wunsch; dass die Akteure zusammen an einer diplomatischen Lösung arbeiten sollten, wie Maas fordert. Auch zum Druck auf die EU-Außengrenzen gibt es keine Erklärung. Dabei ist erkennbar, dass weder Griechenland noch Bulgarien und Ungarn in der Lage sein werden, aus eigener Kraft den Druck auf die Grenzen aufzuhalten. Denn Ziel der sogenannten Flüchtlinge ist meist Deutschland. Die gute Versorgung von tatsächlichen oder angeblichen Flüchtlingen in Deutschland, praktisch nicht durchgeführte Abschiebungen, Familiennachzug und Daueraufenthaltsgewährung lösen einen „Pull-Effekt“ aus, der immer neue Flüchtlinge veranlasst, sich auf den Weg zu machen.

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Kommentare ( 125 )

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Casta Diva
4 Jahre her

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Albert Pflueger
4 Jahre her

Ist wenigstens sichergestellt, daß keine weiteren Tranchen an Erdogan gezahlt werden, daß Ersatzteile für Waffensysteme nicht weiter geliefert werden, und daß die Reiseerleichterungen für Türken zurückgenommen werden?

Hannibal ante portas
4 Jahre her

Was hat die Türkei 2020 noch mit der westlichen Wertegemeinschaft zu tun??

Jule Krause
4 Jahre her

Das ist jetzt nicht Ihr Ernst, oder? Deutschland ist schon jetzt vollkommen überfordert (fehlender Wohnraum, die Justiz vor dem Kollaps, Lehrer vor dem Burnout usw.)!!!! Und glauben Sie ernsthaft, dass es bei den Syrern bleiben würde?! Was ist mit den Afghanen, den Sudanesen usw.? Boah, wie kann man nur so naiv sein!

Epouvantail du Neckar
4 Jahre her

Auch als Volksschauspieler sollte man derartige Kommentare zumindest mit einem Smylie beenden. Ironie zu erkennen ist längst nicht jedermanns/jederfrau Sache.

Betreutes Denken
4 Jahre her

Das einzige, was hier wirklich dauerhaft abschreckt, ist die Produktion und anschließende Verbreitung hässlicher Bilder an der Grenze mittels Social Media. Nur wenn in den Herkunftsländern unmissverständlich deutlich wird, dass es kein Durchkommen gibt, wird der endlose Strom an Flüchtlingen irgendwann enden, vorausgesetzt, der Krieg um Idlib endet ebenfalls in absehbarer Zeit, so dass die Menschen zurück in ihre Heimat reisen können. Und Griechenland als Frontstaat muss umfassend und qualifiziert geholfen werden: finanziell, personell und technisch. Gefordert ist jetzt Verantwortungs- statt Gesinnungsethik. Dazu gehört auch die Versorgung der Flüchtlinge mit allem, was zum Überleben benötigt wird. Gleichzeitig muss dem Sultan… Mehr

F. Hoffmann
4 Jahre her

Gegendruck wäre ein Mittel. Die EU setzt die Wirtschaftsbeziehungen zur Türkei aus. Überweisungen in die Türkei werden verboten, Einreisebedingungen aus der Türkei verschärft. Wenn Putin noch einen Importstopp für türkische Waren verfügen und keine russischen Touristen mehr in die Türkei lassen würde, hätte Erdogan mehr Probleme als er verkraften kann.

Regenpfeifer
4 Jahre her

Jetzt rächt sich, dass die EU einmal mehr die Zeit, die sie sich durch den schmutzigen Deal mit Erdogan erkauft hatte, einfach verplempert hat. Statt in den 5 Jahren irgendeine Lösung zu finden, hat man getreu des Mottos „nach mir die Sintflut“ das Migrantenproblem einfach nur wegignoriert. Dabei ist der Druck im Kessel nur immer grösser geworden, denn das Erpressungspotential des Sultans liegt nun bei über 4 Millionen Migranten, die er losschicken kann. Und ja, dass Heiko Maas auch hier ausser hohlen Phrasen Nullkommanichts kann/weiß/tut könnte eigentlich nur überraschen, wer in den letzten Jahren im Koma lag; bei ihm habe… Mehr

fatherted
4 Jahre her

Die Sache waere relativ einfach. EU weit…sofort alle Zahlungen an die Tuerkei stoppen, sofort einen Import-Stopp aller Waren aus der Tuerkei, sofort ein Visa-Stopp fuer alle Einreisenden aus der Tuerkei, sofort alle Fluege in und aus der Tuerkei stoppen, sofort alle tuerkischen Konten einfrieren, sofort alle tuerkischen Buerger ohne Aufenthaltserlaubnis oder doppelte Staatsbuergrschaft ausreisepflichtig machen….kostet uns alle wenig bis nichts….hat aber die Wirkung, dass Herr Erdogan binnen einer Woche pleite ist und gezwungen waere seinen Kurs um 180 Grad zu aendern….aber dafuer hat keiner in der EU auch nur im Ansatz den Mut.

Karl Napf
4 Jahre her

Ich hab’ imm er gesagt: “Heiko, Angela, Arschkriechen ist keine Aussenpolitik.
Und? Haben sie auf mich gehört?
Haben sie nicht. Da haben wir den Salat!