Städte und Kreise treiben Pflegeheime in die Pleite

Immer mehr Gebrechliche können sich das Leben im Pflegeheim nicht mehr leisten. Dann muss der Staat einspringen. Doch der treibt Heime mit nicht bezahlten Rechnungen in die Pleite.

IMAGO / imagebroker
Die Pflege steckt in Deutschland in der Krise. Wer neu ins Heim zieht, zahlt mittlerweile im Schnitt 2548 Euro monatlich an Eigenanteilen. Ein Anstieg von 15,8 Prozent innerhalb eines halben Jahres. Trotzdem leiden die Heime unter einer Insolvenzwelle. Das ist eine direkte Folge der hohen Inflation und eine indirekte Folge anderer ungelöster Probleme wie des Arbeitskräftemangels.

Doch es gibt noch einen anderen Grund, auf den nun der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (BPA) hingewiesen hat: Die Sozialämter haben offenbar eine schlechte Zahlungsmoral. Das zeigt das Beispiel Schleswig-Holstein. Dort haben zwei Drittel aller Sozialämter Schulden bei Pflegeeinrichtungen, wie der BPA nach einer Umfrage unter seinen Mitgliedern mitgeteilt hat. Auch ein Drittel der ambulanten Anbieter leide unter nicht gezahlten Rechnungen.

Auf rund 20 Millionen Euro türmen sich demnach die Schulden, die Städte und Kreise bei den Heimen haben. Alleine in Schleswig-Holstein. Diese Summe hat der BPA hochgerechnet anhand von 130 konkret befragten Einrichtungen, die Außenstände von rund 1,9 Millionen Euro verzeichnen. „Die Sozialhilfeträger bezahlen ihre Rechnungen nicht und gefährden damit die wirtschaftliche Basis einzelner Pflegeeinrichtungen. Das kann so nicht weitergehen“, sagt der schleswig-holsteinische BPA-Landesvorsitzende Mathias Steinbuck.

Als Gründe für die schlechte Zahlungsmoral gäben die Städte und Kreise ihren Personalmangel an. Auch sei ihrer Aussage nach der Prüfaufwand zu hoch. Wobei der öffentliche Dienst in Deutschland so ziemlich der einzige Arbeitgeber ist, der keinen Personalmangel kennen dürfte. Allein im vergangenen Jahr gönnte sich der Staat laut Statistischem Bundesamt rund 120.000 zusätzliche Stellen.

Steinbuck fordert eine bessere Zahlungsmoral von den Städten und Kreisen: „Die Einrichtungen müssen pünktlich die Gehälter, Mieten, Steuern und Sozialabgaben zahlen. Wenn sich die Sozialhilfeeinrichtungen über jede vereinbarte Zahlungsfrist hinwegsetzen, kann die Luft da schon einmal dünn werden.“ Weitere Insolvenzen und Schließungen drohten als Folgen der schlechten Zahlungsmoral.

Das Problem werde in der Zukunft noch drängender: „Immer mehr Menschen können die steigenden Eigenanteile im Heim nicht mehr bezahlen und sind dann auf Sozialhilfe angewiesen.“ Wenn die Kreise und Städte dann nicht zügiger bezahlen würden, bedrohe das die wirtschaftliche Stabilität der pflegerischen Versorgung in Schleswig-Holstein. Sollten die Kommunen ihren Personalmangel nicht in den Griff bekommen, könnten sie mit Darlehen Engpässe bei Pflegeheimen verhindern.

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Kommentare ( 43 )

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Man
1 Monat her

Moin,
Deutschland war nach dem Ersten und nach dem Zweiten Weltkrieg faktisch pleite. Ähnlich wie bei Griechenland gewährten die Gläubiger viermal massive Schuldenschnitte: 1924, 1929, 1932 und 1953. Vor 62 Jahren handelte die Regierung von Kanzler Konrad Adenauer mit 20 Staaten das Londoner Schuldenabkommen aus.

Läuft doch!
Na denn,…………

Timur Andre
1 Monat her

übrigens wird das im Ausland von Deutschland gesagt, ein Land, das seine eigenen Rentner entsorgt, nach Polen und Ungarn etc. In Frankreich wundert man sich, unsere Medianrente ist deren Mindestrente, wir aber zahlen mit dem Wiederaufbaufonds für Frankreich mit.

Timur Andre
1 Monat her

Unser Altersruhegeldsystem fährt gegen die Wand. Das ist nichts Neues, war seit Jahrzehnten zu sehen, man hat es ignoriert. Wagenknecht hatte es auf den Punkt gebracht, wenn Politiker Rente erhalten würden, das System wäre schon lange reformiert worden. Wir sind in bester Gesellschaft, Rente (Pensionen) können in den gesamten G7 ab 2030 nicht mehr bezahlt werden, bei den einen früher, bei den anderen länger in die 30er rein. Fakt! Nun kommt die große Rezession, eine strukturelle Anpassung mit Digitalisierung, und bei uns nochmal die Deindustralierung. Die Renten und Pensionen werden nicht bezahlbar! Jetzt schauen wir uns die Situation an, wir… Mehr

Protestwaehler
1 Monat her

Keine Sorge, nach der Schließung arbeiten die wieder gewinnbringend, mit der Versorgung von „Schutzsuchenden“. Dann werden auch die Rechnungen wieder pünktlich und vollumfänglich gezahlt.

ketzerlehrling
1 Monat her

Die Rentner müssen irgenwie weg, entsorgt werden. Also macht man es auf die Art und Weise. 3000€ Inflationsausgleichsprämie für Beamte, Politdarsteller, vom Arbeitgeber, aber nicht für Rentner. Sie sollen Heizung, Strom und Lebensmittel nicht mehr bezahlen können, aus den Wohnungen und Heimen fliegen. Hier hört man von der AfD nichts zu diesem Thema. Wieso eigentlich? Rentner sind eine Bevölkerungsgruppe, die zwar von allen ungeliebt sind, aber Steuern zahlen und damit vielen ihren Arbeitsplatz retten, auch Politikern. Einmal darüber nachdenken.

Holger Wegner
1 Monat her
Antworten an  ketzerlehrling

Vom Arbeitgeber, der nicht zum ÖD gehört, haben auch sehr viele überhaupt gar keine Inflationsprämie erhalten. Und die 300.- haben Rentner genauso erhalten, zudem haben sie genauso Anspruch auf Wohngeld und Co.

Holger Wegner
1 Monat her

2548.- Eigenanteil, viele Menschen in diesem Land haben kein so hohes Netto in Vollzeitarbeit. Wenn das über Jahre geht, bei immer mehr Pflegebedürftigen, ist das nicht nachhaltig finanzierbar, egal aus welcher Kasse. ja, und mir ist klar, dass anderswo unnötig rausgeballert wird

Last edited 1 Monat her by Holger Wegner
Tiloo
1 Monat her

Gebäude der Pflegeeinrichtungen könnten auch Städisch sein, wie die Schulen. Kommune kauft Grundstück und läßt Pflegeheim bauen. Vermietet es dann oder rechnet über Variable kosten ab. Zu viel Gewinn, höherer Kostenanteil, könnte auch als variabler Lanzeitkredit ausgelegt werden. Aber typisch Staat erst privatisieren um kosten zu senken und dann wegschauen, wenn es zusammenbricht. Wir bezahlen 200 Queerbeauftrage Lehrstühle in Deutschland. Wir bezahlen NGOs die Flüchtlinge retten im Mittelmeer retten. Wußte gar nicht dass das Mitelmeer zu Deutschland gehört. Kümmert Euch endlich wieder um Deutschland.

Tiloo
1 Monat her

Anstelle von Schwachsinnigen Subventionen sollt man z.B. die Pflegekräfte Steuerfrei machen, ist in unserem aller Interesse. Man muss dabei natürlich aufpassen, das die privatisierte Pflegeheim Struktur sich das Geld nicht einverleibt und über spezielle Kosten an sich selbst weiterleitet. Zu viel Geld wird immer wieder aus dem System gezogen. Pflegekräfte müssten keine Pflegeabgabe zahlen. Dann sollten wir auch endlich alle Arbeitslosen mit einbeziehen, oder auch Asylanten. Oder die Schüler, die keine Lehre gefunden haben. Automatisch ein Sozailes Jahr. Wir haben wohlstandsverwarloste Klimakleber die in Urlaub fliegen, aber keiner will sich um die Pflegebedürftigen kümmern. Nehmt alle in die Pflicht, die… Mehr

Desert Sled
1 Monat her

Pflegeheime sind unwichtig. Hauptsache ist doch, daß die Söders, Habecks und Baerbocks dieser Republik pünktlich ihre Photografen, Stylisten und Logopäden bezahlen können:)

Turnvater
1 Monat her

Ich erinnere mich an einige gewerbliche Kunden, die ebenfalls Außenstände bei Behörden hatten.

Nach Abgabe an ein sehr großes Inkassobüro und Androhung der Kontopfändung aller Konten der betreffenden Kommune, alternativ einer Sachpfändung im Rathaus (da standen ja genügend Kunstwerke herum), ging das dann ganz schnell.

Funktionierte auch bei renitenten Großkonzernen und regulierungsunwilligen Versicherern hervorragend.