Robert Habeck und die Pendlerpauschale: Erhabene Ahnungslosigkeit

Er malt sich die Welt, wie sie ihm gefällt: Robert Habeck demonstriert totale Ahnungslosigkeit über Lebenswirklichkeit und Steuern.

Screenprint: ARD/Bericht aus Berlin

Es klingt zunächst wie eines dieser lieben Interviews beim Bericht aus Berlin der ARD, wie wir es so schätzen und gerne mit der Demokratie-Abgabe finanzieren: Fragen nach dem weltbewegenden, innerparteilichen Konflikt bei den Grünen: Cem Özdemir tritt gegen Anton Hofreiter bei der Wahl zum Fraktionsvorsitzenden an. Nun ja, und dann die eigentliche Frage nach dem Klima-Paket: Das geht dem grünen Parteichef Robert Habeck nicht weit genug. Als Beispiel erwähnt er doch glatt die Pendlerpauschale, die ab dem 20. gefahrenen Kilometer um 5 Cent erhöht werden soll: Für den Parteichef der „Anreiz, möglichst weit zu fahren“. Aha.

Der Reporter stellt sofort die richtige Frage: Wegen ein paar Cent Pendlerpauschale ziehe doch niemand weiter weg? Naheliegend; die Jobs sind nicht so dicht gesät und hohe Mieten in den Ballungszentren und in der Nähe der Jobs treiben die Beschäftigten aus dem Land; dafür verpulvern sie Lebenszeit und Fahrtkosten. Aber da kennt Habeck weder die Diskussion um steigende Mieten noch die Lebenswelt:

„Bei 3 Cent mehr fürs Benzin und 5 Cent Pendlerpauschale“, da sei doch der Anreiz klar: Auto.

Verdutzt die zweite Nachfrage: Bekanntlich gilt die Pendlerpauschale, die eigentlich „Entfernungspauschale“ heißt, für jedes Verkehrsmittel, Bahn, Bus, Auto, Fahrrad. Nun werden nur besonders sportliche Radfahrer oder Dauerläufer in den Genuss der erhöhten Pauschale gelangen, denn diese wird erst ab dem 21. Kilometer gewährt – und übrigens nur für die einfach Strecke, nicht für zurück oder Mittags zur Siesta daheim: Komplette Ahnungslosigkeit. Es geht gegen die Autofahrer, die bösen Pendler, diese Steuerzahler. „Aber nur ihn Höhe des Bahntickets“, stammelt der erwischte Habeck.

Nun wird das Bahnticket bis zu einer Höhe von 4.500,– erstattet. Und einen um 3 Cent höherer Benzinpreis sagen wir für Kilometer 21-26, was hin und zurück 10 Kilometer bedeutet, verrechnet er mit einer Pauschale von 75 Cent für diese Strecke, die bei der Steuererklärung abgesetzt werden kann und zu einer Ersparnis von vielleicht 30 Cent beim Durschschnitspendler oder noch weniger führt? Das ist der Anreiz, weit weg zu ziehen? Bei einem Durchschnittsverbrauch von rund 5 Liter geht es sich übrigens gerade so aus, das haben sie schlau ausgerechnet in irgendeinem der Ministerien. So sensibel reagieren Bürger? Auf Zehntel-Cent kompliziert errechneter Differenz? Schon mal was von „absetzbaren Werbungskosten“ gehört, Herr Habeck?

Versprechen kann sich jeder, ein Spitzenpolitiker sollte es allerdings nicht. Das ist eine der wenigen Qualitäten, die Politiker brauchen: Beherrschung des Gesagten. Vergessen wir nicht: Der größte tragische Fehler eines Versprechers wäre, wenn er vom Frieden in den Krieg führt. Und etwas Kenntnis vom Steuerrecht sowie der Lebenswirklichkeit der Bürger gehört auch zur Qualifikation eines Berufes, der sonst keinerlei Qualifikation voraussetzt.

Aber hier schlägt Ideologie den Verstand. Es zeigt, wie Robert Habeck und seine Co-Vorsitzende Annalena Baerbock ticken: für Baerbock wird bekanntlch Strom in den Leitungen gespeichert und in Batterien werkeln Kobolde am Vortrieb. Und nun Habeck mit der absoluten Kenntnislosigkeit.

Nein, es sind keine Versprecher, so schlimm sie wären. Es ist der Triumph der Ahnungslosigkeit über das Nachdenken, der Sieg des Plapperns über das Argumentieren. Die Wirklichkeit wird so zurecht gebogen, bis sie in die schlichte Welt der Habeck und Co. passt.

Schlimm genug, dass dieses Land von Kindern getrieben wird – es will wohl auch von körperlich erwachsenen Kindern regiert werden. Da kommt zusammen, was zueinander gehört und die Wirklichkeit bleibt weit draußen vor dem Kinderzimmer.

An diesem Tag ist man der ARD und ihrem Reporter zu Dank verpflichtet. Und gleichzeitig sorgt man sich: Wird dieser Mann bleiben dürfen? Oder wird er wegrasiert für seine kleine, unschuldige Nachfrage im Dienste der Zuhörer und nicht der führenden Partei?

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 300 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

300 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Haegar der Schreckliche
4 Jahre her

Auch wenn Kretschmann noch halbwegs alle Latten am Zaun hat, so ist er doch durch und durch ein grüner Kommunist, denn er kam ursprünglich aus dem Kommunitischen Bund Westdeutschlands und hat wie viele Grüne (Fischer, KGE, Trittin usw.) seine linke Gesinnung nie abgelegt!

Kassandra
4 Jahre her

Ein falscher Fuffziger?

Beobachterin
4 Jahre her

Mir sind diese Argumente auch schon im privaten Umfeld begegnet und zwar in Hamburg. Da ich aber aus dem Westen komme, fast ländlich wohne, gibt es kein Verständnis dafür warum ich nicht einfach „bequem“ mit der Bahn zum Kunden fahre. Bequem!? . Zunächst, ich muss zeitweise vom linken Niederrhein nach Wolfsburg, – nächste Woche wieder regelmäßig. Dazu müsste ich mit Wochengepäck, bestehend aus Arbeitstasche mit zwei Rechnern, Handtasche, (Regenschirm) und Rollkoffer 20 min zur Bushaltestelle laufen, mit dem Bus zur Bahn, dann mit dem Regionalexpress nach Duisburg. Vom Duisburger Hauptbahnhof ging es weiter nach Wolfsburg, von dort mit dem Taxi… Mehr

kasimir
4 Jahre her
Antworten an  Beobachterin

: Da haben Sie recht. So eine Bahnfahrt ist meist nicht bequem. In den letzten Jahren kommt noch dazu, daß es ständig Verspätungen und Zugausfälle gibt. Und dann bekommt man oft nicht den Anschlußzug. Weiterhin sind die Züge meist überfüllt, Mitreisende, die meinen, sie hätten den Zug für sich allein, verdreckte Toiletten.
Nein, danke.
Solange es die DB nicht schafft, diese Mißstände zu beheben, vermeide ich es auch mit der Bahn zu verreisen…..

Morioon
2 Jahre her
Antworten an  kasimir

Das kann ich nur bestätigen: Ich mußte vor 3 Jahren einmal mit dem ICE fahren. Nach dem, was ich da erlebt habe, habe ich mir geschworen, nie wieder mit der Bahn zu fahren: Die reservierten Plätze waren grundsätzlich besetzt, und die Besetzer weigerten sich, den Platz zu räumen. Der Gang zum Speisewagen war mit dem Risiko verbunden, anschließend gerade noch einen Stehplatz zu bekommen. Die Toilette war nicht nur verdreckt, sondern kaputt und unbenutzbar. Vor den nächsten, noch funktionierenden Toilette warteten schon 20 Personen. Der ICE blieb vor dem Frankfurter Bahnhof auf freier Strecke 20 min stehen, so dass man… Mehr

reiner
4 Jahre her

selbst der dümmste grüne weiß,dass er das land nicht mal eben,ausknipsen,,kann um noch mehr wahltrottel ins boot zu holen.. selbst wenn habeck kanzler werden würde(oh gott) muß er erstmal eine partei finden,die die phantastereien mittragen. es gibt ja bekanntlich parteien die sich zum lobbyismus magisch hingezogen fühlen und mal eben auf pferdekarren und hauschlachtung wirs es selbst in diesem vertrotteltem land nicht genügend anhänger geben.
habe auch noch nie ein konzept von denen gehört,wie ganze wende faktisch ablaufen soll.

Baumann
4 Jahre her

„Die Pendlerpauschale“ ist schließlich ein altes Lockmittel des Klassenfeindes, außerhalb
der Wohnung eine Arbeit aufzunehmen. Dagegen muss der Klassenkämpfer grundsätzlich vorgehen. Vorschlag: „Grüne Wegevergütung“, für alles , jedoch ohne Verbrenner!

Baumann
4 Jahre her

Kretsche hätte vollenden müssen: „… und wo habt ihr den Kopf heute liegengelassen?“

Baumann
4 Jahre her

„Süss isser schon, aber auch ein bisschen dumm, unser Schwiegersohn“, sagte die besorgte, durch das Pendeln gestählte Patchwork-Mutter im Fon zum dauer-abwesenden, weil einsitzenden, Vater.

Bea McL
4 Jahre her

Eigentlich müsste jeder Politiker nach so viel zur Schau gestellter Ahnungslosigkeit eine brettharte Landung hinlegen. Nicht so der (über)fliegende Robert, fürchte ich….

Armin Reichert
4 Jahre her

Habeck soll demontiert werden, damit Özdemir als Kanzlerkandidat für Schwarz-Grün installiert werden kann.

Morioon
2 Jahre her
Antworten an  Armin Reichert

Der ist doch auch nicht besser.

Richard Beuthler
4 Jahre her

Gut auf den Punkt gebracht ! Vielen Dank !

Pegg Ida
4 Jahre her

Gegen das Vergessen, für die Vollständigkeit : Özdemir rechnet Leistung nicht nur in Gigabyte, sondern wollte 2013 verbieten, Schweinen die Schnauzen abzuschneiden! :‘-)
https://www.topagrar.com/schwein/news/gruene-gegen-ruessel-abschneiden-9543025.html