Karl Lauterbach, gedreht und gewendet

Von dem SPD-Gesundheitsexperten gab es eine Argumentation gegen die Impfpflicht – und mittlerweile eine dafür. Seinen Meinungswandel erklärt er nicht. Aber vielleicht vergisst er auch einfach seine Ansichten von gestern?

IMAGO / Emmanuele Contini
Gesundheitsexperte der SPD Karl Lauterbach bei der 3. Plenarsitzung im Bundestag in Berlin am 18. November 2021

Es war der 16. Mai 2020, an dem ein bekannter Bundestagsabgeordneter die folgende Grundsatzerklärung  twitterte:

„Eine Impflicht (sic) macht bei SarsCov2 so wenig Sinn wie bei Grippe. Wenn die Impfung gut wirkt wird sie auch freiwillig gemacht. Dann keine Impflicht nötig. Wenn sie viele Nebenwirkungen hat oder nicht so gut wirkt verbietet sich Impflicht.“

Screenprint via Twitter / Lauterbach

Bei dem Politiker, der damals so stringent argumentierte, handelte es sich um einen Mann, der demnächst möglicherweise das Bundesgesundheitsministerium führen könnte: Karl Lauterbach.

Nun ist nichts dagegen einzuwenden, dass Politiker ihre Meinung ändern – vor allem dann, wenn sich auch die Fakten wandeln. Nur: Was Lauterbach im Mai 2020 twitterte, gilt prinzipiell noch immer. Vor allem die Passage „wenn sie nicht so gut wirkt“. Denn anders, als es fast alle Politiker zu Beginn der Impfkampagne suggerierten („lebenslange Immunisierung“), hält die Schutzwirkung der mRNA-Impfstoffe nur wenige Monate an. Und sie führt nicht zur sterilen Immunität, sie verhindert also nicht, dass auch Geimpfte das Virus weitergeben. Das Vakzin senkt die Wahrscheinlichkeit schwerer Krankheitsverläufe. Allerdings ist die besonders gefährdete Altersgruppe über 60 in Deutschland mittlerweile zu gut 90 Prozent geimpft. So groß ist die Zahl der Ungeimpften in Deutschland also nicht.

Lauterbach erläuterte bisher auch nicht, warum er die Impfpflicht-Frage heute anders sieht als damals. Er teilt nur seinen aktuellen Meinungsstand mit, etwa am 22. November im ZDF. Dort meinte er, die Politik müsse jetzt über eine Impfpflicht „nachdenken“.

Screenprint via zdf.de

Einen Tag später twitterte er:

„Es wäre falsch, auf eine #Impfpflicht zu verzichten, nur um Querdenker milde zu stimmen. Es zählt die Gesundheit der Bevölkerung. Wir haben schon oft falsche Rücksicht auf die kleine Gruppe derer genommen, die selbstgerecht die Gesundheit anderer gefährden.“

Screenprint via Twitter / Lauterbach

Dazwischen fand er auch noch Zeit, sich über den Satz des amtierenden Gesundheitsministers Jens Spahn (CDU) zu erregen, im Frühjahr des kommenden Jahres sei jeder in Deutschland „entweder geimpft, genesen oder gestorben“. Das sei „schlicht falsch“, so Lauterbach zu BILD.

Screenprint via BILD

Dass Spahn nur einen Satz wiederholt hatte, den Lauterbach kurz vorher gesagt hatte, war dem SPD-Gesundheitsexperten offenbar völlig entfallen.

Und nicht nur ihm. Der twitternde SPD-Politiker Ralf Stegner, der gegen Lauterbachs Satz nichts einzuwenden hatte, verurteilte die gleiche Formulierung aus Spahns Mund umgehend mit dem Kommentar: „an Zynismus kaum zu überbieten“.

Allen gemeinsam dürfte den Politikern parteiübergreifend nur eines sein: die Verwunderung, warum bloß so viele Bürger der Politik misstrauen.

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Kommentare ( 10 )

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Lesterkwelle
2 Jahre her

Auch Prof. Lauterbach wird das Virus nicht besiegen. Je mehr geimpft wird, desto schneller bildet es resitente Mutationen. Das Impfen hilft Politikern in ihrem Machtwahn und verschafft der Pharmaindustrie gigantischen Profit auf Kosten der Steuerzahler. Auch das C-Virus wird verschwinden, ohne Zutun, so wie selbst die Pest im 14. Jahrhundert verschwand. Aber die Zeit für die Politik war selten so günstig, sie muss genutzt werden. Frei nach Juncker „… bis es kein Zurück mehr gibt.“ Und das Volk lässt es sich bieten….

H. Priess
2 Jahre her

Also für Lauterbach sprechen etliche Gründe ihn zum Gesundheitsminister zu machen. Erstens, er ist unglaublich berühmt(um nicht zu sagen berüchtigt) da er so gut wie jeden Tag in einer Talkshow auftritt und gleichfalls jeden Tag in den anderen Medien präsent ist. Nicht zuletzt, er wurde von 40% an der Wupper Lebenden mit einem Direktmandat belohnt, was ihn automatisch zu höheren politischen Weihen prädestiniert. Zweitens, er hat in Harvard mehrere Wochen Epidemologie studiert was ihn also zum absoluten Spezialisten für Virologie macht. Drittens, er hat eine ärztliche Approbation darf also als Arzt praktizieren. Daß er bis jetzt keinen Menschen behandelt hat,… Mehr

Zuckermann
2 Jahre her

Neben Lauterbach ist auch die abgewählte Ex Landrätin aus Sachsen, Frau Köpping im Gespräch. Erst als Versorgungsposten Integrationsministerin und jetzt für das Desaster mit Kretschmer in Sachsen verantwortlich. Die totale Unfähigkeit, das war die mit dem Roddelverbot im Freien, dem Ausgehverbot im 15 km Umkreis im Freien und den abgesagten Weihnachtsmärkten im Freien. Die und Lauerbach, das Dreamteam mit Söder und Kretschmer für Lockdown, Impfpflicht für Babys bis 2070.

Kraichgau
2 Jahre her

Lauterbach hat einen „Ganz“ besonderen „Havvard“ Abschluss als Gesundheits-„Ökonom“ und ist in erster Front,wenn es darum geht,Kliniken zu schliessen.Von seine „virologischen“ Fähigkeiten ist seine Ex-Frau jedenfalls nicht überzeugt 🙂
wer diesen „Clowns“,sorry,anders kann man es nicht mehr nennen,in Bezug auf seine eigene individuelle Gesundheit glaubt,hat es nicht besser verdient,als als „Versuchskaninchen“(Scholz) für „vorläufig“ zugelassene Medikamente zu agieren,die mittels US-Vaccine-Act von 1986 JEDE Haftung per se des Herstellers ausschliessen!
nicht mit mir,und ich bin gegen sehr vieles geimpft.

Hosenmatz
2 Jahre her

Was hier auch nicht vorkommt:
Studien und Zahlen aus GB zeigen, dass gerade bei den über 60jährigen, hospitalisierte, doppelt Geimpfte eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, das Krankenhaus nicht lebend zu verlassen als Ungeimpfte.
https://i0.wp.com/sciencefiles.org/wp-content/uploads/2021/11/vaccine-surveillance-Report.png?resize=678%2C290&ssl=1

Last edited 2 Jahre her by Hosenmatz
FerritKappe
2 Jahre her

Es fällt mir sehr schwer zu glauben das ihn irgend jemand ernst nimmt.
Es gibt natürlich die denen man Angst machen kann und die sich das Nachdenken sparen. Bei denen kommt es aber auch nicht auf den Inhalt an.
Aber ansonsten ist er nicht alleine. Das ganze Corona-Regime schert sich nicht im geringsten um Wiedersprüche.
Als Beispiel, wenn die Zahlendeuter von letztem Jahr auch nur ansatzweise recht gehabt hätten müssten sich bei den aktuellen Inzidenzen die Toten auf der Straße stapeln.
Aber natürlich, dieses Jahr haben sie recht mit ihrem Panikgeschrei und wenn doch nicht, dann eben nächstes Jahr!

Max Anders
2 Jahre her
Antworten an  FerritKappe

Dieser Mensch hat 40% der Erststimmen in Wuppertal und damit das Direktmandat bekommen. Ich wäre also mit der Formulierung „daß ihn irgendjemand erstn nimmt“ sehr vorsichtig sein…

Demokratius
2 Jahre her
Antworten an  Max Anders

Man muss sich wirklich wundern über die Wähler an der Wupper!

ersieesmussweg
2 Jahre her

Bei Politikern entsteht naturgemäß keine Verwunderung. Die gehen mit ihrem Drang nach Besitzstandswahrung immer weiter, auch wenn sie inhaltlich zwischendurch zweimal eine 180° Wende hinlegen. Das „merken“ die gar nicht, das gehört zum Geschäft.
Mich überrascht vielmehr, wie viele „Normalos“ immer noch an die Impfung glauben. Impftote und schwerste Folgen werden ausgeblendet und man fühlt sich überlegen.

Politkaetzchen
2 Jahre her
Antworten an  ersieesmussweg

„Mich überrascht vielmehr, wie viele „Normalos“ immer noch an die Impfung glauben. Impftote und schwerste Folgen werden ausgeblendet und man fühlt sich überlegen.“

Mich nicht. Wer will zugeben, dass man sich verarschen ließ? Und gerade der Deutsche will energisch an seinem „Endsieg“ festhalten, selbst wenn der Corona-Russe direkt vor der Tür klopft 😉