Wie Robert Habeck für Energiesicherheit sorgen will

Zum ersten Mal seit dem Einmarsch Russlands sind die Lieferungen durch die Ukraine unterbrochen. Die europäischen Gashändler werden nervös. Russland deckte im vergangenen Jahr etwa 40 Prozent des Gasbedarfs der Europäischen Union, etwa ein Drittel davon wurde über die Ukraine geliefert. 

IMAGO / Emmanuele Contini
Bundesminister für Wirtschaft und Energie Robert Habeck im Bundestag am 12. Mai 2022

»Wir haben uns auf die Situation vorbereitet!« Es sollte nicht wie eine Drohung klingen, doch wirkte die Botschaft Habecks heute im Bundestag so. Deutschland könne einen Lieferstopp für russisches Gas im kommenden Winter überstehen, hatte er in einem Interview gegenüber der Wirtschaftswoche geäußert und die Bedingungen hinzugefügt: wenn mehr LNG-Terminals kommen und vor allem der Verbrauch gesenkt werde.

Vier neue schwimmende LNG-Terminals sollten eingerichtet werden. Eine sehr teure Angelegenheit, denn LNG-Gas ist drei- bis viermal so teuer wie normales Erdgas; schnelle Lieferungen sind derzeit nur an extrem teuren Spotmärkten verfügbar. Wenn es am Ende nicht funktioniere, ja dann sei er nicht daran schuld. Also heißt es sparen, sonst gibt es keine Energie mehr. Einige Unternehmen würden gerade kein Gas bekommen, berichtete Habeck weiter im Bundestag und trug im Plenum die formidable Erkenntnis vor, Energie sei eine Waffe. Energiesicherheit für Deutschland hingegen bedeute Ausbau der erneuerbaren Energien.

Wirtschaftsminister vor dem Bundestag
Putins Gas-Sanktionen und Habecks Energiedesaster mit Ansage
Zwischen der Ukraine und Russland kam es gerade zu einem Streit über Erdgas, das durch Pipelines nach Europa geleitet wird. Zum ersten Mal seit dem Einmarsch Russlands sind die Lieferungen durch die Ukraine unterbrochen. Nach Angaben des ukrainischen Gasnetzbetreibers wurde am Mittwoch der Durchfluss von russischem Gas über einen der beiden Haupteinlasspunkte gestoppt, die Besatzungstruppen hätten den Betrieb gestört. Der Netzbetreiber erklärte, der Brennstoff könne umgeleitet werden, um Unterbrechungen zu vermeiden. Der russische Gasriese Gazprom widersprach, eine solche Umleitung sei aufgrund der Funktionsweise seines Systems nicht möglich.

Russland hat bisher trotz des Konflikts normal Gas über die Ukraine geliefert. Doch Daten zeigten laut Bloomberg, dass die Gesamttransitlieferungen am Mittwoch gegenüber dem Vortag um etwa 18 Prozent zurückgingen. Parallel stiegen die Gasflüsse über den zweiten Grenzübergang. Die europäischen Gaspreise sprangen kurzzeitig um bis zu 6,8 Prozent in die Höhe.

Die Ukraine hatte Russland früher gewarnt, dass die Aktionen seiner Truppen und Besatzer in der Region Luhansk in der Ostukraine dazu führen könnten, dass etwa ein Drittel der Gaslieferungen nach Europa gestoppt werden könne. Die Ukraine trage keine Verantwortung für den Gastransit durch die von Russland besetzten Gebiete. Darüber sei Gazprom laut Naftogaz, dem staatlichen ukrainischen Energieunternehmen, ordnungsgemäß informiert worden. Ein Sprecher von Gazprom sagte, das Unternehmen sei von der Ukraine über die bevorstehende Unterbrechung informiert worden, habe aber keine Bestätigung für höhere Gewalt erhalten.

Die europäischen Gashändler sind nervös. Die Preise hätten sich zuletzt aufgrund der Lieferung von Flüssigerdgas und des warmen Wetters entspannt. Russland deckte im vergangenen Jahr etwa 40 Prozent des Gasbedarfs der Europäischen Union, etwa ein Drittel davon wurde über die Ukraine geliefert. Der Rückgang sei nicht katastrophal, aber die Alarmglocken würden läuten für das, was kommen könnte, so erklären Beobachter.

Bereits zehn weitere europäische Gaskäufer haben Konten bei der Gazprom-Bank JSC eröffnet, um ihre Gaslieferungen in Rubel zu bezahlen. Insgesamt hätten 20 europäische Unternehmen solche Konten eröffnet, 14 weitere hätten die erforderlichen Unterlagen angefordert, so ein Informant gegenüber Bloomberg. Die Transaktion sei effektiv abgeschlossen, sobald der Käufer in einer Fremdwährung seine Gasrechnung an diese Gazprom-Bank bezahlt. Die wiederum wandelt automatisch die Zahlung in Rubel um. Die russische Zentralbank wiederum, die den EU-Sanktionen unterliegt, sei bei diesem Geschäft nicht involviert.

Am Mittwoch hatte der italienische Ministerpräsident Mario Draghi papstgleich den Unternehmen Absolution erteilt, die auf diese Weise ihre Gasrechnungen in Rubel bezahlen. Sie würden nicht gegen die Sanktionen verstoßen. »Die meisten Gasimporteure haben ihr Konto bei Gazprom bereits in Rubel eröffnet«, sagte Draghi. Danach habe Deutschlands größter Gasimporteur bereits in Rubel gezahlt. Wie Italien ist auch Deutschland ein Großabnehmer von russischem Gas. 40 Prozent des italienischen Gases kommen aus Russland. Draghi besuchte gerade in Washington US-Präsident Biden, mit dem er wohl auch die neuen Sprachregelungen abgesprochen hat.

Utopie vor Wirklichkeit
Habecks Problem mit Katar: Das Gas lässt auf sich warten
Aus den Verhandlungen Deutschlands mit Katar drang gerade heraus, dass Deutschland nur für einen begrenzten Zeitraum Gaslieferverträge abschließen wolle. Denn wie bekannt steige Deutschland ja vollkommen aus fossilen Energien aus. Sie werden folglich ab 2040 nicht mehr benötigt. Deshalb wolle Habeck sich nicht auf 20-jährige Lieferverträge festlegen. Sehr langfristige Lieferverträge sind allerdings üblich, sie bestehen so mit vielen asiatischen Ländern.

Lebhaft kann man sich das ungläubige Staunen der katarischen Experten über die deutschen Vorstellungen ausmalen. Dort betreiben gestandene Fachleute ihr Geschäft, die in der Regel über abgeschlossene Ingenieursstudiengänge verfügen. Katar investiert gerade rund 30 Milliarden Dollar in neue Gasverflüssigungsanlagen, etwa so viel, wie Deutschland pro Jahr hinauswirft, um ein wenig Strom aus Windrädern, Photovoltaik sowie Kuhmist und Gärresten in Biogasanlagen zu erzeugen. Dass sich solche Anlagen nur mit langfristigen Lieferverträgen lohnen, ist jedem auf der Welt klar. Außer …

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Kommentare ( 54 )

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Audix
1 Jahr her

Die Mehrheit merkt nicht, was der beliebteste Politiker Deutschlands für ein Traumtänzer ist. Wenn das Gas aus Russland nicht mehr kommt, dann ist hier zappenduster. Die linksgrüne Medienlandschaft hat das zweifelhafte Verdienst, dass der deutsche Michel tief schlafend dem Untergang entgegen geht. Welcher Träumer kann denn annehmen, dass Russland alles mit sich machen lässt. Jeden Tag wird noch ne Schippe drauf gelegt. Es ist eher verwunderlich, dass das Gas noch kommt. Dass die Ukraine als Transitland schon immer ein unsicherer Kantonist war, auch weit vor dem Krieg, war mit ein Grund zum Bau der Ostseepipelines. Unsere Träumer meinen wohl, diese… Mehr

bfwied
1 Jahr her

Der Moralismus in höchster Blüte: Wir fleddern die Industrie und frieren, lassen Wasserleitungen platzen im Winter ohne Heizung, riskieren schwere Grippe – ach so, ja, ist ja immer Corona -, um moralisch super zu sein, vordergründig zugunsten der Ukraine, die uns auch mal das Gas reduziert. Habeck, der ja nichts mit Deutschland anzufangen weiß, hat den Plan, seine Landsleute zu bestrafen. Wofür? Wahrscheinlich, weil die Großeltern so gläubig waren und Hitler hochkommen ließen. Die Heutigen sind so dumm und lassen Habeck und Co, die uns als Arbeitsameisen und Melkkühe betrachten, ansonsten die Existenz absprechen wollen, an die Regierung. Und das… Mehr

Michael Palusch
1 Jahr her

„wenn mehr LNG-Terminals kommen und vor allem der Verbrauch gesenkt werde.“
Ein wichtiges Detail hat der Autor vergessen zu erwähnen, nämlich, ‚wenn die Gasspeicher zu 100% gefüllt sind‘.
Das scheint jedoch völlig ausgeschlossen, da Gazprom seine deutsche Tochter nicht mehr mit Gas beliefern wird. Zudem befinden sich die größten deutschen Gasspeicher ebenso in russischen Besitz wie die Transportkapazitäten.

Maja Schneider
1 Jahr her

So lange auch aus dem eigenen Umfeld genau die Äußerungen der sogen. Leitmedien wie ÖR, FAZ, Spiegel, Süddeutsche etc. nachgeplappert werden, dass sowohl Annalena als auch der Robert eigentlich den besten Job machen in der Ampel, die Beliebtheit steigt und Herr Scholz eine vernunftgesteuerte Führung größtenteils verweigert, wird sich gar nichts ändern und wir unsere Reise in die Traumwelt der Grünen, ohne Industrie, mit gedeckelter Landwirtschaft, Wohlstand und Preisen für den Lebensunterhalt nur für die „Elite, kalten Wohnungen und ganz viel Erziehung und Kontrolle durch den Staat. Läuft doch, alles wunderbar!

ketzerlehrling
1 Jahr her

Er ist ganz bestimmt vorbereitet. Ihn betrifft das auch kaum, oder gar nicht. Nicht einmal die Kosten.

Alf
1 Jahr her

Dort betreiben gestandene Fachleute ihr Geschäft, die in der Regel über abgeschlossene Ingenieursstudiengänge verfügen.
Auch Habeck ist vom Fach. Kinderbuchautor und Schriftsteller.
Wer findet den Fehler?

Protestwaehler
1 Jahr her

Warum verweist Habeck eigentlich immer auf diesen ominösen Winter, den es laut seiner Klimareligion wegen Glutzeit und Erderhitzung doch niemals wieder geben wird, glaubt der inzwischen seiner eigenen Sektenphilosophie nicht mehr?

Karlister
1 Jahr her

Vielleicht muss wirklich erst der Fall der Fälle eintreten, damit auch der letzte Bürger begreift welch irrsinnige und gefährliche Politik betrieben wird. Man sanktioniert auf Teufel komm raus, ohne verbindliche Verträge oder Alternativen im Rücken. Das ist doch Wahnsinn. Dieses unerträgliche Geschwurbel von Superminister Habeck ganz nach dem Motto “ wir haben dies und jenes vor, keine Angst wir schaffen das, wenn alle Energie sparen“, ist doch utopisch und vollkommen an der Realität vorbei. Der Sommer ist schnell vorbei, in manchen Jahren war der August und September schon recht kühl, angesichts dessen fragt man sich wie das Energieproblem in nur… Mehr

bfwied
1 Jahr her
Antworten an  Karlister

Es ist nicht zu lösen! Wer kann, baut einen Schwedenofen ein. Die Griechen holzten die letzten dürfigen Parks 2008 ff. ab, schnitten Löcher in die Fenster, durch die sie Ofenrohre steckten! Es werden wieder strenge Winter kommen, mit viel Schnee und bitterer Kälte. Was machen die Leute dann? Ofenrohre durch die Fenster wird hier sofort streng geahndet. Ich bin gespannt, und ich habe keinerlei Mitleid mit Habeck und Co!

Dr.Remberg
1 Jahr her

Einen besseren Beweis für die folgenden 3 Punkte hätten die Aussagen unseres grünen „Wirtschaftsministers“ nicht liefern können:   1.Es geht also in Wirklichkeit nicht um das Vermeiden eines Mangels an Energie, sondern nur um Ideologie. Zum einen liefert Putins Krieg den willkommenen Vorwand, in Deutschland endlich noch mehr „Erneuerbare“ durchzusetzen. Ein Minister, der eigentlich für das FUNKTIONIEREN der Wirtschaft zuständig wäre, zwingt uns in seine grüne Planwirtschaft. Außerdem wird als zweites Dogma der „großen grünen Transformation“ der Energie- VERZICHT gepredigt.  Putin liefert also die Steilvorlagen für die grüne Ideologie und für die bevorstehende NRW-Wahl, wo das dumme Wahlvolk die Grünen trotzdem… Mehr

bfwied
1 Jahr her
Antworten an  Dr.Remberg

Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht! Altes banal läppisches Sprichwort, doch wahr!

Jan
1 Jahr her

Habeck scheint in den letzten drei Monaten stärker gealtert zu sein als in den fünf Jahren zuvor. Der sieht ziemlich fertig aus.