Die dubiose „Plagiatsenthüllung“ über Armin Laschet

Armin Laschet soll ebenfalls abgeschrieben haben. Bisher liegt auch nach weiterer Prüfung nur ein einziges Plagiatsfragment vor. Interessant ist auch das Zustandekommen der Veröffentlichung - der Plagiatsprüfer will nicht sagen, ob er einen Auftraggeber hatte.

IMAGO / Future Image
Am 29. Juni war TE das erste überregionale Medium, das über die Plagiatsvorwürfe gegen Annalena Baerbock berichtete. Seitdem sehen wir uns wie andere Medien dem permanenten Verdacht ausgesetzt, Teil einer „Kampagne“ zu sein.

Wir prüften die Vorwürfe intensiv, Plagiatsjäger Weber erklärte uns in einem Schreiben an Eides statt, ohne Auftrag und Bezahlung gearbeitet zu haben. Es ging im Fall Baerbock auch nicht um das Hochjazzen von Kleinigkeiten: Vereinzelte Plagiatsstellen finden sich in zahlreichen Büchern und wären eine Lappalie, über die Deutschland keinen Tag diskutiert hätte. Es geht um ein Muster, das bei mittlerweile über 60 Plagiatsfragmenten bei Annalena Baerbock eindeutig gegeben ist, man muss davon ausgehen, dass weite Teile des Buches in einer Art Collage-Verfahren erstellt wurden.

Jetzt taucht ein einzelnes Plagiatsfragment von Armin Laschet auf und soll gleichwertig sein. Die Grünen und ihre Freunde jubeln. Dabei ist beides in keiner Weise vergleichbar.

Der Reihe nach. Das Plagiatsfragment wurde von Martin Heidingsfelder gefunden. Der trat in dem Zusammenhang kurz nach den Enthüllungen über Baerbock schon einmal in Erscheinung. Damals erzählt er t-online jemand habe ihn für eine „Kampagne“ gegen Annalena Baerbock gewinnen wollen. Daraus schlussfolgerte man: „Hintermänner suchten Plagiatsjäger für Anti-Baerbock-Kampagne“. Er wurde zum Kronzeugen jener Fraktion bei den Grünen, die alles abstritten und die Schuld stattdessen bei den Überbringern der Nachricht sahen. Heidingsfelder genießt in der Branche indes nicht gerade einen guten Ruf – im Themenkomplex kann er weder mit Fachpublikationen noch mit Forschungsprojekten aufwarten.

Stefan Weber prüfte mittlerweile Laschets Buch mit einer gängigen Plagiatssoftware und fand keine weiteren Plagiatsfragmente. Ein Muster sei aus gutachterlicher Sicht nicht erkennbar, Meldungen über einen „Plagiatsskandal“ seien zum gegenwärtigen Zeitpunkt falsch. Bedauerlicherweise sei man hier mit einem „singulären Anfangsverdacht“ an die Öffentlichkeit gegangen. Weber schreibt:  „Ich habe ähnliche minimale Stellen auch bei Habeck gefunden, das waren ebenso keine Plagiate. Die Plagiate in Annalena Baerbocks Buch „Jetzt“ haben quantitativ und qualitativ hingegen ein völlig anderes Gewicht. Eine einzige Stelle ist der Debatte (noch) nicht wert und deren Veröffentlichung verwässert eher das Problem. Bei der Plagiatsidentifikation geht es immer um die Suche nach einem Muster und nicht um Singularität.“

Laut Heidingsfelder sollte die Veröffentlichung noch nicht jetzt erfolgen – öffentlich gemacht wurde der Vorwurf von dem betroffenen Autor, von dem Laschet abschrieb. Uns liegen allerdings Hinweise vor, dass Heidingsfelder im Vorfeld bereits fest mit einer Veröffentlichung in der kommenden Woche plante – wohl auch nur mit diesem einen Fund.

Als wir über die aktuellen Vorwürfe gegen Laschet berichten wollten, fragten wir Heidingsfelder nach einer eidesstattlichen Versicherung, dass er ohne Auftrag und Bezahlung handelte – genau das, was wir im Fall Baerbock von Stefan Weber auch gesehen haben. Doch Heidingsfelder wollte keine solche Erklärung abgeben, verwies uns stattdessen auf vergangene Interviews.

Mit den Kampagnenvorwürfen saßen die Grünen ohnehin die ganze Zeit im Glashaus: TE recherchierte damals, dass die Grünen selbst Plagiatsjäger Weber engagierten, um gegen Glyphosat Stimmung zu machen.

Armin Laschet hat viele Fehler gemacht, manche davon liegen vielleicht auch noch unter dem Eis. Aber es sind andere als die von Baerbock. Der Versuch, die schweren Vorwürfe gegen Annalena Baerbock so zu nivellieren, ist durchschaubar. Die Hoffnung: Bei der Überschrift „Auch Laschet hat abgeschrieben“ soll der Eindruck entstehen beide Kandidaten hätten vergleichbare Fehler gemacht. Und Baerbock soll nur eine Plagiatorin sein wie jeder andere. So als sei es normal, sein Buch im Copy-Paste-Verfahren zu produzieren.


Nachtrag, 03.08.2021:

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Kommentare ( 36 )

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Dr. Rehmstack
2 Jahre her

Ich würde Laschet auch niemals wählen, eine relative Mehrheit wird es voraussichtlich aber doch tun. Armin Laschet weiß genau, welches Erbe er antritt. Er wird deshalb, schon aus Selbstschutz, nichts anderes tun können, irgendwann den Chruschtschow zu machen, will er nicht als Politiker mit wehenden Fahnen untergehen und für Merkels Politik bezahlen.

Zonen Gaby
2 Jahre her

Es ist egal, ob der Vorwurf gegenüber Laschet stimmt, denn der WDR hat bereits groß kundgetan, dass er auch abgeschrieben haben soll und etwas bleibt davon immer an der Jacke kleben, das ist auch Teil des Kalküls, denn das Dementi wird sicherlich nicht so laut vorgetragen, wie der Vorwurf. Herr Heidingsfelder ist im Übrigen auch nicht nur irgendein Plagiatsjäger, er ist SPD-Politiker und hat das Plagiatejagen im Auftrag der SPD erfunden, damit man auch ohne eigene Argumente und Ideen nicht erfolglos ist. Ganz nach dem Motto, wer nicht nach oben klettern kann, kann auf der Leiter wenigstens nach unten treten.… Mehr

Klaus D
2 Jahre her

KEINER schreibt ein buch alleine!

Schwabenwilli
2 Jahre her

„So als sei es normal, sein Buch im Copy-Paste-Verfahren zu produzieren.“

Mal schauen ob in den nächsten Jahren die Bücher dieser Politprominenz in den Umsatzzahlen einbrechen? Denn es hängt ja unzweifelhaft in der Luft dass diese Machwerke nicht gerade im Schweiße des Angesichts des angegebenen Autors entstanden sind.

Juergen P. Schneider
2 Jahre her

So geht eben Wahlkampf. Man hofft, dass etwas hängen bleibt. Die meisten Wähler interessiert nicht, was die Parteien wirklich vorhaben. Es geht meist um Personen und wenig um tatsächliche politische Vorhaben. In Deutschland kann man letztlich wählen, wen man will, man erhält derzeit immer den gleichen links-grünen Schwachsinn. Die Deutschen sind mehrheitlich scheinbar immer noch sehr zufrieden. Die Auswirkungen von 16 Jahren grüner Merkel-Politik haben viele Bürger noch nicht spürbar genug getroffen. Das wird sich in der nächsten Zeit mit Sicherheit ändern.

Milton Friedman
2 Jahre her

Kaum auszumalen, wie extrem dieser Mob aus Agitprop-Volksverpetzern erst unter einer Kanzlerin ACAB aufdrehen würde:
Seien es Twitter-Trolle, Öko-„N“GO-ler oder Journalisten – wenn Annalena Charlotte Alma erstmal regiert, wird jeglicher Kritiker zum aus dem Ausland bezahlter Verräter diffarmiert und jede Querdenker-Demo zum versuchten Staatsstreich ernannt.
Mitsamt den strafrechtlichen Konsequenzen (Bidens USA lassen grüßen).

Last edited 2 Jahre her by Milton Friedman
Der nachdenkliche Paul
2 Jahre her

Deutschland wird immer erbärrmlicher. Jetzt wird, so kurz vor der BT-Wahl, ganz gezielt nur noch nach den „Fehlern“ der Kandidaten gesucht. Mich ko… das alles nur noch an und kann jeden verstehen, der möglichst die Flucht in ein anderes Land antritt.
PS: Bei der Wahlentscheidung zwischen Laschet oder Baerbock gibt es für mich nur eine   Lösung und die lautet Laschet, obwohl ich da auch kaum Hoffnung habe, dass sich der Abwärtstrend noch stoppen lässt. Dafür hat Merkel schon mit voller Absicht einen Trümmerhaufen hinterlassen, weil sie Deutschland offensichtlich „hasst“.

chino15
2 Jahre her

Auf Welt-online findet sich dazu ein guter Kommentar: In einer Umfrage halten fast die Hälfte der Befragten „keinen der Kandidaten“ Scholz, Laschet, Baerbock für Kanzler-geeignet. „Keiner der Kandidaten“ ist also Umfragesieger mit großem Abstand zu allen anderen. Ein passendes Bild für die katastrophale Situation nach 16 Jahren Merkel.

Genco Steins
2 Jahre her

Ebenfalls verdächtig, dass in der Plagiats-Affäre selbst die politischen Gegner Baerbock Schonung verschaffen wollten. Ein zu befürchtendes Schauspiel: Eine Koalition aller „demokratischen“ Parteien (Grüne, CDU, SPD – jeweils um die 20-23%) mit Baerbock als Kanzlerin.

chino15
2 Jahre her
Antworten an  Genco Steins

Das Problem ist, dass unter Merkel von der regierenden CDU/CSU 10 Jahre lang grüne Politik betrieben wurde: Atomausstieg, Energiewende, Migration, EU-Verschuldungsunion, Corona-Totalitarismus. Auch von den potentiellen Nachfolgern Laschet und Söder mitgetragen und hochgelobt. Eine Abkehr davon jetzt im Wahlkampf wäre wenig glaubhaft.

Lucius de Geer
2 Jahre her

Bei Laschet genügt bereits die Lektüre seines Lebenslaufs auf Wikipedia, um seine Kompetenz einschätzen zu können – dazu braucht’s keine weiteren Anstrengungen…

Dozoern
2 Jahre her

Wie armselig ist doch Politik heute! Politiker veröffentlichen „Bücher“ bei denen man durch die Bank davon ausgehen kann, dass sie Ghostwriter hatten. Mal bessere, mal schlechtere. Baerbock scheint einen sehr schlechten zu haben. Politiker haben Dr. Titel. Die erwerben sie oft an politisch geneigten Leerstühlen. Kommt der Beschiss raus, ist der Titel futsch. Zur „Als-Ob-Politik“, ich tue mal so als würde ich ein Problem lösen, kommt dann noch der Schöne Schein. Ich tue mal so, als könnte ich Bücher schreiben und wäre besonders qualifiziert. – Ich habe hier in der Stadt einen Nachwuchspolitiker im Auge, der nach dem Abitur direkt… Mehr